Gespräche über alte Spiele
Henner: Da hüpft er, der Amiga-Ball. Und sicher hüpfst du auch schon vor Aufregung,
Henner: Gunnar, da wir heute die lange Entwicklungsgeschichte hinter uns lassen und
Henner: endlich über den Amiga selbst sprechen.
Henner: Den ersten, den Amiga 1000 von 1985 und über den Amiga 500. Was sagst du dazu?
Gunnar: Ja, jetzt geht's los. Historische Deep Dives sind ja auch immer ganz schön,
Gunnar: aber es juckt dann ja doch in den Fingern, über das Gerät selber zu sprechen und die Technik.
Henner: Ganz genau. Und über die Einführung, denn die ist nochmal eine Erwähnung wert,
Henner: die Einführungszeremonie, die der Amiga bekommt, denn der Amiga verspricht ja
Henner: eine große Revolution auf dem Computermarkt.
Henner: Und ein revolutionärer Computer braucht ja auch eine standesgemäß feierliche
Henner: Einführungsveranstaltung.
Henner: Und die gibt es auch im Jahr 1985, am 23.
Henner: Juli 1985. Da lädt Commodore alle Mitglieder des Amiga-Teams und weitere Commodore-Mitarbeiterinnen
Henner: und Mitarbeiter und Vertreter der Presse natürlich in ein Theater im Lincoln Center ein.
Henner: Das ist das größte Kulturzentrum in New York zu einer Veranstaltung,
Henner: die moderiert wird von einem Commodore-Mitarbeiter, von dem Softwareentwickler Bob Parizeau.
Henner: Das Ganze ist offensichtlich ein bisschen inspiriert durch das,
Henner: was Apple ein Jahr vorher gemacht hat, im Januar 1984.
Henner: Da hat ja Steve Jobs mit großem Getöse den Macintosh vorgestellt und so inszeniert
Henner: Commodore jetzt auch den Amiga mit einer Multimedia-Show, kann man nicht anders sagen.
Henner: Also es gibt eine große Bühne, da stehen mehrere Amigas und deren Bild wird
Henner: auch auf Leinwänden gezeigt und dort präsentiert werden das GUI,
Henner: also die grafische Benutzeroberfläche samt Multitasking,
Henner: denn das sind ja alles Dinge, die die allermeisten Menschen im Publikum noch nie gesehen haben.
Henner: Die Boeing-Demo mit dem hüpfenden Ball wird gezeigt.
Henner: Es gibt die DOS-Emulation zu
Henner: sehen, also wie ein langweiliges MS-DOS-PC-Programm auf dem Amiga läuft.
Henner: Man sieht dynamisch erzeugte Geschäftsgrafiken, wie man sie von Excel kennt
Henner: und es gibt statische, digitalisierte Fotos.
Henner: Da gibt es auch spontanen Applaus im Publikum, sowas hat man noch nicht erlebt.
Henner: Es gibt Sprachausgabe zu hören, Sample-basierte Musik, da gibt es wieder Applaus.
Henner: Und ganz am Ende tanzt eine Ballerina rotoskopiert auf der Leinwand,
Henner: einigermaßen synchron zu einer echten auf der Bühne. Das ist wirklich eine tolle Show.
Henner: Aber der Höhepunkt dieser Vorstellung, das ist was ganz Besonderes.
Henner: Da treten nämlich zwei Stars auf, die mit Computern eigentlich nichts am Hut haben.
Gunnar: Sie haben keine Kosten und Mühen gescheut. Es kommt Andy Warhol,
Gunnar: der bekannteste, bedeutendste Pop-Art-Künstler der Welt.
Gunnar: Der nutzt eine frühe Version des Zeichenprogramms Graphicraft und macht da eine
Gunnar: Verfremdung eines digitalisierten Abbilds der Blondie-Sängerin Debbie Harry
Gunnar: und das macht er dann live.
Einspieler: Are you ready to paint me? Yeah. You found it to be very spontaneous,
Einspieler: haven't you? Yeah, it's great. It's such a great thing.
Einspieler: What more can you say? Well, this is kind of pretty. I think I'll keep it. Okay.
Einspieler: Oh, it's beautiful. What computers have you worked on before?
Einspieler: Oh, I've worked on anything. I've waited for this one. Really?
Gunnar: Und der Künstler ist richtig angetan von der Flächenfüllfunktion des Programms.
Gunnar: Das ist ja was, was wir heutzutage völlig selbstverständlich nehmen.
Gunnar: Aber damit kann er dann das Porträt von der Debbie Harry auf die gleiche Weise
Gunnar: oder auf ähnliche Weise bearbeiten wie sein berühmtestes Werk.
Gunnar: Das Diptychon von Merlin Monroe von 1962, das hat ja auch so große Farbflächen,
Gunnar: wo das Gesicht sozusagen so entstellt wird in der Farbe.
Gunnar: Er kommentiert das mit, das ist irgendwie großartig.
Gunnar: Ja, und das ist es auch für Commodore. Der Warhol hat bis dahin gar keine Erfahrung mit Computern.
Gunnar: Er lässt sich halt für den Amiga PR wirksam begeistern. Und der Marketing-Mitarbeiter
Gunnar: Jeff Bratt von Commodore, der hat die Aufgabe, ihm vor der Show den Umgang mit
Gunnar: dem Amiga kurz beizubringen.
Gunnar: Der hat das später erzählt und meinte, Warhol sei interessiert gewesen, aber vergesslich.
Gunnar: Wir sind genau durchgegangen, was die rechte und die linke Maustaste tut und
Gunnar: nach der Mittagspause hat er alles wieder vergessen.
Gunnar: Aber das ist nur kurzfristig, denn den Amiga selbst, den vergisst Warhol nicht
Gunnar: und er arbeitet bis zu seinem Tod im Jahre 1987 mit diesem Gerät.
Gunnar: Und 1986 befragt ihn die Zeitschrift Amiga World nach der Bedeutung des Amigas
Gunnar: für die Kunst, für die Künstler.
Gunnar: Und dann sagt er, ein Künstler kann damit wirklich alles machen.
Gunnar: Einen Film mit allem darin, Musik und Sound und Bilder, alles.
Gunnar: In der Vorführung beschließt Bob Pariseau die Sache mit, nun seid ihr an der
Gunnar: Reihe, was werdet ihr mit dem Amiga-Computer tun?
Gunnar: Und die erwartete Antwort offenbar von Commodore ist, nicht spielen.
Gunnar: Denn Spielen, und wir erinnern uns, der Amiga ist ja die Spielemaschine in unserer Wahrnehmung.
Gunnar: Spiele werden bei der Präsentation gar nicht erwähnt.
Henner: Ja, das ist erstaunlich, wenn man sich die Ursprünge nochmal vor Augen führt.
Henner: Das Ganze war ja ursprünglich mal geplant als ultimative Spielemaschine.
Henner: Erst als reine Konsole, dann als Heimcomputer, aber immer als Spielegerät.
Henner: Und in gewisser Weise ist es für Commodore ja jetzt auch der Nachfolger des
Henner: C64. Und der ist ja nun mal eine berühmte, sehr populäre Spieleplattform.
Henner: Also dass die hier überhaupt nicht auf Spiele eingehen, ist schon einigermaßen überraschend.
Henner: Nun, das Ganze ist spektakulärer Einstand, der auch sehr viel in der Presse gewürdigt wird.
Henner: Und diese Veranstaltung wiederholt sich dann nochmal beim Deutschlandstart am 21.
Henner: Mai 1986. Da gibt es eine weitere Commodore Amiga Präsentation in Frankfurt in der alten Oper.
Henner: Die wird moderiert nicht von einem Commodore Mitarbeiter, sondern von dem Showmaster Frank Elstner.
Henner: Das ist derjenige, der Wetten, dass erfunden hat. Hier hören wir mal kurz rein.
Einspieler: Ich muss das denjenigen sagen, die nur nicht gerade die großen Fachleute sind.
Einspieler: Was wir da oben sehen, ist nicht etwa ein vorbereiteter Film,
Einspieler: sondern das geschieht in diesem Moment hier und wird jetzt eingegeben.
Einspieler: Das ist live? Ja, ja. Sie sehen den Herr Schmetz. Ich möchte es nochmal betonen,
Einspieler: weil vielleicht glaubt es einer nicht.
Henner: Ja, das muss man damals noch erklären, weil man im Publikum das sonst möglicherweise
Henner: tatsächlich nicht glaubt, was man da sieht.
Henner: Dass da in Echtzeit mit Grafik hantiert wird, mit richtiger farbiger Grafik.
Henner: Das geht so weit hinaus über das, was man üblicherweise auf Bildschirmen typischer
Henner: DOS-Bürorechner sieht.
Henner: Da muss Elstner klarstellen, dass hier nicht getrickst wurde.
Henner: Ein bisschen komisch ist es, dass es in dieser deutschen Ausgabe der Show,
Henner: die ansonsten dem gleichen Drehbuch folgt, dass da kein Künstler eingeladen wurde.
Henner: Hätte man ja machen können, es gibt ja auch deutsche Künstler von Rang und Namen.
Henner: Man hätte da zum Beispiel Gerhard
Henner: Richter einladen können, der am Amiga dann Nina Hagen malt oder so.
Henner: Die hätte sich auch nicht beklagt, wenn sie farblich verfremdet worden wäre.
Henner: Ja, aber das passiert nicht.
Gunnar: Einen deutschen Künstler, wie Richter, kannst du dir die vorstellen auf so einer
Gunnar: Bühne? Mit einem Commodore?
Gunnar: Weiß ich nicht. Vielleicht haben sie das versucht und es gab gar keine in Deutschland,
Gunnar: die das gewollt hätten oder so.
Henner: Ja, vielleicht oder sie sind in letzter Minute abgesprungen.
Henner: Denn wen sie uns stattdessen präsentieren, der deutsche Warhol-Ersatz,
Henner: wirkt doch etwas bemüht, wenn nicht gar verzweifelt.
