Gespräche über alte Spiele
Chris: Hallo Gunnar.
Gunnar: Oh, hallo Christian.
Chris: Gunnar, es ist der Mai des Jahres 1616.
Spielsound: Und aus dem Hafen der Kabinettssiedlung Seid Hitz auf den kleinen Tillen sebelt Menschen Lübben.
Chris: Am Mast flattert die englische Fahne. An Bord befindet sich 40 Mann und ein
Chris: frisch geküttelter junger Kapitän, Mr. Stay, verarbeitet.
Chris: Er war vor ein paar Monaten auf Stattagearbeit, hat seine Frühen und sich in
Chris: Branden im Hafen abgeschlossen.
Chris: Er hat seine Meuterei und da hat er seine Chance ergriffen, den bisherigen Kapitän
Chris: im Fechtkampf zu schlagen. Und jetzt hat die Landschaft ihnen treu gespüren.
Spielsound: Dass sie alle haben.
Chris: Ein gemeinsames Ziel, Abenteuer und Reichtum hier in der neuen Welt zu finden.
Chris: Eine straffe Brise, aus Osten bläht die Segel, die Sonne glitzert auf dem Blauen
Chris: Meer. Und jetzt stellt sich die Frage, wohin soll es gehen?
Chris: Sollen wir nach Nordwesten segeln, zur Insel Puerto Rico, um da vor dem spanischen
Chris: San Juan zu kreuzen und ein paar fette Handelsschiffe abzufangen?
Chris: Oder fahren wir nach Süden, nach Guadeloupe, um zu schauen, ob der dortige französische
Chris: Gouverneur uns einen Kaperbrief ausstellt?
Chris: Oder sollen wir rüber zur niederländischen Stadt Sint-Eustatius auf der Nachbarinsel,
Chris: wo vielleicht gerade günstige Waren aus Europa angekommen sind?
Chris: Die könnte man dann in den wohlhabenden Städten in Neu-Spanien einschmuggeln
Chris: und dort teuer verkaufen. Was sollen wir machen?
Gunnar: Dann fahre ich in die spanisch besetzten Gebiete.
Chris: Sehr gut. Auf dem Weg dahin meldet unser Ausguck ein Schiff in Sicht. Eine Bark.
Chris: Das ist eins von diesen typischen Allzweckschiffen der Ära, ein Dreimaster.
Chris: Die Bark ist deutlich größer als unsere Schaluppe, ein bisschen schwerfälliger.
Chris: Wahrscheinlich ist es ein Transportschiff, vielleicht auch ein Kriegsschiff.
Chris: Bis zu 128 Mann kann so eine Barg tragen. Das wäre deutlich mehr als unsere Schaluppe.
Chris: Und die kann mit bis zu 16 schweren Kanonen bestückt sein. Und wir sehen,
Chris: das Schiff ist spanisch beflaggt.
Spielsound: Was sollen wir machen?
Chris: Weiter segeln oder angreifen?
Spielsound: Ha, das greifen wir an.
Chris: Natürlich greifen wir an.
Gunnar: Fetter spanischer Händler.
Chris: Und aus der Nähe stellt sich dann raus, gerade mal fünf Kanonen hat die Barg
Chris: und wir sehen 18 Mann Besatzung.
Chris: Was meinst du, sollen wir sie erstmal sturmreif schießen oder direkt Kurs zum Enten setzen?
Gunnar: Das ist eine sehr individuelle Entscheidung, die sorgfältig abgewogen sein muss.
Gunnar: Ne, ich schieße erstmal.
Chris: Sehr gut, weil sicher ist sicher und der Wind steht günstig.
Chris: Deshalb drehen wir uns schneller als unser Gegner.
Chris: Die Breitseite ihm zu und zerfetzen
Chris: dann mit einer Salve aus unserer Lagerkanonen direkt die Takelage.
Chris: Und zwei Mandeln gehen mit über Bord.
Spielsound: Die Bark versucht sich zur Flucht in den Wind zu drehen.
Chris: Aber mit beschädigten Segeln hat sie keine Chance. Wir holen sie ein und entern.
Chris: Wir springen mit unseren Mannen an Bord und während die beiden Besatzungen sich
Chris: abittert bekämpfen, hechten wir auf den spanischen Kapitän zu und stellen ihn im Fecht.
Spielsound: Welche Waffe zählt?
Chris: Den Degen, das Schwert oder den Säden?
Spielsound: Die Degen.
Chris: Eine gute Wahl, das ist eine leichtere und schnelle Waffe, mit der wir zustechen
Chris: können, während der Gegner noch ausholt und entsprechend schnell ist das Duell vorbei.
Spielsound: Wir schlagen dem Spanier die Waffe aus.
Chris: Er sinkt auf die Knie, die Hände erhoben.
Spielsound: Der Rest seiner Mannschaft ergibt sich.
Chris: Das Schiff gehört uns. Jetzt wird Beute gemacht. Unter Deck finden wir 16 Tonnen
Chris: Zucker von den spanischen Plantagen.
Chris: Das ist ein hochbegehrtes Gut in Europa.
Chris: Diese Tonnen werden in der nächsten Stadt einen ordentlichen Preis erzielen.
Chris: Und außerdem plündern wir 1200 Goldstücke und Nahrungsmittel.
Chris: Aber was soll mit der Barg passieren, Gunnar? Nehmen wir die mit oder versenken wir sie?
Gunnar: Die Barg nehmen wir mit.
Chris: Ja, selbstverständlich. Wir verstärken unsere Flotte und das erlaubt uns,
Chris: mehr Mannschaft anzuhören, um größere Ziele anzugreifen, mehr Beute zu transportieren.
Chris: Ich würde sagen, das war ein hervorragender Auftakt. Die Mannschaft feiert mit
Chris: reichlich Ruhm bis spät in die Nacht.
Spielsound: Aber die Freude ist natürlich trügerisch, denn das Leben als Pirat ist ein sehr gefährliches.
Chris: Und unser Kapitän Stay Forever, der steht ja erst am Anfang seiner Karriere.
Chris: Der wird noch auf dem karibischen Meer gegen Sturmfronten ankämpfen.
Chris: Der wird beim verwegenen Angriff auf die Stadt Kampesch 400 Mann verlieren.
Chris: Der wird vor Kuba, vor Piratenjägern fliehen. Aber er wird auch die Silberflotte
Chris: überfallen, er wird seine verschleppte Familie befreien und im Dienst der englischen
Chris: und der französischen und der holländischen Krone zu Ruhm und Wohlstand kommen.
Chris: Und wie das alles funktioniert und warum das nicht nur ein halben Spaß ist,
Chris: sondern auch einer der ganz großen Meilensteine der Spielegeschichte.
Spielsound: Das erzählen wir heute.
Gunnar: Wow, wir sind ja schon fertig. Wir sind ja schon einmal durchs Spiel gelaufen jetzt, Christian.
Chris: Ja, das ist die kürzeste Folge ever. Dabei gab es ja schon mal eine sehr kurze Folge zu Pirates.
Gunnar: Ja, wir haben in der Folge 5 schon mal über Pirates geredet und wir reden ja
Gunnar: immer so über die alten Folgen, wie man über die bucklige Verwandtschaft redet.
Gunnar: Wir erwähnen sie nicht mehr so oft und denken, naja, wenn sie weg wären,
Gunnar: wäre es auch nicht so schlimm.
Gunnar: Folge 5 ist eine ganz launige Folge mit relativ wenig Informationsgehalt,
Gunnar: wo wir die ganze Zeit über die iPad-Version reden, erstaunlicherweise.
Gunnar: Und du aber schon ein oder zwei von deinen typischen Vorurteilen gegen das Spiel
Gunnar: bringst, über die auch heute wahrscheinlich noch zu reden sein wird,
Gunnar: falls du deine Meinung nicht grundlegend geändert hast.
Gunnar: Da schauen wir mal. Es wird jetzt alles auf Null gesetzt. Diese Folge macht
Gunnar: alles neu. Alles, was wir damals falsch gemacht haben, wird jetzt besser.
Chris: Da bin ich ja mal gespannt. Sondern wir haben uns ja vorgenommen,
Chris: einmal im Jahr eine alte Folge neu zu machen.
Chris: Das ist jetzt das dritte Mal, dass wir das tun. Und wir haben auch dieses Mal
Chris: abstimmen lassen darüber, unsere Unterstützenden.
Chris: Und Pirates hat gewonnen vor Ultima 7 und noch ein paar anderen Spielen,
Chris: die zur Wahl standen. Also stürzen wir uns wieder ins Karibik-Abteil.
Gunnar: Gott sei Dank. Das war knapp. Fast wäre es Ultima 7 geworden.
Chris: Ja, ich hatte sehr natürlich auf Ultima 7 gehofft. Aber am Ende freue ich mich
Chris: auch riesig darüber, dass wir noch mal über Pirates reden.
Chris: Also alles gut. Das war eine Wahl zwischen lauter guten Sachen, logischerweise.
Gunnar: Ja, das ist immer so bei unseren Abstimmungen für die Remake-Folgen,
Gunnar: weil das sind ja alles hochklassige Themen.
Gunnar: Ja gut, so Christian, dann steigen wir mal ein.
Gunnar: Ich nehme an, jeder weiß, was
Gunnar: Pirates für ein Spiel ist, aber sicherheitshalber sagen wir es nochmal.
Gunnar: Das ist ein Spiel von 1987 von Microprose Software.
Gunnar: Das hat entwickelt der legendäre Sid Meier, der hat das Design gemacht und das ist ein
Gunnar: große Teile der Programmierung. Das ist 1987 zuerst für den Commodore 64 erschienen,
Gunnar: später auch noch für andere Plattformen.
Gunnar: Wahrscheinlich hast du es auf dem PC gespielt, da musst du dann später davon
Gunnar: erzählen, wie schlimm das war.
Chris: Ich hab's auf dem C64 zuerst gespielt, aber später auch auf dem PC.
Gunnar: Ah, das ist ja mal selten. Hast du es bei deinem Freund Michael gespielt?
Chris: Bei meinem Freund Michael natürlich, wo auch sonst?
Gunnar: Sehr schön. Und Pirates, was ist das für ein Spiel? Das ist ein Genre-Mix,
Gunnar: würde man vielleicht heute modern sagen.
Gunnar: Es hat Strategie-Elemente, Action-Elemente, vielleicht sogar Rollenspielelemente.
Gunnar: Die Packung damals ist sich auch nicht genau einig, wie sie das Spiel beschreiben soll.
Gunnar: Die sagt, dieses Spiel würde die Aufregung von Arcade-Action,
Gunnar: die Entscheidungsfindung von Simulationen und die interaktive Storyline eines
Gunnar: Text-Adventures verbinden.
Gunnar: Na, meine Herren, ey. Da sind sie mal hoch reingegangen.
Chris: Das ist mal eine Menge zusammengeworfen. Im Handbuch selbst wird es als Action-Simulation
Chris: beschrieben, also egal wo man schaut, das ist immer ein klein bisschen anders.
Chris: Heutzutage würde man vielleicht das Label Sandbox-Spiel draufkleben können,
Chris: aber diese Art von Spiel,
Chris: wo du eine Art Karriere in einer semi-offenen Welt machst, in diesem Fall als
Chris: Pirat in der Karibik, das ist jetzt nicht ganz neu.
Chris: Also wir haben zum Beispiel bei Stay Forever ja schon über Elite von 1984 gesprochen
Chris: oder 1986, also ein Jahr vor Pirates kam Starflight raus.
Chris: Das ist prinzipiell schon das Gleiche. Du hast eine offene, große Spielwelt
Chris: und kannst darin Handel treiben, schlägst da in Gefechte, gibt sogar Piraten
Chris: und Kopfgeldjäger und sowas in Elite.
Chris: Also von daher gibt es vergleichbare Dinge. Aber Pirates macht eine ganze Reihe
Chris: von Sachen neu und nicht zuletzt ist einer der ganz wesentlichen neuen Punkte
Chris: an Pirates, dass das jetzt eine konkrete Ära der Menschheitsgeschichte als Basis nimmt.
Chris: Also das ist die Fantasie von dem abenteuerlichen Piratenleben verzahnt mit
Chris: historischen Tatsachen.
Chris: Das Handbuch sagt auch, ich zitiere das hier mal kurz, deine Spielhandlungen
Chris: basieren darauf, wie Menschen sie wirklich getan haben.
Chris: Wie in jeder Micropore-Simulation erzeugt auch hier die ausführliche Recherche
Chris: zu den Details der Orte, Menschen, Schiffe und Kämpfe einen nie dagewesenen Realismus.
Chris: Pirates erweckt eine abenteuerreiche vergangene Ära zum Leben.
Chris: Zitat Ende. Und vielleicht fangen wir hier mal an. In welche abenteuerreiche
Chris: Ära versetzt uns Pirates denn?
Gunnar: Wir sind hier in der Karibik im 16. bis 17.
Gunnar: Jahrhundert und man kann interessanterweise eine Epoche wählen und von der Wahl
Gunnar: der Epoche, das ist eine der Entscheidungen, die man am Anfang des Spiels trifft,
Gunnar: hängt ab, wie die politische Situation und die wirtschaftliche Situation in
Gunnar: der Spielwelt ist, in der man gleich spielt.
Gunnar: Es gibt frühe Epochen, da fangen wir im Jahr 1560 an,
Gunnar: da sind die Spanier sehr mächtig, denen gehört die halbe Karibik,
Gunnar: die anderen Kolonialmächte, die hier vorkommen, nämlich die Niederlande,
Gunnar: England und Frankreich, die haben bloß kleine Kolonien, da ist nicht so viel
Gunnar: los bei denen und dann geht es in Abschnitten bis zu späteren Epochen 1660, 1680,
Gunnar: da sind die anderen Nationen mächtiger geworden auf Kosten Spaniens.
Gunnar: Und diese Epochen, die man da wählt, die beeinflussen nicht nur die politischen
Gunnar: Voraussetzungen für das Spiel, sondern auch damit den Schwierigkeitsgrad,
Gunnar: weil es gibt nämlich schwierigere und leichtere Epochen.
Gunnar: Und es schreibt natürlich die Technologie fest zu der Zeit, weil den Epochen
Gunnar: sind Schiffe zugeordnet.
Gunnar: Also man kann nicht alle Schiffe in jeder Epoche spielen.
Chris: In der Anfangszeit, also um 1560, da sind die Spanier so dominant,
Chris: dass wenn du da als einer der anderen Nationen spielst, man kann sich ja entscheiden,
Chris: für welche Nation man ins Spiel starten möchte.
Chris: Auch die Spanier übrigens, dann ist man aber immer ein spanischer Abtrünniger,
Chris: gehört also nie zur Krone selbst. Weil die Spanier da so dominant sind,
Chris: bist du da im Prinzip durchgehend ein Feindesland in der Karibik.
Chris: Das macht es natürlich viel schwieriger als die Standard-Epoche,
Chris: das ist das Jahr 1660, weil da ist die Karibik schon stark fragmentiert.
Chris: Da haben alle Nationen ihre Teile von diesem Kolonialreich da rausgeschnitten
Chris: und die springen sich ständig gegenseitig an die Gurgel.
Chris: Das ist also eine wilde Zeit und jede Menge Gelegenheit für Freibeuter.
Gunnar: Diese Nationalitätswahl ist grundsätzlich ein bisschen kosmetisch,
Gunnar: weil du für alle Nationen arbeiten kannst. Aber wie du schon sagst,
Gunnar: wenn du Spanisch wählst, dann bist du in der Regel ein spanischer Abtrünniger.
Gunnar: Das heißt, die Spanier sind eigentlich immer die Antagonisten in diesem Spiel.
Gunnar: Und ob du gegen die anderen Nationen
Gunnar: auch kämpfen willst, das hängt vom Spielverlauf ab. Das sieht man dann.
Gunnar: Und von der Nationalität hängt ab, wie du am Anfang ausgerüstet bist.
Chris: Das Spiel liefert eine Art von erzählerischen
Chris: Rahmen, der sich grob an der historischen Realität orientiert.
Chris: Also wenn du zum Beispiel im Jahr 1560 als Franzose startest, dann bist du ein Corsar.
Chris: Dann gibt es so eine kurze Vorgeschichte, die erzählt, dass du halt als Aristokrat
Chris: aufbrichst, um Schätze zu jagen da im Feindesland.
Chris: Und wenn du im Jahr 1620 auf französischer Seite startest, dann wiederum ist
Chris: die Rahmenhandlung, dass du ein Huguenotte bist, also ein Protestant im katholischen
Chris: Frankreich, der dort fliehen muss,
Chris: weil Kardinal Richelieu dort religiöse Säuberungen durchführt gerade.
Chris: Und wiederum 20 Jahre später, 1640, startest du als französischer Freibeuter.
Chris: Also die Ausgangslage ändert sich auf einer erzählerischen Ebene,
Chris: was aber de facto für den Start des Spiels keinen so großen Unterschied macht.
Gunnar: Wenn du 1660 als Holländer beginnst, dann bist du ein Händler,
Gunnar: weil die Holländer sind ja die Händlernation und dann fängst du aber auch mit
Gunnar: mehr Gold an und mehr Essen als zum Beispiel, wenn du der spanische Abtründiger bist im gleichen Jahr.
Gunnar: Also es hat schon noch eine kleine Auswirkung auf dein Startsetup, aber kein großes.
Gunnar: Und ich habe schon gesagt, die Spanier sind oft die Antagonisten.
Gunnar: Die Mechanik bei der Piraterie ist, dass du ja nicht nur für dich kämpfst,
Gunnar: um Leute auszurauben und damit reicher zu werden und dein Glück zu machen,
Gunnar: sondern dass du auch oft für ein Land kämpfst.
Gunnar: Ich habe immer als Holländer gespielt, wenn ich das irgendwie machen konnte
Gunnar: und dann habe ich einen Kaperbrief des holländischen Gouverneurs geholt und
Gunnar: habe dann bevorzugt gegen alle gekämpft, die mit den Holländern verfeindet waren,
Gunnar: weil das ist ein Karrierepfad, weil du dann von den Holländern belohnt wirst
Gunnar: dafür und so kannst du das auch für die anderen Nationen machen.
Chris: Genau. Also dieser Start in die Piratenkarriere in diesem weit mehr als 100
Chris: Jahre umfassenden Zeitraum spielt aber immer in der Karibik.
Chris: Und in der Karibik heißt in diesem Fall, dass wir hier in einem Spiel unterwegs
Chris: sind, das uns diesen geografischen Raum als eine offene und frei zugängliche
Chris: Welt präsentiert. Es ist also nicht so, als ob man jetzt von,
Chris: wenn man zum Beispiel wie in unserer Geschichte in St.
Chris: Kitts als Engländer startet, dass man dann irgendwie eine begrenzte Auswahl
Chris: hätte, wo es als nächstes hingeht, sondern dann hast du diese Karibik als eine
Chris: Reisekarte offen vor dir.
Chris: Das Schiff sticht in See und man steuert dieses kleine Schiff auf dem Karibischen
Chris: Meer und kann dann entscheiden, wo man hin möchte. Es ist sogar weit mehr als das Karibische Meer.
Chris: Dem Spiel liegt in der Packung eine Karte bei, eine ausklappbare Poster,
Chris: große Karte, The Spanish Main 1560 to 700 beschrieben, also die spanischen Besitzungen in Amerika.
Chris: Und das zeigt die Spielwelt. Das ist die Region zwischen Nord- und Südamerika
Chris: auf der atlantischen, also der östlichen Seite. Und da ziehen sich die karibischen
Chris: Inseln wie an einer langen Kette von Florida in einem Bogen hinunter bis nach
Chris: Venezuela in Südamerika.
Chris: Und da gehören dann die großen Inseln dazu, sowas wie Kuba oder das damalige Hispaniola.
Chris: Das sind heute die Dominikanische Republik und Haiti, Puerto Rico, Jamaika und so weiter.
Chris: Und im Osten haben wir dann diese Perlenschnur von vielen kleinen Inseln,
Chris: Montserrat, Barbados, Granada und so weiter.
Chris: Und im Süden wird diese Spielwelt begrenzt durch die Nordküste von Südamerika.
Chris: Das ist das spanische koloniale Kernreich Mittelamerika und Südamerika.
Chris: Das ist da, wo die Spanier sich hauptsächlich eingenistet haben.
Chris: Da sind die fetten Küstensiedlungen.
Chris: Alles, was sie aus dem Süd- und Mittelamerikanischen Reich auch rausziehen an
Chris: Ressourcen, das ganze Gold, das Silber und so weiter, wird dann an die Küstenstädte
Chris: transportiert, um von dort nach Europa rüber geschippert zu werden.
Chris: Und zwischen diesen Inselketten und eben der südamerikanischen Küste,
Chris: da liegt die Karibische See, das ist das zentrale Meer im Spiel.
Chris: Rund um dieses Meer ist am meisten los, da gibt es mit Abstand auch die meisten
Chris: Siedlungen, egal in welcher Ära man spielt.
Chris: Und dann geht es aber nach Westen auch noch weiter, das Spielgebiet in den Golf von Mexiko.
Chris: Also da sieht man schon auch noch die nordamerikanische Küste und Florida und so weiter.
Chris: Da ist allerdings nicht so wahnsinnig viel los. Das ist so ein bisschen vergleichbar
Chris: mit, wenn wir in einem Weltraumspiel wären, mit den Außenwelten.
Chris: Ja, dieser Bereich, wo man eigentlich nicht hin will, weil da ist es groß und
Chris: weit und ist nicht so richtig viel los, aber das Spiel setzt manchmal ein paar
Chris: Anreize, um doch dorthin aufzubrechen.
Gunnar: Das ist eine Spielwelt, die ist ja gemacht als Spielwelt, aber basierend auf
Gunnar: der realistischen Geografie.
Gunnar: Und das ist ein bisschen Fluch und Segen.
Gunnar: Man kann auch die Karte aus dem Spiel wegwerfen und den Dirke-Welt-Atlas benutzen.
Gunnar: Oder, weil man vielleicht gar keine Karte hat, weil man die verloren hat oder
Gunnar: so, kann man damit navigieren. Das geht also auch.
Gunnar: Mit einer normalen Karte kommt man im Spiel gut klar. Aber das führt auch dazu,
Gunnar: dass es, wie du eben schon sagst, interessante und uninteressante Teile gibt.
Gunnar: Und dieser Teil der Karibischen See, also südlich von Kuba bis hin zur Küste
Gunnar: von Südamerika und an der rechten Seite im Osten begrenzt von diesen Inselketten,
Gunnar: das bildet so ein kleines Becken, in dem die Wege kurz sind und in dem du dich
Gunnar: auch nicht gut verfahren kannst.
Gunnar: Was echt ein ganz guter Punkt ist, weil wenn du da einfach von Curaçao nach
Gunnar: Osten segelst, also Curaçao liegt im Süden, nach Osten segelst,
Gunnar: dann wirst du schon auf irgendeine Insel treffen und nicht irgendwie im offenen
Gunnar: Meer auf dem Atlantik enden und untergehen.
Gunnar: Das heißt, da kannst du dich ganz gut bewegen, da muss man auch nicht ständig auf die Karte gucken.
Gunnar: Wenn man diesen Bereich verlässt, dann kommen große Wasserflächen,
Gunnar: die mühsam zu überqueren sind und wo nicht viel los ist, da musst du dann schon
Gunnar: sehr genau navigieren. Ganz rechts oben am Ende der Spielwelt ist die Insel
Gunnar: Bermuda. Da muss man hinwollen.
Chris: Sag ich mal so.
Gunnar: Da muss man schon wissen, dass da ein Pirat wohnt, den man irgendwie fangen
Gunnar: muss für irgendjemanden. Das ist kein Ort, den du normal besuchst im Spiel.
Chris: Wenn man jetzt hier auf der Karte unterwegs ist, gibt es ja Elemente von Echtzeit
Chris: und von Management, denn zum Beispiel läuft die Zeit weiter.
Chris: Also in echt haben solche Reisen Wochen bis Monate gedauert und das ist im Spiel genauso.
Chris: Also es gibt einen Zeitablauf, wir werden auch gleich noch drauf kommen,
Chris: inwiefern es relevant ist und je nachdem, wie groß unsere Mannschaft ist,
Chris: mit wie vielen Schiffen wir unterwegs sind, denn wir können auch eine ganze
Chris: Flotte mit dabei haben, verbrauchen die auch Nahrung.
Chris: Das heißt, so sukzessive wird der Nahrungsvorrat, den wir dabei haben, immer weniger.
Chris: Reisen sind also begrenzt, sie sind zeitlich begrenzt, sie sind durch die Stimmung
Chris: der Mannschaft begrenzt, weil wenn man monatelang unterwegs ist,
Chris: ohne dass was passiert, dann werden die auch irgendwann unruhig und es ist begrenzt
Chris: durch den Nahrungsvorrat.
Chris: Man muss so ein paar von diesen Variablen im Auge behalten, was auch wieder
Chris: dazu führt, dass die Entscheidung, wenn man jetzt aus einem Hafen ablegt,
Chris: die Frage, die sich einem immer wieder stellt, die ist, was mache ich denn jetzt,
Chris: was habe ich jetzt als nächstes vor?
Gunnar: Du musst deine Reisen schon planen. Also dieses einfache Rumfahren und hoffen,
Gunnar: dass du irgendjemanden findest, den du überfallen kannst, kannst du schon machen.
Gunnar: Aber ganz viele der Aspekte, die hier auf dich wirken als Spieler,
Gunnar: die deine Spielerfahrung beeinflussen, kommen in irgendeiner Form komplexer
Gunnar: oder weniger komplex aus der realen Welt. Wir haben ja schon das für die Geografie gesagt.
Gunnar: Es gibt aber zum Beispiel auch Wind vor allen Dingen und Wetter.
Chris: Und Jahreszeiten.
Gunnar: Und Jahreszeiten, genau. Und es gibt Kriegserklärungen zwischen Nationen und
Gunnar: es gibt auch noch andere Piraten oder Piratenjäger.
Gunnar: Diese Spielwelt wirkt auf dich und zwar, das ist ein großes Wort,
Gunnar: aber schon auch so, wie man denken würde, dass sie auf einen wirkt.
Gunnar: Das ist halt ein Gebiet, da weht der Wind in der Regel von Osten.
Gunnar: Und das heißt, wenn du nach Westen reist in diesem Gebiet, hast du immer den
Gunnar: Wind hinter dir und das ist viel angenehmer, als wenn du in die andere Richtung reist.
Gunnar: Eine meiner großen frustrierenden Erfahrungen meiner verschwendeten Jugend ist,
Gunnar: dass ich dachte, so und jetzt fährst du mal ganz nach Westen und guckst, wo da die Karte endet.
Gunnar: Und dann bin ich ganz nach Westen gefahren, nach Mexiko.
Gunnar: Und da ist einfach nur Küste und keine Siedlung.
Chris: Da ist gar nichts. Nichts.
Gunnar: Da ist gar nichts. Und dann bist du da hingefahren, denkst du, da ist ja wohl nichts.
Gunnar: Naja gut, dann fahre ich halt wieder weg und dann fährst du gegen den Wind.
Gunnar: Und dann brauchst du für die Rückfahrt doppelt so lang wie für die Hinfahrt,
Gunnar: weil du dann vor dem Wind kreuzen musst. Weil wir haben ja ein Segelschiff.
Gunnar: Das ist kein Motorboot, das steuert sich nicht wie ein Auto.
Gunnar: Das gibt es ja auch in vielen Spielen später, dass sich Schiffe dann einfach
Gunnar: so steuern, als wären sie selbst fahrend.
Gunnar: Dies hier will auf einfacher Ebene eine Segelsimulation sein und verlangt dir
Gunnar: dann auch Mühe ab teilweise, wenn du halt gegen den Wind fahren musst.
Chris: Du sagtest gerade, deren Gedanke war, ich fahre jetzt mal nach Westen und gucke, was da ist.
Chris: Und das ist gesprochen wie jemand, der keine Originalkarte aus der Spielpackung
Chris: bei sich hat, als er das gespielt hat.
Gunnar: Nee, ich wollte schon gucken, was man da noch finden kann. Ob da Schätze sind
Gunnar: oder Orte oder eine andere Nation. Vielleicht sind da die Inkas.
Chris: Ich finde, das ist ein ganz guter Punkt, weil ich hatte ja gerade schon den
Chris: Vergleich mit Elite gezogen oder eigentlich noch mehr mit Starflight,
Chris: weil da ist Exploration ja ein ganz wichtiges Element. Da geht es darum zu gucken,
Chris: was ist denn da draußen, neue Planeten zu entdecken und die Kolonien darauf,
Chris: was haben die für Handelsgüter und sowas.
Chris: Bei Starflight ist das ja eine Kernmechanik, Planeten zu erkunden.
Chris: Und in Pirates ist das aber eigentlich ein ganz untergeordnetes Element,
Chris: weil die Spielwelt, die ist eigentlich bekannt.
Chris: Du musst nur auf die Karte gucken, die deiner Packung beiliegt und da ist die
Chris: ganze Welt drauf und da sind auch alle Siedlungen drauf eingezeichnet.
Chris: Du schaust drauf und weißt, da ist nichts in Mexiko.
Chris: Im ganzen Küstenbogen bis nach Florida hoch ist absolut gar nichts.
Chris: Das weiß man schon vorher.
Chris: Und das lohnt sich also eigentlich auch gar nicht da hinzufahren,
Chris: weil es gibt in dem Spiel keine Mechanik, dass da irgendetwas zufällig zu entdecken wäre.
Chris: Also da ist noch nicht mal Schiffsverkehr. Also wenn du als Pirat in die Pampa
Chris: fährst, da sind auch keine Schiffe zu überfallen, weil was sollen die da?
Chris: Die findest du auf den Handelsstraßen, die findest du vor den Küstenstädten
Chris: natürlich, vor den Häfen, da ist was los.
Chris: Aber wo in der Realität kaum Schiffe unterwegs waren, sind im Spiel auch keine.
Chris: Dieser Gedanke von vielen von
Chris: den Vorgängerspielen, auch zum Beispiel ein Seven Cities of Gold von 1984,
Chris: das erzählt ja quasi die Vorgeschichte zu Pirates, also die Entdeckung und die
Chris: Eroberung der neuen Welt durch die Spanier ab 1492 bis dann etwa 1540.
Chris: Und dort geht es auch darum, diese neue Welt überhaupt erst mal zu erkunden,
Chris: die Karte aufzudecken und zu schauen, was ist denn da eigentlich.
Chris: Und wie gesagt, in Pirates gibt es eigentlich gar nichts zu entdecken.