Henner: Frank Elstner, der kennt aus seinen
Henner: Tagen von Wetten, dass einen Gedächtniskünstler namens Erich Zenker.
Henner: Der ist einfach berühmt dafür, dass er besondere Gedächtnisleistungen vollbringen
Henner: kann. Und der tritt dann da auf.
Henner: Und die versuchen verzweifelt irgendwie das Ganze thematisch relevant zu machen,
Henner: indem sie sagen, das sei halt der menschliche Computer.
Henner: Das ist dann die Brücke zum Thema Amiga.
Henner: Und er darf dann da live im Publikum seine Fähigkeiten beweisen,
Henner: indem er sich innerhalb von zehn Minuten 30 Namen aus dem Publikum einprägt
Henner: und dann unter Beweis stellt, dass er sich die auch wirklich gemerkt hat.
Henner: Und das war's, dann darf er wieder gehen.
Henner: Der sitzt also nicht am Amiga und macht irgendwas damit oder tritt in den Wettstreit
Henner: oder so mit dem Computer.
Henner: Nö, das war's, das war der ganze Show-Act.
Henner: Bisschen enttäuschend, aber gut, was soll's.
Henner: Entscheidend ist ja auch, was da eigentlich an Produkten gezeigt wurde.
Henner: Der Amiga 1000 wurde dort gezeigt und auf den müssen wir jetzt mal näher eingehen.
Henner: Und falls ihr euch wundert, ja, der heißt damals schon Amiga 1000.
Henner: Das ist sehr oft zu lesen und zu hören, der habe einfach nur Amiga geheißen oder Commodore Amiga.
Henner: Und die Modellnummer Amiga 1000, die habe er erst später bekommen.
Henner: In der Abgrenzung zum Amiga 2000 und 500, als die dann 87 eingeführt werden.
Henner: Das stimmt aber nur so halb.
Henner: Ja, der Name Amiga 1000 wird später von Commodore erst richtig offen kommuniziert
Henner: und verwendet, als die anderen Modelle rauskommen.
Henner: Aber es gibt ihn jetzt schon. Die Modellnummer steht schon ganz klein auf der
Henner: Verpackung und auch auf einigen Typschildern.
Henner: Also der Amiga 1000 wird präsentiert. Willst du ihn mal näher vorstellen?
Gunnar: Der Amiga 1000 ist ein eleganter Quader in dem modernen hellen Grau-Beige,
Gunnar: 45 Zentimeter breit ungefähr,
Gunnar: 33 Zentimeter tief, fast 11 Zentimeter hoch und damit in jeder dieser Dimensionen
Gunnar: kompakter als der IBM PC,
Gunnar: wobei der IBM PC aber auch Steckkarten aufnehmen kann, das kann der Amiga noch nicht.
Gunnar: Beiden gemein ist die grundsätzliche Bauform, anders als beim Apple II,
Gunnar: ist die Tastatur nicht integriert im Gehäuse, sondern abgesetzt.
Gunnar: Und die lässt sich auch unter dem aufgebockten Gehäuse in der sogenannten Keyboard-Garage verstauen.
Gunnar: Also man kann das so ein bisschen hochstellen, das Hauptgehäuse,
Gunnar: dann kann das darunter verschwinden.
Gunnar: Ein Monitor ist anders als beim Macintosh auch nicht integriert.
Gunnar: Der lässt sich aber dazukaufen und dann auf den Rechner stellen.
Gunnar: Das Netzteil ist immerhin dabei und das ist fest eingebaut. An der Vorderseite,
Gunnar: da sitzt links das Amiga-Logo, später kommt noch ein Commodore-Logo dazu,
Gunnar: aber anfangs ist es das Amiga-Logo alleine und die rote Power-Leuchte.
Gunnar: In der Mitte, versteckt unter einer Blende, da ist ein Steckplatz für eine optionale
Gunnar: Speichererweiterung und vorn rechts sitzt das 3,5 Zoll Diskettenlaufwerk,
Gunnar: das beschreibt SD-Disketten mit 880 Kilobyte.
Gunnar: Es gibt an dieser Stelle keinen Platz für ein zweites Laufwerk wie bei IBM,
Gunnar: es lässt sich aber an der Rückseite 1 anschließen.
Gunnar: Apropos Rückseite, da sind folgende Anschlüsse. Es gibt einen Tastaturanschluss
Gunnar: logischerweise, es gibt einen Parallelport, da kann man ja einen Drucker anschließen,
Gunnar: den schon genannten Laufwerksanschluss, einen seriellen Port,
Gunnar: etwa für Modems, zwei Stereo-Audio-Ausgänge im Kinch-Format.
Gunnar: Einen RGB-Monitor-Ausgang, einen Anschluss für einen optionalen TV-Modulator,
Gunnar: falls man das Ding an einen Fernseher anschließen will und einen Composite-Video-Ausgang,
Gunnar: falls man das Ding an einen besseren Fernseher anschließen will.
Gunnar: An der rechten Seite, versteckt unter einer Klappe, da ist der Bus-Port,
Gunnar: der System-Bus-Connector für Hardware-Erweiterungen, etwa für den SCSI-Controller
Gunnar: oder Speichererweiterungen von Drittherstellern.
Gunnar: Und ab 86, aber noch nicht zum Start, da lässt sich dann da das Sidecar andocken.
Gunnar: Das ist ein vollständiger 8088-PC inklusive 5,25 Zoll-Laufwerk.
Gunnar: Das ist dann das, was den Amiga MS-DOS kompatibel machen soll.
Gunnar: Auch die weiteren Eingabegeräte sind dann an der rechten Seite.
Henner: Ja, mit dieser Anschlussvielfalt hat er sich ja schon ziemlich weit verabschiedet
Henner: von seinen Konsolenursprüngen, der Amiga.
Henner: Das ist jetzt schon gehobenes PC-Niveau. Insbesondere, dass man hier nicht nur
Henner: Fernseher anschließen kann, sondern auch einen richtigen Monitor,
Henner: dass es Stereo-Audio-Ausgänge gibt.
Henner: Das ist alles nicht selbstverständlich damals. Und das setzt sich fort,
Henner: denn anders als eine Konsole wird dieses Gerät natürlich nicht über einen Joystick
Henner: gesteuert, wie das ursprünglich mal gedacht war, sondern über eine Tastatur und eine Maus.
Henner: Die Tastatur, die ist nicht weiter spektakulär, die ähnelt der klassischen PC-Tastatur schon sehr.
Henner: Es gibt die Zahlenreihe oben, es gibt F-Tasten oben drüber und rechts gibt es
Henner: einen Nummerntastenblock und einen Pfeiltastenblock.
Henner: Und die Maus, die gerne als Tank-Maus bezeichnet wird, weil sie so ein bisschen
Henner: panzerförmig aussieht, ist auch nichts Besonderes.
Henner: Es ist eher Branchenstandard, da ist natürlich Kugeltechnik drin,
Henner: ist also keine optische Maus. Und sie hat zwei Tasten.
Henner: Das erscheint uns rückblickend ein bisschen wenig, aber das ist immerhin doppelt
Henner: so viel wie das, was man bei Macintosh bekommt.
Henner: Da hat sich ja Steve Jobs durchgesetzt mit seinem Wunsch, der Macintosh möge
Henner: nur eine einzelne Taste bekommen, um die Bedienung zu vereinfachen.
Henner: Aber alle anderen in der Branche setzen da einen drauf und gehen auf zwei bis drei Tasten.
Henner: Ich habe dazu auch Ron Nicholson gefragt, der ja Mitglied des Entwicklerteams
Henner: war und vorher bei Apple gearbeitet hat.
Henner: Im Macintosh-Team, der sagte mir, ja, die ursprüngliche Amiga-Zielgruppe waren ja nun mal Gamer.
Henner: Und die waren es sowieso gewohnt, sich Steuerschemata mit viel mehr als einer Taste zu merken.
Henner: Also denen konnte man das schon zutrauen, mit mehr als einer Taste zu arbeiten.
Henner: Und so war das gar keine Frage.
Henner: Und auch RJ Michael, das ist der Herr, der das GUI, also die Benutzeroberfläche
Henner: erfunden hat für den Amiga, den habe ich auch dazu befragt.
Henner: Und der hat ebenfalls gesagt, das sei von Anfang an klar gewesen,
Henner: dass man zwei Tasten einsetzen würde und nicht nur eine wie beim Macintosh.
Henner: Von Anfang an war sein Konzept darauf ausgelegt.
Henner: Er hat sogar ein Patent für eine Eingabetechnik, die mit der zweiten Maustaste
Henner: zusammenhängt. Die Maus, die sitzt, wie du es schon gesagt hast,
Henner: an der rechten Gehäuse Seite. Da sind nämlich zwei Controller-Ports.
Henner: Die haben dieses 9-Pin-Format, das man vom Atari kennt, aber auch vom C64.
Henner: Und da kann man nicht nur die Maus anschließen, sondern auch einen Joystick
Henner: oder alternativ zwei Joysticks oder andere Eingabegeräte.
Henner: Übrigens auch das Joyboard, also dieses Eingabegerät zum Draufstellen,
Henner: was Amiga entwickelt hat für das Atari VCS, das ist auch damit kompatibel.
Henner: Ich weiß nicht, ob es irgendein Spiel gibt, das man damit spielen kann,
Henner: aber RJ Michael hat mir bestätigt, doch das ist durchaus kompatibel.
Henner: Die Power Sticks, das sind ja diese Amiga eigenen Joysticks,
Henner: die sie vorher verkauft haben, um ein bisschen Geld einzusammeln für ihr Computerprojekt,
Henner: die liegen hier nicht bei.
Henner: Aber man kann diverse gängige Drittherstellermodelle anschließen,
Henner: die man vom C64 oder vom Atari 400 kennt, Competition Pro oder Quickshot.
Henner: Diese Joystick-Ports, die haben zwar das gleiche 9-Pin-Format wie die,
Henner: die ich genannt habe, aber die haben hier am Amiga noch eine Besonderheit,
Henner: die sehr wenig bekannt ist.
Henner: Die unterstützen nämlich mehr als eine Feuertaste.
Henner: Und das dürfte jetzt viele überraschen da draußen, weil die allermeisten Spiele
Henner: nur eine Taste nutzen. Genau wie auf dem C64 oder auf dem Atari ST.
Henner: Die allermeisten Joysticks, die es so auf dem Markt gibt, die unterstützen auch nur eine Taste.
Henner: Selbst wenn da zwei drauf sind, sind die elektrisch identisch.
Henner: Also es sind keine zwei unterschiedlichen Signale, aber es gibt einzelne Joystick-Modelle,
Henner: bei denen das zwei verschiedene Tasten sind.
Henner: Oder man kann sie auch ein bisschen umbauen, damit sie zwei verschiedene Signale ausgeben.
Henner: Und dann lassen sich einige Spiele auf diese Weise steuern.
Henner: Theoretisch sind sogar drei separat nutzbare Tasten möglich am Amiga,
Henner: aber in der Praxis nutzen fast alle Spiele eben nur eine und wenige unterstützen zwei.
Henner: Ein Beispiel dafür ist Lionheart.
Henner: Da wird Taste 2 dann zum Springen benutzt oder Desert Strike,
Henner: da kann man mit der zweiten Taste die Waffe wechseln.
Henner: Und das ist ja eine riesen Verbesserung gegenüber diesem Eintasten-Modell.
Henner: Ich habe ja jahrelang am Atari ST gespielt und das hat mich schon gestört im
Henner: einen oder anderen Spiel, zum Beispiel bei Kick-Off oder so oder Fußball-Simulation,
Henner: dass man alles mit einer Taste machen musste.
Henner: Oder bei IK Plus, dieses Karate-Spiel, da hat man ja als Kämpfer durchaus ein
Henner: komplexes Bewegungsrepertoire, kann sehr viele verschiedene Kampfmanöver ausführen
Henner: und alles muss irgendwie mit einer Taste möglich sein.
Henner: Ist schon erstaunlich, spricht für die Spieleentwickler damals,
Henner: dass sie das hingekriegt haben, dass das überhaupt funktioniert hat.
Henner: Aber eine zweite Taste wäre schon cool gewesen.
Henner: Und das hat auch ein Spieleentwickler mir bestätigt, nämlich ich konnte Andrew Braybrook befragen.
Henner: Der hat einige Amiga-Spiele entwickelt, Unter anderem Paradroid 90 und Uridium 2.
Henner: Ich habe ihn gefragt, ja warum unterstützen denn so wenig Amiga-Spiele zwei Tasten?
Henner: Und er war völlig überrascht und sagte, ich wusste bis eben nicht,
Henner: dass der Amiga zwei Tasten unterstützt.
Henner: Er sagte, Zitat, zwei Tasten wären fantastisch gewesen. Genau wie bei den vielen
Henner: Arcade-Maschinen. Das hätte das Leben so viel leichter gemacht.
Henner: Ja, 30 Jahre später hat er es dann auch erfahren.
Henner: Aber es ist schon seltsam, dass nur so wenige Spiele davon Gebrauch machen.
Gunnar: Was für ein Erkenntnismoment.
Henner: Ja.
Gunnar: Kommen wir kurz zu den inneren Werten. Der Hauptprozessor ist ein Motorola 68000,
Gunnar: der läuft mit rund 7 MHz, arbeitet intern mit 32-Bit-Registern,
Gunnar: extern aber nur mit einem 16-Bit-breiten Datenbus für den Zugriff auf den Arbeitsspeicher
Gunnar: und die restliche Hardware.
Gunnar: Deswegen ist es kein reines 32-Bit-Gerät, sondern gilt als 32-16-Bit-Hybrid.
Gunnar: Ein aktueller IBM-PC zu dieser Zeit, der AT-Baureihe, der arbeitet vollständig
Gunnar: auf 16-Bit-Basis, intern wie extern.
Henner: Commodore spricht auch selbst in den eigenen Marketing-Unterlagen immer nur von 16-Bit.
Henner: Also da sprechen sie selbst nicht mal von 32-Bit, wie man es vom Marketing eigentlich
Henner: eher erwarten würde, dass sie da ein bisschen übertreiben.
Henner: Aber nee, es ist offiziell ein 16-Bit-Gerät.
Gunnar: Das ist erstaunlich, dass sie das nicht versucht haben. Nintendo ist doch auch
Gunnar: mit dem N64 durchgekommen.
Henner: Ja, oder Atari mit der Jaguar-Konsole, Jaguar 64.
Gunnar: Ja, genau. Für diese Adressierung des Arbeitsspeichers, also nicht für die Datenübertragung,
Gunnar: dafür steht dem Motorola aber wie beim 286er des IBM ein 24-Bit breiter Bus zur Verfügung.
Gunnar: Und damit kann er dann bis zu 16 Megabyte Arbeitsspeicher adressieren.
Gunnar: So viel kriegt er natürlich nicht. Das gönnt ihm Commodore nicht.
Gunnar: Lorraine und die Vorserienmodelle auf der Basis des Velvet-Prototyps.
Gunnar: Die hatten noch 128 KB.
Gunnar: Der Amiga wird jetzt mit 256 KB.
Gunnar: An der Gehäusefront gibt es ja diese erwähnte Klappe, das haben wir schon erzählt.
Gunnar: Da kann man eine Erweiterung einsetzen mit zusätzlichen 256 KB,
Gunnar: dann kommt er einmal hin auf 512.
Gunnar: Der Speicher wird nicht nur von der CPU genutzt, sondern auch vom Chipsatz.
Gunnar: Es gibt Fast-RAM-Erweiterungen, die arbeiten dann schneller,
Gunnar: die dann aber ausschließlich dem Prozessor zur Verfügung stehen.
Gunnar: Und das wird möglich durch eine DMA-Architektur, durch Direct Memory Access.
Gunnar: Viele Computer zu dieser Zeit setzen auf eine CPU-zentrierte Architektur.
Gunnar: Da steuert der Hauptprozessor alles, auch die einzelnen Datenströme zwischen den Chips.
Gunnar: Und im Amiga-Chip-Satz übernimmt der DMA-Controller halt viele dieser Aufgaben,
Gunnar: um die CPU zu entlasten. Das Prinzip ist jetzt nicht neu, das hat er nicht erfunden.
Gunnar: Auch ein IBM-PC nutzt DMA, aber nicht so konsequent.
Gunnar: Für Diskettenzugriffe etwa nutzen sie DMA, aber Bilddaten, da muss die CPU persönlich
Gunnar: rübergehen und die in den Videospiecher kratzen.
Gunnar: Das geht nicht anders. Im Atari 400-800, da nutzt schon der Grafikchip DMA und
Gunnar: mit dem Amiga geht das Team um DeCure und Miner noch einen Schritt weiter.
Gunnar: Der Joe DeCure, mit dem du gesprochen hast, der hat dir auch dann gesagt,
Gunnar: es gebe große Parallelen zwischen den Architekturen des Atari Computers und des Amigas.
Gunnar: Und neben der Aufteilung vieler Funktionen auf spezialisierte Schaltkreise,
Gunnar: also durch den Chipsatz, sei das vor allen Dingen die starke Nutzung von DMA
Gunnar: für Funktionen mit hoher Bandbreite. Und das betrifft vor allem die Grafik.
Gunnar: Und dieser Chipsatz, dieses Setup an Chips, das ist auch der Star des Amiga.
Gunnar: Er besteht aus den drei Chips mit den berühmten Namen Agnes, Denise und Paula.
Gunnar: Die sitzen auf der Platine direkt nebeneinander und es sind vollprogrammierbare
Gunnar: Mikrochips und deswegen wird der Amiga oft auch als Multiprozessor-System bezeichnet.
Henner: Was das Commodore Marketing auch nicht macht. Also hier hätten sie durchaus
Henner: noch mehr rausholen können aus ihrer Werbung.
Henner: Dann sprechen wir doch mal über diese Chips und was sie überhaupt können und
Henner: was sie tun, warum sie so wichtig sind.
Henner: Die sind wirklich das Alleinstellungsmerkmal, denn diese CPU,
Henner: die du erwähnt hast, dieser Motorola Prozessor, den nutzen ja auch andere,
Henner: der steckt zum Beispiel im Macintosh oder auch im Atari ST.
Henner: Aber was den Amiga so einzigartig macht, das ist dieser Chipsatz.
Henner: Und der wichtigste von den dreien ist der Agnus-Chip. Der heißt offiziell MOS Technology 8361.
Henner: MOS Technology, das ist ja Commodores eigene Chip-Tochter.
Henner: Und dort wird er natürlich gefertigt. Das ist ja auch ein Vorteil für Commodore,
Henner: dass sie ihre eigenen Chips bauen können.
Henner: Die CPU zwar nicht, anders als beim C64 noch, aber zumindest den Chipsatz.
Henner: Und Agnus ist das Kontrollzentrum, wenn man so will, denn der verwaltet die
Henner: DMA-Kanäle. Das heißt, der kümmert sich alleine um die Speicherzugriffe,
Henner: stellvertretend für den ganzen Chipsatz.
Henner: Aber der enthält auch selbst zwei mächtige Recheneinheiten, nämlich Copper und Blitter.
Henner: Darauf müssen wir noch mal näher eingehen. Sprechen wir erstmal kurz über Copper.
Henner: Copper steht für Coprocessor.
Henner: Und ja, das ist in gewisser Weise die Fortführung dieses Racing-the-Beam-Gedankens aus dem Atari VCS.
Henner: Erinnern wir uns kurz dran, was das bedeutet. Das VCS zeichnet natürlich,
Henner: wie alle Geräte damals, das Bild von oben nach unten, Zeile für Zeile auf den Fernseher.
Henner: Und für jede einzelne Zeile, die das VCS so malt, kann es neue Befehle mitgeben
Henner: und so den Bildaufbau dynamisch anpassen.
Henner: Also während das Bild gezeichnet wird, kann sich der Spielablauf verändern und
Henner: damit auch der Bildaufbau.