Chris: Sondern wenn überhaupt, was man hier finden möchte und was unsichtbar ist,
Chris: dann sind das andere Schiffe.
Chris: Das heißt, wir müssen an interessanten Punkten der Landkarte,
Chris: also insbesondere vor Siedlungen, mal ein bisschen hin und her kreuzen und schauen,
Chris: ob da Schiffe aufploppen, die für uns interessante Beute darstellen könnten.
Gunnar: Das ist ein bisschen so wie in der Elite auch schon. Die Welt ist ziemlich groß,
Gunnar: aber du bleibst dann trotzdem auf einer Route zwischen zwei Planeten oder zwischen zwei Häfen hier.
Gunnar: Also ich finde, es ist wahnsinnig wichtig, wer mit wem Krieg führt.
Gunnar: Das macht deine ganze Spielerfahrung mit aus, weil es dir Zugang zu Belohnungssystemen
Gunnar: gibt, die du haben kannst oder nicht.
Gunnar: Wenn die ganze Karibik friedlich miteinander ist, was passieren kann,
Gunnar: dass halt niemand gerade Krieg miteinander hat, dann kriegst du von niemandem
Gunnar: eine Belohnung dafür, dass du ein Schiff der anderen Nationen aufbringst. Weil warum auch?
Chris: Im Gegenteil, du versauerst dir sogar dieses Verhältnis mit der Nation,
Chris: die du angreifst und potenziell sogar mit den verbündeten Nationen.
Gunnar: Genau, dann bist du einfach so ein gewöhnlicher Pirat und nicht der gute Freibeuter,
Gunnar: der mit dem Kapperbrief im Auftrag der Krone fährt, weil es sind nämlich zwei
Gunnar: unterschiedliche Rollen eigentlich,
Gunnar: die aber immer so zusammengeworfen werden in der Betrachtung der Piratenzeit.
Gunnar: Wenn du für die Krone unterwegs bist, dann hast du ja legale Häfen,
Gunnar: die du anlaufen kannst. Dann kriegst du Belohnungen dafür.
Gunnar: Dann hast du Orte, wo du deine Waren verkaufen kannst. Und damit bleiben dir
Gunnar: Gegenden verschlossen, die den feindlichen Nationen gehören,
Gunnar: die dich dann da nicht reinlassen wollen und so.
Gunnar: Und wenn jetzt aber diese Dynamik gerade nicht wirkt, dann wird das Spiel viel
Gunnar: anstrengender und viel schwieriger, weil dann bist du zurückgeworfen auf deine
Gunnar: Piratenrolle und musst dich damit begnügen, dass du halt einfach schnöde Geld
Gunnar: scheffelst und dass niemand dich mag.
Chris: Genau, das hängt auch wieder ein bisschen vom Szenario ab. Wenn du so um 1600
Chris: spielst, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Nationen gerade gut miteinander
Chris: stehen, viel größer als in früheren oder späteren Szenarien.
Chris: Aber ja, genau, also die Dynamik der Spielwelt hat einen Einfluss darauf,
Chris: was für Ziele man überhaupt sinnvollerweise verfolgen kann.
Chris: Also was ist denn das eigentlich? Was ist denn unsere Kernmotivation?
Chris: Naja, das ist natürlich Beute zu machen.
Chris: Das heißt, also auf der See zu kreuzen und zu schauen, sind da andere Schiffe
Chris: unterwegs, die es sich lohnt zu überfallen.
Chris: Und das funktioniert im Endeffekt wie die Zufallskämpfe in einem frühen Final Fantasy.
Chris: Du bist auf der Karte unterwegs, die per se leer ist. Da sieht man das eigene
Chris: Schiff und die Wolken, die am Himmel ziehen und die die Windrichtung anzeigen,
Chris: aber keinen anderen Verkehr. Da ploppen dann also zufällig mal ein Fenster auf
Chris: und da sagt der Ausguck, hier wir haben ein Schiff gesichtet,
Chris: wollen wir uns das mal näher angucken.
Chris: Und dann kann man sich entscheiden, ob man das machen möchte oder nicht.
Chris: Dann wird dir angezeigt, was für ein Schiff das ist und daraufhin musst du deine
Chris: Entscheidung treffen, wie wir das vorher auch beschrieben haben.
Chris: Lohnt sich das, das anzugreifen? Hat das die richtige Nationalität?
Chris: Ist das möglicherweise zu schwer für mich oder ist das vielleicht nicht lukrativ genug?
Chris: Und dann trifft man also diese Entscheidung angreifen oder nicht.
Chris: Und im Besiegen von Schiffen und Beuten von deren Ladung liegt natürlich ein
Chris: Schlüssel zu Reichtum und wie du gerade beschrieben hast auch ein Schlüssel zu Ruhm,
Chris: denn wenn man die richtigen, also die feindlichen Schiffe angreift,
Chris: dann finden die eigenen Gouverneure,
Chris: die für die man arbeitet, das hervorragend.
Chris: Es gibt aber auch noch lukrativere Ziele da draußen in dieser Welt,
Chris: denn man muss als Berat nicht unbedingt Schiffe aufbringen.
Chris: Man kann auch ganze Siedlungen angreifen, so wie die historischen Beraten das
Chris: durchaus auch gemacht haben.
Chris: Und wenn man eine Kur hat, die stark genug ist, also viele hundert Mann,
Chris: dann kann man auch einfach aus dem Schiff aussteigen, über den Landweg marschieren.
Chris: In Pirates gibt es nicht nur die Schiffsbewegungen, sondern man kann auch durchaus auf Land gehen.
Chris: Es gibt ja auch einige Städte auf der Karte, die sind überhaupt nicht auf dem
Chris: Seeweg erreichbar, sondern da muss man über Land laufen. Und dann kann man einfach
Chris: mal so eine Stadt überfallen und wenn man es schafft, deren Miliz zu schlagen, dann die plündern.
Chris: Und es wäre natürlich kein Piratenspiel, wenn es nicht auch verborgene Schätze gäbe.
Chris: Und das können sowohl verbuttelte Schätze sein, so denen man Schatzkarten findet
Chris: und denen man danach spürt, aber das können auch die großen lukrativen spanischen
Chris: Schatzzüge sein. Da gibt es nämlich die Silberflotte.
Chris: Das ist eine Flotte von spanischen Galleonen, die an der Nordküste des Südamerikas
Chris: entlang tingelt von Hafen zu Hafen und dort die ganzen Schätze einsammelt,
Chris: den Silber überwiegen, um es nach Europa zurückzubringen.
Chris: Und es gibt den Silberzug.
Chris: Das ist eine Warenkette an Land, überwiegend auch wieder in Mittel- und Südamerika,
Chris: wo aus den Minen des Landes die
Chris: ganzen Reichtüme überhaupt erst mal an die Küstenstädte gebracht werden.
Chris: Und wenn es einem gelingt, da ein paar Schiffe von diesen Flotten abzufangen,
Chris: da wartet dann wirklich der ganz große Reichtum.
Gunnar: Wenn du das Spiel richtig erfolgreich abschließen willst, dann musst du das
Gunnar: fast machen, dass du eine von beiden oder beide erwischt, weil sich das sehr lohnt.
Gunnar: Aber das ist eine Art von Zusatzmechanik, die dir, ich glaube,
Gunnar: auch ein bisschen die Spielwelt erschließen soll. Du hast dieses logische,
Gunnar: selbstmotivierte Herumfahren zwischen den Orten auf der Suche nach Beute,
Gunnar: wobei du dich nach den Kriegszuständen und so richtest.
Gunnar: Und das Spiel gibt dir Hinweise auf Dinge, die an anderen Orten geschehen.
Gunnar: Dazu hat es ein Nachrichtensystem.
Gunnar: Du kannst in Städten mit Leuten sprechen und da kannst du Sachen rauskriegen.
Gunnar: Zum einen kriegst du Hinweise darauf, dass deine Familie verschleppt wurde und
Gunnar: dass da spanische Bösewichter, fiese Spanier da beteiligt sind und dann kannst
Gunnar: du da Hinweise drauf kriegen.
Gunnar: Du kannst Schatzkarten kaufen, also Teile von Schatzkarten kaufen,
Gunnar: daraus eine Schatzkarte zusammensetzen und die dann suchen, wenn du dieses Gelände,
Gunnar: das da dann gezeigt wird, erkennst und du kriegst Hinweise auf den Silberzug und die Schatzflotte.
Gunnar: Dazu kommen noch Aufträge von Gouverneuren von manchen Städten.
Gunnar: Ich habe es eben kurz erzählt, Bermuda ist am äußersten Ende.
Gunnar: Das war in meiner letzten Partie,
Gunnar: die ich gespielt habe, hier vor der Aufnahme, war das etwa in der 15.
Gunnar: Spielminute. Da sagt mir der Gouverneur von Curaçao, hol mir doch mal den Piraten aus Bermuda.
Gunnar: Und ich so, was? Du denkst doch jetzt nicht, dass ich vier Wochen nach Bermuda
Gunnar: fahre, um deinen Piraten zu fangen, der dann da schon nicht mehr ist,
Gunnar: schon wieder weg ist. Also das schickt dich über die Karte.
Chris: Das war aber dann nicht die C64-Version, die du gespielt hast.
Gunnar: Das war die DOS-Version, die letztendlich gespielt hat.
Chris: Genau, in der gibt es das noch nicht mit diesen Aufträgen. Das kommt dann in
Chris: den späteren Versionen dazu.
Chris: Was die Gouverneure in der Originalversion sagen ist, versenkt mal bitte feindliche Schiffe.
Gunnar: Genau, das ist der Klassiker.
Chris: Und plündere feindliche Städte. Also das ist durchaus eine Anweisung,
Chris: die man bekommt, sofern die Nation denn gerade im Krieg mit anderen ist.
Gunnar: Genau, und deswegen ist es so ein komisches Element, dass wenn die dann Frieden
Gunnar: schließen, dass du dich ärgerst.
Chris: Ja, in der Tat. Ich muss es kurz erzählen, weil wir hatten vorhin ja schon darüber
Chris: gesprochen, dass an unterschiedlichen Stellen unterschiedliche Aussagen darüber
Chris: getroffen wurden, was für eine Art von Spiel das ist, von Microprose selbst,
Chris: weil es so schwer einzuordnen ist.
Chris: Und im Handbuch steht zum Beispiel auch noch auf der Titelseite als kleiner
Chris: Unterzeile, Pirates ist Microprose-Software-Marke für ihr Computerspiel über
Chris: Freibeuterei, Schmuggel und Piraterie in der Karibik.
Chris: Das fand ich ganz schön, aber das sind ja drei Dinge aufgezählt,
Chris: Freibeuterei und Piraterie, dass das unterschiedliche Dinge sind,
Chris: das hattest du gerade schon beschrieben und dann fällt da auch noch das Wort
Chris: Schmuggel und ich bin da kurz drüber gestolpert, weil ich dachte,
Chris: Moment mal, wo spielt denn eigentlich Schmuggel in Pirates eine Rolle?
Chris: Aber das ist dieser Punkt, den du vorhin auch schon angerissen hast,
Chris: was eigentlich, wenn alle Nationen im Frieden miteinander sind.
Chris: Es gibt ja sogar ein Szenario, das 1600 einsteigt, das heißt Merchants and Smugglers,
Chris: da ist der Name schon Programm, weil da kann und soll man das Spiel dann weitgehend
Chris: als friedlicher Händler und Schreckstrich Schmuggler spielen.
Chris: Schmuggler heißt es in diesem Zusammenhang, historisch gesehen haben die ganzen
Chris: spanischen Städte in dieser Region, in den Kolonien ein Handelsverbot mit anderen
Chris: Nationen und selbstverständlich auch mit Piraten, wird sowieso nicht gehandelt.
Chris: Aber nun ist das eine Ära der Geschichte und eine Region, in der oft sehr pragmatisch
Chris: gehandelt werden musste auch vor Ort, weil die Zeiten hart waren und dann hat
Chris: man das halt doch gemacht.
Chris: Aber nominell bist du also, wenn du jetzt hier mit deinem Schiff unterwegs bist
Chris: und kaufst Waren ein und verkaufst die anderswo, bist du nominell eigentlich ein Schmuggler.
Chris: Insbesondere, wenn du mit spanischen Städten handelst und das sind nun mal die
Chris: reichen Städte in dieser Ära.
Chris: Und ich habe dann da einen Holländer gespielt, der startet auch gleich mit einer
Chris: Cargo Float, also das ist so ein effizientes Handelsschiff.
Chris: Ich hatte meinen Skill auf Navigation, damit ich mich gut über die Karte bewegen kann.
Chris: Und das Handbuch sagt Trinidad und eventuell auch Granada, das ist ganz im Osten,
Chris: das sind Vorposten zu Europa, das sind ideale Umschlagplätze.
Chris: Da kannst du günstig eine der Waren des Spiels, nämlich Goods,
Chris: das sind Waren aus Europa, kaufen und kannst dir dann ins Hinterland transportieren,
Chris: möglichst zu irgendwelchen reichen spanischen Städten, verkaufst die dort dann teuer,
Chris: lädst dort wiederum dein Schiff voll mit lokal produzierten Waren,
Chris: das ist je nach Szenario immer eine, in diesem Fall ist es Tabak,
Chris: später ist es Zucker, und fährst dann wieder zurück nach Osten und verkaufst
Chris: es dort teuer in Trinidad, damit es nach Europa weiter geschippert werden kann.
Chris: Und das ist dann eine ganz andere Art von Spiel, weil da willst du keine große
Chris: Flotte haben, da willst du keine riesige Crew haben, du willst dir keine Städte überfallen.
Chris: Da brauchst du eine effiziente kleine Crew, die länger zufrieden bleibt,
Chris: die nicht so schnell murrt und du brauchst ein Schiff, mit dem du ordentlich
Chris: Waren transportieren kannst.
Chris: Das heißt, es klammert dann diesen ganzen Seekampf und Fechtpart komplett aus.
Chris: Wenn da ein Schiff aufploppt auf der Karte, dann ignoriert man das am besten
Chris: und fährt da einfach weiter, weil man möchte ja nur handeln.
Chris: Und theoretisch funktioniert das dann auch. In der Praxis ist das aber eine
Chris: wirklich mühsame Angelegenheit,
Chris: weil man dann merkt, diese zugunterliegende Simulation des Spiels ist jetzt
Chris: nicht so wahnsinnig gut auf dieses Handeln ausgerichtet, weil die Preise hängen
Chris: nicht unbedingt vom Ort ab,
Chris: also ob man jetzt im Osten oder Westen der Karte ist,
Chris: sondern davon, wie reich die jeweilige Siedlung ist.
Chris: Also mit Glück kannst du in Trinidad Waren für 20 Gold einkaufen und schon zwei
Chris: Siedlungen weiter für 100 Gold wieder loswerden.
Chris: Das ist natürlich eine enorme Spanne, aber die Prosperität von den Siedlungen
Chris: schwankt relativ häufig im Spielverlauf.
Chris: Also schon wenn du dann das zweite Mal da zurückkommst nach,
Chris: keine Ahnung, Maracaibo oder sowas, dann kann die Ökonomie da eine ganz andere
Chris: sein. Auf einmal sind die Preise ganz andere und die Geldmengen und Vorräte
Chris: bei Händlern sind begrenzt.
Chris: Also wenn du da mit, keine Ahnung, einer Flotte von acht Handelsschiffen in
Chris: einer armen Siedlung ankommst, wo sie dir Tabak zu einem Sportpreis verkaufen,
Chris: dann haben die aber halt vielleicht auch nur 17 Tonnen da vorrätig.
Chris: Also muss man dann wirklich die Küstensiedlungen abklappern,
Chris: da entlang tingeln und schauen, dass man irgendwie überhaupt die Ladung voll bekommt.
Chris: Also ja, das geht im Spiel, aber man merkt schon, warum das Spiel nicht Traders
Chris: Ausrufezeichen heißt, sondern Pirates Ausrufezeichen.
Gunnar: Ich finde, dieses Handelssystem, dass das rudimentär ist, das fällt nicht auf,
Gunnar: wenn du hauptsächlich als Pirat spielst.
Gunnar: Dann machst du das so teilweise mit, musst dir deine Waren eh verkaufen,
Gunnar: um Geld zu kriegen und manchmal denkst du, oh Gott, ich fahre jetzt hier eh
Gunnar: nach Curaçao zurück und ich weiß, dass in Curaçao der Zucker teuer ist und hier
Gunnar: gibt es den billigen Zucker, nehme ich halt mal mit.
Gunnar: So ein bisschen so, wie man es bei Elite auch oft gemacht hat,
Gunnar: dass man so opportunitätsgetrieben ein paar Sachen macht.
Gunnar: Aber generell ist das System nicht komplex genug und es gibt auch einfach zu
Gunnar: wenig Waren und es gibt keine sauber gebauten Angebot-Nachfragesachen,
Gunnar: sondern das hängt von anderen Dingen ab.
Gunnar: Vom Zufall, von der Epoche, von dem Reichtum der jeweiligen Städte und auch
Gunnar: davon, wie oft du die anfährst, weil es die Städte reicher macht und nicht so
Gunnar: sehr wegen der Sättigung der Nachfrage.
Gunnar: Aber wie gesagt, man kann das theoretisch als Händler spielen,
Gunnar: ist nur halt eine mühsame Erfahrung.
Chris: Genau, also das erklärt dann diesen Schmuggelpart. Nun müssen wir aber trotzdem
Chris: nochmal diesem nachgehen, warum das Spiel damals so schwer zu definieren war.
Chris: Wir sind ja Piraten, also logischerweise werden da Schiffe überfallen und dann
Chris: wird gekämpft und es wird gefochten und so weiter.
Chris: Und das wiederum bildet Sid Meier's Pirates als Minispiele ab.
Chris: Wir sind jetzt hier im Jahr 1987, das ist ein Jahr, nachdem Defender of the
Chris: Crown erschienen ist auf dem Amiga.
Chris: Und eigentlich ist die Formel da gar nicht so unähnlich.
Chris: Bei Defender of the Crown haben wir ja ein risikoartiges Strategiespiel als Metagame.
Chris: Und hier ist es halt so eine Art Management-Kernspiel, wo man seine Flotte und
Chris: Crew und Nahrungsmittel und Waren und so weiter managt und Gold anhäuft.
Chris: Und das wird dann aber ständig unterbrochen von kontextuellen Minispielen. spielen.
Chris: Und hier bei Pirates sind das im Wesentlichen drei Stück. Das ist der Kampf
Chris: gegen andere Schiffe, das ist der Kampf an Land, wenn man eine Siedlung angreift,
Chris: und das sind die Fechtkämpfe gegen feindliche Kapitäne.
Gunnar: Man könnte argumentieren, aber da bist du sicher anderer Meinung,
Gunnar: dass das Reisen auf der Karte hier
Gunnar: ein Kernelement ist und weniger eine Notwendigkeit wie in anderen Spielen.
Chris: Also, dass das auch eine Art Minispiel ist, meinst du?
Gunnar: Also, ich finde, man könnte es fast andersrum argumentieren.
Gunnar: Man könnte sagen, das Reisen auf der Karte ist der Kern und das Management ist das Minispiel.
Gunnar: Also, es klingt ein bisschen komisch, weil das hat ja mehr Minispielcharakter,
Gunnar: dieses Reisen, aber ich finde, 80 Prozent der Zeit wird hier im Schiff gesessen
Gunnar: und gereist. Das ist so ein bisschen die zentrale Metapher.
Gunnar: Das ist ja auch die zentrale Metapher für das ganze Piratenthema.
Gunnar: Und wenn du an Land gehst, dann bist du halt in diesen Menüstrukturen,
Gunnar: wo du auch Bilder kriegst, die dann aus der eigenen Sicht sind und wo du dann
Gunnar: das Schiff reparieren kannst und Handelsware kaufen kannst und Leute rekrutieren kannst.
Gunnar: Aber eigentlich die Kernerfahrung ist die ganze Zeit in diesem Schiff auf der Karte.
Chris: Ich stimme dir da durchaus zu, dann lass mich das vielleicht ein bisschen anders
Chris: formulieren, weil das Interessante an der Art und Weise, wie Pirates funktioniert,
Chris: also in seinem zentralen Gameplay-Loop ist, dass man ja kleine Runs in der Spielwelt macht.
Chris: Also das ist immer dieser Loop aus Beutezug und Heimkehr, Beutezug und Heimkehr.
Chris: Das kennen wir ansatzweise schon aus Silent Service auch, aus dieser U-Boot-Simulation,
Chris: wo man immer ausgelaufen ist, hat Jagd auf U-Boote gemacht, ist wieder in den Hafen zurückgekehrt.
Chris: Aber hier ist das jetzt natürlich in einer ganz anderen Dimension.
Chris: Immer wenn man aus dem Hafen startet, dann beginnt eigentlich der Gameplay-Loop,
Chris: dann stellt sich diese Frage, was jetzt?
Chris: Was ist jetzt das Ziel? Wo möchte ich jetzt hin? Was möchte ich gerne erreichen?
Chris: Zum Beispiel ein paar Schiffe überfallen oder mal eine Stadt angreifen.
Chris: Es kommt aber unweigerlich der Moment, wo du wieder zurück in den Hafen musst,
Chris: um auf der einen Seite deine Beute zu verkaufen, zu Geld zu machen und auf der
Chris: anderen Seite Dinge wieder aufzufüllen.
Chris: Vielleicht die Crew wieder aufzufüllen, neue Leute zu rekrutieren,
Chris: Schiffe reparieren zu lassen und so weiter.
Chris: Und auch natürlich zum Gouverneur zu gehen, um deine Belohnung abzuholen,
Chris: vielleicht einen neuen Rangaufstieg oder sonst irgendwas, wenn du genügend Schiffe
Chris: versenkt hast. Und sobald du wieder ausgerüstet bist, geht es los in den nächsten Run.
Chris: Und insofern würde ich also das vielleicht unterscheiden zwischen diesem Basis-Gameplay
Chris: in den Häfen, wo du deinen aktuellen Run abschließt und den nächsten vorbereitest.
Chris: Und wenn wir in den Kern-Gameplay-Loop gehen, dann ist die Basis-Mechanik das
Chris: Segeln, das Bewegen auf der Karte. Da stimme ich dir vollkommen zu.
Gunnar: Ja, das ist richtig. Wobei das dadurch noch stärker wird als Basismechanik,
Gunnar: dass du ja nicht in denselben Hafen zurück musst.
Gunnar: Das, was du als Run bezeichnet hast, ist ja richtig. Und das ist auch so,
Gunnar: wie man das Spiel oft spielt.
Gunnar: Man hat eigentlich einen festen Hafen in der Gegend und bleibt da erstmal und
Gunnar: macht von da aus Beutezüge, weil es effizient ist.
Gunnar: Aber das musst du ja gar nicht. Du kannst doch einfach eine große Rundtour,
Gunnar: eine einzelne Reise rund um die Karte machen und immer auf dem Weg in freundlichen
Gunnar: oder auch manchmal unfreundlichen Hilfen einkehren,
Gunnar: dich da jeweils neu ausrüsten, dann wen treffen unterwegs, dem die Ware abnehmen,
Gunnar: in den nächsten Hafen fahren und so.
Gunnar: Also das ist schon eine große Reisepotenzial, auf die du nur verzichten kannst,
Gunnar: indem du sagst, nee, ich habe jetzt meinen Heimathafen in St.
Gunnar: Ostazios und ich greife jetzt 25 Mal Nevis an, die nebengelegene Stadt,
Gunnar: weil es effizient ist, das zu machen oder die Engländer, weil wir mit den Engländern verfeindet sind.
Gunnar: St. Ostazios ist eine holländische Stadt und Nevis ist eine englische.
Chris: Auch das ist natürlich richtig, wenn man das als Spannungskurve aufmalen würde,
Chris: dann würde ich aber sagen,
Chris: also die Spannung ist immer unterwegs und die Auflösung, die Entspannung ist
Chris: immer in den Städten, weil in den Städten passiert ja eigentlich nichts Dramatisches
Chris: mit der kleinen Ausnahme, dass wenn du dort einen der bösen Spanier mal findest und stellst,
Chris: die deine Familie entführt haben, dann kann auch dort ein Fechtkampf stattfinden,
Chris: aber das ist eher die Ausnahme,
Chris: ansonsten finden die aufregenden Sachen natürlich draußen nichts.
Gunnar: Genau, jetzt haben wir schon tausendmal die Fechtkämpfe genannt.
Gunnar: Die müssen wir doch jetzt, glaube ich, als ein wesentliches Spielelement kurz mitbeschreiben.
Gunnar: Wir hatten schon gesagt, man fährt auf dieser Karte herum.
Gunnar: Man sieht nicht, ob da andere Schiffe sind in der ursprünglichen Version.
Gunnar: Spätere Versionen ändern das dann.
Gunnar: Man trifft in einem Zufallseignis ein Schiff, entscheidet sich dann,
Gunnar: ob man kämpft oder nicht oder ob man die einfach nur anruft und sagt,
Gunnar: hier, was gibt es denn für Neuigkeiten aus der Heimat oder so.
Gunnar: Und wenn man dann in diesen Kampf kommt, dann ist das ein Seekampf erstmal.
Gunnar: Das heißt, man schießt Breitseiten gegen das feindliche Schiff und navigiert mit und gegen den Wind.
Chris: In Echtzeit.
Gunnar: In Echtzeit, genau. Und das Wesentliche daran ist, dass sich der Wind auch ändern
Gunnar: kann und was du für ein Schiff hast.
Gunnar: Weil es gibt Schiffe, die wollen den Wind von hinten haben.
Gunnar: Das sind in der Regel logischerweise Schiffe mit vielen Segeln,
Gunnar: große Schiffe, Galleonen und so. Die wollen vor dem Wind fahren und sind dann sehr schnell.
Gunnar: Und so kleine Schiffe wie eine Schaluppe oder eine Pinasse oder so,
Gunnar: die haben weniger Segel.
Gunnar: Die können mit dem Wind einer Galeone nicht davon segeln, aber die können viel
Gunnar: besser gegen den Wind kreuzen.
Gunnar: Das heißt, wenn es windaufwärts geht, haben die einen Vorteil.
Gunnar: Und die sind natürlich viel wendiger. Dafür haben sie weniger Kanonen.
Gunnar: Und aus diesen beiden Extremen, viele Kanonen aber nicht besonders wendig und
Gunnar: sehr angewiesen auf Wind von hinten. und wenig Kanonen, ziemlich wendig und
Gunnar: nicht so sehr angewiesen auf die Richtung, woher der Wind weht.
Gunnar: Daraus ergibt sich so ein Spektrum an Möglichkeiten, wie diese Duelle ausgehen
Gunnar: können und wie du das dann auch spielst.
Gunnar: Wenn du ein großes Schiff hast, willst du entweder in eine gute Schussposition
Gunnar: kommen oder vielleicht auch gleich entern.
Gunnar: Wenn du ein kleines Schiff hast, möchtest du vielleicht um das große Schiff
Gunnar: herumfahren und das etwa 20 Mal treffen, bevor du es enterst,
Gunnar: weil die haben ja viel mehr Leute an Bord.
Chris: Wenn das Schiff weit genug runtergeschossen ist, dann geben die vielleicht auch freiwillig auf.
Chris: Das ist eigentlich immer ganz gut, weil dann kann man sich den anschließenden
Chris: Fechtkampf sparen. Aber wenn es uns entern geht, dann kommen wir zu dieser Fechtsequenz.
Chris: Da kann man dann eine von drei verschiedenen Waffen wählen, die Unterschiede
Chris: in der Schlaggeschwindigkeit, in dem Schaden, den sie machen.
Chris: Und das Interessante an dem Fechtkampf ist zweierlei.
Chris: Zum einen, das ist jetzt eine wirkliche Geschicklichkeit, eine Actionsequenz,
Chris: mehr noch als bei diesem Sehkampf, weil man da unterschiedliche Schlagkombinationen
Chris: und Abwehrmanöver mit dem Joystick steuert.
Chris: Das wird ja als C64-Spiel mit dem Joystick gespielt und du entscheidest dann,
Chris: mache ich einen hohen Schlag, einen niedrigen Schlag, pariere ich oder weiche ich aus.
Chris: Das ist wie so ein bisschen Steinschere-Papier, du beobachtest den gegnerischen
Chris: Kapitän, schaust auf dessen Ausholbewegungen, macht er eine hohe oder tiefe
Chris: und versuchst das zu parieren und dann idealerweise direkt zu kontern mit einem
Chris: entsprechenden Angriffsschlag.
Chris: Auf dem Papier funktioniert das auch okay.
Chris: In der Praxis ist das zumindest bei mir häufig ein, ich mache so häufig wie
Chris: möglich den Tiefschlag, weil der geht am schnellsten und versuche ihn nach hinten zu drängen.
Chris: Aber man kann das schon auch so spielen, wie es gedacht ist.
Chris: Nämlich, dass du beobachtest, wie die gegnerischen Bewegungen sind.
Chris: Das viel Interessantere, finde ich, an diesem Spiel ist, dass das verbunden
Chris: ist mit der gleichzeitigen Schlacht, die ja an Bord des Schiffes stattfindet,
Chris: weil die Mannschaften gegeneinander kämpfen.
Chris: Und die können ja dramatisch unterschiedliche Größenordnungen haben. Also du kannst mit
Chris: Keine Ahnung, 20 Mann Besatzung ein Schiff angreifen, wo 100 drauf sind oder andersrum.
Chris: Und das sollte ja eigentlich auf den Ausgang dieses Gefechts einen großen Unterschied
Chris: machen. Aber wir steuern das nicht, diesen Kampf im Hintergrund.
Chris: Was wir steuern, ist das Gefechtduell. Und das ist dann miteinander verzahnt
Chris: über ein Moralsystem, nämlich dass die Moral, also der Kampfeswille unserer
Chris: Truppe und der gegnerischen Truppe davon abhängt, wie sich die beiden Kapitäne schlagen.
Chris: Wenn es uns gelingt, den gegnerischen Kapitän schnell und oft zu verletzen,
Chris: ihn vielleicht zurückzudrängen, dann sinkt die Moral seiner Truppe und unsere steigt.
Chris: Und dann kann auch eine völlig unterlegene Piratencrew eine Übermacht in die
Chris: Knie zwingen, wenn wir im Fechtduell besonders gut sind.
Gunnar: Genau, das ist ein Geschicklichkeitsspiel im Kern, genau wie der Seekampf auch
Gunnar: eine Geschicklichkeitskomponente hat, aber es wirken in beiden Fällen grundlegende
Gunnar: Stärken und Schwächen, die du an anderer Stelle erworben hast.
Gunnar: Im Seekampf, haben wir schon gesagt, sind die Schiffe sehr unterschiedlich groß.