Henner: Kann also zum Beispiel, während das Bild aufgebaut wird, für eine neue Zeile
Henner: plötzlich die Hintergrundfarbe geändert werden oder ein Sprite an eine andere
Henner: Position verschoben werden.
Henner: Die zweite Generation dieser Miner-de-Cure-Maschinen, also der Atari 8-Bit-Computer,
Henner: geht noch einen Schritt weiter,
Henner: denn dessen Grafikchip, der Antic, der kann ja ebenfalls über eine Displaylist
Henner: genannte Funktion bei der Bildkomposition eigenständig, also CPU-unabhängig,
Henner: Zeile für Zeile den Grafikmodus dynamisch anpassen.
Henner: Also zum Beispiel während des Bildaufbaus die Farbpalette wechseln oder Sprites umsortieren.
Henner: Das fußt also wieder auf dem Racing-the-Beam-Paradigma des VCS, nur weiterentwickelt.
Henner: Und Agnos geht nun noch einen Schritt weiter.
Henner: Dicure hat mir dazu gesagt, Zitat, der Agnos-Chip kann durchaus führen,
Henner: seine eigenen Befehle Hardware-Register nicht nur zwischen den Scanzeilen,
Henner: sondern auch innerhalb einer einzigen Scanzeile ändern.
Henner: Also er ist noch flexibler als der Antic-Chip oder das VCS.
Henner: Copper kann dabei auch direkt auf die anderen Chips zugreifen und ihnen Daten
Henner: schicken, ohne dass die CPU da eingreifen müsste. Der kann zum Beispiel Denise
Henner: dem Bildprozessor Daten schicken, um ihn an einer bestimmten Position auf dem
Henner: Bildschirm die Farbpalette ändern zu lassen.
Henner: Die Idee, sagte Cure zu mir, sei es den Spiele-Designern enorme Flexibilität
Henner: zu geben. Und das ist ja auch gelungen.
Henner: Wie beim VCS, wo das noch aus der Not geboren war und genau wie beim Atari 800, wo es schon geplant war.
Henner: Und deshalb, jetzt kann ich es aufklären nach vielen Stunden,
Henner: deshalb sagte ich gleich zu Beginn des allerersten Teils dieser Folge,
Henner: eigentlich sei das jedoch eher Folge 3 unserer Atari-Reihe und nicht so sehr
Henner: Teil 3 unserer Commodore-Reihe.
Henner: Denn der Amiga folgt in technischer Hinsicht nicht so sehr den früheren Commodore-Maschinen
Henner: wie dem VC20 oder dem C64, sondern
Henner: er steht ganz klar in der Tradition von Atari VCS und Atari 400-800.
Henner: Man kann natürlich auch argumentieren, alle drei Geräte, egal ob VCS oder Amiga,
Henner: seien eigentlich weniger Atari- oder Commodore-Produkte, sondern vielmehr seien
Henner: sie eigentlich Miner-The-Cure-Produkte.
Henner: Diese Flexibilität zeigt sich auch in der zweiten wesentlichen Funktionseinheit,
Henner: die in Agnus steckt, neben dem Copper, das ist der Blitter.
Henner: Blit steht für Block Image Transfer und der Blitter dient der schnellen CPU-unabhängigen
Henner: Manipulation von Grafiken direkt im Speicher. Der Cure nennt den Blitter auch die erste GPU.
Henner: Das ist ja das Kürze, was wir heute für Grafikchips verwenden.
Henner: Graphics Processing Unit.
Henner: Der Blätter, der kann beliebig geformte Teile einer Bitmap-Ebene,
Henner: also einer Bitplane eines großen Bildes manipulieren, verschieben.
Henner: Ausstanzen und kopieren und der ist dabei wesentlich flexibler als die Sprite-Engine.
Henner: Eine Sprite-Engine hat der Amiga auch, aber die ist stark begrenzt beim Amiga
Henner: auf acht Sprites, die jeweils 16x16 Pixel groß sein können.
Henner: Und für komplexe Szenen und Animationen reicht das nicht.
Henner: Und deswegen wird beim Amiga viel häufiger für komplexe Animationen und Szenen
Henner: der Blitter eingesetzt, der wesentlich flexibler ist.
Henner: Außerdem kann der Blitter auch noch Linien zeichnen, er kann Polygone zeichnen
Henner: und das ist ja auch der Grund dafür, dass er überhaupt drin ist,
Henner: denn ursprünglich wollte Jay Miner, wir erinnern uns ja, mit dem Amiga-Chip-Satz
Henner: 3D-Flugsimulationen möglich machen.
Henner: Die basieren natürlich auf Polygon-Grafik und genau die sollte der Blitter zeichnen können.
Henner: Das hat sich nicht so ganz ergeben. Der Blitter ist dann doch nicht schnell
Henner: genug für 3D-Polygon-Grafik, aber er ist drin und das kommt jetzt auch den 2D-Spielen zugute.
Gunnar: Das ist ein erstaunlicher Umweg der Geschichte, dass das hier schneller geworden
Gunnar: ist, weil er 3D machen sollte und ist dann dafür aber eine fantastische 2D-Maschine geworden.
Gunnar: Kommen wir zum nächsten Chip. Das ist die Denise, der Grafikchip,
Gunnar: alias MOS Technology 8362, zuständig für die eigentliche Bildausgabe.
Gunnar: Der enthält etwa die Sprite-Logik und die Farbregister und hat dafür eine Palette von 4096 Farbtönen.
Henner: Wow.
Gunnar: Wahnsinn. Es gibt mehrere Grafikmodi, je nach Auflösung mit unterschiedlicher Farbtiefe.
Gunnar: Der High-Res-Modus etwa hat 640x256 Pixel in der europäischen PAL-Version,
Gunnar: beim NTSC ist ein bisschen weniger, bei 16 Farben.
Gunnar: Spiele nutzen den selten, die bevorzugen den Low-Res-Modus mit halbierter horizontaler
Gunnar: Auflösung, also 320x256, weil man da dann doppelt so viele Farben hat, 32 nämlich.
Gunnar: Und einige Spiele verwenden noch eine alternative Low-Res-Variante,
Gunnar: den EHB-Modus Extra Half-Bright.
Gunnar: Der verdoppelt die Farbauswahl auf 64, indem er die Helligkeit der 32 Farben
Gunnar: auf Wunsch halbiert. Das ist noch nicht alles.
Gunnar: Nach einigen Jahren erscheinen Spiele für den Amiga, die seine technischen Grenzen dann erweitern.
Gunnar: Etwa Shadow of the Beast, das stellt bis zu 128 Farben gleichzeitig dar.
Gunnar: Lionheart aus Deutschland sogar 184. Die beiden setzen dabei vor allem auf dynamische
Gunnar: Änderungen der Farbpalette während des Bildaufbaus.
Gunnar: Das hat gar keine geheimen Programmiertricks erfordert, das wurde ganz normal
Gunnar: über diesen Copper realisiert.
Gunnar: Und dieses ganz normal, das sage nicht ich, sondern es hat dir Erik Simon gesagt,
Gunnar: der damals bei Talion arbeitete, an dem Spiel Lionheart.
Gunnar: Der sagt, das sei einfach ganz normal gewesen, ganz einfach und hardwarekonform.
Gunnar: Und er wundert sich selbst darüber, dass die Technik nur selten in diesem Umfang
Gunnar: genutzt worden ist. Und auch der Andrew Braybrook, mit dem du gesprochen hast,
Gunnar: lobt sie speziell, denn das Clevere am Amiga seien all die Dinge,
Gunnar: die man mit Copperlisten anstellen kann.
Gunnar: Zum Vergleich, ein IBM-PC mit EGA-Grafik, 1984 eingeführt, zeigt üblicherweise
Gunnar: von den 64 verfügbaren Farben nur 16.
Gunnar: Der ST hat 512 Farben, kann aber natürlich auch aus denen nur 16 zeigen.
Gunnar: Und der Macintosh, der geht gar nicht ins Rennen, der kann ja nur schwarz und weiß.
Gunnar: Die Denise hat noch ein Ass im Ärmel, den HEM-Modus, Hold and Modify, H-A-M.
Gunnar: Der erlaubt die gleichzeitige Darstellung aller 4096 Farben.
Gunnar: So, wie geht das denn jetzt? Wie passt denn das in den Speicher?
Gunnar: Nun, das Bild wird Pixel für Pixel aufgebaut, Zeile für Zeile,
Gunnar: von oben nach unten und von links nach rechts. Und das macht sich der HEM-Modus zunutze.
Gunnar: Dabei speichert nämlich die Denise nicht die vollständigen Farbwerte eines jeden
Gunnar: neuen Pixels im Rahmen, sondern konstruiert sie auf der Basis des zuletzt gezeichneten.
Gunnar: Also die Farbkomponenten des letzten Bildpunktes, Rot, Grün,
Gunnar: Blau, das sind ja drei Zahlen sozusagen, die werden entweder übernommen,
Gunnar: Hold, dann braucht man dafür nur eine Zahl oder Verändert, Modify.
Gunnar: Und dann muss man natürlich wissen, wie weit sich das verändert.
Gunnar: Es ist eine differenzbasierte Farbkomprimierung, weil wirklich in jedem neuen
Gunnar: Pixel nur der Unterschied zum letzten Pixel gespeichert werden muss,
Gunnar: keine vollständigen Farbwerte.
Gunnar: Und ein 12-Bit-Farbbild braucht deshalb nur 6 Bit pro Pixel.
Gunnar: Die Kompression ist natürlich verlustbehaftet, weil sich für die neue Pixel
Gunnar: nicht jeder beliebige Farbwert wählen lässt.
Gunnar: Das erzeugt dann kleine Kompressionsartefakte und der Modus erlaubt keinen wahlfreien
Gunnar: Zugriff auf alle Bildbereiche.
Gunnar: Für schnelle Animationen ist er daher nicht geeignet, deswegen kommt er nicht
Gunnar: oft in Spielen vor, eigentlich fast nie, aber das sieht natürlich ziemlich beeindruckend aus.