Gunnar: Wenn du mit einem Schiff mit vielen Kanonen jemanden triffst,
Gunnar: dann reicht vielleicht schon ein Treffer, um eine kleine Schaluppe zu versenken.
Gunnar: Die Schaluppe muss halt viel öfter treffen. Das kannst du erstmal noch so geschickt
Gunnar: sein mit deiner Schaluppe, machst du zehn, zwölf Treffer in Folge und dann trifft
Gunnar: er dich einmal, ist es aus.
Gunnar: Und genauso ist es auch bei dem Kampf an Bord, wo die Kapitäne sich duellieren.
Gunnar: Wenn du mit großer Übermacht reingehst, dann wirst du es wahrscheinlich gewinnen,
Gunnar: selbst wenn du das nicht so gut kannst. Und damit kannst du das ja ein bisschen aussuchen.
Gunnar: Du kannst ja überlegen, ob du dich auf den Kampf einlässt, auf das Enter einlässt,
Gunnar: wenn du der Angreifer bist.
Gunnar: Es gibt auch manchmal Fälle, wo
Gunnar: du angegriffen wirst, dann kannst du es vielleicht nicht so gut auswählen.
Gunnar: Aber wenn du der Angreifer bist, kannst du dir überlegen, ob du mit deinen 20
Gunnar: Mann die 100 fertig machen willst oder ob dir das zu riskant ist und du wieder abhaust.
Gunnar: Es ist durchaus möglich, dass du noch als Einziger lebst, der Gegner 100 Leute
Gunnar: hat, aber du so gut und so schnell schlägst, dass die 100 Leute sich dir ergeben.
Chris: Ja, wenn der Kapitän den Degen auf der Brust hat, dann sagt die Mannschaft, naja, okay.
Gunnar: Sind die doof, anstatt dass sie einen neuen Kapitän wählen. Das passiert eher
Gunnar: auf die niedrigeren Schwierigkeitsgraden.
Gunnar: Die niedrigeren Schwierigkeitsgrade kann man das Fechtduell eigentlich immer
Gunnar: gewinnen, wenn du mit mehr Leuten reingehst und halt schnell Schläge spammst,
Gunnar: wie du das eben beschrieben hast, hoch oder niedrig, am besten niedrig.
Gunnar: Und wenn du aber in den höheren Schwierigkeitsgraden spielst,
Gunnar: musst du ein bisschen mehr aufpassen, sonst wirst du zu oft getroffen.
Chris: Wenn man das mal verlieren sollte, dieses Duell, egal ob jetzt den Schiffskampf,
Chris: das eigene Schiff wird versenkt oder eben den Fechtkampf, man muss doch sich
Chris: ergeben, dann zeigt sich ein ungewöhnlicher Aspekt des Spiels für diese Ära,
Chris: in der wir da sind, nämlich dann kommt kein Game Over.
Chris: Dann ist das Spiel nicht vorbei, sondern dann wird man eingebuchtet in dem Fall,
Chris: muss ein paar Monate im Gefängnis absitzen oder wenn das Schiff sinkt,
Chris: dann rettet man sich auf einer einsamen Insel, schlägt sich dort ein paar Monate lang durch.
Chris: Aber es kommt unweigerlich der Punkt, wo man befreit oder gerettet wird,
Chris: wo die eigene Mannschaft oder sonst irgendwer wieder dabei ist und man hat auf
Chris: einmal wieder ein Schiff und ist wieder der Kapitän und das Spiel geht weiter.
Chris: Das heißt, die wesentliche Ressource in diesem Spiel, die sich dadurch verbraucht,
Chris: wenn du scheiterst, ist Zeit.
Chris: Warum ist das relevant, Gunnar? Warum ist Zeit hier so wichtig?
Gunnar: Wie du sagst, die zentrale Ressource ist Zeit und die Zeit, wir hatten ja schon
Gunnar: gesagt, die vergeht beim Reisen in Monaten.
Gunnar: Das Spiel zeigt dir Monatswechsel an durch eine Einblendung und sagt,
Gunnar: jetzt haben wir hier, keine Ahnung, den September 1640 und du siehst,
Gunnar: dass da Zeit vergangen ist und deine Figur altert in dieser Zeit.
Gunnar: Du bist halt ein Pirat, fängst das Spiel an mit 25 Jahren und wir wissen,
Gunnar: dass Pirat ein körperlich anspruchsvoller Beruf ist und du möchtest in deiner
Gunnar: dir natürlich gegebenen Lebensspanne möglichst reich werden.
Gunnar: Diese aktive Lebensspanne, in der du Pirat sein kannst, die endet irgendwann.
Gunnar: Das entscheidest erstmal nicht du, sondern das Spiel. Wenn du zu alt wirst,
Gunnar: zu gebrechlich, dann setzt dich die Crew irgendwann ab und deine körperlichen
Gunnar: Fähigkeiten, die du dringend brauchst für diesen Nahkampf mit dem Säbel.
Gunnar: Die wird schlechter, wenn du alt hast. Und warum ist das überhaupt so ein Punkt?
Gunnar: Weil das Spiel eine Auswertung macht zum Ende.
Gunnar: Das Spiel sagt ja am Ende, was für ein Level an Wohlstand du erreicht hast,
Gunnar: als das Resultat deiner ganzen Bemühungen.
Gunnar: Und das ist im Wesentlichen ein Faktor des Reichtums, weil das Spiel,
Gunnar: du hast gesagt, es läuft in Runs ab.
Gunnar: Es gibt auch noch eine andere Art von Run-Mechanik.
Gunnar: Das Spiel läuft schon so, dass man halt plündert, Reichtum erwirbt.
Gunnar: Und dann irgendwann kommt ein Zeitpunkt, wo die Crew unruhig wird,
Gunnar: weil das System bei den Piraten ist nämlich, dass die Crew nicht bezahlt wird,
Gunnar: so monatlich mit Gehalt und Sozialleistungen, sondern dass die einfach einen
Gunnar: Anteil an der Beute kriegen.
Gunnar: Und um den zu bekommen, muss die Reise beendet werden formell und die Beute
Gunnar: aufgeteilt werden. Und davon hängt auch ab, wie viel Geld du kriegst.
Gunnar: Dir gehört nominell nämlich nicht das ganze Geld, was dein Schiff dabei hat,
Gunnar: sondern dir gehört nur, was dein Anteil davon ist.
Gunnar: Und wenn so eine Reise endet und das kannst du festlegen, kannst dann halt sagen,
Gunnar: okay, wir teilen jetzt die Beute auf, wir beenden jetzt diese Reise,
Gunnar: dann wird unter allen zu der Zeit anwesenden Piraten auf deinen Schiffen wird
Gunnar: diese Beute aufgeteilt nach einem bestimmten System.
Gunnar: Je nach Schwierigkeitsgrad erhältst du einen höheren Anteil und dieser Anteil wird dann gespeichert.
Gunnar: Das ist dann dein Vermögen. Das schreibt sich das Spiel dann an eine gesonderte Stelle.
Gunnar: Das ist dein Vermögen für die Rente. Das addiert sich dann im Laufe der Zeit.
Gunnar: Du machst mehrere von diesen Runs. Irgendwann wird die Crew unruhig und will mal endlich Geld haben.
Gunnar: Die Unruhe der Crew wird maßgeblich davon beeinflusst, wie lange du unterwegs
Gunnar: bist, wie viel Geld du in den letzten Wochen und Monaten verdient hast,
Gunnar: ob die Kämpfe verloren oder gewonnen worden sind zuletzt.
Gunnar: Und irgendwann werden die halt unruhig und sagen, jetzt ist mal langsam Schluss.
Gunnar: Und dann desertieren auch möglicherweise Leute.
Gunnar: Dann teilst du die Beute auf. Und dann fängst du wieder an mit einem Schiff
Gunnar: nur und einer kleineren Crew und gehst wieder auf Beutezug, bis das nächste
Gunnar: Mal die Crew zu groß geworden ist, die Reise zu lang und du wieder aufteilst.
Gunnar: Und das machst du mehrere Male und das zahlt alles auf deine Rente ein sozusagen,
Gunnar: dein Ruhestandsvermögen.
Chris: Das ist toll und elegant im Game Design, finde ich, dass das eine Art Matroschka-Puppe aus Runs ist.
Chris: Jede einzelne Fahrt, jedes Entsehstechen ist ein Run.
Chris: Jede größere Kampagne, bis dann zu der Punkt kommt, wo die Beute aufgeteilt wird, ist per se ein Run.
Chris: Aber jedes Spiel in sich ist ja auch ein Run, weil Pirates im Endeffekt ein Highscore-Spiel ist.
Chris: Es gibt kein festgelegtes Ziel für das Spiel, sondern es gibt diese Endauswertung,
Chris: wo dir dann in Abhängigkeit von dem, was du geleistet hast, das ist dein Reichtum,
Chris: das ist der Landbesitz Das sind die Titel, die du erworben hast,
Chris: das sind die Familienmitglieder, die du gefunden hast und so weiter.
Chris: Das ist aber auch dein Alter.
Chris: Ja, je älter du bist, desto schlechter zahltest auf die Entwertung ein.
Chris: Und abhängig davon sagt dir das Spiel dann sehr bildlich, was jetzt deine weitere Karriere sein wird.
Chris: Und das reicht in einer Liste von Bettler über sowas wie ein Tavernenwirt oder
Chris: ein Händler bis hin zu Berater des Königs.
Chris: Und das hängt letztendlich nur von der Punktzahl ab.
Chris: Und das Schöne an Pirates ist, dass anders als bei Elite oder bei Starflight,
Chris: wo du eine lange Kampagne spielst, und wenn du zu deren Ende gekommen bist,
Chris: hast du eigentlich alles gesehen, lohnt es sich bei Pirates immer wieder neu zu starten, das Spiel.
Chris: Denn durch die unterschiedlichen Startbedingungen, die ganzen Variablen und
Chris: die Dynamik im Spiel kann das Spielerlebnis immer ein anderes sein.
Chris: Aber es gibt natürlich auch diese Optimierung auf das Endergebnis.
Chris: Also dieses Mal eine höhere Punktzahl und eine bessere Karriere zu machen als das letzte Mal.
Chris: Und das ist also die höchste Ebene von Run in dieser Matroschka-Puppe.
Gunnar: Das ist besonders schön, weil der Highscore nicht abstrakt bleibt,
Gunnar: sondern der Highscore so real verknüpft wird mit Sachen, die du dir gut vorstellen kannst.
Gunnar: Wenn das Spiel dir sagt, hier, du bist Bettler, dann ist ja ganz klar, dass das scheiße war.
Gunnar: Dann ist halt dein restliches Leben in Armut und Schande vielleicht.
Gunnar: Und wenn du halt eine ordentliche Taverne hast irgendwo in einem Seekurort,
Gunnar: das ist ja schon ganz gut gelaufen.
Gunnar: Dann kannst du dir das so ein bisschen vorstellen, finde ich.
Gunnar: Das ist halt irgendwie ganz nett.
Gunnar: Da hat man auch so ein Gefühl davon. Ach ja, dann erzähle ich immer Geschichten
Gunnar: von der See und schenke Bier aus.
Gunnar: Das ist irgendwie ein angenehmes Gefühl, dass das so plastisch ist.
Gunnar: Und durch diese Doppelung, zum einen das Geld, das durch das Aufteilen mit der
Gunnar: Mannschaft dazukommt und dass du diese Karrieren machst, die abhängig sind von
Gunnar: den jeweiligen Nationen.
Gunnar: Also dann fängst du ein paar Schiffe der Franzosen und die Franzosen sind mit
Gunnar: den Engländern im Krieg und dann geben die Engländer dir den Rang eines Feenrichs
Gunnar: oder eines Kapitäns und immer weiter, immer weiter.
Gunnar: Und dann ändert sich die weltpolitische Lage und dann machst du dieselben Ränge
Gunnar: auch noch bei den Franzosen oder bei den Holländern oder bei den Spaniern oder so.
Gunnar: Und diese ganzen Sachen sind auch wieder so nachvollziehbar,
Gunnar: weil es militärische Rangstufen sind, die man gut einordnen kann.
Gunnar: Und das kommt dann halt dazu.
Gunnar: Und diese militärischen Rangstufen,
Gunnar: die sind oft verknüpft mit dem von dir schon erwähnten Landbesitz.
Gunnar: Dann hast du wahrscheinlich, keine Ahnung, ein Weingut in Frankreich und ein
Gunnar: Sumpf in England und ein Deich in Holland.
Gunnar: Keine Ahnung, wie diese Liegenschaften sich genau zusammensetzen.
Gunnar: Aber am Ende wird das einfach zusammengezählt.
Chris: Nachdem das von karibischen Gouverneuren vergeben wird, würde ich eher mal annehmen,
Chris: du hast dann Zuckerplantage auf Puerto Rico oder sowas.
Gunnar: Ah, nein.
Gunnar: Das stimmt. Das sagst du jetzt. Da habe ich noch nie in all den Jahren darüber
Gunnar: nachgedacht, wo dieses Land ist.
Gunnar: Ich habe immer gedacht, das ist zu Hause in Holland, weil ich gehe zurück.
Gunnar: Du meinst, ich bleibe mein ganzes Leben in der Karibik?
Chris: Wie sollte der Gouverneur von Curaçao dir Land auf dem holländischen Deich zusprechen?
Gunnar: Weiß ich auch nicht. Da habe ich mir nie Gedanken drüber gemacht.
Gunnar: Der kennt halt den König.
Chris: Nee, ich schätze schon, du wirst, also das ist jetzt nicht gesagt,
Chris: je nach Karriere, dass du dein Leben in der Karibik beschließt.
Chris: Also ich nehme auch an, dass der Berater des Königs eher im europäischen Heimatland sein wird.
Chris: Aber das heißt ja nicht, dass der nicht trotzdem Besitzungen in der Karibik haben kann.
Chris: Die werden dann halt von anderen Leuten bewirtschaftet, in Klammern Sklaven, Klammer zu.
Gunnar: Aber wo ist meine Kneipe, wenn ich der Tavernenwirt bin? Die ist doch hoffentlich in Amsterdam.
Chris: Das hängt von der Karriere ab, nehme ich an. Aber da sind wir dann halt schon
Chris: wieder im Bereich der persönlichen Fantasie.
Chris: Aber das ist ja auch hübsch, weil was das Spiel hier ja de facto schreibt,
Chris: das erzählt ja eigentlich keine Geschichte.
Chris: Es hat diesen Ausgangspunkt, es gibt ja ein bisschen eine Beschreibung,
Chris: wer du eigentlich bist, wenn du da reingehst in die Welt und es gibt dir eben
Chris: diesen Anhaltspunkt am Ende, wie es weitergeht. Aber alles, was so dazwischen
Chris: passiert, ist ja deine persönliche Geschichte, die da beschrieben wird.
Chris: Also das ist Emergent Storytelling in Reinform, würde ich sagen,
Chris: weil diese ganze Karriere, die da stattfindet, ist ja eine Art von Erzählung,
Chris: von Narrativ, aber eben nichts, was dir vom Spiel auktorial aufgedrückt würde,
Chris: sondern was du selbst dir erwirbst und baust.
Chris: Jetzt müssen wir der Vollständigkeit halber noch kurz sagen,
Chris: es gibt hier noch dieses dritte Minispiel mit dem Landkampf.
Chris: Das ist eine Art Proto-Echtzeit-Strategiespiel.
Chris: Da steuert man gleichzeitig bis zu drei Truppen von eigenen Kämpfern,
Chris: je nachdem wie viele Leute man mitgebracht hat. Und die bewegen sich von uns
Chris: gesteuert über die Landkarte und in Echtzeit marschieren aus der jeweiligen
Chris: Siedlung dann auch Armeen raus.
Chris: Diese Siedlungen in dieser Zeit in der Karibik, das muss man sich nicht wie
Chris: große Städte vorstellen.
Chris: Die reichsten Städte, also sowas wie in Panama oder in Havanna,
Chris: da leben ein paar tausend Leute.
Chris: Und das sind zum überwiegenden Teil Sklaven, die dort dann auf den Plantagen
Chris: arbeiten oder in den Bergwerken.
Chris: Und die werden auch nicht von stehenden Armeen oder so verteidigt,
Chris: sondern von lokalen Milizen.
Chris: Das können aber trotzdem dann ein paar hundert Leute sein, die das verteidigen.
Chris: Die reicheren Siedlungen haben auch Forst, die also gegen Angriffe von der See ausschützen.
Chris: Deswegen kommt man ja da auch über Land, weil da diese Forst dann nutzlos sind.
Chris: Und auf der Karte, also das ist dann einfach die gleiche Landkarte,
Chris: wie man sie auch beim Seereisen hat, ein bisschen anders dargestellt.
Chris: Da kommen dann also diese Gruppen aufeinander zumarschiert und kämpfen automatisch miteinander.
Chris: Sobald die in der Nähe sind, tauschen die Mosketenschüsse aus oder gehen in den Nahkampf über.
Chris: Und da geht es in erster Linie eigentlich nur darum, die Aufstellung zu bestimmen.
Chris: Also stehen deine Leute im Wald, dann sind sie ein bisschen bisher gedeckt,
Chris: stehen sie im Sumpf, dann haben sie einen Nachteil und so.
Chris: Idealerweise möchtest du damit eine Übermacht, eine deutliche Übermacht anmarschieren,
Chris: weil du dann erstens die Verteidigung leicht überwältigst und vor allen Dingen,
Chris: wenn du in so eine Siedlung mit einer dramatischen Übermacht einmarschierst,
Chris: dann bestimmst du auch das weitere Schicksal dieser Siedlung,
Chris: kannst den Gouverneur raustreten und einen eigenen Gouverneur reinsetzen und
Chris: damit dann also auch die nationale Zugehörigkeit der Siedlung verändern.
Chris: Dann kann eine spanische Siedlung
Chris: von unseren Gnaden auf einmal eine holländische werden zum Beispiel.
Gunnar: Das ist ganz interessant, weil du damit das Machtgefüge in dieser Spielwelt
Gunnar: nachhaltig verändern kannst.
Gunnar: Und überhaupt die Tatsache, dass du vom einzelnen Schiff als Metapher auf eine
Gunnar: Art von Armee gehst, auch wenn die Armee jetzt nur aus ein paar Dutzend Leuten besteht,
Gunnar: das ist doch so eine Inszenierung der Piraterie als eine Art paramilitärische
Gunnar: Macht, als eine Truppe richtig, die halt noch ganz andere Sachen machen kann,
Gunnar: als nur ein paar Schiffe aufbringen und ein paar Leute über die Planke jagen.
Chris: Genau.
Gunnar: Das ist ganz interessant und gibt dem Spiel eine ganz andere Farbe.
Gunnar: Es hat nur das Problem, dass das leider keinen Spaß macht, meines Erachtens.
Gunnar: Und dass es eine Pflichtaufgabe ist, dieser Landkampf, den ich immer versucht habe zu vermeiden.
Gunnar: Das gibt nicht so viel taktische Freiheit, wie man denken sollte.
Gunnar: Es gibt diese ganzen Mechaniken und die Auswirkungen des Untergrundes oder so,
Gunnar: aber so viel kannst du nicht machen.
Gunnar: Und es ist echt quälend langsam. Aber es dauert einfach mal so fünf Minuten,
Gunnar: bis man da so einen Kampf durchgefochten hat.
Gunnar: Und das ist viel länger als so eine Seestacht zum Beispiel.
Chris: Da sind wir schon gut im Thema, weil das wäre auch meine nächste Frage gewesen,
Chris: Gunnar, wie findest du denn eigentlich die Minispiele?
Chris: Wir haben sie ja jetzt beschrieben, es gibt den Seekampf, es gibt den Fechtkampf,
Chris: es gibt den Landkampf und wir nehmen mal das Segeln auf der Karte auch noch
Chris: als eine zentrale Spielmechanik.
Chris: Ich möchte vorweg schicken, den Gedanken, das überhaupt als Minispiele zu sehen,
Chris: also als in sich geschlossene Spielelemente, das ist was, was zumindest für
Chris: mich erst aus der Nachsicht entstanden ist.
Chris: Für mich war das damals einfach das Spiel.
Chris: Organisch geht das ineinander, was ja auch schon eine Leistung ist.
Chris: Viel organischer auch als bei Defender of the Crown.
Chris: Aber das ist natürlich einer der Gründe, warum das Spiel sich so einer leichten
Chris: Genrezuschreibung oder Beschreibung entzieht.
Chris: Weil das, was man da in einem Fechtkampf macht zum Beispiel,
Chris: natürlich etwas kategorisch anderes ist als den Handel, den man in den Siedlungen treibt.
Chris: Und das ist wieder etwas kategorisch anderes als dieses roto-Echtzeit-Ding beim Landkampf.
Chris: Also das sind Spiele, die sich nicht aus einer zentralen Genre-Idee ableiten
Chris: oder aus so einer übergeordneten Gedanken wie, wir simulieren hier etwas,
Chris: sondern wo jeweils für einen bestimmten Aspekt des Piratenlebens eine angemessene
Chris: spielmechanische Umsetzung gesucht wurde.
Chris: Piraten fahren auf See mit Schiffen, wie setzen wir das als Spielmechanik um?
Chris: Piraten liefern sich Fechtduelle, wie setzen wir das als Spielmechanik um?
Chris: Wir kommen ja in der Entstehungsgeschichte noch dazu, aber Sid Meier hat sich
Chris: dann nachvollziehbarerweise und auch glücklicherweise dazu entschieden,
Chris: das nicht alles zwanghaft in die gleiche Form zu pressen, sondern zu sagen,
Chris: naja, jedes dieser Elemente bekommt dann eine andere spielmechanische Ausprägung.
Gunnar: Wobei, wenn du schon Defender of the Crown als Beispiel nimmst,
Gunnar: diese Minispiele sind alle nicht losgelöst vom Hauptspiel.
Chris: Stimmt, ja.
Gunnar: Also in Defender of the Crown ist zum Beispiel das beliebte Turnierspiel komplett losgelöst.
Gunnar: Ob du schon 20 Jahre spielst, ob dir halb England gehört, ob du tausende von Leuten hast, egal.
Gunnar: Du fängst dieses Turnierspiel, wo du die Leute vom Pferd schubsen musst,
Gunnar: bei Null an. Einfach nur mit reinem Skill.
Gunnar: Und hier sind alle Spielteile miteinander verzahnt. Auch in dem ziemlich losgelösten
Gunnar: Landkampf hast du ja immerhin...
Chris: Die Menge an Leuten. Also es gibt immer einen Übertrag aus dem Metagame.
Gunnar: Genau. Und die Menge an Leuten ist ja festgelegt, mit wie vielen Leuten du da
Gunnar: hingehst. und die Menge an Leuten, mit denen du hingehen kannst,
Gunnar: hängt davon ab, wie viel du auf dem Schiff hattest und so.
Gunnar: Das ist alles eine Kette und es gibt vor allen Dingen, und deswegen komme ich
Gunnar: noch mal auf dieses Reisen mit dem Schiff zurück, eine zentrale Repräsentanz
Gunnar: in der Spielwelt. Das ist das, was einem Defender of the Crown fehlt.
Gunnar: Du bist da keine Figur oder irgendwas in dem Spiel.
Gunnar: Deswegen leben die Teile bei Defender of the Crown so nebeneinander her.
Gunnar: Wohingegen das hier, ein bisschen wie auch in dem schon erwähnten Seven Cities
Gunnar: of Gold eine zentrale Figur gibt, die mal anders gezeigt wird,
Gunnar: aber es ist immer noch dieselbe Figur und dasselbe Spielsystem, theoretisch.
Gunnar: Wir hatten ja schon gesagt, wie das über dieses Moralsystem,
Gunnar: die vorangegangene Seeschlacht, sehr stark mit dem Fechtkampf verzahnt ist.
Gunnar: Das ist viel stärker als in Defender of the Crown zum Beispiel.
Chris: So, dann jetzt mal Butter bei die Fische. Vier zentrale Spielbestandteile,
Chris: also Minispiele in Anführungszeichen, nämlich Seekampf, Fechten,
Chris: Landkampf und das Navigieren auf der Karte.
Chris: Mach mal bitte eine Top 4, welches davon funktioniert am besten für dich,
Chris: macht am meisten Spaß und welches am schlechtesten, also die Plätze 1 bis 4?
Gunnar: Ich finde, das Reisen auf der Karte ist das Spiel.
Chris: Das war aber nicht die Frage, die Frage war, ob es Spaß macht.
Gunnar: Das macht am zweitmeisten Spaß nach den Seeduellen, aber die Seeduelle sind
Gunnar: ja bloß eine Funktion des Reisens auf dem Meer, weil da ja die Metapher nicht
Gunnar: geändert wird, also das Schiff nicht geändert wird, sondern du nur reinzoomst.
Gunnar: Also wenn ich das so in einer Reihenfolge machen muss, dann würde ich sagen,
Gunnar: der Seekampf ist auf Platz 1 und der Landkampf auf Platz 4.
Gunnar: So weit kann ich mich festlegen. Die anderen Sachen sind dazwischen.
Chris: Das Fechten auf Platz zwei oder drei für dich?
Gunnar: Drei. Für mich ist das Spiel ein Seefahrtspiel und ein Segelsimulator und alles
Gunnar: andere ordnet sich dem unter.
Gunnar: Deswegen ist mein Gefühl nicht, dass der Seekampf ein Minispiel ist,
Gunnar: sondern es ist einfach eine logische Fokusveränderung beim Seefahren und sowohl
Gunnar: der Landkampf als auch das Fechten haben stärker Minispielcharakter.
Chris: Also ich stimme dir bei der grundsätzlichen Analyse schon zu,
Chris: das ist ein Seekampfspiel, das ist schon das, was man am allermeisten macht,
Chris: das Bewegen und das Kämpfen zur See.
Chris: Wenn ich jetzt aus meiner Perspektive den Spaßfaktor beurteile,
Chris: ist meine Liste genau umgekehrt.
Chris: Also ich würde auf Platz 1 würde ich den Landkampf setzen, dann kommt das Fechten,
Chris: dann kommt die Navigation und am wenigsten Spaß macht der Seekampf.
Gunnar: Wie bizarr ist denn das, Christian? Nein. Aber wie kann man das Spiel denn spielen?
Gunnar: Das ist doch ein Seekampfspiel.
Chris: Ja, das ist genau das Ding. Also der Seekampf an sich ist toll.
Chris: Das ist eine ganz elegante Mechanik und das ist ein wunderbar austariertes Minispiel,
Chris: gerade auch, was lässt das Spiel dich machen und was lässt es dich nicht machen.
Chris: Im Wesentlichen ist es ja nur steuern und schießen und das Schießen ist ganz
Chris: simpel, nämlich Taste drücken und es wird in Richtung des feindlichen Schiffs gefeuert. Ganz toll.
Chris: Also da wurden die richtigen Vereinfachungen getroffen. Das leidet aber unter
Chris: den gleichen Dingen, warum auch die Navigation auf der Karte für mich keinen Spaß macht.
Chris: Es ist nämlich einfach viel zu mühsam.
Chris: Ich finde jetzt das Fechten an sich und auch der Landkampf, das sind jetzt vielleicht
Chris: keine Highlights, aber gerade für den Landkampf gilt auch das Gleiche.
Chris: Das ist auch eine sehr elegante mechanische Vereinfachung, dass da viele Dinge
Chris: automatisch passieren, dass es sich auf einen Aspekt konzentriert,
Chris: nämlich auch hier wieder die Positionierung im Endeffekt.
Chris: Das ist ja das, was man selber macht und der Rest passiert automatisch.
Chris: Und das funktioniert für mich ganz gut und der Fechtkampf ist ja wenigstens schnell vorbei.
Chris: Aber die Seekämpfe dauern ewig und das Navigieren auf der Karte dauert noch viel länger.
Chris: Und das liegt hauptsächlich daran, dass sich die Schiffe so langsam bewegen,
Chris: weil hier halt auch das Segeln gegen den Wind simuliert wird.
Chris: Lass es mich mal anders formulieren, Gunnar. Wie gut findest du die Fauchtbewegung in Pirates?
Gunnar: Ich finde die super.
Chris: Bizarre Meinung.
Gunnar: Ich finde alles daran, wo ich im Schiff bin, finde ich super.
Gunnar: Und alles, wo ich nicht im Schiff bin, ist okay.
Gunnar: Vielleicht. Und der Landkampf ist sogar richtig schlecht.
Chris: Das sind nur nicht verstanden.
Gunnar: Das Segeln ist ja eben das metaphorische Zentrum dieses Spiels.
Gunnar: Das ist die Freiheit, die du hast.
Gunnar: Die anderen Systeme sind funktional, kurzlebig, machst du mal eben.
Gunnar: Das Segeln ist das Spiel. Ohne diese Seefahrt gäbe es nichts davon.
Gunnar: Auch die Tatsache, dass es langsam ist und dass du wartest und dass es mühsam
Gunnar: ist, gegen den Wind zu kreuzen und dass du planen musst, was du da tust,
Gunnar: ist ja Teil dieser Metapher. Und das ist halt das, was das so stark macht.
Gunnar: Und dass es überhaupt so adäquat eine Schiffsreise umsetzt mit den Mühen,
Gunnar: ist ja schon was komplett Frisches und was komplett Neues.
Gunnar: Ich meine, das ist ein Schiff, das schießt zur Seite raus. Das klingt ja völlig
Gunnar: logisch, wenn man sich überlegt, wie Schiffe schießen. Die schießen ja nicht über den Bug.
Gunnar: Aber das ist ja für ein Spiel zu der Zeit was Neues.
Gunnar: Zu der Zeit bewegst du eine Figur und die schießt nach vorne. Das ist das Typische.
Gunnar: Und hier hast du durch dieses Zwischenspiel von die Breitseite,
Gunnar: auch wenn es vereinfacht ist und dieses Achten auf den Wind und die Geschwindigkeit
Gunnar: und so, hast du so ein eigenes, frisches und originelles Spielgefühl.
Gunnar: Das ist halt so fantastisch.
Gunnar: Ich mache nichts lieber als Kämpfe in diesem Spiel. Und dann mache ich halt
Gunnar: mit Mühe schnell den Fechtkampf und dann ist gut. Und die Landkämpfe mache ich gar nicht.
Gunnar: Und das ist aber auch so, das ist doch, woran du dich erinnerst in dem Spiel. Ist das dann nicht...
Gunnar: Boah, ich bin nach Havanna gesegelt und sehe das erste Mal die Linie von Kuba
Gunnar: und jetzt begegne ich diesem spanischen Piraten und nicht so,
Gunnar: boah, da habe ich mich aber fünf Minuten über der Landkarte bewegt und da haben
Gunnar: kleine Figuren aufeinander geschossen.