Gunnar: Eigentlich ist das auch eine dieser Funktionen von Miner, die er gemacht hat
Gunnar: in der Hoffnung, dass Flugsimulationen damit besser werden, weil dann die Polygone
Gunnar: vielfarbig werden können, aber mit dem fertigen Chipsatz stellt sich raus,
Gunnar: dass Denise dafür zu langsam ist.
Gunnar: Und dann wollte der Miner diesen Modus wieder entfernen.
Gunnar: Das hat ja nicht geklappt. Das ist ja nicht schnell genug, um Flugsimulationen
Gunnar: damit zu machen oder Polygone einzufärben.
Gunnar: Und dann hat man ihm das aber verboten, denn eine Änderung am Chip-Design ist
Gunnar: ja zu teuer jetzt in dieser späten Phase der Entwicklung.
Gunnar: Und dann bleibt er jetzt da drin und wird so eine Art Alleinstellungsmerkmal
Gunnar: der Plattform, denn er eignet sich zwar nicht für schnelle Spiele,
Gunnar: wohl aber für digitale Grafik und Digitalisierung von Fotos.
Henner: Genau, hochauflösende Bilder mit fotorealistischen Farben.
Henner: Naja, das ist noch keine True-Color-Grafik, aber in der Welt der 8-Bit-Grafik
Henner: mit 4 bis 6 Farben sind 4096 Farbtöne doch eine neue Dimension.
Henner: Und diese Fähigkeit mit diesem Ham-Modus digitalisierte Fotos darzustellen,
Henner: das mag für uns heute natürlich seit ein paar Jahrzehnten selbstverständlich
Henner: sein, dass ein Bildschirm das kann.
Henner: Aber in den 80ern war das nicht selbstverständlich und deshalb ist auch diese
Henner: Warhol-Show in New York so beeindruckend.
Henner: Nicht, weil er da rummalt, sondern weil es da überhaupt ein digitales Foto von
Henner: Debbie Harry auf dem Monitor zu sehen gibt.
Henner: Das war auch für mich damals, nicht diese Show, aber etwas ähnliches,
Henner: eine Art Erweckungsmoment, als ich zum ersten Mal Zeuge solch einer Technologie wurde.
Henner: Daran erinnere ich mich nämlich genau, das war so rund um das Jahr 1988 und
Henner: da war ich mit meinem Vater in Kiel in einem PC-Geschäft und er hat sich da
Henner: beraten lassen und ich habe mir die ausgestellten Rechner angesehen.
Henner: Und auf einem dieser Rechner, vielleicht war das ein Amiga, vielleicht war es
Henner: aber auch ein 486er PC mit VGA-Grafik, spielt keine Rolle.
Henner: Jedenfalls lief da ein Programm zu Demonstrationszwecken. Das war vielleicht
Henner: eine Adressenverwaltung oder sowas.
Henner: An sich ziemlich langweilig, aber da war neben diversen langweiligen Personendaten
Henner: ein kleines Bild zu sehen, das Porträt einer Frau. Es war nicht Debbie Harry,
Henner: irgendeine Frau, Andrea Mustermann oder so.
Henner: Jedenfalls ein digitales Foto. Und ich weiß noch, dass ich minutenlang dieses Foto angestarrt habe.
Henner: Weil das nicht zu meiner Vorstellung dessen passte, was ein Computer kann.
Henner: Weil ich kannte den C64, ich kannte auch ein NES und Computerbilder waren für mich Zeichnungen.
Henner: Das waren immer flächige, abstrakte, grobe 2D-Bildchen, grobe Formen,
Henner: monochrom oder vielleicht mit einer Handvoll Farben.
Henner: Aber das waren doch keine realen Bilder wie im Fernsehen, keine Fotos.
Henner: Das waren in meinem Kopf bis dahin völlig getrennte Welten. Comic-Figuren tauchen
Henner: ja auch nicht in unserer Realität auf und reale Menschen haben nichts auf dem
Henner: Computerbildschirm zu suchen. Das geht einfach nicht.
Henner: Und jetzt brach diese Grenze auf einmal auf und mir wurde klar,
Henner: Computer können viel mehr.
Henner: Die verschmelzen Realwelt und Datenwelt.
Henner: Also das waren vermutlich nicht meine wörtlichen Gedanken damals als Achtjähriger.
Henner: Aber ich erinnere mich noch ganz genau daran, dass das ein profunder Moment
Henner: der Erkenntnis war, der mein Verständnis von Computern völlig verändert hat.
Henner: Ja und diese Übertragung von Realwelt in die Datenwelt, die gibt es auch an
Henner: anderer Stelle, nämlich beim Soundchip und dann sprechen wir doch mal kurz über Paula.
Henner: Paula heißt offiziell auch wieder anders, das ist der MOS Technology 8364,
Henner: der ist zuständig für ein paar weniger interessante sekundäre Funktionen,
Henner: Ansteuerung des Diskettenlaufwerks, aber vor allem für den Sound.
Henner: Der Amiga hat ja vier unabhängige Mono-Audio-Kanäle,
Henner: von denen sich dann jeweils zwei zusammenschließen lassen, also zwei pro Stereo-Kanal
Henner: und anders als ein Atari 400, 800 oder ein C64 generiert der die Töne aber nicht,
Henner: der beherrscht keine Klangsynthese,
Henner: wie es damals üblich ist.
Henner: Er enthält also keinen Synthesizer im engeren Sinne, sowas wie den SID im C64.
Henner: Wie er seine Töne erzeugt, dazu kommen wir gleich.
Henner: Vorher nochmal, was er auch nicht tut. Es gibt ja noch eine fortschrittlichere
Henner: Methode der Klang-Synthese, die FM-Synthese, die Frequenzmodulation.
Henner: Mehr dazu in unserer Soundkarten-Folge. Wie sie die Adlib-Karten auf dem PC
Henner: ab 1987 unterstützen, das macht er auch nicht.
Henner: Ich habe Ron Nicholson dazu gefragt, warum eigentlich nicht und er sagte mir,
Henner: nun die Lizenzgebühren.
Henner: Die die Universität Stanford als Erfinderin dieser Technik verlangt hat,
Henner: denn diese Technik hat sie sich patentieren lassen, die seien sehr hoch gewesen,
Henner: deswegen beherrscht der Amiga keine AFM-Synthese.
Henner: Und es gibt noch einen zweiten Grund.
Henner: Der anfängliche Amiga-Präsident Dave Morse, der hat ja die Vorgabe gemacht,
Henner: dass der Amiga interaktive Cartoons abspielen können soll.
Henner: Und dafür ist es schon hilfreich, wenn man etwas anderes kann auf der Tonebene,
Henner: nämlich Samples abspielen, digitalisierte Klänge und Sprache.
Henner: Und genau das macht Paula.
Henner: Also alle Töne, die Paula ausgibt, werden als 8-Bit-Samples im Speicher abgelegt,
Henner: wo sie dann von Agnus per DMA ausgelesen werden und von Paula dann abgespielt.
Henner: Also der Amiga erzeugt keine eigenen Klänge, er spielt immer fertige Samples ab.
Henner: Die kann er natürlich verfremden und miteinander modulieren,
Henner: ein bisschen verändern, aber das Ausgangsmaterial ist immer ein Sample.
Henner: Das können digitalisierte Aufnahmen sein, also wie das Hüpfgeräusch der Boeing-Demo zum Beispiel.
Henner: Das ist ja ein digitalisiertes Geräusch. Es können aber auch Geräusche sein,
Henner: die vorher an einem Computer, egal ob am Amiga oder anderswo,
Henner: Computer generiert wurden, also künstliche Wellenformen, die dann in variabler
Henner: Geschwindigkeit und Tonhöhe abgespielt werden.
Henner: Und damit klingt es so ähnlich wie die Klangsynthese auf dem C64 und anderswo,
Henner: ist aber trotzdem eine andere technische Basis, weil diese Töne eben vorher digitalisiert wurden.
Henner: Und ganz oft ist zu lesen, um damit mal aufzuräumen, der Amiga nutze Wavetables,
Henner: also Bibliotheken aus vorgefertigten Wellenformen, auf einem ROM-Chip zum Beispiel,
Henner: wie es spätere Soundblaster-Soundkarten machen.
Henner: Aber das ist nicht der Fall. Also der Amiga hat keinen eigenen Wavetable-Speicher.
Henner: Jeder Ton, jede Wellenform muss von der Software bereitgestellt werden als so ein PCM-Sample.
Henner: Das klingt ziemlich unflexibel, das ist ja ein hoher Aufwand dann für die Programmierer
Henner: von Spielen zum Beispiel, dass sie jeden einzelnen Ton erstmal digitalisieren
Henner: müssen, aber das eröffnet dem Amiga auch ganz neue Klangwelten,
Henner: die man damals von Computern und Konsolen noch nicht kennt.
Henner: Ganz real klingende Instrumente, die nun mal auch real sind in vielen Fällen,
Henner: also aufgezeichnet wurden vorher oder andere Echtweltgeräusche und Sprachsamples
Henner: und das gab es in diesem Umfang zumindest vorher auf keinem Heimcomputer und
Henner: keiner Konsole zu hören.
Henner: Es gibt ja ab und zu mal Sprachsamples, stay a while, stay forever habt ihr
Henner: vielleicht schon mal gehört vom C64 und einige andere, aber in diesem Umfang
Henner: wie jetzt auf dem Amiga, das kennt man noch nicht.
Henner: Die Cure sagt mir dazu, auch der Amiga habe damals den fortschrittlichsten Klang
Henner: von allen Heimcomputern und Plattformen gehabt.
Henner: Ja, das stimmt auch. Natari 400-800, der hat zwar auch vier Stimmen,
Henner: aber der beherrscht eben nur die begrenzte Synthese und der IBM PC,
Henner: der ist überhaupt kein Vergleich.
Henner: Der ist ja noch auf seinen einstimmigen PC-Speaker angewiesen.