Gunnar: Ist das das, was das memorabel macht für dich? Echt jetzt?
Gunnar: Hast du da memorable Landschlachten? Hast du so Momente, wo du so mit Freude
Gunnar: dran zurückdenkst, die nicht auf der Seekarte waren?
Chris: Ja, selbstverständlich. Das erste Mal, eine Siedlung zu überfallen,
Chris: die genügend Macht angesammelt zu haben, um sich das leisten zu können.
Gunnar: Ja, aber das mache ich ja mal vom Schiff aus.
Chris: Ja, naja, gut, aber dann musst du ja, ja, okay, dann kannst du es auch vom Schiff aus machen. Gut, danke.
Chris: Das hast du clever gemacht, weil dann kannst du dann einfach den Seekampf nochmal
Chris: spielen, nur in noch langweiliger.
Chris: Weil dann muss man sich gegen den Wind zu krebsen auf den Fohr,
Chris: während man beschossen wird.
Chris: Also es kommt natürlich immer drauf an, auf welche Stadt das ist und so.
Chris: Aber erinnerst du dich, von ein paar Jahren ist Death Stranding erschienen,
Chris: das Hideo Kojima-Spiel.
Chris: Und ich kann mich noch gut daran erinnern, dass damals in der Kritik ein ganz
Chris: wesentlicher Punkt war, dass da die Bewegung gamifiziert wurde.
Chris: Oh, Kojima hat es geschafft, dass das, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit
Chris: in Spielen ist, nämlich, dass man sich von A nach B bewegt, dass das auf einmal
Chris: ein Kernbestandteil der Spielmechanik ist.
Chris: Und für jüngere Generationen von Spielenden und vielleicht auch von Kritikern
Chris: mag das die erste Begegnung mit diesem Konzept gewesen sein.
Chris: Aber es gibt ja ganze Spiele wie zum Beispiel Marble Madness oder Rock'n'Roll,
Chris: die sich fast ausschließlich um die Kontrolle von Bewegung drehen.
Chris: Oder wir erinnern uns an das Andocken bei Elite, wo man sich am Anfang,
Chris: bevor man den Docking-Computer hatte, jedes Mal fragt, warum kann ich jetzt
Chris: nicht einfach einen Knopf drücken?
Chris: Warum muss ich mich da jedes Mal reinschrauben in diese Scheißstation?
Chris: Aber das ist ja auch im Endeffekt einfach eine Gamifizierung von Bewegung.
Chris: Und in Pirates ist das auch so.
Chris: Und da hast du vollkommen recht, das ist ein ganz zentrales Spielelement,
Chris: dass hier die Bewegung an sich schon eine spielmechanische Herausforderung ist.
Chris: Gerade die Bewegung gegen den Wind.
Chris: Aber das heißt ja noch nicht, dass es auch Spaß macht. Also ja,
Chris: natürlich ist das memorabel, wenn du einmal wie der Wind nach Westen gesegelt
Chris: bist und dann feststellst, ach, ich muss da ja auch wieder zurück und jetzt
Chris: muss ich da gegen den Wind kreuzen.
Chris: Das ist jetzt aber spielmechanisch ja nicht herausfordernd.
Chris: Du guckst halt, wie die Wolken sich bewegen und dann schaust du,
Chris: dass du da einigermaßen parallel zu der Wolkenbewegung dein Schiff ausrichtest,
Chris: damit es da hin und her kreuzt.
Chris: Aber Gott, ist das mühsam, Gunnar.
Chris: Gerade wenn du ein langsames Schiff hast oder sogar ein beschädigtes,
Chris: wo das Segel schon runtergeschossen ist und dann musst du da gegen den Wind
Chris: nach Osten kreuzen und dann gibt es ja auch Momente, da kommst du kaum von der Stelle.
Chris: Gerade in den Schiffskämpfen kann es ja auch sein, dass du zurückgetrieben wirst,
Chris: wenn du versuchst, gegen den Wind zu segeln.
Chris: Und das ist alles so langsam, gerade auf dem C64.
Gunnar: Aber das kannst du doch nicht gleichzeitig sagen und dann den noch viel langsameren
Gunnar: Landkampf als ein adäquates Spielelement loben.
Chris: Der Landkampf ist doch die Ausnahme. Das Segeln gegen den Wind ist ja die Kernmechanik,
Chris: wie du zu Recht sagst. Das machst du ja ständig.
Chris: Und ich erinnere mich da immer dran, dass eine deiner Maximen,
Chris: die ich auch für vollkommen richtig halte bei der Beurteilung von Adventure-Spielen
Chris: ja ist, dass die Text-Adventures von damals noch diese schöne Eleganz in der
Chris: Bewegung haben, weil das so zack, zack geht, bis zum Ort zu kommen.
Chris: Und dass einer der Rückschritte bei Grafik-Adventures war, dass da auf einmal
Chris: Distanz zurückgelegt werden muss.
Chris: Das ist das alte, ach, jetzt muss ich mit der Figur bis zum Bildschirmrand laufen, damit es weitergeht.
Chris: Und damit wird die Bewegung schleppender und mühsamer. Das ist kein Analogum,
Chris: das ist keine Gamifizierung, aber das ist eine sehr hellsichtige Beobachtung,
Chris: dass Bewegung im Spiel ein wichtiger Spaßfaktor ist.
Chris: Und das kann dazu beitragen, dass man mehr oder weniger Spaß hat.
Chris: Und hier ist es ein ganz wesentlicher Faktor in Pirates.
Chris: Und natürlich ist das realistischer, dass man hier gegen den Wind kreuzen muss.
Chris: Es macht aber keinen Spaß.
Gunnar: Finde ich überhaupt nicht. Ich finde, das ist so stark hier die Metapher umgesetzt durch den Wind.
Gunnar: Insbesondere ja auch in den Seeschlachten. Das ist ja auch ein Entscheidungsspiel an den Stellen.
Gunnar: Wenn ich halt eine Siedlung angreife von See aus und die Siedlung hat mehrere
Gunnar: Möglichkeiten, von See aus angegriffen zu werden, weil sie auf einer kleinen
Gunnar: Insel liegt oder so, Dann komme ich halt von der Seite, wo ich den Wind im Rücken
Gunnar: habe und dann schneller hin kann.
Gunnar: Das sind ja alles Entscheidungen, die dazugehören. Dem ordnet sich alles unter. So ist das halt.
Gunnar: Das ist halt der Wind. Das ist halt ein Segelspiel, Christian.
Gunnar: Ich weiß nicht, wie man ein Segelspiel spielen kann und sagen kann,
Gunnar: warum habe ich denn keinen Motor?
Gunnar: Und die Anspruchslosigkeit des Kreuzens? Ja, mei, also die anderen Teile sind
Gunnar: ja auch nicht in der Tiefe anspruchsvoll, mechanisch anspruchsvoll.
Chris: Jetzt, wo ich das so beklagt habe, möchte ich aber an der Stelle noch festhalten,
Chris: ich finde das nicht schlimm.
Chris: Im Gegenteil, ich finde, nicht alles an Spielen muss immer Spaß machen.
Gunnar: Ja, vielleicht.
Chris: Das ist ganz interessant, gerade in Bezug auf Pirates, wo einer der wesentlichen
Chris: Designfaktoren, die wesentliche Fragestellung war, was eigentlich macht für
Chris: den Spieler Spaß und was nicht.
Chris: Also, was nehmen wir ins Spiel rein? Aus dieser großen Bratmetapher und aus
Chris: der echten Historie, was wählen
Chris: wir aus, weil es Spaß macht und tun es ins Spiel und was lassen wir weg?
Chris: Und unter diesem Realismus- und Simulationsaspekt kommt aber mit rein,
Chris: dass man halt hier nun mal Windrichtungen hat und im Zweifelsfall dagegen kreuzen
Chris: kann. Und das macht dann vielleicht keinen Spaß.
Chris: Es zahlt aber trotzdem ein auf die Spielerfahrung, logischerweise.
Chris: Und es zahlt auch ein auf das letztendliche Erfolgserlebnis.
Chris: Weil abgekämpft mit großer Beute und halb zerschossenem Schiff,
Chris: sich über Monate bei fast meutender Besatzung und schwindenden Nahrungsvorräten
Chris: dann doch noch im rettenden Heimathafen anzukommen.
Chris: Und dann alles zu verkaufen und die Beute zu verteilen. Das ist halt ein wesentlich
Chris: größeres Erfolgserlebnis, als wenn du da jetzt einfach zippzapp hinreißen würdest.
Gunnar: Ja, als wenn es einen Teleport gäbe oder so. Also ich finde,
Gunnar: durch die Tatsache, dass das dasselbe Spiel ist in den Kämpfen wie in der Fahrt,
Gunnar: ist es da sehr bei sich, finde ich, weil du es genau die Steuerung wieder übernehmen kannst.
Gunnar: Und diese ganzen Sachen, die gegen dich wirken, wirken ja auch für dich.
Gunnar: Also wenn du siehst, dass die Galeone vor dir flieht mit ihrer fetten Ladung
Gunnar: und dann dreht sich der Wind und dann wird sie rückwärts auf dich zugetrieben,
Gunnar: während du da stehst und gesagt, kommt nur, ihr Deppen,
Gunnar: gleich gibt es so aufs Maul, so aufs Maul gibt es jetzt, das werdet ihr alles
Gunnar: doch bereuen, dass ihr versucht habt zu fliehen, das ist doch super.
Chris: Ja, das sind die memorablen Momente, aber also wenn wir ehrlich sind,
Chris: so eine Seeschlacht, die kann ja auch in einem von drei Fällen oder sowas,
Chris: ist das zumindest bei mir in den Partien halt auch so gelaufen,
Chris: dass ich da auf ein gleich schnelles Schiff wie meines treffe,
Chris: sagen wir mal, keine Ahnung, Schaluppe gegen Schaluppe und dann gehen die ersten
Chris: Schüsse daneben und dann entscheidet sich der Gegner zur Flucht und dreht ab.
Chris: Und ich setze hinterher und wir fahren beide in der gleichen Richtung mit dem
Chris: gleichen Wind in der gleichen Geschwindigkeit und du hast keine Chance mehr,
Chris: da irgendwie einzuholen.
Chris: Gibt es halt vielleicht noch einen verzweifelten Distanzschuss ab in der Hoffnung,
Chris: ihn doch noch das Segel zu zerschießen und dann kannst du da nur zugucken,
Chris: wie das andere Schiff halt Richtung Spielfeldrand kriecht und eine Minute später
Chris: ist dann dieser Kampf vorbei mit, das andere Schiff ist abgehauen.
Chris: Aber das ist doch langweilig. Da kommt auch keine Dramatik mehr dann rein.
Chris: Das sind halt die Sachen, die man dann ausblendet. Aber die gehören genauso zum Spiel.
Gunnar: Nein, das gehört dazu, finde ich. Also das hängt total stark davon ab,
Gunnar: wo der Wind steht, wenn du anfängst. Ich habe schon Kämpfe abgebrochen,
Gunnar: weil der Wind falsch steht.
Chris: Ja, klar.
Gunnar: Und das ist ja auch ganz normal. Ich mache das genauso. Ich gebe einen Schuss
Gunnar: ab und wenn das nicht geht, weil das Schiff schießt ja in acht Richtungen.
Gunnar: Wir sind ja hier im frühen Joystick-Zeitalter. Du kannst es auch nicht so genau
Gunnar: timen, wo du hinschießt.
Gunnar: Du musst das Schiff dann halt so drehen und dann treffen oder nicht.
Gunnar: Und wenn nicht, dann drehen wir halt ab.
Gunnar: Dann ist es halt vorbei. Und so ist es halt auch. Aber das ist doch gar nicht.
Gunnar: Also das gehört für mich so essentiell zur Metapher. Ich fände es doof,
Gunnar: wenn es dann noch ein Turbo gäbe oder noch irgendeine andere Mechanik, um das auszuhebeln.
Gunnar: Es gibt ja auch Wege, wie du das aushebelst durch taktisches Spiel.
Gunnar: Ich fahre dann oft als Hauptschiff so ein Allroundschiff, das alles mögliche
Gunnar: kann, Merchantman oder eine Fregatte und dann habe ich selbstverständlich noch eine Schaluppe dabei.
Gunnar: Denn falls mir dann eine Pinasse unterkommt oder so, dann versuche ich die mit
Gunnar: meiner Schaluppe zu fangen.
Chris: Tja, oder du versuchst es doch mit der Fregatte, mit deinen 30 Kanonen,
Chris: da halt mit einem Schuss auch direkt den Rumpfleck zu schlagen.
Chris: Und dann ist das auch eine sichere Sache, weil dann kommt sie dir auch nicht mehr aus.
Chris: Aber ja, natürlich, das gehört zum taktischen Spielraum und es gehört zu dem
Chris: Spiel auch das Scheitern mit dazu.
Chris: Also natürlich, dass ein Kampf scheitern kann oder dass man beim Fechten unterliegen
Chris: kann, aber auch schlichtweg, dass man einen Angriff abbrechen muss,
Chris: weil man feststellt, das wird nichts mehr.
Chris: Aber in der spielmechanischen Umsetzung, gerade auf der ursprünglichen Version
Chris: im C64, ist das ganz schön schleppend. auch so einen Kampf abzubrechen,
Chris: zu sagen, wir drehen jetzt ab, bedeutet, beide Schiffe müssen zum Bildschirmrand
Chris: kriechen und erst dann ist der Kampf vorbei.
Gunnar: Ja, aber es dauert doch trotzdem nicht so lange wie ein Landkampf.
Chris: Ja, naja, gut, aber der Landkampf dauert auch nicht so lange,
Chris: um ehrlich zu sein. Da sind die Distanzen schon vernünftig gewählt.
Gunnar: Ja, das stimmt schon. Das Einzige, was ich wirklich manchmal stressig fand, ist, wenn ich fliehe.
Gunnar: Also ich bin schwer verwundet und will jetzt fliehen.
Gunnar: Dann ist das Problem mit den gleichen Geschwindigkeiten.
Chris: Ja, das ist umgekehrt. Du wirst verfolgt und das Spiel bricht nicht ab.
Gunnar: Genau, dann kann ich das Spiel aber ja nicht abbrechen an der Stelle.
Gunnar: Wenn ich der Verfolger bin, breche ich halt ab, dann ist mir halt ein Schiff
Gunnar: entgangen, das ist doch wurscht.
Gunnar: Also dann fahre ich halt zum nächsten Schiff. Aber wenn es mir ums Leben geht
Gunnar: hier und ich hier dringend weg muss, weil ich ein fettes Schiff habe und das
Gunnar: nicht verlieren will und der Gegner, was weiß ich, stärker ist oder ich ihn
Gunnar: unterschätzt habe oder die ersten Schüsse gegen mich gelaufen sind oder so,
Gunnar: dann muss ich da ja raus und dann habe ich das Spiel auch schon mal minutenlang
Gunnar: stehen lassen und nur so alle fünf Minuten hingeguckt, während mein Schiff verzweifelt
Gunnar: da langgekrochen ist mit einem Geschwindigkeit. Vorsprung oder gar keinem.
Chris: Ja, da stellt man dann auch fest, dass es tatsächlich ein Zeitlimit gibt,
Chris: weil irgendwann die Sonne untergeht und dann werden diese Kämpfe abgebrochen.
Chris: Aber bis es soweit ist...
Chris: Dauert es eine ganze Weile.
Gunnar: Genau, das ist halt ein ganz kleiner Schwachpunkt in diesen Kämpfen,
Gunnar: wo dein Argument stimmt, aber das gilt echt meines Erachtens nur für diesen
Gunnar: einen spezifischen Fall.
Chris: Ja, also ich erwarte da auch gar keine Perfektion bei einem Spiel,
Chris: das so viele Dinge miteinander verzahnt und das ja auch noch so vergleichsweise
Chris: früh in der Entwicklung der Spiele ist.
Chris: Deswegen ist das jetzt überhaupt nicht schlimm gemeinte Kritik,
Chris: sondern es ist eine Beobachtung, dass wir hier in einer Ära sind,
Chris: wo Dinge noch langsamer laufen.
Chris: Auch das darf man nicht vergessen, wir sind hier auf dem C64,
Chris: das Spiel hat ganz ordentliche Ladezeiten.
Gunnar: Mit Diskettenwechsel und allem.
Chris: Ja, und vor allen Dingen jede einzelne Aktion, also selbst im Hafen zum Händler
Chris: gehen, dann fragt er dich, willst du ein Schiff verkaufen?
Chris: Dann kommt das Handelsfenster, da ploppt jedes Mal ein Fenster auf.
Chris: Das sind immer ein, zwei Sekunden Verzögerungen, bis es tatsächlich angezeigt wird.
Chris: Und das ist etwas, was damals eine Normalität war. Wenn man das aus heutiger
Chris: Perspektive sieht, ist es ein doch überraschend schleppendes Spiel,
Chris: weil ständig diese kurzen Verzögerungen drin sind bei jeder Aktion.
Chris: Aber das war halt einfach so, ne?
Gunnar: Ja, das habe ich komplett verdrängt gehabt. Das kann man ja in der Emulation sich auch wiederholen.
Gunnar: Sehr schön war das. Aber das ist ja nur eine Frage von Gewohnheiten.
Gunnar: Das hat damals niemanden aktiv gestört, würde ich sagen.
Chris: Nee, das denke ich auch. Das ist auch, wenn du dir die zeitgenössischen Kritiken
Chris: anguckst, das ist jetzt nichts, was irgendjemand erwähnenswert fand.
Chris: Im Gegenteil, das, was du fast in jeder von den Kritiken damals findest,
Chris: ist eine Beschreibung der Komplexität der Spielbestandteile und dann fast immer
Chris: mit dem Zusatz, dass es dafür aber ein erstaunlich zugängliches Spiel sei.
Chris: Und das ist natürlich richtig, dass dafür, dass hier so viele verschiedene Spielelemente
Chris: miteinander verzahnt sind und diese dynamische Simulation im Hintergrund,
Chris: also auch das der Vollständigkeit halber noch gesagt, die Verhältnisse dieser
Chris: Siedlungen und des karibischen Raums, der hier dargestellt wird,
Chris: kann sich auf einfache Art und Weisen auch im Hintergrund verändern.
Chris: Wir haben schon gesagt, diese Silberflotte zum Beispiel tingelt von Stadt zu Stadt.
Chris: Die hinterlässt dort immer auch Reichtum. So eine Stadt floriert immer,
Chris: wenn die Silberflotte gerade mal da war.
Chris: Es können auch andere Piratenangriffe stattfinden auf Siedlungen.
Chris: Dann wird da das Geld geplündert.
Chris: Es kann Malaria ausbrechen. Dann reduziert sich die Bevölkerung und damit auch
Chris: der Reichtum der jeweiligen Siedlungen. Also das Schicksal dieser einzelnen
Chris: Punkte auf der Landkarte dieser Siedlungen ist in ständigem Fluss.
Chris: Und das teilweise in Abhängigkeit von unseren Aktionen. Wenn wir Städte plündern,
Chris: werden die natürlich auch ärmer. Wenn wir viel Handel treiben mit einer Stadt,
Chris: kann die reicher werden.
Chris: Aber auch unabhängig von unseren Handlungen in so einem ganz rudimentären Simulationssystem.
Gunnar: Genau, das macht den Eindruck einer lebenden Spielwelt.
Gunnar: Wie realistisch das ist, ist noch eine andere Frage, aber das macht deutlich
Gunnar: den Eindruck einer Welt, die auch einfach funktioniert und weiter geht ohne dich.
Gunnar: Der Silver Train fährt auch, wenn du ihn nicht findest. Die kriegführenden Parteien
Gunnar: ändern sich, auch wenn du nicht eingreifst und so.
Gunnar: Und die Schiffe fahren auch hin und her, wenn du damit nichts zu tun hast.
Gunnar: Das ist alles irgendwie da, aber trotzdem ist es nicht eine Welt,
Gunnar: in der du überflüssig bist, die du nur beobachtest, sondern wo du richtig nachvollziehbar
Gunnar: Impact, modern gesagt, haben kannst, Einfluss haben kannst.
Gunnar: Am stärksten durch dieses Einsetzen von Gouverneuren, was ja richtig das Machtverhältnis
Gunnar: ändert, aber halt auch, indem du mit Städten handelst. Wo du deine Ware verkaufst,
Gunnar: macht einen Unterschied, wenn du von deinem Beute zukommst.
Gunnar: Wie du gegen Städte kämpfst, macht einen Unterschied. Wie oft du welche angreifst,
Gunnar: wo du Sachen kaufst, ob du in der Nähe einer Stadt Schiffe plünderst,
Gunnar: die da ja hin unterwegs waren und die da was hinbringen wollten.
Gunnar: All das macht einen Unterschied auf einzelne Werte im Spiel,
Gunnar: meist den Wohlstand einer Stadt.
Gunnar: Und der Wohlstand einer Stadt bestimmt dann wieder die Preise und die angebotenen Waren etc.
Chris: Tja, und das alles aber eingebettet oder umhüllt von diesem Mantel der historischen
Chris: Authentizität zumindest mal, was die Orte, die Namen, die zeitlichen Epochen,
Chris: die verfügbaren Schiffe und so weiter angeht.
Chris: Übrigens, zu dem Spiel gehört ja ein Handbuch und wir sind da in einer Zeit,
Chris: wo Handbücher wichtiger werden.
Chris: Wir kommen aus einer Ära, wo die meisten Spiele in den 70er und 80ern noch nicht
Chris: so wahnsinnig viel Wert auf das Handbuch gelegt haben oder auch häufig selbst
Chris: erklärend war im Hintergrund von den Arcades.
Gunnar: Genau, das Spielen kommt in der Zeit aus der Arcade und in den ersten Jahren
Gunnar: auf den Heimcomputern wird die Arcade emuliert und dann hat man einfache Spielkonzepte,
Gunnar: die sie sofort erklären.
Chris: Genau, und auf den Heimcomputern kommen ja dann komplexere Spiele,
Chris: insbesondere auch Simulationen und die erfordern mehr Erklärung und da kommen
Chris: wir jetzt dann in die goldene Ära des Handbuchs. Und Sid Meier's Pirates ist
Chris: eines von diesen Beispielen, denn das hat ein hervorragendes Handbuch.
Chris: Das sind ungefähr 70 Seiten, glaube ich. Und das verbindet Erklärung der Spielmechanik
Chris: mit einer anschaulichen Beschreibung, so aus der Ich-Perspektive von so kleinen
Chris: Vignetten von Piraten, die dann halt was erzählen, mit dann gleichzeitig aber
Chris: historischer Einordnung.
Chris: Das nennt sich Historical Footnotes. Und da wird das, was im Spiel passiert,
Chris: immer in einen Kontext gesetzt zu dem, wie es nach bestem Wissen und Gewissen in der Realität war.
Chris: Das heißt, das Spiel legt Wert, sowohl im Spiel als auch im Handbuch diesen
Chris: Bezug zur Realität zu wahren und schreibt sich selbst auch zu,
Chris: zumindest in Teilen darauf zu fußen.
Chris: Und es bemüht sich an vielen Stellen darum, eine historische Realität nachzubilden.
Chris: Und wie gut oder schlecht dem Spiel das gelingt, das würden wir gerne mal mit
Chris: jemandem abklopfen, der sich mit dieser Epoche der Geschichte auskennt.
Chris: Und dazu haben wir uns heute eine Expertin eingeladen und zwar Dr. Tanja Zagschewski.
Chris: Tanja, du bist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität in Potsdam.
Chris: Du hast deinen Master in Militärgeschichte gemacht und zu deinen Forschungsschwerpunkten
Chris: gehört die Piraterie im Atlantikraum im 17. und 18.
Chris: Jahrhundert. Du bist also tief im Thema drin und ich freue mich sehr,
Chris: dass du heute bei uns bist.
Dr. Tanja Zakrzewski: Ich freue mich auch, dass ich heute da bin.
Chris: Wir sind mit dem Spiel Pirates in der Karibik und in der Zeit von 1560 bis 1700 ungefähr.
Chris: Mal ganz allgemein gefragt, warum gilt genau diese Ära in dieser Region als
Chris: die goldene Zeit der Piraterie?
Dr. Tanja Zakrzewski: Das hat in erster Linie geopolitische Gründe.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also wir müssen uns das so vorstellen, dass die Karibik nicht nur geografisch
Dr. Tanja Zakrzewski: extrem aufgesplittert ist mit den ganzen vielen kleinen Inseln,
Dr. Tanja Zakrzewski: sondern auch unter den Kolonialreichen heftig umkämpft ist, sodass benachbarte
Dr. Tanja Zakrzewski: Kolonialreiche auch auf benachbarten
Dr. Tanja Zakrzewski: Inseln aber in Sichtweite quasi voneinander existieren müssen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und gerade wenn wir uns angucken, dass Spanien die Kolonien auf dem südamerikanischen
Dr. Tanja Zakrzewski: Festland kontrolliert, mussten sie durch die Karibik segeln,
Dr. Tanja Zakrzewski: um die ganzen Ressourcen, das
Dr. Tanja Zakrzewski: Gold und das Silber, zurück nach Kernland Spanien, nach Europa zu bringen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und mussten da dann natürlich an diesen kleinen Inseln vorbei,
Dr. Tanja Zakrzewski: am englischen Einflussbereich und am französischen Einflussbereich.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und das war einfach extrem gefährlich und führte dann dazu, dass sich Piraten
Dr. Tanja Zakrzewski: da besonders wohl gefühlt haben, weil die großen Handelsrouten einfach durch
Dr. Tanja Zakrzewski: dieses Gebiet gingen, plus die politische Lage noch dazu.
Chris: Wenn du von Handelsrouten sprichst, also wir verstehen Piraten ja jetzt mal
Chris: ganz simpel gesagt als Räuber, die halt auf dem Wasser unterwegs sind statt an Land.
Chris: Damit Piraten dort florieren können, muss es ja was zu stehlen geben.
Chris: Was wird denn da gehandelt? Was sind denn da die wertvollen Beutegüter?
Dr. Tanja Zakrzewski: Also wir haben im spanischen Kontext zum Beispiel hauptsächlich Gold und Silber
Dr. Tanja Zakrzewski: aus den spanischen Kolonien in Südamerika.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das, was heute Peru ist zum Beispiel, wurde dann erst übers Festland bis zur
Dr. Tanja Zakrzewski: Küste gebracht und dann verschifft zurück nach Spanien, wo es dann nach Sevilla ging.
Dr. Tanja Zakrzewski: Daher kommt der Begriff Silberflotte, weil die Spanier hauptsächlich Silber transportiert haben.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und das war natürlich extrem risikobehaftet und auch extrem anziehend für Piraten,
Dr. Tanja Zakrzewski: die schnelles Geld gewittert haben.
Dr. Tanja Zakrzewski: Andere Güter waren aber auch Tabak und Rohrzucker und natürlich Geld,
Dr. Tanja Zakrzewski: was transportiert wurde.
Dr. Tanja Zakrzewski: Schmuck, Juwelen, Sklaven natürlich auch, darf man auch immer nicht vergessen,
Dr. Tanja Zakrzewski: die auch als Ware gelten in der Zeit.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das war extrem anziehend für Piraten.
Chris: Wenn wir an den Anfang gehen, also das späte 16.
Chris: Jahrhundert, dann Anfang, Mitte 17. Jahrhundert, Da haben wir also diese sehr
Chris: lukrativen Besitzungen von Spanien in der neuen Welt und das ganze Silber und das Gold.
Chris: Und jetzt sollte man meinen, dass gerade dann so eine reiche Nation wie Spanien
Chris: da eine ordentliche Militärflotte vor Ort haben sollte, um die eigenen Interessen
Chris: zu beschützen. Und das ist ja auch genau die Zeit, also das späte 16.
Chris: Jahrhundert, von der berühmten spanischen Armada, also dieser imposanten Kriegsflotte.
Chris: Und die wird dann von England beschlagen, damit etabliert sich England als Seemacht.
Chris: Also auch hier, man sollte meinen, Länder mit so großen Seestreitkräften,
Chris: die tragen ihre Konflikte in der Karibik militärisch aus und machen da kurzen
Chris: Prozess mit Piraten, die brauchen doch keine Kaperbriefe.
Chris: Warum ist das nicht der Fall? Wenn ich das richtig verstehe,
Chris: ist ja sogar das Gegenteil richtig, dass es in der Karibik so gut wie überhaupt
Chris: kein organisiertes Militär gibt.
Chris: Und wenn da mal eine Stadt angegriffen wird, dann müssen sich da lokale Milizen
Chris: um die Verteidigung kümmern.
Dr. Tanja Zakrzewski: Genau, das ist in der frühen Neuzeit, in der wir uns hier befinden,
Dr. Tanja Zakrzewski: absolut üblich. Wir sind noch in der Zeit vor stehenden Heeren.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also diese großen Berufsarmeen, die wir heute kennen, die gibt es zu der Zeit noch nicht.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und das liegt ganz einfach daran, dass das extrem teuer ist.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also die spanische Armada, ja, die ist sehr beeindruckend, keine Frage.
Dr. Tanja Zakrzewski: Aber diese Schiffe sind extrem teuer. Die Mannschaften sind hochspezialisiert,
Dr. Tanja Zakrzewski: die Kanonen bedienen zu können.
Dr. Tanja Zakrzewski: Die riesige Takelage, das sind Experten, die sind auch teuer.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und wenn denen was passiert, ist das ein riesiges Verlustgeschäft.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also weder das spanische Imperium noch das englische haben zu der Zeit einfach
Dr. Tanja Zakrzewski: die Manpower, die riesigen Gebiete, die sie für sich beanspruchen,
Dr. Tanja Zakrzewski: tatsächlich zu kontrollieren und verlassen sich deswegen auf Milizen,
Dr. Tanja Zakrzewski: die zum einen billiger sind,
Dr. Tanja Zakrzewski: meistens keine Staatsbürger in Anführungsstrichen, weil Staatsbürgerschaft an
Dr. Tanja Zakrzewski: sich gibt es auch noch nicht.
Dr. Tanja Zakrzewski: Aber wenn so ein paar Einheimische sterben, ist es weniger relevant,
Dr. Tanja Zakrzewski: als wenn es wirklich Engländer sind, die vielleicht sogar noch richtig ausgebildet waren.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also Menschenleben sind in der Zeit nicht viel wert.
Chris: Im Spiel gibt es neben dem ganzen ökonomischen Aspekt noch einen anderen Anreiz
Chris: und zwar die soziale Mobilität.
Chris: Also man startet da eigentlich immer als Nobody und dadurch,
Chris: dass man dann erfolgreich in der Karibik agiert, kann man sich dann aber hochdienen
Chris: bis zu Adelstiteln tatsächlich, sogar bis zu hohen Adelstiteln.
Chris: Man kann sich Landbesitz erwerben und so weiter.
Chris: Das erscheint mir für die ja relativ festgefügten gesellschaftlichen Systeme
Chris: dieser Zeit recht ungewöhnlich.
Chris: War das denn in der Realität wirklich so?
Dr. Tanja Zakrzewski: Ja und nein. Also ganz so einfach war es gerade mit den Adelstiteln und dem
Dr. Tanja Zakrzewski: Landerwerb natürlich nicht.
Dr. Tanja Zakrzewski: Ich bin mir ziemlich sicher, dass hier allen sofort Henry Morgan einfällt,
Dr. Tanja Zakrzewski: der Kapitän, der zufällig tatsächlich in den Adelsstand gehoben wurde und Land
Dr. Tanja Zakrzewski: erworben hat, aber das ist die absolute Ausnahme.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also soziale Mobilität spielt weniger für die Kapitäne eine Rolle als für die
Dr. Tanja Zakrzewski: Mannschaft an sich, weil an Bord von Piratenschiffen erstmal jeder oder sogar jede anheuern konnte.
Dr. Tanja Zakrzewski: Unabhängig von Herkunft, also Herkunft im Sinne von Nationalität oder ob jemand
Dr. Tanja Zakrzewski: adelig geboren war oder sogar unehelich. Religion spielte weniger eine Rolle,
Dr. Tanja Zakrzewski: Hautfarbe spielte weniger eine Rolle.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also nein, ich sage es immer in Relation, weil es sich natürlich von Kapitän
Dr. Tanja Zakrzewski: zu Kapitän unterscheiden konnte.
Dr. Tanja Zakrzewski: Wir wissen von Kapitänen, die selbst Sklavenhandel betrieben haben.
Dr. Tanja Zakrzewski: Wir wissen aber auch, dass einige gezielt Sklavenschiffe angegriffen haben,
Dr. Tanja Zakrzewski: um die Sklaven zu befreien und für sich zu rekrutieren.
Dr. Tanja Zakrzewski: Es ist schwierig, es ist Einzelfallentscheidung am Ende, aber soziale Mobilität
Dr. Tanja Zakrzewski: auf Piratenschiffen auf jeden Fall, aber eher für die Mannschaft als für die Kapitäne.
Chris: Also Freiheit ist ein Aspekt und Ausbruch aus dieser sozialen Lage,
Chris: aber was zumindest laut dem Spiel auch eine Rolle spielt, ist das Ökonomische.
Chris: Also dass man da eine Möglichkeit hat, zu einer Art bescheidenen Wohlstand zu
Chris: kommen, wenn denn alles gut geht. Denn im Spiel wird das so skizziert,
Chris: dass nach so einem erfolgreichen Beutezug diese Beute dann gleichmäßig unter
Chris: der Besatzung aufgeteilt wird, nach einem festgelegten Schlüssel.
Chris: Und das legt so nahe, dass es da eine vergleichsweise egalitäre Organisationsform
Chris: an Bord der Schiffe gibt.
Chris: Das, was wir jetzt im Spiel finden, dass da die Beute fair geteilt wird und
Chris: dass die Besatzung teilweise Entscheidungen mittrifft, also im Spiel zum Beispiel
Chris: ist es so, dass irgendwann ihre Stimmung so schlecht wird, dass sie darüber
Chris: mitentscheiden, de facto,
Chris: wann der Beutezug auch tatsächlich zu Ende ist, weil wenn die Mannschaft nicht
Chris: mehr will, dann geht es halt auch nicht mehr.
Chris: War das in echt auch so?
Dr. Tanja Zakrzewski: Ja, da finde ich, ist das Spiel erstaunlich akkurat.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also wir wissen von dem sogenannten Piratenkodex, der ist tatsächlich auch in
Dr. Tanja Zakrzewski: der Quellenlage überliefert, was für Historiker immer ein ganz großes Ereignis
Dr. Tanja Zakrzewski: ist, wenn wir was wirklich schriftlich nachweisen können.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das ist allerdings nicht so sehr wie in Ihrenkodex zu verstehen,
Dr. Tanja Zakrzewski: wie es in der Populärkultur gerne dargestellt wird, sondern es ist mehr eine
Dr. Tanja Zakrzewski: Art Arbeitsvertrag, wo vornherein festgelegt wird, Wenn wir Beute machen,
Dr. Tanja Zakrzewski: wer bekommt wie viele Anteile?
Dr. Tanja Zakrzewski: Und da ist es natürlich gestaffelt, der Kapitän bekommt immer die meisten Anteile
Dr. Tanja Zakrzewski: und dann der erste Maat und so weiter.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also ob man das jetzt für fair halten möchte, lasse ich mal dahingestellt,
Dr. Tanja Zakrzewski: aber es ist auf jeden Fall vorab festgelegt. und es ist großzügiger als beispielsweise
Dr. Tanja Zakrzewski: in der englischen Marine.
Dr. Tanja Zakrzewski: Was dieser Piratenkodex aber auch macht, ist auch wieder eine Rückversicherung.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also man muss sich vorstellen, die einzelnen Punkte werden festgelegt.
Dr. Tanja Zakrzewski: Meistens sind die sogar zeitlich befristet. Also es gibt diese Verträge auch
Dr. Tanja Zakrzewski: manchmal nur für einen Raubzug und dann wird der neu aufgelegt.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und darunter gibt es eine Liste
Dr. Tanja Zakrzewski: der Mannschaft, namentlich aufgelistet und daneben unterschreiben die.
Dr. Tanja Zakrzewski: Jetzt können die meisten natürlich nicht richtig schreiben und machen dann einfach
Dr. Tanja Zakrzewski: nur ihre Initialien, wenn sie können, oder ein Kreuz oder irgendwie sowas.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das regelt zum einen die Beuteverteilung am Ende, dass sie dann was haben,
Dr. Tanja Zakrzewski: womit sie sagen können, hier wurde aber vorher festgelegt, ich bekomme drei
Dr. Tanja Zakrzewski: Anteile von dem, was wir erbeutet haben.
Dr. Tanja Zakrzewski: Gleichzeitig sichert das natürlich auch gegen Verrat ab, weil ich habe ja schon
Dr. Tanja Zakrzewski: gesagt, Piraterie ist eine Straftat.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und hier ist jetzt schriftlich festgehalten, wer sich bereit erklärt,
Dr. Tanja Zakrzewski: diese Straftat zu begehen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also hier ist natürlich auch die Rückversicherung an den Kapitän,
Dr. Tanja Zakrzewski: dass er sich vor Verrat schützen kann.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und das sind auch die Verträge, die den Mannschaften dann zu Verhängnis werden,
Dr. Tanja Zakrzewski: wenn sie tatsächlich irgendwo gefangen genommen werden.
Dr. Tanja Zakrzewski: Weil man das schwer abstreiten kann, wenn man das abgesegnet hat.
Chris: Wer wird denn beraubt? Wer verliert da was? Und in wessen Taschen landet das?
Dr. Tanja Zakrzewski: Beraubt wird, wer das Risiko wert ist. Also das ist immer der Balanceakt,
Dr. Tanja Zakrzewski: den die Kapitäne schaffen müssen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Es ist natürlich extrem verlockend, ein mit Silber voll beladenes spanisches Schiff anzugreifen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das sind aber auch die Schiffe, die am besten bewacht werden.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also wir sehen die Hauptziele gerade in der frühen Phase der Piraterie.
Dr. Tanja Zakrzewski: 1560 bis 1600 ist die Silberflotte der Spanier, die überfallen wird,
Dr. Tanja Zakrzewski: was so schlimm wird, dass sie dann tatsächlich einen Marinekonvoi als Schutz bekommen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und darüber hinaus sind es die Handelsschiffe, vor allem der Niederländer.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also jedes Schiff, was Güter aus der neuen Welt zurück nach Europa bringt,
Dr. Tanja Zakrzewski: kann im Prinzip Angriffsziel werden.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und da wird dann natürlich unterschieden, manche Schiffe werden besser geschützt
Dr. Tanja Zakrzewski: als andere, je nachdem, ob die Reederei sich das leisten kann oder nicht.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und dann haben wir auch das Phänomen, dass gerade Schiffe, die Sklaven transportieren,
Dr. Tanja Zakrzewski: gerne angegriffen werden, auch wenn sie keine oder darüber hinaus nur wenig
Dr. Tanja Zakrzewski: andere materielle Güter transportieren, weil sie extrem leicht zu übernehmen sind.
Dr. Tanja Zakrzewski: Denn das Erste, was passiert, wenn Piraten auf ein Sklavenschiff treffen,
Dr. Tanja Zakrzewski: ist zu sagen, wenn ihr euch auf unsere Seite schlagt, befreien wir euch.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und dann haben wir natürlich direkt Meuterei auf diesem Schiff.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und da ist dann auch wieder die zahlenmäßige Unterlegenheit der Freien und dann
Dr. Tanja Zakrzewski: ist die Sache innerhalb von Minuten erledigt.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das ist dann eher so eine Art Rekrutierungsfahrt, nenne ich das.
Dr. Tanja Zakrzewski: Da kommt vielleicht nicht viel Gold bei rum, aber dann hat man die Manpower
Dr. Tanja Zakrzewski: für die wirklich großen Raubzüge.
Chris: Also wenn die Silberflotte zum Beispiel befallen wird, die Geschädigte ist dann
Chris: in dem Fall die spanische Krone, also das Königshaus.
Chris: Und bei den Handelsschiffen sind es Händler oder im Falle der Holländer ja teilweise auch Firmen.
Chris: Also in jedem Fall die Wohlhabenden, die Oberschicht. Ist das korrekt?
Dr. Tanja Zakrzewski: Ja, auf jeden Fall.
Chris: Okay.
Dr. Tanja Zakrzewski: Es werden nicht die Ärmsten der Armen zum Ziel von Piraterie.
Chris: Zumindest nicht auf See, würde ich sagen, weil jetzt kommen wir zu dem anderen Aspekt.
Chris: Wir verbinden mit Piraten ja meistens den Gedanken von Seekampf und Überfälle auf andere Schiffe.
Chris: Aber im Spiel wiederum ist ein ziemlich wichtiger Bestandteil auch der Angriff
Chris: auf Siedlungen, auf Städte.
Chris: Und damit zusammenhängt dann auch der Kampf zu Land.
Chris: Wie häufig kam denn sowas in echt vor?
Dr. Tanja Zakrzewski: Das ist total spannend, dass das Spiel das aufgreift. Und hier war ich auch
Dr. Tanja Zakrzewski: wieder überrascht, wie historisch akkurat das ist, weil das absolut ein großer
Dr. Tanja Zakrzewski: Bestandteil von Piraterie ist.
Dr. Tanja Zakrzewski: In der Karibik fällt das immer so ein bisschen unter den Tisch,
Dr. Tanja Zakrzewski: weil wir da Überlieferungen von den großen Raubzügen auf See haben.
Dr. Tanja Zakrzewski: Aber wenn wir uns mal als Vergleichsgröße das Mittelmeer angucken,
Dr. Tanja Zakrzewski: da ist die Hauptbedrohung der Hafenstädte Piraterie und nicht ein Überfall eines
Dr. Tanja Zakrzewski: feindlichen Landes zum Beispiel.
Dr. Tanja Zakrzewski: Die Spanier haben im Mittelmeer mehr Angst vor Piraten aus Nordafrika als vor
Dr. Tanja Zakrzewski: der Osmanischen Flotte zum Beispiel.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also Hafenstädte sind absolut bedroht von Piraterie und das ist in der Karibik nicht anders.
Dr. Tanja Zakrzewski: Gerade wenn es dann zu Fällen kommt, wo Piraten in Hafenstädten geduldet werden,
Dr. Tanja Zakrzewski: weil sie gut fürs Business sind, dann aber verraten werden, das rächt sich oft
Dr. Tanja Zakrzewski: extrem und sehr schnell und sehr gewaltvoll.
Dr. Tanja Zakrzewski: Weil hier kommt auch wieder ins Spiel, Piraten sind nicht unbedingt gute Menschen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das sind schon absolute Gewalttäter, die, wenn sie genug provoziert sind oder
Dr. Tanja Zakrzewski: außer Kontrolle geraten, Gräuseltaten an der Zivilbevölkerung begehen.
Chris: Und da trifft es dann doch wieder die in Anführungszeichen normalen Menschen.
Chris: Es gibt zu dem, was du gerade gesagt hast, das Handbuch von Pirates ist reich
Chris: an Geschichten, Aber ein Beispiel ist von dem französischen Piraten Lolonay,
Chris: der im Jahr 1666 die spanische Hafenstadt Maracaibo geplündert hat.
Chris: Die ist zur Seeseite gesichert mit einem Vor. Also die verteidigt sich gegen
Chris: Seeangriffe, aber was er dann macht, ist halt einfach anzulanden und von der
Chris: Landseite aus anzugreifen.
Chris: Und dagegen ist die Stadt offensichtlich nicht ausreichend gesichert.
Chris: Auf jeden Fall wird sie von ihm dann überrumpelt und geplündert und dann in
Chris: der Folge auch im Endeffekt dem Erdboden gleichgemacht.
Chris: Also Morde an der Zivilbevölkerung und Vergewaltigungen gehören da offensichtlich zur Tagesordnung.
Chris: Und dieser Lolonet hat den Ruf, einer der besonders grausamen Piraten zu sein,
Chris: mit deutlich psychopathischen Zügen.
Chris: Also das entspricht nicht unbedingt dem Bild von dem edlen Piraten,
Chris: das wir heutzutage in den Medien
Chris: haben. Aber wenn ich dich richtig verstehe, ist das eh eine Fiktion.
Dr. Tanja Zakrzewski: Ja, also das Bild, was wir in der Populärkultur von Piraten haben,
Dr. Tanja Zakrzewski: ist schon sehr romantisiert.
Dr. Tanja Zakrzewski: Wobei das nicht nur eine Erfindung der Moderne ist. Wir finden auch schon im 18.
Dr. Tanja Zakrzewski: Jahrhundert Publikationen, die Piratengeschichten erzählen und aufhübschen,
Dr. Tanja Zakrzewski: weil sich das gut verkauft.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das sind keine historischen Quellen. Es sind aber auch nicht wirklich Unterhaltungsromane,
Dr. Tanja Zakrzewski: wie wir sie heute kennen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Die verkaufen sich zu der Zeit als wahre Berichte, als ich mit Kapitän so und
Dr. Tanja Zakrzewski: so gesegelt bin, was dann alles frei erfunden ist. Aber es verkauft sich gut.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also manche Kapitäne werden schon in diesen Publikationen erwähnt,
Dr. Tanja Zakrzewski: bevor sie überhaupt tot sind.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und werden dann schon zu lebenden Legenden.
Chris: Jetzt kommen wir noch mal zu einem Aspekt, der jetzt schon aufgetaucht ist,
Chris: aber der, glaube ich, wichtig ist, noch mal explizit zu besprechen.
Chris: Ein Aspekt, den das Spiel komplett ausblendet, nämlich das Leben der einheimischen Bevölkerung.
Chris: Und damit meine ich sowohl die Menschen, die dort in den Siedlungen leben,
Chris: als auch insbesondere das Leben der Sklaven.
Chris: Diese Schätze der neuen Welt, die wir vorhin schon erwähnt haben,
Chris: also das Silber, das Gold, aber auch so Dinge wie das Zuckerrohr oder Tabak,
Chris: die müssen ja irgendwo herkommen.
Chris: Sowohl für die Bergwerke als auch für die Plantagen braucht man Arbeitskräfte
Chris: und natürlich auch nicht wenige.
Chris: Und zu der Zeit, wo das Spiel am Anfang spielt, also das Ausgehen der 16.
Chris: Jahrhundert, da sind das zumindest für die Spanier überwiegend noch die indigene
Chris: Bevölkerung von Mittel- und Südamerika.
Chris: Aber das ist schon ein Zeitpunkt, da haben die die mehr oder weniger verschlissen.
Chris: Ja. Also ich weiß gar nicht, wie man das drastisch genug ausdrücken kann,
Chris: aber das war ja ein Genozid,
Chris: den die Spanier dort ausgeführt haben an der einheimischen Bevölkerung und weil
Chris: ihnen dann die Arbeitskräfte ausgehen, fangen sie dann an, afrikanische Sklaven
Chris: in diese Region zu deportieren und dort, wie du sagst, wie Vieh zu behandeln.
Chris: Also Sklaven sind eine Ware und wiederum auch eine Ware, die für Piraten dann
Chris: natürlich einen Wert haben.
Chris: Du hattest das vorhin schon geschildert, dass teilweise dann die Sklavenschiffe
Chris: zur Rekrutierung benutzt werden, aber genauso.
Chris: So ist es ja, wenn ich das richtig sehe, historische Realität,
Chris: dass Piraten auch Sklaven handeln.
Chris: Also es gibt im Spiel zum Beispiel ein Szenario, da spielt man John Hawkins,
Chris: einen englischen Freibeuter, dessen Flaggschiff ist die Jesus von Lübeck und
Chris: im Spiel ist das halt ein Schiff wie jedes andere.
Chris: In der Realität war das ein Sklaventransporter und John Hawkins hat sich extra
Chris: eine Methode ausgedacht, dort Sklaven Rücken an Rücken legen zu lassen,
Chris: damit sie möglichst eng gepackt werden können unter Deck,
Chris: damit er so viele wie möglich da in die Karibik transportieren kann.
Chris: Also wie gesagt, im Spiel findet das nicht statt, aber ist das aus deiner Perspektive
Chris: eine Ausnahme, dass Piraten auch
Chris: im Sklavenhandel aktiv sind oder ist das historischer Alltag sozusagen?
Dr. Tanja Zakrzewski: Viele Piraten sind gnadenlose Opportunisten.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also ich würde auch hier wieder Abstand davor nehmen, zu sagen,
Dr. Tanja Zakrzewski: dass selbst die Piraten, die sich im Vergleich als besonders moralisch hervortun,
Dr. Tanja Zakrzewski: nicht auch geneigt dazu wären, Sklaven zu handeln, wenn sie damit richtig viel Geld machen können.
Dr. Tanja Zakrzewski: Wir dürfen nicht vergessen, dass diese afrikanischen Sklaven zu der Zeit nicht
Dr. Tanja Zakrzewski: als Menschen wahrgenommen wurden.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das ist, als hätte man Kühe über den Atlantik transportiert.
Dr. Tanja Zakrzewski: Mit der gleichen emotionalen Verbindung, die man dazu hat.
Dr. Tanja Zakrzewski: Es gibt natürlich immer Leute, die aus der Reihe tanzen und das zu der Zeit,
Dr. Tanja Zakrzewski: wo es passiert, schon ablehnen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Aber das sind die absoluten Ausnahmen.
Chris: Das bringt mich jetzt zu meiner Abschlussfrage an dich, Tanja.
Chris: Wie endet das Ganze denn? Diese goldene Ära der Piraterie.
Chris: Wann und warum findet diese Ära ihr Ende?
Dr. Tanja Zakrzewski: Also wir sehen am Anfang des 18. Jahrhunderts, so in den 1710ern,
Dr. Tanja Zakrzewski: 1720ern nochmal so ein letztes Aufbäumen der Piraterie.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das passiert diesmal tatsächlich aus der politischen Lage, die an Land stattfindet.
Dr. Tanja Zakrzewski: Der spanische Erbfolgekrieg kommt zu Ende.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und hat dann schlichtweg dazu geführt, dass extrem viele Kapitäne arbeitslos waren.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und die haben dann auf eigene Rechnung als Piraten weitergearbeitet, weil sie gut drin sind.
Dr. Tanja Zakrzewski: Das ist das letzte Aufbäumen der Piraterie. Und dann kommen wir langsam dahin.
Dr. Tanja Zakrzewski: Inzwischen haben sich die Schusswaffen besser entwickelt. Es dauert nicht mehr
Dr. Tanja Zakrzewski: zehn Minuten, bis man eine Kugel nachgeladen hat.
Dr. Tanja Zakrzewski: Die Technik im Militär wird immer besser. Es kommen langsam stehende Heere,
Dr. Tanja Zakrzewski: weil man eben gerade in den Kolonien sieht, dass Milizen es einfach nicht bringen,
Dr. Tanja Zakrzewski: wenn es hart auf hart kommt und man sich dann entscheidet, in stehende Heere zu investieren.
Dr. Tanja Zakrzewski: Die Marine wird aufgerüstet und die Großmächte zu der Zeit, Portugal gehört dann jetzt auch dazu,
Dr. Tanja Zakrzewski: kommen zu dem Schluss, dass es sich für alle mehr lohnt, die internationalen
Dr. Tanja Zakrzewski: Handelswege zu schützen, vor Piraten als auf Piraterie als subtile Kriegsführung zurückzugreifen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Weil es inzwischen zu viele Piraten gibt, die nicht mehr zu kontrollieren sind,
Dr. Tanja Zakrzewski: weil sie sich eben nicht mehr an Kaperbriefe halten.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und so kommt das goldene Zeitalter der Piraterie zum Ende.
Dr. Tanja Zakrzewski: Aber Piraterie hört natürlich nicht auf. Also wir haben Piraterie heute noch,
Dr. Tanja Zakrzewski: nur in anderen Gewässern.
Chris: Das Handbuch von Pirates fühlt sich berufen, proaktiv sich zu verteidigen.
Chris: Warum denn die Ära nach 1700, also 1710, 1720 eigentlich nicht mehr abgebildet
Chris: ist, obwohl so ein berühmter Pirat wie Blackbeard zum Beispiel in dieser Zeit aktiv war.
Chris: Und die Begründung, die dann da gegeben wird, ist, das fand ich ganz interessant,
Chris: dass sich der Blick auf Piraten von staatlicher Seite verändert hat.
Chris: Während die vorher ein nützliches Werkzeug oder schlimmstenfalls so eine Art
Chris: notwendiges Übel waren, gelten sie jetzt als Verbrecher, schlichtweg als Verbrecher,
Chris: die bekämpft werden müssen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Genau, diesen Umschwung sehen wir auf jeden Fall in der Zeit.
Dr. Tanja Zakrzewski: Und da macht es dann auch Sinn, dass das fürs Narrativ des Spiels ausgeblendet
Dr. Tanja Zakrzewski: wird, weil es dann auch einfach zu kompliziert wird, gerade am Ende.
Chris: Ja, kompliziert ist das alles, wie wir jetzt auch im Gespräch mit dir erfahren haben, Tanja.
Chris: Also das ist wirklich eine wilde Zeit und ich glaube, wir haben da auch nur
Chris: an der Oberfläche gekratzt von dem, was es da alles zu erzählen gäbe.
Chris: Würdest du sagen, dass man Pirates empfehlen kann, wenn man zumindest ein bisschen
Chris: mehr wissen möchte über diese Ära der Piraterie oder der Weltgeschichte?
Dr. Tanja Zakrzewski: Also ich kannte das Spiel nicht. Das ist vor meiner Zeit gewesen.
Dr. Tanja Zakrzewski: Aber ich war wirklich gerade auch, als ich mir dieses Handbuch angehuckt habe, positiv überrascht.
Dr. Tanja Zakrzewski: Also ich habe natürlich erwartet, dass es stark eingekocht wird und dass die
Dr. Tanja Zakrzewski: Romantisierung stattfindet.
Dr. Tanja Zakrzewski: Aber gerade diese historical footnotes waren schon beeindruckend.
Dr. Tanja Zakrzewski: Eine schöne Überraschung.
Chris: Das finde ich echt schön, dass du so im Nachhinein mehr als 30 Jahre später deinen Segen findest.
Dr. Tanja Zakrzewski: Ja.
Chris: Vielen Dank an dieser Stelle nochmal, Tanja, dass du uns bei dieser Einordnung geholfen hast.
Chris: Ich möchte hier anknüpfen, Gunnar, nochmal schnell auf eine kleine Sache eingehen,
Chris: weil es gibt einen Aspekt, den ich aus spielmechanischer Perspektive dann doch
Chris: wieder ganz treffend finde, weil,
Chris: wie wir gerade auch bei Tanja gehört haben, Menschenleben waren in dieser Ära nicht viel wert.
Chris: Und in der Tat ist es in Pirates auch so, dass die entbehrlichste Ressource
Chris: die eigenen Crewmitglieder sind, weil die bleiben im Spiel ja eine völlig anonyme
Chris: Masse und sie kosten dich auch nichts.
Chris: Das Rekrutieren von Crewmitgliedern ist prinzipiell kostenlos und dann wollen
Chris: sie nur Nahrung haben. Der Zahltag kommt ja dann am Ende, wie du beschrieben
Chris: hast, wenn die ausgezahlt werden möchten.
Chris: Aber zu diesem Zeitpunkt möchte man sie dann eigentlich möglichst klein haben.
Chris: Anfang ist es gut, eine große Kuh zu haben, um die großen Beutezüge zu machen,
Chris: zu Städte zu überfallen.
Chris: Aber wenn es darum geht, die Beute zu verteilen, ist es besser,
Chris: möglichst wenig Leute zu haben.
Chris: Nicht, weil der eigene Anteil dann größer wäre, der ist fest,
Chris: aber der Anteil, den jedes einzelne Crewmitglied am Ende bekommt,
Chris: davon hängt ab, wie gut dein Ruf als Piratenkapitän ist.
Chris: Und deswegen ist es opportun, vor dem Aufteilen der Beute lieber nochmal einen
Chris: Teil der Mannschaft zu verschleißen.
Chris: Sie desertieren zu lassen oder sie in Kämpfen umkommen zu lassen,
Chris: weil wenn weniger übrig sind, kriegt jeder von den WD-Kin mehr Gold.
Chris: Die sind dann umso zufriedener und dein Ruf als Piratenkapitän steigt.
Chris: Und das ist ganz schön zynisch, weil das ja eine spielmechanische Umsetzung ist.
Chris: Das Spiel legt nahe, dass du so handeln solltest zu deinem eigenen Vorteil,
Chris: am Ende nochmal deine eigenen Leute zu dezimieren.
Gunnar: Also es geht fast nicht anders, weil die Spielmechanik dazu so zwingend ist.
Gunnar: Einerseits in der Auswertung, aber auch, dass die Crew die ganze Zeit aufs Konto schaut.
Gunnar: Die wissen immer ganz genau, wie viel Geld gerade im Laderaum ist und rechnen
Gunnar: sich ständig live ihren Anteil aus.
Gunnar: Wahrscheinlich haben sie da echt irgendwie kleine Runden für, einen Ausschuss.
Chris: Große Schiefertafeln hängen da vermutlich an der Kabine, genau.
Gunnar: Die ganze Zeit wollen die darüber reden und wollen da Bescheid wissen.
Gunnar: Und wenn das halt zu viele Leute sind, dann werden sie unzufrieden.
Gunnar: Das merkt man dann schon.
Gunnar: Und das Spiel wird ja ineffizient, wenn da ständig Leute rekrutieren oder die
Gunnar: Leute ständig unzufrieden sind und so.
Gunnar: Das heißt, du musst schon aus Selbstschutz, selbst wenn du sagst,
Gunnar: ich pfeife auf mein Geld am Ende, auf den Highscore, mir steht die Spielerfahrung im Vordergrund.
Gunnar: Ich will einfach meine Leute fair behandeln oder mit einer großen Crew unterwegs sein.
Gunnar: Das ist mir wichtiger, weil mich das handlungsfähig macht. Nee, das geht nicht.
Gunnar: Das Spiel fängt dann an, die Leute wegzunehmen oder das Spiel schwieriger zu
Gunnar: machen durch diese Desertation.
Chris: Auf einer spielmechanischen Ebene ist das auch wieder schön und elegant balanciert,
Chris: weil du musst das dann austarieren gegen den Bedarf von Leuten.
Chris: Wenn du eine große Flotte hast, muss die natürlich auch besetzt werden.
Chris: Eine zu kleine Crew kann deine Schiffe nicht mehr steuern. Dann kann es passieren,
Chris: dass du Schiffe aufgeben musst, wenn du nicht mehr genügend Leute hast.
Chris: Und dir bringt auch die größte Kriegsgaleone mit 80 Kanonen nichts,
Chris: wenn da zu wenig Leute drauf sind, um die Kanonen zu bedienen.
Chris: Und das setzt das Spiel dann auch um. Also da werden halt nur die Kanonen abgefeuert,
Chris: die auch tatsächlich von der Mannschaft besetzt werden können.
Chris: Und dementsprechend hast du schon Gründe, viele Leute dabei zu haben,
Chris: aber gerade zum Ende hin hast du eine starke Motivation, möglichst wenig Leute an Bord zu haben.
Gunnar: Der zentrale Erfolgsindikator. Die ganze Zeit für alle Arten von Konflikt ist die Zahl deiner Crew.
Gunnar: Wenn du mehr Crew hast, wirst du die Seeschlachten gewinnen, wenn du enterst.
Gunnar: Wenn du mehr Crew hast, wirst du die Sebelduelle leichter gewinnen, wenn du geentert hast.
Gunnar: Wenn du mehr Leute hast in deiner Landschlacht, dann wirst du die Landschlacht
Gunnar: gewinnen und so weiter. Das ist die ganze Zeit der entscheidende Faktor,
Gunnar: auf den hin du optimieren musst.
Gunnar: Du nimmst die ganze Zeit anfangs Angebote an von Leuten, die sagen,
Gunnar: darf ich nicht bei dir mitmachen, bis du ein paar hundert Leute hast,
Gunnar: was dir dann ermöglicht, größere Ziele anzugreifen und halt auch dich mit Städten
Gunnar: anzulegen und so, was halt für sonst nicht so geht mit kleinen Gruppen.
Gunnar: Und dann gegen Ende eines mittleren Runs schlägt es plötzlich um,
Gunnar: die Leute müssen sofort alle weg.
Gunnar: Am besten komplett über Bord und so, damit du dann beim Aufteilen nicht so hohe Umkosten hast.
Chris: Also im Endeffekt ist es doch ein Crewmanagement-Spiel. Na, jetzt haben wir
Chris: den Kern herausgearbeitet.
Chris: Das steht wiederum nicht auf der Packung oder im Handbuch. Das ist die eine
Chris: Beschreibung, die noch fehlt.
Gunnar: Ja, weil da nicht so viel zu managen ist, fürchte ich.
Chris: Ja, das stimmt natürlich. Aber da sind wir ja wieder bei dem Punkt,
Chris: was ist es jetzt denn im Endeffekt für ein Spiel?