Henner: Hören wir uns mal einen etwas unfairen Vergleich an, wie Musik in einem PC-Spiel
Henner: klingt. Vielleicht erkennt ihr es.
Henner: Also erzeugt durch den PC-Speaker. Das klingt so.
Henner: Und jetzt zum Vergleich Amiga-Musik aus dem Spiel Lotus.
Henner: Und hier hören wir digitalisierte Schlagzeugklänge und E-Gitarrenklänge.
Henner: Ja, das ist eine andere Qualität. Und mit diesen Fähigkeiten etabliert sich
Henner: der Amiga auch recht schnell bei Musikschaffenden.
Henner: Der bringt nämlich eine neue Software-Gattung hervor, den Tracker.
Henner: Das ist eine spezielle Art von Mehrspur-Sequencer-Software, also ein Programm,
Henner: mit dem sich Musik aus einzelnen, wiederholten und variierten Samples zusammenbauen lässt.
Henner: Das wird sehr schnell sehr populär auf dem Amiga und das hat seinen Ursprung
Henner: eben auf dieser Plattform, genau wie das populärste zugehörige Dateiformat Mod.
Henner: Die Musik arbeitet also hörbar mit Samples und sowas ist auf allen anderen Systemen
Henner: halt nur mit Programmiertricks und hohem CPU-Rechenaufwand möglich.
Henner: Das sorgt aber nicht nur für sehr eindrucksvolle Musik, sondern das hilft auch
Henner: bei der Untermalung von Spielen mit Soundeffekten und Sprachsamples.
Henner: Und jetzt müssen wir uns auch mal ein Beispiel anhören aus dem fantastischen Speedball 2.
Henner: Das ist ja diese futuristische Handballvariante mit Stahlkugeln.
Henner: Und was wir jetzt gleich hören, das ist eine Spielszene, ein kurzes Gerangel
Henner: auf dem Spielfeld, gefolgt von einem Tor, dann gibt es eine Szenenwiederholung
Henner: und dann Jubel aus dem Publikum.
Henner: Und zuerst, zum Vergleich, hören wir mal, wie das früher für mich klang,
Henner: als ich Speedball 2 rauf und runter gespielt habe, an meinem Atari ST mit seiner Klangsynthese.
Henner: So und nun dieselbe Szene nochmal auf dem Amiga.
Einspieler: Get ready.
Henner: Und als ST-Spieler nix davon. Ein bisschen Getröte.
Henner: Also da hätte man zum Ausgleich der ST-Packung ruhig mal ein Cornetto Erdbeer
Henner: oder sowas beilegen können. Aber so ist das echt unverschämt.
Gunnar: Mir ist schon aufgefallen, dass du das PC-Beispiel aus Donkey Bus gewählt hast,
Gunnar: damit hier wieder Donkey Bus drin vorkommt.
Henner: Ah, hast du es gemerkt, sehr gut.
Gunnar: Ja, weiß ich nicht, ob das so gilt hier. Ich habe mich schon gewundert,
Gunnar: wo du das wieder einschmuggeln willst.
Gunnar: Also falls es irgendjemand nicht bemerkt hat, da war es drin jetzt.
Gunnar: Wir machen einen Vermerk.
Gunnar: Ich sage das jetzt auch bloß als Trenner, weil wir jetzt das Thema wechseln
Gunnar: und nochmal zu dem Betriebssystem gehen.
Gunnar: Das Amiga-Betriebssystem besteht nämlich aus vier Komponenten. Das hat Trennen.
Gunnar: Kickstart, das ist das grundlegende System, das startet den Rechner und hat
Gunnar: Basisfunktionen wie die Hardware- und Speicherverwaltung, ähnlich dem BIOS beim PC.
Gunnar: Dann gibt es das Amiga-DOS, das macht das Dateisystem und das Kommandozeileninterface
Gunnar: vergleichbar mit MS-DOS auf dem PC.
Gunnar: Das kann auch dynamisch Gerätetreiber laden.
Gunnar: Dann gibt es die Workbench, das ist die grafische mausgesteuerte Benutzeroberfläche
Gunnar: für Dateimanagement und allgemeine Anwendungen in Fenstern und so.
Gunnar: Vergleichbar mit Windows und dann gibt es noch Intuition und das ist die technische
Gunnar: Basis für die Workbench, also die GUI-Bibliothek und die Steuerungsengine,
Gunnar: die Fenster-, Menüs- und Mausinteraktionen verarbeiten kann.
Gunnar: Kickstart soll eigentlich beim Start des Amiga direkt auf einer Platine in einem
Gunnar: ROM-Chip stecken, damit es super schnell geladen werden kann und den Nutzer nicht aufhält.
Gunnar: Das ist aber im Sommer 1985 noch nicht stabil genug.
Gunnar: Dann lassen sie diesen Plan fallen, dann bauen sie in den Amiga eine notdürftig
Gunnar: ergänzte und auch teure Tochterplatine ein mit einem 256 KB großen Speicherchip,
Gunnar: der Writable Control Store, der dann den Kickstarter-Code bei jedem Rechnerstart lädt.
Gunnar: Also ein Umweg, ein Workaround, weil das, was sie eigentlich machen wollen,
Gunnar: nicht geht. Nach dem Einschalten wird jetzt der Nutzer von einer Grafik zum
Gunnar: Einlegen der Kickstart-Diskette aufgefordert.
Gunnar: Das ist ja ein berühmtes Bild, das jeder Besitzer eines Amiga 1000 kennt.
Gunnar: Und erst spätere Amiga-Modelle erhalten das Kickstart-ROM.
Gunnar: Die brauchen dann diese Diskette nur noch für die Workbench.
Gunnar: Die Workbench auf Intuition-Basis, die setzt statt der üblichen Schreibtisch-Metapher
Gunnar: auf eine, man ahnt es schon, Werkbank-Metapher. Workbench ist ja klar.
Gunnar: Da gibt es dann statt Aktenordnern halt Schubladen, aber das ist in der Praxis
Gunnar: kaum relevant. Die Werkzeuge sind die üblichen Programme, die man auch von anderswo her kennt.
Gunnar: Editor, Kommandozeile, Sprachsynthesizer und die Uhr.
Gunnar: Die Uhr ist ganz lustig, weil man muss die bei jedem Systemstart neu einstellen.
Gunnar: Der Amiga kann sich das nicht merken, wie die Uhrzeit ist.
Gunnar: Der hat keinen Batteriepuffer dafür. Das ist ein bisschen peinlich auf eine Art.
Gunnar: Natürlich jetzt nichts Schlimmes, aber da kommt man sich schon ein bisschen
Gunnar: blöd vor, wenn man das machen muss.
Gunnar: Da nochmal die Zeit eingeben. Aber das sieht aus wie eine zu der Zeit moderne grafische Oberfläche.
Gunnar: Man kann da Fenster verschieben und Icons anklicken, kann Sachen in den Papierkorb werfen.
Gunnar: Aber im Gegensatz zu Windows 1.0, das ab 1985, ab Ende 1985 am Markt ist,
Gunnar: kann Intuition auch überlappende und freiskalierbare Fenster erzeugen.
Henner: Wow.
Gunnar: Alles in ein bisschen komischen Farben, weil es hat nur vier Farben und das
Gunnar: sind die Farben Grau, Weiß, Blau für den Hintergrund und Orange.
Gunnar: Und dazu gibt es noch ein mehrfarbiges Mauszeigersprite. Das ist ein bisschen
Gunnar: schräg, man erkennt das auch sofort. Das gibt dem einen ganz distinktiven Look.
Gunnar: Aber generell ist es so, dass Intuition Fenster nicht darauf limitiert.
Gunnar: Jedes Programm kann seinen eigenen Grafikmodus holen, anfordern, wenn es den will.
Gunnar: Aber Spiele laufen in dieser Workbench-Umgebung trotzdem nur ganz, ganz selten.
Gunnar: Welche Software gibt es noch? Es gibt noch eine Basic-Programmiersprache.
Gunnar: Das haben wir schon kurz erwähnt.
Gunnar: Anfangs ist das eine Version namens ABASIC von der Firma Metacom Co.
Gunnar: Später gibt es dort Amiga Basic von Microsoft.
Gunnar: Außerdem liegt eine Diskette von Electronic Arts bei. Was mag da drauf sein?
Henner: Oh, bestimmt Spiele.
Gunnar: Ja, Demo-Versionen von allen möglichen Programmen, aber keine Spiele.
Gunnar: Und es können sogar einige Programme auf dem Amiga gleichzeitig laufen.
Henner: Ja, denn der beherrscht Multitasking und das ist auch direkt aus der Zukunft.
Henner: Aber ich muss noch mal kurz auf diese Grafik eingehen, die angezeigt wird,
Henner: wenn man den Amiga einschaltet. Also da wird eine Hand gezeigt,
Henner: die eine Diskette präsentiert.
Henner: Diese Grafik kennt wirklich jeder, der ein Amiga mal benutzt hat,
Henner: aber bei den späteren Modellen steht darauf Workbench auf dieser Diskette,
Henner: denn man soll die Workbench-Diskette einlegen, bitteschön.
Henner: Beim allerersten Modell hingegen steht da noch Kickstart drauf,
Henner: weil man eben die Kickstart-Diskette einlegen muss als allererstes,
Henner: weil dieses grundlegende Betriebssystem noch nicht direkt auf der Platine sitzt.
Henner: Ansonsten hat sich die Grafik nicht geändert.
Henner: Nur die Beschriftung der Diskette. Aber ich muss mal sagen, ich fand das damals
Henner: schon ganz schön peinlich, wie dieses Bild aussieht.
Henner: Diese krude gezeichnete Hand. Also das könnte ich mit Paint nicht hässlicher malen.
Henner: Das sieht wirklich fürchterlich aus. Ich habe RJ Michael, den Verantwortlichen
Henner: für das GUI, mal gefragt, wäre das nicht schöner gewesen, hier ein digitalisiertes
Henner: Foto von der Hand zu zeigen?
Henner: Das hätte doch gleich beim Einschalten mal gezeigt, wozu der Amiga fähig ist.