Chris: Und das wäre eine gute Überleitung in die Entstehungsgeschichte,
Chris: dass wir uns jetzt mal angucken, wie dieses für seine Zeit so ungewöhnliche
Chris: und so schwer greifbare Spiel denn eigentlich in die Welt gekommen ist.
Gunnar: Bitte gerne.
Chris: Gut, dann beginnen wir natürlich bei Microprose. Also die Vorgeschichte von
Chris: Microprose werden wir an dieser Stelle nicht erzählen.
Chris: Das wird Thema in einer anderen Folge mal sein, wenn wir uns die früheren Simulationen mal angucken.
Chris: Das Entscheidende ist, dass Microprose zu diesem Zeitpunkt, wo Pirates entsteht,
Chris: eine Firma ist, die eigentlich ziemlich stark festgelegt ist auf das, was sie macht.
Chris: Als die Firma 82 gegründet wird von Sid Meier und Bill Steeley,
Chris: Da ist das Start-Line-Up sozusagen noch relativ divers.
Chris: Das sind ja lauter 8-Bit-Titel. Da haben sie dann auch mal einen Sidescroller
Chris: dabei mit Chopper Rescue oder ein Floyd of the Jungle. Das ist ein Jump'n'Run.
Chris: Aber dann fokussiert sich die Firma ganz schnell auf ein Kerngenre.
Chris: Und das sind Flugsimulationen. Das beginnt mit Hellcat Ace.
Chris: Und dann kommen jedes Jahr ein bis zwei weitere dazu.
Chris: Der Grund ist einerseits, dass der Mitgründer, der Bill Steeley,
Chris: ja einen militärischen Hintergrund hat. Der ist selber Militärpilot.
Chris: Der begeistert sich für diese Art von Spiel.
Chris: Aber der andere wesentliche Punkt ist, dass das sehr erfolgreiche Spiele sind.
Chris: Also insbesondere F-15 Strike Eagle, das kommt 1984 raus, das verkauft natürlich
Chris: nicht sofort, aber über mehrere Jahre hinweg dann am Ende eine sechsstellige Stückzahl.
Chris: Das ist also ein Mega-Ergebnis für diese Ära.
Chris: Und Sid Meier, der andere Mitgründer und der Hauptprogrammierer,
Chris: der diese Spiele sperrpunktmäßig macht am Anfang, der ist auch fasziniert von
Chris: diesen Simulationen, gerade von der technischen Herausforderung.
Chris: Das sind ja 3D-Berechnungen und das verfeinert er so sukzessive mit jedem Spiel.
Chris: Aber schon in diesem Jahr 1984, da ist also Microprose im dritten Jahr,
Chris: da wird Sid Meier das mit den Simulationen so langsam langweilig.
Gunnar: Und dann beginnt eine Dynamik zu wirken zwischen diesen beiden sehr unterschiedlichen
Gunnar: Charakteren, die das Microprose-Portfolio die nächsten zehn Jahre lang bestimmen wird.
Gunnar: Denn der Bill, der will Militärsimulationen haben.
Gunnar: Immer mehr Militärsimulationen, bessere Militärsimulationen,
Gunnar: noch realistischere Militärsimulationen und wer soll es machen.
Gunnar: Sid Meier, der kann das ja. Der hat das ja schon bewiesen, dass er das kann.
Gunnar: Weiter, weiter, weiter. Es gibt noch viel mehr Flugzeugtypen, die man machen könnte.
Gunnar: Und Sid Meier will zunehmend andere
Gunnar: Sachen machen. Der ist ja das lange mitgegangen, das Militärsym Thema.
Gunnar: Jetzt will er auch langsam mal da raus. Und wir hatten das in der Civilization-Folge
Gunnar: schon beschrieben, dass das dazu führt, dass sich Meier dann seine eigenen Projekte
Gunnar: zunehmend intern erkämpfen muss.
Gunnar: Obwohl er einer der beiden Gründer ist, weil der Wild Bill Steely ist das eigentliche
Gunnar: Machtzentrum der Firma, weil er nämlich der Geschäftsführer ist.
Gunnar: Und dadurch gibt es dann immer so eine Art Ping-Pong-Spiel. Also Meier macht
Gunnar: ein Projekt, das der Steely haben will und dann kriegt er die Freiheit dadurch,
Gunnar: wenn das fertig ist, mal was Eigenes zu machen, dann kann er ein eigenes Spiel umsetzen.
Gunnar: Und man erkennt diese von Bill Steeley ungeliebten Zwischenprojekte sehr schön
Gunnar: von außen daran, dass die den Namenszusatz Sid Meyers vor dem Spielenamen tragen,
Gunnar: also Sid Meyers Railroad Tycoon.
Gunnar: Und dieser Namenszusatz, das kommt zum ersten Mal vor 1987 mit dem Spiel Sid Meyers Pirates.
Chris: Genau, denn das Spiel, das startet in genau so einer Konfliktkonstellation zwischen
Chris: Sid Meier und Bill Steeley.
Chris: Im Jahr 1984, da hat Microprose schon eine Handvoll Angestellte,
Chris: darunter ist auch ein Programmierer Andy Hollis, der wurde eigentlich dafür
Chris: eingestellt, dass er die Simulationen auf andere Systeme portieren soll,
Chris: aber der macht dann bald auch eigene Spiele und weil der Hollis sich dann so
Chris: um Simulationsnachschub kümmert, der macht Spiele wie Mick Alley Ace und Kennedy Approach,
Chris: da hat Sid Meier dann das erste Mal Zeit für eine eigene Extravaganz.
Chris: Aber ganz, der macht dann da eine Serie von Rundentaktik-Kriegsspielen.
Chris: Das hat schon 83 begonnen mit NATO Commander, das hat übrigens Sid Meier rückblickend
Chris: als ein schlechtes Spiel bezeichnet, aber vielleicht auch deswegen,
Chris: weil das noch nicht so gelungen war, verbeißt er sich dann in das Genre und
Chris: macht dann da in kurzer Folge drei weitere Titel,
Chris: nämlich Crusade in Europe, Decision in the Desert und Konflikt in Vietnam.
Chris: Das sind also, wie gesagt, Rundentaktik-Spiele, das ist schon eine erste Abkehr
Chris: von den Militär-Simulationen, aber es ist ja immerhin Das sind Militärspieler,
Chris: historische Militärspieler.
Gunnar: Nee, das reicht nicht. Bill Steely will fliegen. Er ist halt der Kampfpilot.
Gunnar: Er will die nächste Sid Meier-Flugsimulation haben.
Gunnar: Und Hollis arbeitet zu der Zeit an einer Helikoptersimulation, die heißt Gunship.
Gunnar: Und Sid Meier steigt dann schließlich bei diesem Projekt ein und macht dann
Gunnar: da die 3D-Engine. Und als das durch ist, da geht Bill Stidi davon aus,
Gunnar: dass Sid Meier jetzt das macht, was schon lange überfällig ist.
Gunnar: Sie haben ja dieses Hitspiel, du hast es erzählt, F-15 Strike Eagle.
Gunnar: Da wird jetzt mal langsam ein Nachfolger fällig. Das ist ja wohl klar.
Gunnar: Da muss man auch gar nicht drüber nachdenken. Das ist ja klar, dass das so kommen muss.
Chris: Der Markt verlangt es.
Gunnar: Ja, also da gibt es halt einfach fundamentale Blickwinkel zu diesen Sachen.
Gunnar: Und aus Meiers Sicht ist es aber halt so, der hat ja gerade eine Flugsimulation gemacht.
Gunnar: Das muss ja jetzt reichen. Es kann ja nicht zwei Flugsimulationen hintereinander machen.
Gunnar: Jetzt muss mal wieder ein Zwischenprojekt kommen und da hat er was ganz anderes
Gunnar: im Sinn, nämlich ein Piratenspiel.
Gunnar: Und das findet Stili absurd. Absurd. Eine Totgeburt.
Gunnar: Und es ist ja ein geschäftliches Risiko. Die Firma hat jetzt schon 45 Personen.
Gunnar: Die hat ja auch richtig Kosten dann jeden Monat.
Gunnar: Die macht 10 Millionen Dollar Jahresumsatz im Jahr 1986.
Gunnar: Muss auch investieren, weil sie stärker nach Europa wollen. Bauen in England eine Dependance auf.
Gunnar: Und all dieser Erfolg, all dieser Umsatz, der basiert ja nun auf den erfolgreichen
Gunnar: Militärsimulationen. Das ist ja klar, dass man das weitermachen muss.
Gunnar: Aber ich meine, es ist halt Sid Meier. Ihm gehört halt die halbe Firma.
Gunnar: Und der Deal zwischen diesen beiden Companions ist, okay, wenn der Sid das macht,
Gunnar: dann wird Bill es auch verkaufen. Das gilt nach wie vor.
Gunnar: Und so kommt es dann zu diesem Namenszusatz bei den Pirates.
Gunnar: Denn laut Sid Meiers Memoiren hat der White Bill Steely dazu sinngemäß gesagt,
Gunnar: ja gut, wenn du das Piratending machen willst, dann lass uns wenigstens deinen
Gunnar: Namen davor sitzen, damit die Leute auch wissen, dass es von dir ist,
Gunnar: dem Mann, der F-15 gemacht hat. Das ist das, was die Leute wissen wollen.
Gunnar: Das ist ein Marketinginstrument in der Hoffnung, dass sie davon ein bisschen
Gunnar: mehr verkaufen an die Simulationskäufer und dass das dann kein totaler Flop wird.
Gunnar: Und so beginnt Sid Meier 1986 mit der Arbeit an einem Piratenspiel.
Chris: Ja, also ich finde übrigens diese ganze Geschichte mit diesem Namenszusatz,
Chris: das stimmt sicherlich so,
Chris: also dass das Sid Meier als Namenszusatz in erster Linie dafür gedacht war,
Chris: dass das im Marketing eine Strahlkraft entwickeln kann und dass Leute da draußen
Chris: dann vielleicht sagen, okay,
Chris: ich kenne Sid Meier, ich habe schon Spiele von dem gemocht, ich gebe diesem
Chris: Piratending eine Chance, obwohl es keine Militärsimulation ist.
Chris: Aber das wird zumindest bei diesem ersten Spiel erstens noch nicht konsistent
Chris: gehandhabt, weil im Spiel selbst heißt es nur Pirates.
Chris: Und unterschiedliche Versionen, die im Laufe der Zeit rauskommen in Europa,
Chris: in den USA, tragen mal auf der Packung den Namenszusatz Sid Meier und mal nicht.
Chris: In den Werbematerialien wird er mal verwendet, mal nicht.
Chris: Also da ist es noch nicht ganz festgelegt. Dass dann spätere Spiele Sid Meier
Chris: fest im Namen tragen und konsistent im Namen tragen, hat sicherlich auch damit
Chris: zu tun, dass Pirates dann aber so ein erfolgreiches Spiel war und dass es dann etabliert war.
Chris: Und ich finde es aber auch ein ganz gutes Beispiel, dass man bei diesen historischen
Chris: Recherchen immer ein bisschen vorsichtig sein muss, wenn man Interviews insbesondere
Chris: liest, die mit großem zeitlichen Abstand passiert sind, weil da Sachen verklärt
Chris: werden, auch von den Schöpfern selbst.
Chris: Der Sid Meier zum Beispiel, der hat 2017, also Jahrzehnte später,
Chris: dem Rolling Stone Magazin mal ein Interview gegeben und darin sagt er,
Chris: Zitat, es gab damals keine Genres.
Chris: Wir dachten uns, lassen Sie ein bisschen Rollenspiel und Action und Storytelling
Chris: und Abenteuer zusammenwerfen.
Chris: Wir hatten Spaß daran, Neuland zu betreten. Es war eine Zeit des Experimentierens.
Chris: Zitat Ende. Und ich glaube ihm das absolut, dass er Spaß an Experimenten hatte.
Chris: Aber es ist natürlich Quatsch, dass es damals keine Genres gegeben hätte oder
Chris: dass Micropose als Firma, als Ganzes nach Neuland gestrebt hätte.
Chris: Weil wir haben ja gerade schon gehört, das Gegenteil ist richtig.
Chris: Steely und das Management von Micropose hatten damals schon eine Riesenangst,
Chris: dass Pirates sich nicht verkaufen wird, weil das eben gerade so rausfällt aus
Chris: den bekannten Genre-Standards.
Chris: Und da sieht man ja schon, wie da bereits in Marktstandards gedacht wurde zu der Zeit.
Gunnar: Wobei, ja und nein. Ich glaube, gerade White Bill Steely hat auch stark in Themen
Gunnar: gedacht, nicht nur in so formalisierten Genres.
Gunnar: Heutzutage verstehen wir, glaube ich, Genres stärker formalisiert als damals.
Gunnar: Ich glaube, damals gab es auch noch mehr Wechsel und mehr Mix.
Gunnar: Also heutzutage identifizieren sich auch, glaube ich, Spieler stärker darüber,
Gunnar: welches Genre sie mögen. Ich bin Adventure-Fan oder ich bin Rollenspiel-Fan
Gunnar: und das war, glaube ich, damals noch nicht so.
Gunnar: Aber wenn eine Firma ganz stark auf Genres abgehoben ist, dann war es Microprose. Ausgerechnet.
Chris: Wenn du das Logo von damals anguckst, da steht Microprose und unten drunter
Chris: steht Simulation Software.
Chris: Also das trägt die Genrebezeichnung schon im Namen. Wobei das ist vielleicht
Chris: eher umgekehrt die Frage aus einer Marketingperspektive, die Menschen da draußen,
Chris: die Zielgruppe, was erwarten die denn von einem Microprose Spiel?
Chris: Und ich denke, das ist sicher auch einer der Gründe, warum Pirates letztendlich
Chris: in der Bewerbung so häufig mit dem Begriff Simulation in Verbindung gebracht wird.
Chris: Und es hat mit darauf eingezahlt, warum Pirates am Ende ein Spiel ist,
Chris: das so stark in den historischen Rahmen eingebunden ist.
Chris: Weil das ist eine Erwartung, die man an die bisherigen Microprose-Spiele dann
Chris: schon haben konnte, dass die irgendwie der Realität verankert sind,
Chris: was ihr Szenario angeht.
Chris: Und das ist bei Pirates dann natürlich auch so.
Gunnar: Wenn du an die damalige Zeit zurückdenkst, hattest du ein Gefühl dafür,
Gunnar: was Microprose für Spiele macht?
Gunnar: Hattest du das Gefühl, das ist eine Firma, die macht X?
Chris: Das ist ein bisschen schwer zu sagen, weil ich war in den frühen 80ern zu jung, um das wahrzunehmen.
Chris: Und für mich ist MicroPose als Firma, der ich Qualität zugeschrieben habe,
Chris: die eine meiner Lieblingsfirmen dann auch war, das sind wir in den frühen 90ern.
Chris: Und da war das Portfolio natürlich schon diverser. Aber auch ich wusste,
Chris: dass MicroPose zu einem großen Teil Flugsimulationen oder Simulationsspiele
Chris: herstellt zu diesem Zeitpunkt.
Chris: Also für mich war das schon eine Simulationsfirma.
Gunnar: Ja, für mich war das nie ein Begriff, dieses Simulationsding.
Gunnar: Haben wir damals so ganz selbstverständlich von Simulationen gesprochen.
Gunnar: Ich bin gar nicht sicher.
Gunnar: Für mich war das immer eine Militärfirma.
Chris: Ja, ist ja auch richtig, ja.
Gunnar: Das ist ja fast dasselbe. Aber ich habe das 1987 erschienene Airborne Ranger,
Gunnar: das kommt ja ungefähr gleichzeitig, das ist ja so ein Einzelsoldatenspiel.
Gunnar: Das ist ja keine große Simulation, das sind ja so einzelne Einsätze, auch stark stylisiert.
Gunnar: Das habe ich völlig selbstverständlich als typisches Microprose-Spiel wahrgenommen,
Gunnar: weil es halt einen Militär-Background hatte.
Chris: Ja, das ist ein interessantes Beispiel, weil das Airborne Ranger wird gerne
Chris: mal vergessen, aber du hast recht, zeitgleich mit Pirates erscheint ein anderes
Chris: Spiel, das auch nicht so richtig in der Tradition des bisherigen Portfolios steht.
Chris: Also ich glaube, da sieht man schon, dass das so langsam erweitert und aufgebrochen
Chris: wird. Was aber nichts dran ändert, Airborne Ranger ist ja so ein Top-Down-Arcade-Spiel.
Chris: Du schaust das an und erkennst sofort auch damals, was für eine Art von Spiel das ist.
Chris: Das gilt für Pirates nicht unbedingt und das macht das sicher auch schwieriger,
Chris: den Umgang mit diesem Spiel.
Gunnar: Man sieht auch, es fällt dem Spiel schwer, den Pirates auf den Packungen das Spiel zuzuhalten.
Gunnar: Nicht nur zu beschreiben, das haben wir ja schon gesagt, sondern auch abzubilden.
Gunnar: Sie neigen dann dazu, die großflächigen Grafiken zu nehmen aus den Menüs,
Gunnar: weil sich die leicht erkennen lassen.
Gunnar: Auf der ursprünglichen Packung ist nur ein Bild vom Schiffskampf und das ist
Gunnar: auch so klein, dass man da glaube ich echt nicht erkennen kann, was man da macht.
Gunnar: Und natürlich dieses Säbelgefecht, das wird auch gezeigt, weil das schnell verständlich
Gunnar: ist. Das nur als Nebenaspekt.
Gunnar: Kommen wir zurück zur Entstehungsgeschichte.
Gunnar: Bill Steeleys Sorge ist ja nicht unbegründet grundsätzlich, denn auch Sid Meier
Gunnar: weiß zu dem Zeitpunkt, als er anfängt, nicht, was für eine Art Spiel das werden soll.
Gunnar: Die Idee zu dem Piraten-Setting kommt aus einem Meeting, einem Design-Meeting,
Gunnar: wo sie Ideen in den Raum geworfen haben, was für Themen man noch nehmen könnte
Gunnar: für weitere Strategiespiele, für weitere Gefechtssimulationen.
Gunnar: Und der Arnold Hendrick, der zu dem Zeitpunkt mit an Gunship arbeitet,
Gunnar: der schlägt halt Piraten vor und dabei denkt er an so detaillierte taktische
Gunnar: Schlachten mit Segelschiffen.
Gunnar: Bisschen inspiriert von dem Brettspiel von Avalon Hill, Wooden Ships and Iron Man.
Gunnar: Das klingt auch irgendwie wie eine ganz logische Fortführung,
Gunnar: aber Spiele dieser Art gibt es schon ein paar. SSI hat zum Beispiel Broad Sides gemacht.
Gunnar: Das hat sich nicht so irre verkauft und das ist echt.
Gunnar: Nischige Genre. Und dem Sid Meier gefällt die Idee, ein Piratenspiel zu machen.
Gunnar: Das kann er sich gut vorstellen.
Gunnar: Da hat ja auch jeder sofort was im Kopf. Das war auch damals so.
Gunnar: Aber nicht als reines, taktisches Schiffskampfspiel.
Gunnar: Das ist ihm zu langweilig und vor allen Dingen erscheint es ihm zu eng.
Gunnar: Und er schreibt in seinen Memoiren, wenn er an Piraten denkt,
Gunnar: dann denkt er an Schwertduelle, an Männer, die sich an Seilen über Deck schwingen,
Gunnar: an Holzbeine und Rumpfässer.
Gunnar: Also eher so ein filmisches Bild an Abenteuer.
Chris: Es gibt ja in den Memoiren von ihm eine interessante Passage zu diesem Wort
Chris: Abenteuer, weil er sich da darüber beklagt, dass das Wort Abenteuer,
Chris: also Adventure im Englischen,
Chris: zu dem Zeitpunkt schon von einem anderen Genre in Beschlag genommen wurde,
Chris: nämlich von den Text-Adventures.
Chris: Da sind wir in der Ära ja noch vor den späteren Grafik-Adventures.
Chris: Und er beschreibt das in seiner Biografie, in seinen Memoiren,
Chris: dann ganz schön geringschätzig und sagt, bei Microprose damals habe man diese
Chris: Art von Spielintern nur Nimm-den-Stock-Spiele genannt und keiner im Team habe,
Chris: die geringste Lust gehabt,
Chris: irgendwie sowas in diese Richtung zu entwickeln.
Chris: Und er habe dann den Ehrgeiz entwickelt, ein wirkliches Abenteuerspiel zu machen.
Chris: Also eines, das dem Namen gerecht würde.
Chris: Und zwar ohne diese ganze Mühsal und die Trägheit von Text-Adventures und vor
Chris: allen Dingen auch ohne einen fest vorgegebenen, linearen Lösungsweg,
Chris: sondern als ein offenes Spiel mit großer Handlungsfreiheit.
Chris: Und wir können ihn dazu mal selbst hören, denn Im Jahr 2013 hat er diesen Gedanken
Chris: in einem Interview mit Adam Sessler so beschrieben.
Chris: Ja, und im Gegensatz zu den Simulationen, die Michael Rose zu diesem Zeitpunkt
Chris: hauptsächlich macht, soll es, so ist sein Gedanke,
Chris: dieses Mal eben nicht um Realismus gehen bei diesem Piratenspiel,
Chris: sondern um fantastische Elemente, wie man sie aus Abenteuerfilmen kennt.
Chris: Also entführte Jungfrauen retten und versteckte Schätze aufspüren und Schiffe
Chris: entern und Kapitäne im Säbelduell niederringen.
Gunnar: Im Englischen gibt es dafür den Typus des Swashbuckler.
Gunnar: Keine Ahnung, ob ich das richtig ausspreche. Das Wort hat gar keine deutsche
Gunnar: Entsprechung. Das ist dieser typische, sympathische, raubeinige Haudegen,
Gunnar: den man aus Filmen kennt.
Gunnar: Der ist edel und galant, aber ungebunden von Gesetz und Konventionen sind auch
Gunnar: nicht so seins und der macht so alles Mögliche.
Gunnar: Zorro ist so eine Figur und Robin Hood auch und vielleicht sogar Han Solo,
Gunnar: wenn man es ein bisschen weiterfasst.
Gunnar: Und natürlich die Piraten in den prägenden Filmen der ersten Hälfte des 20.
Gunnar: Jahrhunderts. Das ist eine Zeit, die ist natürlich schon lange vorbei in den
Gunnar: 80ern, als Sid Meier dieses Spiel macht, aber die wirkt noch nach.
Gunnar: Da gibt es diese Filme, in denen Errol Flynn und Douglas Fairbanks genau solche
Gunnar: Leute spielen, so Filme wie Seahawks oder so.
Gunnar: Und das hat man auch sofort noch vor Augen, Wenn man darüber redet,
Gunnar: das sind diese Sachen, die stark vereinfacht sind.
Gunnar: Der Held ist oft ein Rächer, aber immer galant zu Frauen und hat immer auch
Gunnar: eine Liebesaffäre natürlich und so.
Gunnar: Und es gibt immer diese stilprägenden Säbel-Duelle.
Gunnar: Und um sich mit dem Thema vertraut zu machen, da hat Meyer auch nicht nur auf
Gunnar: dicke Schinken zur Historie zurückgegriffen, also historische Bücher,
Gunnar: wie sich das für einen guten Microprose-Chef gehören würde, sondern zu Beginn
Gunnar: zumindest auch auf Kinderbücher.
Gunnar: Weil er meinte, dass die Kinderbücher einem viel deutlicher als historische
Gunnar: Bücher zeigen, was halt cool ist an einer bestimmten Zeit.
Gunnar: Und das sollte ihnen visuelle Ideen geben, wie man da weitermachen muss mit
Gunnar: so einem Spiel und was man betonen muss und was nicht.
Sid Meier: In those days, we actually did a lot of our research by getting children's picture
Sid Meier: books of the topic, because that would really highlight what's the common currency
Sid Meier: of this topic. You know, what are the cool things?
Sid Meier: And that would give us some visual ideas, but it also kind of tells us what
Sid Meier: to highlight in the game.
Gunnar: Und laut eigener Aussage wurde er auch von Seven Cities of Gold inspiriert von 1984.
Gunnar: Das haben wir ja auch schon genannt. Das hat ihm so ein bisschen die Augen geöffnet
Gunnar: vielleicht für offene Spielwelten.
Gunnar: Es hat auch ein paar sehr auffällige Ähnlichkeiten mit Pirates.
Gunnar: Und in einem Interview mit Idle Thumbs in den 2010ern hat er Pirates auch als
Gunnar: seine Antwort auf Seven Cities of Gold beschrieben, also einen sehr direkten
Gunnar: Zusammenhang hergestellt.
Gunnar: Aber, wie soll das alles zusammengehen, Christian? Wie soll das Spiel denn jetzt funktionieren?
Chris: Ja, das mit diesem romantischen Swashbuckler-Ideal und sowas,
Chris: ja, das weiß Sid Meier auch nicht.
Chris: Aber er setzt sich dann halt hin und fängt mal an, Dinge zu bauen.
Chris: Also, wir sind hier noch in einer Ära, auch bei Microprose, wo noch nicht unbedingt
Chris: in Teams oder großen Teams gearbeitet wird, sondern noch alleine.
Chris: Sid Meier ist hier schon der Federführende, der hat dann Michael Hare zur Seite
Chris: als Grafiker, das ist damals der Chefgrafiker bei Microprose und im Laufe der
Chris: Entwicklung kommt der von dir schon erwähnte Arnold Hendrick dann auch noch
Chris: dazu für hauptsächlich diesen historischen Unterbau.
Chris: Aber der Programmierer ist erst mal Sid Meier und der arbeitet iterativ.
Chris: Das heißt, er programmiert was, schaut, ob ihm das gefällt, behält das,
Chris: was funktioniert und den Rest wirft er wieder weg.
Chris: Später hat er dann mal erzählt, dass er ungefähr die Hälfte des Codes,
Chris: den er geschrieben hat, für Pirates wieder weggeworfen hat.
Chris: Und der Rest ist dann im Spiel geblieben. Und das ist etwas,
Chris: das was wir vorhin schon kurz angerissen hatten, dass dann hier also so eine
Chris: persönliche Auswahl stattfindet unter diesem ganzen bildhaften Möglichkeitenraum,
Chris: was ein Pirat, ein Swashbuckler sein kann,
Chris: sucht sich also Sid Meier Schlüsselelemente raus und versucht die in Spielmechaniken
Chris: zu übertragen und klopft das immer darauf ab,
Chris: ob das zu diesem Bild passt und ob es ihm gelingt, da eine spaßige Spielmechanik
Chris: dazu zu finden oder nicht. Wenn nicht, dann schmeißt das wieder weg.
Chris: Und wenn ja, dann kommt das in sein Spiel.
Chris: Es ist ihm bei diesem Auswahlprozess auch wichtig, erstens sich immer zu fragen,
Chris: ist das etwas, was man spielen möchte?
Chris: Und zweitens auch zu gucken, dass das lauter so Highlights, so Schlüsselmomente
Chris: sind, aber nicht zwangsläufig eine lineare Geschichte zu erzählen.
Chris: Dieser Punkt, den er für sich schon so definiert hat, ich möchte nicht das wie
Chris: ein Adventure von Erzählpunkt zu Erzählpunkt führen, Sondern ich möchte den
Chris: Spielenden ermöglichen, ihre eigene Geschichte zu erzählen und dabei immer diese
Chris: Schlüsselerlebnisse zu erleben.
Chris: Und zu diesem Auswahlprozess gehört natürlich auch zu entscheiden.
Chris: Was möchte ich denn in meinem Spiel zeigen und was nicht? Das ist ja nun eine
Chris: Ära und das ist eine Profession, die Piraterie.
Chris: Dazu gehören auch Dinge wie Skorbut, abgeschlagene Gliedmaßen,
Chris: kaltblütiger Mord, erhängte Piraten, wenn sie erwischt wurden und sowas.
Chris: Und das will er alles nicht drin haben, sondern er möchte die coolen Sachen
Chris: drin haben, er möchte die stereotypischen Sachen drin haben.
Chris: Was dann am Ende den Effekt hat, dass das Spiel sehr greifbar und sehr verständlich
Chris: wurde, weil es halt sehr stark auf Klischees aufbaut.
Chris: Also auf Dingen, wo man schon Vorwissen mitbringt und was man intuitiv verstehen kann.
Chris: Also es entspringt in seiner Anmutung nicht unbedingt dem Geschichtsbuch,
Chris: sondern eher der Popkultur.
Gunnar: Weil es der Popkultur so stark entspringt, braucht es halt Bilder.
Gunnar: Es braucht schöne Bilder, die das klar symbolisieren und die mit den Filmen mithalten können.
Gunnar: Und das ist schon ungewöhnlich für Microprose-Spiele, die ja sonst ein Cockpit
Gunnar: zeigen, einen Hintergrund oder irgendwas.
Chris: Ja, funktional sind.
Gunnar: Genau, die halt funktional irgendwas abbilden wollen. Und hier müssen ja jetzt
Gunnar: ja mal Szenen geben, die irgendwas visualisieren.
Gunnar: Und das ist schon ein ganz anderer Prozess.
Gunnar: Und deswegen ist auch dieser von dir schon erwähnte Grafiker,
Gunnar: Michael Hare, schon früh dabei.
Gunnar: Und der macht großflächige Illustrationen. Und die sind sehr schön.
Gunnar: Aber das überfordert schnell den Speicher des C64. Der C64 hat ja nur 64 Kilobyte RAM.
Gunnar: Davon waren für Grafiken kaum mehr als 8 Kilobyte nutzbar.
Gunnar: Also klassische Bitmap-Darstellungen, gezeichnete Hintergründe,
Gunnar: waren für komplexe Szenen wie Häfen oder Schiffe oder Landkarten einfach zu groß.
Gunnar: Microprose brauchte hier für die Entwicklung eine Methode, diese großen Illustrationen
Gunnar: zu nehmen, die im Spiel darstellen zu können, ohne aber den Speicher zu sprengen.
Gunnar: Und Peer hat einen Bekannten, den talentierten Programmierer Randall Don Mastella
Gunnar: und der kommt jetzt an Bord, um dieses spezifische Problem zu lösen.
Gunnar: Der entwickelt nämlich ein Tool, das gezeichnete Bilder automatisch in kleine Kacheln zerlegt.
Gunnar: 8x8 Pixelblöcke. Das ist die Größe eines normalen C64-Zeichens,
Gunnar: also eines Buchstabens.
Gunnar: Und diese Blöcke werden dann zu eigenen Zeichensätzen konvertiert und dann als
Gunnar: Zeichensatz geladen, als Alphabet sozusagen.
Gunnar: Jede dieser Kacheln hat dann einen eigenen Buchstabencode.
Gunnar: Und dadurch kann man die dann als Bilder einsetzen. Der Trick dabei ist,
Gunnar: dass sich halt viele Bildzeile in einer typischen Szene wiederholen.
Gunnar: Man hat ja zum Beispiel ein Viertel des Bildes ist Himmel oder sowas.
Gunnar: Oder Wasser, wenn man ein Schiff zeigt. Oder Holzbretter, die wiederholen sich also.
Gunnar: Und wenn man immer dasselbe Zeichen dafür einsetzt, dann muss das nicht als
Gunnar: Bildinformation gespeichert werden, sondern dann speichert man nur einmal das
Gunnar: Zeichen und tut es immer wieder an die gleiche Stelle und das spart halt Speicherplatz.
Gunnar: Jede dieser Kacheln muss nur einmal gespeichert werden. Und das reduziert den
Gunnar: Speicherverbrauch dann dramatisch und erlaubt große detaillierte Bilder in diesem
Gunnar: 8 Kilobyte Zeichensatzlimit.
Gunnar: Das ist technisch ein Teil, die Duplication System. Das ist gar keine neue Idee.
Gunnar: Man hat schon immer auf dem C64 Bilder mit eigenen Zeichensätzen gebaut.
Gunnar: Das ging gar nicht anders. Zum Beispiel Sid Meiers eigenes Floyd of the Jungle von 1982.
Gunnar: Das nennt er als ein Beispiel für ein Spiel, das Animationen erzeugt auf diese Art.
Gunnar: Durch das schnelle Wechseln zwischen zwei Buchstaben, zwischen zwei Zeichensatzzeichen.
Gunnar: Aber was hier neu ist an dem Tool von Marstalla, ist, dass das fertige Bilder
Gunnar: nimmt, die schon gezeichnet sind und die dann zu Zeichensatz verarbeitet.
Gunnar: Das ist der Durchbruch, nicht die Tatsache, dass es Zeichensatzgrafiken gibt. Das ist ganz normal.
Chris: Diese Bilder werden dann ja im Spiel angezeigt, in erster Linie immer in diesen
Chris: Menüsituationen, also wenn man in der Stadt ist zum Beispiel oder wenn man Entscheidungen
Chris: trifft, nachdem man ein Schiff gekapert hat.
Chris: Da werden ja dann Bilder und auch Texte in so kleinen Fenstern angezeigt,
Chris: die dann jeweils aufploppen und auch die Dialogentscheidungen,
Chris: also die Entscheidungsmöglichkeiten in so einem Fenster.
Chris: Das ist ein System, das geht auf einen anderen Microprose-Programmierer zurück, Greg Tavares.
Chris: Der hat schon bei Gunship mitgearbeitet und der hat dafür dann diese Art Fenstersystem
Chris: für den C64 gebaut, was hier halt einfach dann übernommen wird in Pirates.
Chris: Und das hat ja fast ein bisschen was von einem Grafik-Adventure.
Gunnar: Voll.
Chris: Also das, was jetzt hier entsteht. Das ist immer ein Bild von der Szene und
Chris: dazu meistens eine Textbeschreibung, ein Fenster und drunter dann ein Fenster
Chris: mit einem Choose-Your-Own-Adventure-Auswahl-Menü sozusagen.
Chris: Was willst du jetzt machen? Das Schiff versenken oder nicht?
Chris: Das ist so ein bisschen analog Zurück zu der Einstiegsszene, die wir hatten.
Chris: Also ist auch einer der Aspekte, wo dieser Adventure-Gedanke wieder zumindest
Chris: ein bisschen reinkommt.
Chris: Aber zurück zu den interessanten Dingen, aus denen das Spiel ja laut Sittmeier bestehen soll.
Chris: Diese Idee, hier alles reinzupacken, was im Piratenleben spannend ist,
Chris: das führt dazu, dass Pirates also kein Spiel wie andere C64-Spiele wird,
Chris: sondern eigentlich eine Sammlung von Einzelspielen, das hatten wir ja schon
Chris: beschrieben, die dann zusammengehalten werden von dieser Karte der Karibik und
Chris: der Bewegung da drauf und in den Städten und sowas dann eben diese Menü-Screens.
Chris: Und diese einzelnen Minigame-Bestandteile, die hat Sid Meier wiederum selbst
Chris: programmiert in 6502 Assembler.
Chris: Und gerade den Seekampf vor allen Dingen, das beschreibt er als den experimentellsten
Chris: Teil, also das, was auch am meisten Mühe gemacht hat, sozusagen da die richtige
Chris: Formel zu finden. Weil das unterliegt ja auch dieser ständigen Iteration.
Chris: Das Segeln zum Beispiel, das war anfangs noch langsamer geplant und die Schiffskämpfe
Chris: hätten auch Elemente von Flottenmanagement gehabt, also dass man da nicht nur
Chris: ein einzelnes Schiff steuert, sondern mehrere.
Chris: Der Gedanke war anfangs auch, dass das Schießen, diese Breitseiten über einen
Chris: Zielcursor hätte erfolgen können. Und dann geht Sid Meier da immer wieder ran
Chris: und fragt sich, ist das wirklich notwendig? Macht das wirklich Spaß?
Chris: Und streicht dann da auch immer wieder solche Sachen raus. Also es wird im Laufe
Chris: des Prozesses eigentlich weniger.
Chris: Das Spieldesign wird eingedampft auf das, was wirklich notwendig ist,
Chris: um möglichst flott und möglichst spaßig zu sein.
Chris: Also auch aus dieser Idee der Fechtkämpfe zum Beispiel, die ja aus den Filmen
Chris: kommen, da ist schon am Anfang auch der Gedanke, da müsste man ja eigentlich
Chris: auf Tische springen und sich irgendwie viel flexibler im Raum bewegen können und sowas.
Chris: Aber das ist im Rahmen der technischen Möglichkeiten auf dem C64 auch einfach nicht umsetzbar.
Gunnar: Das Einzige, wo ich als Spieler damals in den 80ern mal gefühlt habe,
Gunnar: dass es eine Mechanik mehr geben sollte an einer Stelle, die dem Spiel fehlt,
Gunnar: die auch mal geplant war, die dann aber verworfen wurde, ist das Handling von Flotten.
Gunnar: Weil wenn zwei Flotten gegeneinander kämpfen, du kannst eine Flotte haben und
Gunnar: du kannst auch theoretisch mehreren Gegnern begegnen, dann wird das alles zerlegt
Gunnar: in Einzelkämpfe zwischen jeweils
Gunnar: zwei Schiffen. Und das habe ich am Anfang gedacht, das wäre ein Fehler.
Gunnar: Als ich das gespielt habe, komme ich dann mit meinen vier Schiffen auf ein anderes
Gunnar: Schiff und dann sagtest du, okay, welches ist dein Flaggschiff?
Gunnar: Dann sage ich, ja, das tut das, das Flaggschiff so. Aber ich habe ja nicht gedacht,
Gunnar: dass die anderen Schiffe dann verschwinden.
Gunnar: Das war ein völlig überraschendes Fehlen eines Features, das ich so aus der
Gunnar: Metapher des Seekampfes logisch angenommen habe, dass es jetzt kommen würde.
Gunnar: Gedacht habe, jetzt muss ja der Flottenkampf kommen, ah, kommt nicht, komisch.
Gunnar: Und habe dann gedacht, das sei irgendwie ein Problem meiner Version oder sonst irgendwas.
Chris: Ja, das ist ein gutes Beispiel dafür, wie Sid Meier vorgeht oder was seine Prämisse
Chris: ist, nämlich, dass im Zweifel der Spielspaß die Spielbarkeit immer wichtiger
Chris: ist als die Authentizität.
Chris: Und ja, natürlich ist das absurd, dass du hier Schiff-gegen-Schiff-Kampf hast,
Chris: wenn eigentlich Flotten sich gegenüberstehen.
Chris: Aber das hätte die Spielmechanik wesentlich komplizierter gemacht,
Chris: das wäre vermutlich in Echtzeit gar nicht mehr umzusetzen gewesen.
Chris: Das sehen wir ja bei dem Landkampf, den du nicht magst, was da passiert,
Chris: wenn man mehrere Truppen auf einmal steuern muss. Und dementsprechend ist das
Chris: natürlich spielmechanisch gesehen die völlig richtige Entscheidung, das zu vereinfachen.
Gunnar: Wobei man mit dem gleichen Argument natürlich auch sagen könnte,
Gunnar: na, die hätten auch mal den Wind entschärfen können, damit du nicht so viel
Gunnar: weinen musst, wenn du gegen den Wind kreuzen musst.
Chris: Bin ich völlig bei dir. Wir werden ja gleich noch darauf kommen,
Chris: es gibt ja eine ganze Versionsgeschichte von dem Spiel.
Chris: Das ist über die Jahre portiert worden auf verschiedene Systeme und das hat
Chris: zwei Remakes bekommen, Pirates Gold und Pirates von 2004.
Chris: Und da ist natürlich immer, gerade über so einen längeren Zeitraum,
Chris: eine interessante Frage, was behalten diese Spiele denn bei vom Originalspiel und was ändern sie?
Chris: Also wo identifizieren sie einen Punkt, wo sie sagen, na, das können wir heute
Chris: nicht mehr so machen oder das ginge inzwischen besser.
Chris: Und was diese Remakes aber durch die Bank immer beibehalten,
Chris: ist. Erstens, der Kampf wird reduziert auf Schiff gegen Schiff.
Chris: Im Pirates Remake kann es mal sein, dass du auch mal gegen zwei Schiffe gleichzeitig
Chris: antrittst, aber du steuerst immer nur eins, egal wie viele du dabei hast.
Chris: Was für mich zeigt, das ist einfach eine spielmechanische Entscheidung,
Chris: die hat überdauert, die haben auch 2004, also fast 20 Jahre später,
Chris: keine bessere Lösung für Echtzeitschiffkämpfe als das, was Sid Meier damals hat.
Chris: Was auch überdauert, bis ins Jahr 2004 ist das Kreuzen gegen den Wind.
Chris: Und da würde ich sagen, das ist nicht, dass man da keine bessere Lösung gefunden
Chris: hat, Sondern da sind sie, glaube ich, bei Gunnar, stehen sie in deinem Feld
Chris: und sagen, das ist einfach Teil der zentralen Spielmechanik.
Chris: Können wir nicht rausnehmen.
Gunnar: Glaube ich auch. Also man hätte es theoretisch ja entschärfen können,
Gunnar: dass es dich nicht rückwärts treibt oder sonst irgendwas.
Gunnar: Oder dass der Wind auch mal häufiger wechselt. Aber es gehört dazu,
Gunnar: damit ist es gebongt, da müssen wir auch gar nicht weiter drüber reden, Christian.
Gunnar: Das beste Feature am Spiel.
Chris: Die Geschichte gibt dir recht.
Gunnar: Pirates ist eigentlich ein Wind-Simulations-Spiel. Das ist das Wichtigste.
Chris: Eigentlich ja. Crew-Management und Wind-Simulation, das sind die wesentlichen Spielmechaniken.
Gunnar: Ja, wenn dir diese beiden Sachen gut beherrscht, hast du es schon.
Gunnar: Naja, wir Wir sprachen gerade vor dem kleinen Exkurs über Entscheidungen,
Gunnar: die Sid Meier trifft und die dem Spaß untergeordnet sind und weniger dem Realismus.
Gunnar: Eine weitere Entscheidung, die Sid Meier trifft, prägt das Spiel dann sehr stark.
Gunnar: Der Spieler kann nicht sterben oder komplett scheitern.
Gunnar: Das hast du am Anfang schon kurz erzählt, dass man dann eingekerkert wird,
Gunnar: wenn man eine Schlacht verliert, wenn das eigene Schiff versenkt wird und dass
Gunnar: man da Monate verliert. und dass das Zeit, Lebenszeit des eigenen Helden zu
Gunnar: einer zentralen Ressource macht.
Gunnar: Dieses Nicht-Sterben-Können, das kommt direkt aus den filmischen Vorbildern.
Gunnar: Sid Meier meinte, naja, Errol Flynn stirbt ja auch nicht in den Filmen.
Gunnar: Das wird das ganze Konzept des sympathischen Heldens zerstören.
Gunnar: Wenn der sterben könnte, dann wird es ja von einem Drama zu einer Tragödie.
Gunnar: Das geht nicht. Aber Sid Meier weiß auch, ein Spiel ohne Fail-State,
Gunnar: ohne Niederlage, ohne Game-Over ist eigentlich erstmal kein richtiges Spiel.
Gunnar: Da fehlt doch dann was. Man muss ja auch scheitern können. Und daher findet er einen anderen Weg.
Gunnar: Die Niederlagen werden zu den bloßen Rückschlägen mit dem Einkerker und dem
Gunnar: Zeitverlust, den wir schon beschrieben haben.
Gunnar: Die verschlechtern das Endergebnis, führen aber nicht zum Game-Over.
Gunnar: Und das ist eine Krücke, auch ein bisschen unelegant, weil es sich ja nur auf den Score auswirkt.
Gunnar: Aber fast zufällig macht es die Spielerfahrung besser und auch realistischer,
Gunnar: weil man jetzt ein sehr starkes Ziel hat, das echt für die Zeit auch ungewöhnlich stark ist.
Gunnar: Es gibt auch andere Spiele, die eine Endauswertung machen und dir eine Belohnung am Ende geben.
Gunnar: Aber das hier ist schon durch die Tatsache, dass es das ganze Spiel noch verzahnt
Gunnar: und immer die ganze Zeit mitschreibt, was du da erreicht hast,
Gunnar: zumindest mal in Geld und Reichtum, gibt es dem schon einen sehr starken Drive,
Gunnar: das Ende auch erfolgreich zu erreichen.
Gunnar: Das ist ein Punkt, den Sid Meier vielleicht ja zufällig erreicht hat.
Gunnar: Er wollte ja anfangs Sachen rausnehmen aus dem Spiel.
Gunnar: Ganze Elemente Flottenkampf werden dem Spiel entfernt, weil sie das Spiel zu komplex machen.
Gunnar: Und jetzt ist es am Ende doch ein sehr stark als Simulation zu lesendes Spiel
Gunnar: geworden und nicht nur eine reine Action-Swashbuckler-Simulation,
Gunnar: sondern ein wirkliches Spiel, in dem wesentliche Elemente sich ja auf die Simulationswerte beziehen.
Chris: Ja und dafür, dass es ja ursprünglich aus den Filmen und aus dem romantischen
Chris: Ideal des Piraten abgeleitet ist, hat es dann doch am Ende einen erstaunlich
Chris: akkuraten historischen Unterbau.
Chris: Das haben wir ja vorhin in dem Interview mit Tanja auch schon gehört.
Chris: Und das ist ja nun maßgeblich das Verdienst, das schon genannten Arnold Hendrick,
Chris: der aus dem Brettspiel-Design kommt, der auch schon ein bisschen älter ist als der Rest bei
Chris: Microprose, der ist 2020 leider auch schon verstorben und der bei Microprose
Chris: eingestellt wurde, so eine Art Sid Meier hat es rückblickend gesagt,
Chris: so eine Art Producer, das Wort gab es damals in der Form noch nicht,
Chris: aber jemand, der hauptsächlich da ist zu unterstützen bei der Gestaltung von
Chris: den Spielen und dazu gehörte dann auch die Dokumentation, also Also Arnold Hendrick
Chris: macht das Handbuch, der macht einen großen Teil der historischen Recherche und der sorgt dafür,
Chris: dass dann also viele von den Daten möglichst nah an der Realität sind.
Chris: Und wie gesagt, das Handbuch, das dem Spiel beilegt, das ist also von Arnold Hendrick.
Gunnar: Dass man auch nicht genug loben kann, weil es dem Spiel noch zusätzlich über
Gunnar: das eigene Spiel hinaus so ein Microprose-Flair gibt. Weil das gehört nämlich
Gunnar: dazu, dass da dicke Handbücher drin liegen.
Chris: Ja.
Gunnar: Ach, das waren noch schöne Zeiten.
Chris: Ist auch wirklich lesenswert. Wir sind es ja heutzutage nicht mehr gewohnt,
Chris: als spielende lange Texte zu lesen, insbesondere Texte, die extern zum Spiel sind.
Chris: Aber man kann darüber streiten, ob man Pirates heutzutage noch spielen sollte
Chris: oder nicht. Da kommen wir vielleicht später noch mal dazu. Selbst wenn man sich
Chris: entscheidet, das Spiel nicht mehr zu spielen.
Chris: Das Handbuch kann man echt gut lesen. Kann man wirklich gut lesen und da bereichert rausgehen.
Gunnar: Ja, das ist richtig. Das Spiel kommt dann raus, das ist ja eine C64-Entwicklung am 8. Mai 1987.
Gunnar: Als C64-Spiel wird auch relativ schnell ein Erfolg.
Gunnar: Also es ist jetzt nicht so ein Spiel, das sofort am ersten Tag Hunderttausende
Gunnar: von Exemplaren verkauft, aber es ist relativ früh klar, dass das ein Erfolg wird.
Gunnar: Diese Beigabe Sid Meyers vor dem Namen wird dadurch von einem Erkennungszeichen
Gunnar: zu einer Art Qualitätssiegel und kommt ja deswegen auch noch häufiger auf Spielen von Sid Meier vor.
Gunnar: Und dann beginnt auch schon das Portieren.
Gunnar: Die Quellen sind nicht so ganz klar. Ich würde sagen, Christian,
Gunnar: widersprich mir, wenn du noch ganz anderer Meinung bist dazu.
Gunnar: Ich würde sagen, es kommt relativ schnell danach eine Version für den PC,
Gunnar: also für DOS, eine PC-Butter-Version und eine Version für den Amstrad CPC.
Gunnar: Die müssten meines Erachtens entweder Ende 87 oder Anfang 88 erschienen sein.
Gunnar: Relativ parallel. Die Amstrad-Version zielt natürlich auf den englischen Markt.
Gunnar: Die wird zwar in-house bei Microprose von einem Freelancer programmiert,
Gunnar: aber die wird hauptsächlich in Europa vermarktet, in England und Frankreich.
Gunnar: Und die PC-Version zielt natürlich zunächst auf den US-Markt.
Gunnar: Und dann im Jahr drauf kommen dann auch noch Versionen für die anderen Systeme,
Gunnar: die in Amerika relevant sind, nämlich die Apple-Systeme.
Gunnar: Und ein bisschen später kommen dann noch Atari ST, Amiga und auch das NES 1991.
Gunnar: Das ist dann eine strukturell leicht andere Version. Und da wird übrigens als
Gunnar: kleine Anekdote der Tabak, den man da finden kann im Spiel als Handelsware durch
Gunnar: Ernten ersetzt, weil Nintendo keine Raucher haben wollte in ihren Spielen.
Gunnar: Da gibt es niemanden, der raucht, auch nicht in der Karibik.
Chris: Das ist natürlich auch ein Indikator für den Erfolg des Spiels,
Chris: dass das noch relativ spät Portierungen bekommt.
Chris: Die Amiga-Version zum Beispiel kommt ja 1990, also drei Jahre nach dem Original.
Chris: Und diese Versionen sind dann, weil da auch ein zeitlicher Abstand dazwischen
Chris: liegt, teilweise natürlich auch schon verbessert.
Chris: Die Amiga-Version zum Beispiel hat jetzt eine Maussteuerung,
Chris: hat mehr Musik, viel bessere Grafiken, sieht also wesentlich besser aus als
Chris: die C64-Version. Und es verändern sich teilweise auch inhaltliche Sachen.
Chris: Du hattest ja vorhin schon erwähnt, schon die PC-Version hat jetzt auf einmal
Chris: noch so kleine Aufgaben, die die Gouverneure einem geben können.
Chris: Auch die EGA-Version sieht mit ihren 16-Farben deutlich besser aus als die C64-Version.
Chris: Die haben aber alle so ihre Vor- und Nachteile. Ich weiß nicht, wie es dir da geht,
Chris: Gunnar, aber für mich ist einer der Gründe, warum ich weder die PC-Version noch
Chris: die Amiga-Version so richtig von Herzen empfehlen würde, ist die kleine Tatsache,
Chris: dass die Karibik-Karte, also diese Kernbewegung nicht scrollt, sondern umschaltet,
Chris: während sie auf dem C64 scrollt, während man sich durch die Karibik bewegt.
Chris: Und das macht für mich einen gravierenden Unterschied, dieses kleine Ding.
Gunnar: Ja, das stimmt. Das ist einfach eine Spielgefühlfrage. Das macht das,
Gunnar: spielhafter und vom Gefühl her weniger realistisch. Das stimmt.
Gunnar: Ich mag die beiden Versionen auch nicht besonders.
Gunnar: Ich finde die C64-Version ungeschlagen in meinem Kopf, aber das ist natürlich
Gunnar: auch ein Bias aus meiner Erinnerung, weil das die ist, die ich damals gespielt habe.
Chris: Ja, also es gibt ja dann noch zwei Remakes, nämlich 1993 kommt von MicroPro selbst Pirates Gold.
Chris: Da ist der Grafiker Michael Hare dann gleichzeitig hier der federführende Producer
Chris: und der von dir schon erwähnte Randall Don Mastella, der hat sowohl die erste
Chris: DOS-Portierung gemacht, als auch jetzt hier die Programmierarbeit in Pirates Gold.
Chris: Und das hat dann super VGA-Grafiken, das hat eine Handvoll Sound-Samples und
Chris: sowas und hat auch ein paar neue Komfortfunktionen.
Chris: Da gibt es jetzt eine Übersichtskarte im Spiel zum Beispiel.
Chris: Lässt sich auch mit der Maus steuern.
Chris: Also wenn man eine vergleichsweise authentische.
Chris: Spielerfahrung haben möchte, die aber schon ein bisschen komfortabler ist und
Chris: vor allem ein bisschen flüssiger läuft als die C64-Fassung, dann ist das die
Chris: Go-To-Version Pirates Gold und es gibt dann auch nochmal ein Jahrzehnt später
Chris: 2004, diesmal von Phyrexis,
Chris: das offizielle nächste Remake, das heißt dann auch nur noch Pirates und das
Chris: ist jetzt tatsächlich ein neues Spiel.
Chris: Das ist generell massiv erweitert, das ist optisch völlig umgestaltet,
Chris: da funktionieren einige Sachen ganz anders, also zum Beispiel gibt es jetzt
Chris: zum ersten Mal auf der Karibik Karte auch Schiffverkehr, du siehst die anderen
Chris: Schiffe, die da hin und her fahren und sowas.
Chris: Es gibt ganz erweiterte Spielmechanik. Du kannst jetzt Gegenstände sammeln und
Chris: spezielle Crewmitglieder anheuern.
Chris: Es gibt neue Minispiele, die völlig überflüssig sind.
Chris: Ein Tanzminispiel mit den Gouverneurstöchtern und so.
Chris: Also das ist einfach Käse. Das spielt sich trotzdem gut. Das ist ein schönes Spiel.
Chris: Und du siehst hier an den Actionsequenzen, gerade an dem Fechten,
Chris: jetzt wirklich ganz klar das Vorbild.
Chris: Die sehen so aus wie die Mantel- und Degenfilmer, aus denen die ursprüngliche
Chris: Idee abgeleitet ist. Mit auf dem Tisch springen und allem.
Gunnar: Mit der Goldversion gibt es dann auch noch eine neue Portierung,
Gunnar: nämlich auf den Mega Drive.
Gunnar: Und das finde ich eine echt schöne Version, ist vielleicht sogar optisch meine Lieblingsversion.
Gunnar: Spielerisch ist noch eine andere Frage, aber optisch ist die wunder, wunderschön.
Gunnar: Hat halt auch einen heute ganz super gealterten Pixel-Look, die Mega Drive-Version.
Gunnar: Gefällt mir ganz gut. Aber wie du schon sagst, die Tatsache,
Gunnar: dass das spät noch Portierungen erhält, die Tatsache, dass noch eine Gold-Version
Gunnar: sechs Jahre nach dem ursprünglichen Erscheinen kommt, erfrischt das ganze Spiel immer mal wieder.
Gunnar: Und es wird ja auch dann immer wieder weiterentwickelt in diesen Versionen.
Gunnar: Und hält das Spiel für eine ganze Zeit lang aktuell und relevant.
Gunnar: Und man sieht auch, dass es in seinen Kernmechaniken nicht so stark gealtert
Gunnar: ist in dieser Zeit, weil es diese Relevanz aus den 80ern in die 90er überführt.
Gunnar: Und ich sag mal so, das muss man erst mal schaffen.
Chris: Das muss man erst mal schaffen, ja genau. Dass dann ein Spiel Jahre später im
Chris: Wesentlichen immer noch das Gleiche ist inhaltlich.
Chris: Das spricht schon für die Kohärenz des ursprünglichen Werks.
Chris: Und damit sind wir eigentlich schon bei dem letzten Punkt unserer Besprechung
Chris: heute. Nämlich, wir haben das Ganze am Anfang als Meilenstein beschrieben, das Spiel.
Chris: Und darauf sollten wir jetzt nochmal zurückkommen, um nochmal klarer zu machen,
Chris: was ist denn die Leistung von Pirates?
Chris: Warum kann man das als einen Meilenstein in der Spielegeschichte begreifen?
Chris: Und was finden wir die herausragenden Merkmale? Und was für eine Nachwirkung
Chris: hat das Spiel vielleicht oder vielleicht auch nicht?
Gunnar: Wo fangen wir denn da an? Ich finde ein häufig unterschätzter Punkt übrigens
Gunnar: in der Diskussion des Gameplays ist, dass man sich halt konzentriert auf die
Gunnar: Funktionalität oder Nicht-Funktionalität von Spielteilen, das haben wir ja auch schon gemacht,
Gunnar: aber das ist ja ein Spiel, von dem Microprose sagt, damit kann man hunderte
Gunnar: von Stunden Spaß haben und man kann es aber natürlich auch so einen größeren
Gunnar: Run bis zum eigenen Ruhestand in ein paar Stunden durchspielen.
Gunnar: Das ist aber ein Spiel, das ist immens widerspielbar. Und das liegt nicht nur
Gunnar: daran, dass es unterschiedliche Start-Setups hat oder Ausgangssituationen hat,
Gunnar: sondern auch, dass man sich in dem Spiel einzelne Ziele selber setzen kann,
Gunnar: über das eigentliche Reichwerden hinaus.
Gunnar: Dass es diese starken emergenten Gameplay-Elemente gibt und auch,
Gunnar: dass die Systeme dann doch an vielen Stellen komplex genug sind,
Gunnar: dass sich das Optimieren lohnt.
Gunnar: Dass man halt sagt, okay, diesmal kriege ich aber auf jeden Fall Treasure Fleet und Silver Train.
Gunnar: Diesmal hole ich aber in jedem Fall die Schätze alle, die ich kriegen kann.
Gunnar: Oder fange alle Piraten, was man vielleicht am Anfang eher nicht macht.
Gunnar: Diesmal setze ich nur holländische Gouverneure im ganzen Osten ein.
Gunnar: All sowas. Da kann man einfach noch total viel machen und das macht,
Gunnar: glaube ich, auch viel aus.
Gunnar: Das ist ein Spiel, das einen jahrelang begleiten kann und nicht ein Spiel,
Gunnar: das man halt in zwei Wochen mal irgendwann durchspielt und dann auf den Stapel
Gunnar: legt oder auf Ebay verkauft, gab es damals schon Ebay, auf dem Flohmarkt verkauft.
Chris: In den kleinen Anzeigen in der ASM oder im Haupt.
Gunnar: Genau, dann zum nächsten Spiel übergeht. Das finde ich schon einen wesentlichen
Gunnar: Aspekt, den wir bis jetzt noch nicht so deutlich gesagt haben.
Chris: Wunderbarer Aspekt, da würde ich mich auch direkt ranhängen an diesen Wagen,
Chris: denn diese Widerspielbarkeit kommt natürlich auch aus der Tatsache,
Chris: dass es überhaupt variable Systeme in dem Spiel gibt.
Chris: Und ich finde, das Interessante an Pirates ist, gerade im Kontext von Microprose, der Firma.
Chris: Der das Label Simulation dranhängt, aber es meint auf einmal etwas anderes, etwas Neues,
Chris: weil das Verständnis von Simulationen zu der Zeit, wo Pirates entsteht,
Chris: im Gaming-Kontext, ist ja das das jeweilige Spiel, was nachbildet,
Chris: was auch in der Realität existiert.
Chris: Also eine Flugsimulation zum Beispiel, die verspricht eine Annäherung an die
Chris: Wirklichkeit, indem sie zum Beispiel das Flugverhalten von einer F6F Hellcat
Chris: möglichst glaubwürdig nachzustellen versucht.
Chris: Das ist natürlich weit, weit weg von der wirklichen Realität,
Chris: deswegen machen die Sims damals ja noch Spaß, anders als später.
Chris: Aber Simulation heißt hier, die Eigenschaften eines Dings im Spiel verhalten
Chris: sich ansatzweise so wie in echt.
Chris: Also die Fantasie ist, in diesem Helikopter erlebst du einen Kriegseinsatz in
Chris: Südostasien so, wie ihn ein echter Pilot erlebt hätte. Und das ist ja offensichtlich
Chris: nicht der Simulationsbegriff von Pirates. Das stimmt hier ja nicht.
Chris: Also man kann wirklich viel über das Spiel sagen, aber dass man hier die Erfahrung
Chris: eines Piratenkapitäns an Bord seines Flaggschiffs realitätsnah nacherleben könnte,
Chris: das ist einfach Quatsch.
Chris: Das ist ja gar nicht der Anspruch des Spiels. Das ist nicht das,
Chris: was Simulation hier meint.
Chris: Stattdessen haben wir hier eine Simulation in einem anderen Sinne,
Chris: nämlich als eine Modellwelt.
Chris: Also das Spiel definiert ein selbst ablaufendes System.
Chris: In das man dann eingreift, um zu schauen, was sich verändert.
Chris: Das bedeutet, anders als bei den Militärsimulationen von Microprose,
Chris: dass die Spielwelt prinzipiell unabhängig von uns Spielenden existiert und sich
Chris: auch unabhängig von unseren Handlungen verändern kann.
Chris: Und dadurch wirkt sie ja auch so lebendig. Das ist im Endeffekt das SimCity-Modell.
Chris: Für uns ist SimCity heute so eine archetypische Simulation. Man greift ein und
Chris: dann guckt man in dieser selbst ablaufenden Simulation, was sich dadurch verändert.
Chris: Bei Pirates ist das schon auch so, nur halt zwei Jahre vorher.
Chris: Und es benutzt es anders als SimCity.