Henner: Aber er hat das verteidigt und gesagt, ja, dieses Bild, das muss ja im ROM-Chip vorliegen.
Henner: Das muss direkt auf der Platine gespeichert sein, das wird ja nicht von Diskette
Henner: geladen. Und da zählt nun wirklich jedes Byte.
Henner: Und hier ein hochauflösendes Foto reinzupacken, das hätte den Rahmen gesprengt,
Henner: wäre viel zu teuer gewesen.
Henner: Deswegen wurde es diese platzsparende, aber sehr detailarme,
Henner: vierfarbige Illustration.
Henner: Das ist die Hand der verantwortlichen Grafikerin, die diese Zeichnung gemacht
Henner: hat. RJ Michael hat sie in Schutz genommen.
Henner: Nun gut, aber zurück zur Zukunft, nämlich zum Multitasking.
Henner: Das ist ja für das Jahr 1985 ebenso bahnbrechend wie diese Benutzeroberfläche.
Henner: Also Multitasking, die parallele Ausführung von mehreren Programmen.
Henner: Das heißt, in der Praxis, ein Amiga-Nutzer kann zum Beispiel im Hintergrund
Henner: mit Deluxe Music Construction Set oder einem anderen Programm Musik abspielen
Henner: lassen. die er vorher selber komponiert hat, während er im Vordergrund mit dem
Henner: Texteditor einen Brief schreibt.
Henner: Und nebenbei wird auch noch eine Diskette kopiert oder es wird was ausgedruckt oder so.
Henner: Und das ist nun wirklich futuristisch für jemanden, der DOS gewohnt ist oder
Henner: selbst eines der frühen Windows, denn Windows 1.0 kann sowas nicht.
Henner: Da kannst du zwar mehrere Fenster parallel offen haben, aber wenn du ein größeres
Henner: Programm startest, etwas, was über eine Uhr oder so hinausgeht,
Henner: Dann wird alles, was im Hintergrund läuft, pausiert. Also die Programme laufen
Henner: nicht wirklich parallel.
Henner: Und genau so ist es am Macintosh auch. Der hat zwar eine recht fortschrittliche
Henner: grafische Benutzeroberfläche und das ja immerhin schon seit 1984,
Henner: aber auch dort laufen bestenfalls Mini-Gadgets wie eben die Uhr,
Henner: der Kalender oder dieses Puzzlespiel, was dabei liegt, nebeneinander.
Henner: Aber richtigere, größere Anwendungen, Textverarbeitung zum Beispiel oder Tabellenkalkulation,
Henner: das verlangt auf dem Macintosh immer nach dem Fullscreen-Modus und damit laufen
Henner: alle anderen Programme im Hintergrund nicht weiter.
Henner: Das kann aber der Amiga und das wird auch gerne präsentiert mit der Boeing-Demo.
Henner: Da wird dann in einem Fenster der Ball hüpfen gelassen und in einem anderen
Henner: wird gearbeitet und dass das gleichzeitig geht, sagenhaft. Macht vielleicht
Henner: nicht so viel Spaß auf den Mini-Monitoren dieser Zeit, aber es geht. Und es ist nicht nur...
Henner: Irgendein Multitasking, das der Amiga beherrscht, es ist sogar präemptives Multitasking,
Henner: denn man unterscheidet zwischen kooperativen und präemptivem Multitasking und
Henner: das Präemptive, das der Amiga beherrscht, ist das fortschrittlichere.
Henner: Also ein Windows 3 zum Beispiel, das setzt auf kooperatives Multitasking und
Henner: der Name sagt es schon, das verlässt sich darauf, dass die Programme miteinander
Henner: kooperieren, dass sie sich gegenseitig brav die Kontrolle übergeben.
Henner: Das klappt aber in der Regel nicht und so kommt es sehr oft zu Abstürzen.
Henner: Die Programme reißen sich gegenseitig runter.
Henner: Beim Präemptiven hingegen, da wird alles vom Betriebssystem gesteuert.
Henner: Also das Betriebssystem weist den einzelnen Prozessen Rechenzeit zu,
Henner: der steuert das Ganze und das läuft viel zuverlässiger. Allerdings auch nicht
Henner: perfekt, denn der Amiga muss noch ohne geschützte Speicherbereiche auskommen.
Henner: Der Motorola 68000 Prozessor unterstützt sowas nicht, anders als der Intel 80286 zum Beispiel.
Henner: Das heißt, die Prozesse, die gleichzeitig laufen, kriegen keine exklusiven Speicherbereiche.
Henner: Die sind nicht voneinander abgeschottet, sondern sie greifen alle auf denselben
Henner: Arbeitsspeicher zu und das kann dann weiterhin dazu führen, dass einzelne Programme,
Henner: wenn sie abstürzen, das ganze System mitreißen.
Henner: Also es ist nicht perfekt, aber trotzdem wesentlich mehr als das,
Henner: was andere Systeme zu dieser Zeit bieten.
Henner: Das ganze System läuft zu Beginn leider noch nicht so stabil,
Henner: deswegen haben wir auch das Kickstart nicht im ROM, sondern auf der Diskette,
Henner: damit man regelmäßig und schnell Updates nachliefern kann.
Henner: Und ja, so kommt es eben dazu, dass die ersten Amiga-Exemplare noch relativ oft abstürzen.
Henner: Das läuft noch nicht sehr stabil, aber das bessert sich nach kürzester Zeit.
Henner: Und sowas verzeiht man ja einem Computer auch, der gerade die ganze Branche
Henner: revolutioniert. Solche Startschwierigkeiten.
Henner: Oder nicht? Schauen wir mal, was sagt denn die Welt dazu? Was sagt die Presse
Henner: zu diesem Amiga-Exemplare?
Gunnar: Als der Computer in New York vorgestellt worden ist, da ist das halt auch nur
Gunnar: eine Vorstellung gewesen, ein Auftakt in den Markt eingeführt,
Gunnar: wird der Computer im September 1985 und man beginnt im Heimatmarkt USA.
Gunnar: Und die Presse überschlägt sich mit Lob.
Gunnar: Die Byte ist noch eins der zurückhaltenden Magazine, aber auch die nennt den
Gunnar: Amiga den fortschrittlichsten und innovativsten PC.
Gunnar: Andere Magazine gehen noch weiter. Die Compute sagt, er sei der erste echte
Gunnar: persönliche Computer und die Messlatte für alle neuen Computer der nächsten Jahre.
Gunnar: Und um ihn zu toppen, bräuchte man einen Minicomputer und ein 10.000-Dollar-Grafik-Terminal
Gunnar: und noch einen Synthesizer aneinandergekettet wahrscheinlich.
Gunnar: Oder miteinander verkoppelt oder so.
Henner: Das wird eng auf dem Schreibtisch, ja.
Gunnar: Das wird knapp, ja, diese ganzen Geräte. Und wer kann sich das leisten?
Gunnar: Und der Amiga hat alles in einem.
Gunnar: Laut Personal Computing ist er der mögliche Beginn einer neuen Computer-Ära,
Gunnar: laut Creative Computing ist er ein neues Ausdrucksmedium und man prognostiziert,
Gunnar: der sei für Programmierer nah an einer religiösen Erfahrung.
Gunnar: Auch die Spielepresse ist voller Lob. Die Computer Gaming World nennt den Amiga
Gunnar: den Superman unter den PCs und die ultimative Spielemaschine.
Gunnar: Völlig korrekt. Später. Zu dem Zeitpunkt. Schon noch ein bisschen verfrüht.
Gunnar: Sie erwartet, dass der eine Computer- und Videospiel-Renaissance einläuten kann
Gunnar: und zumindest theoretisch jeden Mikrocomputer auf dem Markt ersetzen könne.
Gunnar: Und auch die deutsche Happy Computer stimmt ein, nennt ihn einen Traumcomputer.
Gunnar: Kritik gibt es selten. Und wenn, dann kommt sie ein bisschen aus dem Off.
Gunnar: Die Creative Computing bemängelt den fehlenden Uhren-Batterie-Puffer.
Gunnar: Ja, aber mei, das kann man jetzt wirklich mal verzeihen und die New York Times
Gunnar: meint, naja, die Geschäftsfeld ist ja an Farben vor Grafik gar nicht interessiert.
Gunnar: Was soll denn das? Da ist doch eh alles rot oder schwarz. Und erstaunlich selten
Gunnar: wird das schwache Softwareangebot kritisiert.
Gunnar: Für die Computer Gaming World ist das allenfalls ein temporäres Problem.
Gunnar: Naja, vielleicht, aber es ist ja auch tatsächlich richtig, es muss überhaupt
Gunnar: erstmal die Hardware auf den Markt.
Gunnar: Und damit fangen ja die Probleme schon mal an, Henna.
Henner: Ja, die verzögert sich. Wir haben es ja gerade schon beschrieben,
Henner: die Software wird nicht so richtig fertig und deswegen ja auch diese Notlösung
Henner: mit dem beiliegenden Kickstart auf Diskette.
Henner: Der Amiga kommt also recht spät. Es gibt unterschiedliche Angaben darüber,
Henner: wann nun eigentlich die Massenproduktion beginnt. Also im September werden wohl
Henner: noch recht geringe Stückzahlen ausgeliefert, im Oktober auch und im November
Henner: erst kommen dann die richtig großen Stückzahlen.
Henner: Aber trotzdem, auch wenn er recht spät kommt, ist er der Konkurrenz ja in vielerlei
Henner: Hinsicht voraus und auch nicht besonders teuer.
Henner: Und da können wir uns mal die Konkurrenzsituation zu dieser Zeit ansehen.
Henner: Die Presse nennt den Amiga oft so eine Art Farb-Macintosh.
Henner: Schreibt sie, weil es einfach sonst nichts Vergleichbares gibt,
Henner: aber darunter kann man sich was vorstellen.
Henner: Also ein fortschrittlicher 16-Bit-Rechner mit grafischer Benutzeroberfläche
Henner: und Maussteuerung, aber eben in Farbe.