Chris: Es benutzt es, um dann da lauter Was-wäre-wenn-Situationen zu erschaffen.
Chris: Was wäre, wenn ich im Jahr 1560 als englischer Pirat spiele,
Chris: wo alle Siedlungen spanisch sind, ich so gut wie keinen sicheren Rückzugsort
Chris: habe. Was passiert dann?
Chris: Oder was ist, wenn ich als Holländer um 1600 in einer Ära lande,
Chris: in der die Nationen zu Friedensschlüssen tendieren und es mir niemand dankt,
Chris: wenn ich feindliche Schiffe kapere?
Chris: Du hast vorher schon beschrieben, was für eine undankbare Situation das ist.
Chris: Das verändert die Spielerfahrung fundamental.
Chris: Das wird zu anderen Lösungsstrategien führen müssen, weil die bisherigen Lösungsstrategien
Chris: nicht übertragbar sind in so eine Veränderung der Simulation.
Chris: Und da werden ja einfach nur ein paar Stellschrauben am Simulationsmodell anders
Chris: ausgerichtet und auf einmal verändert sich die Spielerfahrung und das wiederum
Chris: zahlt auf den Wiederspielwert ein.
Chris: Und das ist für mich einer der unterschätzten Aspekte an der spielerischen Freiheit
Chris: von Pirates, der Möglichkeitenraum, der sich nicht nur aus der offenen Spielwelt
Chris: ergibt, sondern aus den Variablen darstellt.
Chris: Darunterliegenden Simulationsmodells.
Gunnar: Genau, weil es ein Spiel der Systeme ist, nämlich.
Chris: Genau.
Gunnar: Und das ist zu der Zeit vielleicht nicht revolutionär, aber noch relativ selten.
Gunnar: Wir haben schon öfter Defender of the Crown als Beispiel genommen,
Gunnar: als Gegenbeispiel für einen Entwurf.
Gunnar: Diese ganze ursprüngliche Anspruch von Sid Meier, dass man halt die Szenen eines
Gunnar: Films zeigt, die spaßigen Sachen eines Films dann in einem Spiel,
Gunnar: das ist ja genau der Anspruch von den CinemaWare-Spielen.
Gunnar: Und genau das macht ja Defender of the Crown auch auf eine Art.
Gunnar: Wolltest du schon mal eine Belagerung sehen? Hier, mach sie selber.
Gunnar: Wolltest du schon mal ein Ritterturnier reiten? Hier, mach sie selber.
Gunnar: Aber die sind in eine Dramaturgie eingebettet und nicht systemisch mit dem Rest verknüpft.
Gunnar: Und die Tatsache, dass das bei Pirates eine systemische Welt ist,
Gunnar: in der mehrere Systeme, die Diplomatie, das Schiffsfahren, die Wirtschaft,
Gunnar: die Piraterie, die Piratenjäger und so, diese ganzen Systeme alle existieren
Gunnar: und auf dich Einfluss nehmen oder auch nicht und du Einfluss nimmst auf sie
Gunnar: und oder auch nicht, das macht halt dieses immer neue Spielgefühl aus damit.
Gunnar: Und deswegen ist es auch eigentlich in allererster Linie ganz richtig beschrieben
Gunnar: als Simulation und nicht so sehr ein Adventure, obwohl es sogar häufiger als
Gunnar: Adventure bezeichnet wird.
Gunnar: Das steht dann auch auf der Goldpackung steht nochmal Adventure drauf groß,
Gunnar: weil das halt so ein Begriff ist, den man mit der Piraterie in Verbindung bringt.
Gunnar: Ein Piratenabenteuer. Aber es ist ja eigentlich dann doch auf eine Art ein Piratensimulator.
Gunnar: Kein Schiffssimulator, aber ein Piratensimulator.
Chris: Ja, ein Piraten-Welt-Simulator sogar, würde ich sagen.
Gunnar: Ein Karibik-Simulator vielleicht.
Chris: Ja, in gewisser Weise schon. Pirates erkennt, dass daraus aber wiederum narrativ entsteht.
Chris: In so einer Simulation, wenn du da jemanden reinsetzt, der einen klaren Ausgangspunkt
Chris: hat, der eine erzählerische Rahmung hat und der vor allen Dingen auch Ziele
Chris: hat. Das ist ja auch nicht unwesentlich.
Chris: So eine Simulation ist ja erst mal selbstzweckhaft. Und das wird erst dadurch
Chris: dann spaßig und relevant, dass man Ziele erreichen kann innerhalb von dieser
Chris: Simulation, von dieser Welt. Und Pirates ist schlau genug, anders als zum Beispiel ein Elite.
Chris: Wir erinnern uns daran, Elite hat in seiner Urversion auf dem BBC noch nicht
Chris: mal die Missionen. Die kommen ja erst in späteren Missionen rein.
Chris: Das hat einfach nur die Welt und sagt, ja, jetzt flieg da raus und mach irgendwas.
Chris: Das ist dir völlig selbst überlassen. Und Pirates ist da ja schon eine Ecke
Chris: weiter und sagt uns hier, ich gebe dir aber schon ein paar Dinge vor,
Chris: da ist diese Schatzflotte, da sind deine entführten Verwandten,
Chris: da sind die bösen Spanier.
Chris: Da gibt es also Sachen, denen man nachgehen kann und es gibt ja auch die konkrete
Chris: Endauswertung mit den von uns beschriebenen Berufen, die man dann ergreift.
Chris: Und das füllt das mit Bedeutung, diese Simulation, diese simulierte Welt.
Chris: Und es füllt sie auch insofern in Bedeutung, als wir jetzt kein Agent in dieser
Chris: Welt sind, der da einfach nur durchläuft und es rauscht so entropisch an uns
Chris: vorbei, die Simulation, sondern es ist ja ein Feedback-Loop.
Chris: Wir haben es vorher beschrieben, unser Handeln hat wiederum Einfluss auf die Simulation.
Chris: Wir können tatsächlich eingreifen in das Schicksal dieser simulierten Welt,
Chris: jetzt nicht tiefgreifend.
Chris: Wir können da keine Entscheidungen der Machtverhältnisse in der Karibik herstellen,
Chris: aber wir können das Schicksal einzelner Siedlungen und Städte zum Beispiel bestimmen
Chris: und wir können dadurch, wie erfolgreich unsere Raubzüge sind,
Chris: bestimmen, wie stark wir gejagt werden von Piratenjägern.
Chris: Also uns als Spieler wird vom Spiel mitgeteilt, implizit in den meisten Fällen,
Chris: ich habe dich wahrgenommen.
Chris: Diese Welt nimmt dich wahr und du spielst da tatsächlich eine Rolle darin.
Gunnar: Ich finde, das Spiel findet so sehr stark den Sweet Spot von Größenordnung.
Gunnar: Du herrschst ja über Leben und Tod deiner Mannschaft und kannst halt Schiffe
Gunnar: versenken, Dutzende und Aber-Dutzende.
Gunnar: Wenn du aber einen ganzen Handelsposten drehen willst oder eine Stadt drehen
Gunnar: willst, ist das schon eine richtige Aufgabe. Das machst du im Spiel bloß eine Handvoll von Malen.
Gunnar: Und wenn du das geschafft hast, dass jetzt eine Stadt eine andere Nationalität
Gunnar: annimmt, weil du einen eigenen Gouverneur eingesetzt hast, das ist ein richtiger
Gunnar: Erfolg, ein richtiger Meilenstein, Killer.
Gunnar: Da steckst du dir noch eine halbe Stunde später auf die Schulter,
Gunnar: dass du das gemacht hast. Und du kannst es auch wiederholen,
Gunnar: aber du kannst nicht das gesamte politische Klima drehen. Du kannst nicht der
Gunnar: König dieser Welt werden.
Gunnar: Du kannst nicht die Welt retten oder irgendwas in der Art.
Gunnar: Die Welt ist viel größer als du und du bist halt ein Teil davon.
Gunnar: Und das ist eine Größenordnung, die selten ist in interaktiver Unterhaltung, finde ich.
Gunnar: Oft geht es halt auf das ganz große Ziel, die Welt retten, den Atomkrieg verhindern oder irgendwas.
Gunnar: Und ganz oft machst du ja auch ganz kleine Sachen nur, deine Freundin retten
Gunnar: oder fünf Gegner erschießen. Und hier ist es so dazwischen.
Chris: Ja, Spiele sind ja Selbstwirksamkeitsgeneratoren, das ist ja eine ihrer besonderen Stärken.
Chris: Und da gibt es aber natürlich eine Bandbreite davon. Ein Spiel kann Selbstwirksamkeit
Chris: generieren wie eine Skinnerbox. Drück diesen Knopf und dann gebe ich dir eine
Chris: Belohnung und dann fällt eine Erdnuss in deinen Mund.
Chris: Das ist auch eine Selbstwirksamkeitserfahrung. Und viele Spiele sind ja solche
Chris: stark geführten Erfahrungen.
Chris: Hier ist die Mission. Sammle zehn Org-Schädel und komm wieder zurück.
Chris: Dann kriegst du deine Belohnung. Zehn Goldmünzen. Und das Mächtige,
Chris: das Wirkmächtige an einem Spiel wie Pirates ist aber, dass hier die Ziele ja
Chris: vom Spieler selbst gesetzt sind.
Chris: Nie im Spiel sagt dir irgendjemand, erobere die Stadt Kartagena.
Chris: Sondern der Spieler Gunnar Lott kommt irgendwann zu dem Schluss,
Chris: der Wind steht günstig, ich habe genügend Mann, Katagina ist gerade reich.
Chris: Ich gehe jetzt dahin und plündere diese Siedlung. Und weil das aber nicht alltäglich
Chris: ist und weil es schwierig ist, ist es eine umso stärkere Selbstwirksamkeit,
Chris: die da erzeugt wird, wenn es gelingt.
Chris: Es ist ein großes triumphales Erfolgserlebnis und es ist umso mächtiger,
Chris: weil du dir dieses Ziel selbst gesetzt hast.
Gunnar: Man nennt das heutzutage Player Agency. Das heißt, dass der Spieler auch einen
Gunnar: Grund hat für seine Sachen und sich diesen Grund auch notfalls selbst suchen
Gunnar: kann, ohne nur an der Nase da durchgeführt zu werden, von Plotpunkt zu Plotpunkt und so.
Gunnar: Und das ist eins der Spiele, die da eine gute Mischung finden.
Gunnar: Ich finde, natürlich hat ein Spiel wie Elite drei Jahre früher auch Player Agency,
Gunnar: aber da hast du auch einfach sehr wenig zu tun.
Gunnar: Du kannst halt so rumfliegen und hast nicht so richtig einen Grund, was zu finden.
Gunnar: Und hier, weil die Welt endlich ist und du es auch weißt, weil du diese Karte
Gunnar: schon vorab sehen kannst und weil es so eine Mischung gibt aus vorgefertigten
Gunnar: Zielen und eigenen Zielen, hast du halt eigentlich immer was zu tun, was angenehm ist.
Chris: Also das ist jetzt schon eine ganze Bandbreite von tollen Dingen,
Chris: die Pirates erreicht hat.
Chris: Und das ist auch wieder sehr augenfällig, finde ich, dass es nicht das eine
Chris: Ding ist, auf das man zeigen kann und sagen kann, schau mal,
Chris: das ist das Tolle an Pirates.
Chris: Hier die offene Spielwelt, hier die dynamische Simulation, hier das Emergent
Chris: Narrative, hier die Player Agency, sondern das ist ja alles da drin.
Chris: Wenn ich das versuchen sollte, zusammenzufügen auf einen Punkt,
Chris: warum das für mich so ein Meilenstein ist, dann würde ich sagen,
Chris: das ist ein Paradebeispiel von Spieldesign als einer eigenständigen kreativen Disziplin,
Chris: weil wir hier eine so elegante Verzahnung von Spielmechaniken haben,
Chris: die alle auf die Spielerfahrung einzahlen, die alle miteinander verbunden sind,
Chris: sodass man sich am Ende wie ein Pirat fühlt, der ein eigenes Abenteuer erlebt.
Chris: Das ist hier eine Spiel-Design-Leistung. Und ich meine hier nicht das Gesamtwerk
Chris: mit seinen Grafiken und Sounds und der Steuerung.
Chris: Ich meine das pure abstrakte Design-Regelwerk, das da drunter liegt.
Chris: So wie ja zum Beispiel Programmierer immer sagen, dass Code auch eine eigene
Chris: Eleganz und Schönheit haben kann, so kann auch Design-Regelwerk eine Eleganz und Schönheit haben.
Chris: Und ich finde, Pirates zeigt das in großer Klarheit. Für mich ist das ein ganz
Chris: wichtiger Schritt für die Schöpfung des Spieldesigners als Berufsbild im Gaming.
Chris: Und ich würde auch sagen, Sid Meier wurde vor Pirates nicht als Designer wahrgenommen
Chris: und mit Pirates dann schon.
Chris: Das ist, glaube ich, sein definierendes Werk als Spieldesigner.
Chris: Vorher war er Programmierer.
Gunnar: Oh ja, das stimmt. Weil es ja auch so ein Bruch in dem Portfolio von Microprose
Gunnar: ist und auch so ein Bruch in seinem eigenen Werk im positiven Sinne.
Gunnar: Weil es ihm jetzt ermöglicht, Spiele zu schaffen, die über das hinausgehen,
Gunnar: was die Ambition von Microprose als Firma ist und was der Bill Steeley mag.
Gunnar: Weil er jetzt hier diesen entscheidenden Erfolg hat, der es ihm ermöglicht,
Gunnar: hinterher zu sagen, nee, ich mach jetzt mal ein Spiel mit Eisenbahnen.
Gunnar: Oder nee, ich mach ein Spiel, wir nennen es mal Civilization.
Gunnar: Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass es Civilization nicht gegeben hätte
Gunnar: ohne Pirates. Oder wenn Pirates kein Erfolg gewesen wäre.
Chris: Das können wir mit Sicherheit sagen. Dann hätte es weder ein Railroad Tycoon
Chris: noch ein Civilization gegeben.
Gunnar: Genau, dieses Spiel ermöglicht halt diese anderen Spiele.
Gunnar: Und diese Spiele ermöglichen ja auch wieder andere Spiele.
Gunnar: Nicht direkte Klone, so funktioniert Wirkungsgeschichte nicht,
Gunnar: meine ich, aber die ermöglichen mit ihrer Freiheit, mit ihrer Ambition und ihrer
Gunnar: Verzahnung von Systemen ganz eigene Game-Design-Disziplinen.
Gunnar: Und das ist schon das Verdienst von diesem Spiel, das so angefangen hat als,
Gunnar: lass mal was machen, was aussieht wie Errol Flynn und mach mal ein schönes Bild, Michael Herr.
Chris: Ja, das Stichwort Wirkungsgeschichte ist ein sehr gutes, weil das Interessante
Chris: in diesem Zusammenhang ist, dass es ja gar keine unmittelbaren Nachahmer gibt von Pirates.
Chris: Es ist nicht so, als ob wir jetzt dann hier Ende der 80er, Anfang der 90er auf
Chris: einmal lauter Pirates-Likes sehen würden oder überhaupt nur offene Spielwelten
Chris: mit einem Simulationsunterbau, sondern ganz im Gegenteil.
Chris: Das bleibt eigentlich fast ein singuläres Werk.
Chris: Wenn das Pirates eine, in Anführungszeichen, Action-Simulation ist,
Chris: dann schlägt ja zum Ende der 80er, also 89, jetzt erstmal die Stunde der Strategie-Simulationen.
Chris: Da kommt dann ein SimCity, da kommt ein Populous und die sind eigentlich viel
Chris: blaupausiger für andere Spiele, als in Pirates das ist.
Chris: Und selbst Sid Meier kehrt ja nicht zu dem Pirates-Konzept zurück,
Chris: sondern der macht mit Railroad-Tarcoon ja dann ebenfalls eine Strategiesimulation,
Chris: eine Management-Simulation.
Chris: Und das Piratenspiel in der offenen Welt, das kehrt wieder zurück in den Weltraum.
Chris: Das finden wir dann am ehesten in Privateer wieder 1993.
Chris: Und das steht natürlich auch eher in der Traditionslinie von dem Starflight
Chris: und dem Elite. aber das funktioniert ja trotzdem nach wie vor noch ziemlich
Chris: nah an dem wie ein Pirates funktioniert hat, nur halt jetzt wieder in der Science
Chris: Fiction und auch spätere Spiele wie Freelancer und sowas stehen dann in dieser Linie.
Chris: Aber ein Spiel, von dem man jetzt in den nächsten Jahren nach 1987 draufzeigen
Chris: könnte und sagen könnte, hier, das ist nach der Blaupause von Pirates entstanden,
Chris: würde mir keins einfallen.
Gunnar: Nee, gibt es auch nicht. Und ich glaube, es gibt einen Grund,
Gunnar: warum das in den Weltraum wandert, weil das da beherrschbarer ist.
Gunnar: Und ein Simulator der Karibik, den man im Jahr 1987 auf dem C64 so abstrakt
Gunnar: machen konnte, müsste zehn Jahre später sehr viel realistischer sein, sehr viel grafischer,
Gunnar: noch viel mehr Systeme haben, glaube ich.
Gunnar: Weil man ja dann halt von Spielen, die dann einen ganzen Tick weiter sind im
Gunnar: technischen Fortschritt, mehr erwartet, insbesondere an Realismus.
Gunnar: Und man sieht ja auch ganz logisch, dass dann 2004 das Remake von Pirates dann
Gunnar: in so eine Comic-Richtung geht.
Gunnar: Und dass sie gerade dem Realismus ausweichen, das ist ja nicht so in dem ursprünglichen Pirates.
Gunnar: In ein paar von den Versionen ist noch ein Foto auf dem Cover von dem Schauspieler im Piratenkostüm.
Chris: Ja, stimmt. Beim ursprünglichen Spiel, ja.
Gunnar: Das ganze Spiel wirkt ein bisschen comicky, weil es halt C64-Grafik hat,
Gunnar: aber das ist nicht comichaft gemeint.
Gunnar: Und das Spiel von 2004 geht dann halt wirklich in so einen eckigen, kantigen Comic-Look.
Gunnar: Und ich glaube, das ist um dem Realismus auszuweichen.
Chris: Ja, das glaube ich schon auch. Mit den zusätzlichen Minispielen,
Chris: die da reinkommen, wird es ja eher unrealistisch, die Stadt reinschleichen und solche Dinge.
Chris: Ich habe das damals getestet für die GameStar.
Chris: Das war in seiner Zeit, als das rauskam, immer noch ein ungewöhnliches Spiel.
Chris: Also auch da in diesem Jahr wüsste ich nicht, was da irgendwie eine vergleichbare
Chris: Spielerfahrung gewesen wäre.
Chris: Also wir sagen ja häufig hier als so ein Qualitätskriterium oder als eine Grundlage
Chris: für Nachwirkung von dem Spiel, ist das eine Blaupause, an der sich spätere Spiele
Chris: und Werke orientiert haben.
Chris: Und bei Pirates muss man relativ nüchtern sagen, nein, ist es nicht.
Chris: In der Gestalt, wie wir es hier sehen. Es ist aber trotzdem ein Meilenstein,
Chris: es ist trotzdem ein wirkmächtiges Spiel, weil, wie du gesagt hast,
Chris: erst mal das Sid Meier einfesselt und ohne das hätte es dir wesentlichen Meilensteine
Chris: seiner Karriere vermutlich nicht gegeben. Die haben ja dann eine viel stärkere
Chris: Wirkung wieder in andere Spiele.
Chris: Aber es ist halt auch so ein typisches Designers Game.
Chris: Ganz viele Leute haben Pirates damals gespielt, die dann später Karriere in
Chris: der Spielebranche gemacht haben und sagten, das hat mir gezeigt,
Chris: wie Spieldesign sein kann.
Chris: Ich hatte ganz kurz zur Vorbereitung dieser Folge nochmal Kontakt mit Bruce
Chris: Shelley, der zu der Zeit gar nicht bei Microprose war, der da bei Avalon Hill war.
Chris: Und der sagte dann nebenbei, der Grund, warum er zu Microprose wollte, war Pirates.
Chris: Er hat das damals gespielt. Er fand das so toll, dass er dann da zu Michael
Chris: Poros und zu Sid Meier rüber wollte.
Chris: Also das hat Menschen, die dann später Spiele gemacht haben, implizit beeinflusst.
Chris: Und nicht unbedingt in der Hinsicht, dass sie sagten, ich will jetzt auch so ein Spiel machen.
Chris: Vielleicht auch, weil es so Szenarien wie Pirates, wo das historische und das
Chris: filmhaft-geotypische so gut ineinander gehen, gar nicht so häufig gibt.
Gunnar: Es gibt schon noch ein paar systemisch inspirierte Spiele, würde ich sagen.
Gunnar: Und mein Beispiel, weiß nicht, ob ihr da zustimmst, ist ein Spiel wie Mountain Blade von 2008.
Gunnar: Das hat freie Bewegung, es hat Kämpfe in Echtzeit, es hat eine Karriere,
Gunnar: so ein bisschen Pirates auf dem Land, finde ich.
Gunnar: Es hat massenhaft emergente Erzählung, es kombiniert Subsysteme,
Gunnar: du kannst auf ganz verschiedenen Wegen zum Erfolg kommen und du hast halt auch
Gunnar: eine ganz starke Spielerrepräsentanz, weil du es halt aus der Ego-Perspektive spielen kannst.
Gunnar: Aber trotzdem hängen die Siege in der Schlacht nicht von deiner Ego-Perspektiven-Tätigkeit
Gunnar: ab, sondern von der besseren Armee.
Chris: Ja, gutes Beispiel würde ich dir voll zustimmen, weil das ist einer der Fälle,
Chris: wo auch eine historische Realität mit einem romantisch verklärten,
Chris: Popkultur geprägten Bild wunderbar zusammengeht.
Chris: Und ein Spiel gleichzeitig sagen kann, ich versuche das authentisch zu gestalten
Chris: und bediene trotzdem aber auch die Vorstellung vom romantisierten Mittelalter.
Gunnar: Ist jetzt auch das Einzige, was mir einfällt. Alle anderen sind schlechtere
Gunnar: Metaphern. Daran merkt man es ja schon.
Gunnar: Sea of Thieves wird oft genannt, aber es ist ja ein ganz anderes Spiel.
Gunnar: Port Royale wird zuweilen genannt. Das 2002er von Escaran, aber es ist ein ganz anderes Spiel.
Gunnar: Das hat nur so ein bisschen Flair davon. Die DNA von Pirates lebt schon noch
Gunnar: fort, aber stark verdünnt, würde ich sagen.
Gunnar: Und Pirates selber als Subgenre, Pirates-artige Spiele, Pirates-Likes,
Gunnar: hat es leider vielleicht nie gegeben.
Chris: Ja, aber umso strahlender leuchtet der Stern des originalen Pirates.
Chris: Und um das an dieser Stelle noch mal zu sagen, sollte man das heute noch mal
Chris: spielen? Kann man das heute noch spielen? Ja, unbedingt.
Chris: Also gerade die ganzen PC-Fassungen, sowohl die Originalfassung als auch Gold
Chris: und das 2004er-Remake gibt es auf GOG.
Chris: Und die PC-Fassung ist auch gut spielbar.
Chris: Von daher, ja, jede davon kann man noch spielen. Wenn man eine davon auswählen
Chris: wollte, würde ich sagen, am besten Pirates Gold.
Gunnar: Ja, gefällt mir grafisch nicht so. Mir gefällt erstaunlicherweise die originale
Gunnar: PC-Fassung optisch bester. Aber das ist auch schon alles.
Chris: Die hat auch noch eine Sache, um noch dieses kleine Sternchen hinten dran zu machen.
Chris: Nur so die Kirsche auf dem Sahnehäubchen von Pirates. Das hat noch die Farbcodierung,
Chris: die auch die C64-Version hat.
Chris: Weil in den Texten, die du im Spiel liest, sind Farben eingesetzt,
Chris: um Nationen zu kennzeichnen.
Chris: Jede Nation hat eine klare Farbcodierung. und um auch so Dinge wie sind im Krieg
Chris: oder sind in der Allianz farblich direkt hervorzuheben. Rot ist im Krieg, Grün ist in der Allianz.
Gunnar: Das ist super.
Chris: Also du erkennst an den Farben direkt zum Beispiel nationale Zugehörigkeit und
Chris: spätere Versionen geben das auf. Die Amiga-Fassung hat das zum Beispiel nicht.
Chris: Und ich glaube auch Pirates Gold, wenn ich richtig im Kopf habe,
Chris: nutzt nicht mehr Farbcodierung, sondern dann halt die Länderflacken von den
Chris: Nationen und du merkst im direkten Vergleich, das funktioniert aber halt nicht so gut.
Chris: Und dass schon 1987 an sowas gedacht wurde, an Information Design,
Chris: über die Farbgestaltung.
Chris: Also ich ziehe meinen Hut vor Sittmeier. Es ist ein wirklich grandioses Werk.
Gunnar: Ich habe noch eine Frage. Jetzt vielleicht ein bisschen außerhalb der Erzählung,
Gunnar: aber es geht auf was zurück, was wir im Vorgespräch kurz besprochen haben.
Gunnar: Hast du das Spiel mit Speichern gespielt? Im Sinne von hast du gespeichert und
Gunnar: nochmal gespielt, wenn das schiefgegangen ist, die Schlacht?
Chris: Ja.
Gunnar: Ah, Cheater.
Chris: Weil es geht, weil es geht. Das Spiel bietet es ja an, auch schon auf der C64-Version.
Chris: Du kannst dein Spiel speichern, nur in den Hafenstatten, aber das reicht ja.
Gunnar: Aber du musst es ja neu laden, du kannst es ja nicht im Spiel neu laden.
Gunnar: Das habe ich nie gemacht, ich habe es immer durchgespielt und habe deswegen
Gunnar: auch nie so richtig hammermäßige, war nie der Berater des Königs oder so,
Gunnar: selbst in den guten Runs nicht, weil ich dann doch irgendwann mal,
Gunnar: ist irgendwas schiefgegangen, meistens in einem Schwertkampf.
Gunnar: Jedes einzelne Spiel, das ich gemacht habe, habe ich einfach so durchgespielt.
Gunnar: Das habe ich auch nie gespeichert. Das habe ich einfach nie gemacht.
Gunnar: Aber ich fand das so eine große Hürde, nochmal das Spiel neu zu starten mit
Gunnar: Laden und allem, den ersten Disketten wechseln, dass ich immer dachte,
Gunnar: nee, komm, jetzt spielst du halt weiter. Wird schon noch wieder gut werden.
Chris: Das ist sicher auch die richtige Art und Weise, das Spiel zu spielen.
Chris: Aber die Folgen von Scheitern können doch gravierend sein.
Chris: Wenn du dich verschätzt und verlierst die Hälfte deiner Flotte in einem einzigen
Chris: Kampf, dann ist das so ein gravierender Rückschlag, dass ich an solchen Stellen
Chris: dann schon gesagt habe, na, da lade ich lieber meinen Spielstand.
Gunnar: Ich finde, wenn ich einen Kampf verloren habe, dann ist es meine eigene Schuld.
Gunnar: Das ist schon okay. Das kann ich schon ertragen. Da muss ich mit meinen Sachen leben.
Gunnar: Wo ich vielleicht mal geladen haben könnte, ich bin nicht mehr sicher,
Gunnar: ist, wenn ich in einen Hafen segle und habe vergessen, dass ich mit den Spaniern verfeindet bin.
Gunnar: Und dann schießen die einfach auf meine Flotte, um mich da wegzutreiben,
Gunnar: weil sie mich nicht in den Hafen lassen wollen.
Gunnar: Und wenn du ein Schiff hast, dann schießen die halt einfach Dresdler ab.
Gunnar: Wenn du eine Flotte hast, versenken sie eins von den Schiffen.
Gunnar: Manchmal zumindest. Und dann hast du plötzlich deine Fast Gallon verloren,
Gunnar: für die du lange gespart hast, die du lange gesucht hast und die du wirklich
Gunnar: immer wieder einsetzt. Und das wäre ärgerlich.
Gunnar: Ich will nicht ausschließen, dass ich da mal neu geladen habe.
Chris: Ja, das führt uns jetzt auf eine ganz andere Tangente. Aber Spiele sind ja erst
Chris: mal immer nur ein Angebot. und man kann sich da selbst entscheiden,
Chris: was einem Spaß macht und was nicht.
Chris: Und wenn für mich das Spiel spaßiger ist, wenn ich mir den Spielstand lade und
Chris: es ist legitim, weil das Spiel mir die Option anbietet, naja,
Chris: okay. Was soll man daran kritisieren?
Gunnar: Ja, ich hab das auch nicht gewertet. Das ist völlig legitim.
Chris: Gut so.
Gunnar: Ja, das ist dein eigenes schlechtes Gewissen, Christian, dass du da spürst.
Chris: Übrigens auch noch mal ein Fortschritt gegenüber Silent Service,
Chris: dass er eins von Sid Meiss vorherigen
Chris: Spielen ist, das hat noch keine Speichermöglichkeit in der Kampagne.
Chris: Und hier ist es jetzt drin. Also Es ist alles ein sehr schönes Paket und ich
Chris: hoffe, dass wir dem einigermaßen gerecht geworden sind in dieser langen Folge,
Chris: was nicht heißt, dass wir nicht noch mehr dazu zu sagen hätten und auch tun werden,
Chris: denn auch dieses Mal wird es für Unterstützende eine Wusste-dir-eigentlich-Folge
Chris: dann noch als Ergänzung geben mit ein bisschen zeitlichem Abstand,
Chris: wo wir auf diverse Aspekte nochmal eingehen, um das Spiel herum,
Chris: um die Versionsgeschichte.
Chris: Wir haben auch in der Recherche zur Entstehungsgeschichte mal wieder Punkte
Chris: gefunden, die schwierig zu verifizieren waren. Da wollen wir davon erzählen.
Chris: Und das Gespräch mit Tanja, das ihr gehört habt, war nur ungefähr die Hälfte
Chris: von dem, was wir besprochen haben.
Chris: Da waren einige sehr interessante Aspekte noch dabei, die sie erzählt hat.
Chris: Das werden wir dann auch in der Folge noch nachtragen.
Gunnar: Genau, dann vielen Dank, Christian, für das Gespräch.
Gunnar: Vielen Dank euch fürs Zuhören bis hierher und hoffentlich auch dann beim Zuhören
Gunnar: der Wusstet ihr eigentlich Folge.
Gunnar: Und dann sage ich Tschüss, bis zum nächsten Mal.
Chris: Tschüss.