Henner: Aber der Amiga ist ja viel, viel mehr wegen seines Chipsatzes und er kostet
Henner: auch viel weniger. Ein Macintosh, den gibt es zu dieser Zeit auch mit ein bisschen
Henner: mehr Arbeitsspeicher als zum Start.
Henner: Einer mit 512 Kilobyte RAM kostet zu der Zeit über 3000 Dollar.
Henner: Der Amiga, als er auf den Markt kommt in den USA, nur ungefähr 1300 Dollar.
Henner: Umgerechnet auf eine heutige Währung, inflationsbereinigt ungefähr,
Henner: entspricht das 3300 Euro.
Henner: Ein passender Monitor, der ist nicht dabei, anders als beim Macintosh, wo er eingebaut ist,
Henner: der kostet dann nochmal 500 Dollar obendrauf und bei uns kostet das Gerät,
Henner: als es dann in Deutschland auf den Markt kommt, anfangs 6700 DM,
Henner: das entspricht ungefähr 7300 Euro. Ja, das ist kein Schnäppchen.
Henner: Allerdings liegt bei uns gleich der Monitor bei. Und das ist immer noch ein
Henner: happiger Preis, aber der fällt auch sehr schnell.
Henner: Im Laufe des Jahres 1986 zu Weihnachten 86, ich fand da eine Phobis-Werbeanzeige,
Henner: gibt es dieses Set aus dem Rechner und dem zugehörigen Monitor schon für 2700
Henner: Mark. Also da hat er sich mehr als halbiert.
Henner: Das ist immer noch weniger als das, was man für einen Macintosh verlangt damals
Henner: und der Amiga kann ja viel mehr und auch der Marktführer IBM spielt damals preislich
Henner: noch in der anderen Liga, zumindest in den USA.
Henner: Auch ein älteres PC-Modell von IBM mit 256 Kilobyte RAM kostet über 2000 Dollar.
Henner: Und wir sagten es ja gerade, der Amiga nur 1300.
Henner: Und wenn man das Neueste vom Neuen haben will, bei IBM ein PC der neuen AT-Generation,
Henner: der kostet mindestens 4000 Dollar.
Henner: Die etwas höherwertigen Modelle sogar 6000 Dollar. Und da ist dann in vielen
Henner: Fällen auch nur so ein CGA oder ein Schwarz-Weiß-Grafikadapter drin.
Henner: Wer eine halbwegs zeitgemäße EGA-Grafikkarte haben will bei IBM.
Henner: Da kostet allein die Grafikkarte im Vollausbau 900 Dollar.
Henner: Und selbst die reicht ja nicht ran an das, was der Amiga beherrscht in grafischer
Henner: Hinsicht. Also so gesehen auf dem Papier sind das doch eigentlich sehr gute
Henner: Voraussetzungen für den Amiga, auch wenn er ein bisschen zu spät kommt.
Henner: Er ist günstiger als ein Mac und als ein PC.
Henner: Aber Gunnar, das ist leider nur die halbe Wahrheit. Es gibt da ja noch ein paar
Henner: mehr Rechner auf dem Markt, zum Beispiel den neuen Atari ST.
Henner: Große Konkurrenzmodell. Den gibt es inklusive Farbmonitor schon für 1000 US-Dollar.
Henner: Und der Markt, der bewegt sich ja gerade ganz stark in Richtung der Klone,
Henner: also der IBM-kompatiblen PC-Klone.
Henner: Und die, ja, die sind deutlich günstiger als das, was IBM verlangt.
Henner: Und das wird den Amiga bis zu seinem Ende verfolgen, dieses Problem,
Henner: dass die IBM-kompatiblen PCs immer günstiger werden.
Gunnar: Die Hersteller von den IBM-kompatiblen Klonen, die bieten Low-End-Modelle schon
Gunnar: zu Preisen des Amiga an, etwa den PC412 von Corona.
Gunnar: Der hat 256 Kilobyte RAM und der kostet auch diese 1300 Dollar,
Gunnar: die der Amiga kosten soll.
Gunnar: Die gehören nicht zur technischen Avantgarde, klar, aber die haben halt eine
Gunnar: gigantische Softwarebibliothek, die ja schon da ist jetzt und die sich in den
Gunnar: Büros schnell als Standard etabliert.
Gunnar: Und es ist wichtiger, kompatibel zu sein, als technischen Fortschritt zu etablieren.
Gunnar: Das zeigt das Schicksal auch eines weiteren neuen Computers,
Gunnar: das Mindset 1984 von anderen ehemaligen Atari-Mitarbeitern entwickelt.
Gunnar: Das ist ein x86-PC mit MS-DOS, aber mit fortschrittlichen Grafik- und Soundchips
Gunnar: und einer Maus und dabei noch günstiger als ein IBM-PC. Der Mindset hat aber
Gunnar: das Problem, er ist nur eingeschränkt IBM-kompatibel und zack, floppt.
Gunnar: Schon 1985 wird er wieder eingestellt. Ist ja vielleicht ein schlechtes Omen für den Amiga.
Gunnar: Und überhaupt verschwinden um das Jahr 1985 viele Nicht-Kompatible wieder vom Markt.
Gunnar: Sogar der IBM-eigene PC Junior, der nicht vollkompatibel ist, floppt.
Gunnar: Der Texas Instruments TI-994A floppt, der Commodore Plus 4 geht unter,
Gunnar: der Sinclair QL geht unter, die Verkaufszahlen der anderen etablierten Plattformen wie Apple II,
Gunnar: Atari XL und C64 und auch des neuen Macintosh, die gehen zurück.
Gunnar: Der Markt konsolidiert sich und der Markt konsolidiert sich in Richtung PC-kompatible.
Gunnar: Ein Kolumnist der Zeitschrift InfoWorld schreibt im September 1985,
Gunnar: seltsame Betriebssysteme wie der Macintosh fliegen in der Geschäftswelt so gut wie ein Bleiballon.
Gunnar: Und das erschwert natürlich den Vertrieb.
Gunnar: Meine Herren, klare Worte.
Henner: Ja, wirklich keine guten Voraussetzungen für diese Revolution,
Henner: die da eigentlich versprochen wurde.
Henner: Übrigens, der Mindset, spektakulär, oder? Der braucht doch auch eines Tages
Henner: dringend eine Technikfolge mit drei Teilen. Oder, Gunnar?
Gunnar: Ja, ja, bestimmt. Oder mit vier Teilen.
Henner: Mal sehen. Jedenfalls erstaunlich, wie viele Parallelen es gibt zwischen dem Amiga und dem Mindset.
Henner: Aber der wurde, wie du gesagt hast, nach einem Jahr schon wieder eingestellt.
Henner: Mal gucken, wie es dem Amiga ergeht.
Henner: Aber den muss man ja erstmal kaufen können. Und wie läuft denn der Vertrieb damals in den USA?
Henner: Computer werden zu dieser Zeit über vier wesentliche Kanäle verkauft.
Henner: Es gibt noch einen fünften, das ist der Versandhandel, aber der spielt jetzt
Henner: für die teureren Gerätschaften eher keine große Rolle.
Henner: Es gibt die großen Computerketten, sowas wie Computerland.
Henner: Es gibt die kleinen unabhängigen Fachhändler, die großen Warenhäuser,
Henner: wo es alles gibt, Es gibt sowas wie Sears, die ja traditionell mit Atari viel
Henner: zusammengearbeitet haben.
Henner: Und es gibt die Spielzeugläden natürlich, sowas wie Toys R Us.
Henner: Ja, und wo gibt es jetzt den Amiga?
Henner: Also das ist kompliziert. Der Evening Independent, eine Zeitschrift aus Florida,
Henner: hat im September 1985 über dieses Problem geschrieben.
Henner: Die schreiben dort, führende Computerketten, also sowas wie Computerland,
Henner: die würden den Amiga nicht ins Sortiment aufnehmen wollen. Sie würden sich dagegen
Henner: sträuben, noch ein PC-Modell ins Sortiment aufzunehmen.
Henner: Du hast es ja gerade beschrieben, der Markt konsolidiert sich.
Henner: Alles geht in Richtung IBM PC und Kompatible.
Henner: Damit machen sie ihr Geschäft, in die Richtung geht der ganze Markt und jetzt
Henner: was anderes ins Sortiment aufzunehmen und damit wertvollen Regalplatz zu belegen,
Henner: was nicht PC-kompatibel ist, dagegen sträuben sie sich. Da sehen sie wenig Chancen.
Henner: Die bedienen vorwiegend Geschäftskunden und die wollen halt IBM-Kompatibilität und nichts anderes.
Henner: Die InfoWorld schreibt im August, es gebe zu diesem Zeitpunkt,
Henner: also noch kurz vor der Markteinführung, nur eine einzige Händlerkette in den
Henner: USA, die den Amiga führen wolle.
Henner: Die heißt Computer Factory und die hat gerade mal 20 Filialen.
Henner: Dann bleiben natürlich noch die kleineren Fachgeschäfte, die Unabhängigen,
Henner: die nicht zu diesen großen Ketten gehören, aber die haben auch kein Interesse,
Henner: den Amiga aufzunehmen, denn die trauen dem Hersteller nicht.
Henner: Die trauen Commodore nicht. Commodore wurde ja gegründet und bis vor kurzem
Henner: noch geleitet von Jack Trammell und der war leider dafür berüchtigt,
Henner: seine Geschäftspartner über den Tisch zu ziehen.
Henner: Das hat er auch zu Zeiten des VC20 und des C64 immer wieder getan.
Henner: Hat Rechnungen auf letzten Drücker bezahlt, hat sie belogen und die trauen jetzt
Henner: einfach Commodore nicht mehr.
Henner: Die wollen den Amiga deswegen auch nicht aufnehmen. Ja, dann bleiben noch die
Henner: zwei anderen Kanäle, die großen Kaufhäuser und die Spielzeugläden.
Henner: Aber das will Commodore nicht, denn die versuchen ja mit dem Amiga die Geschäftswelt anzusprechen.
Henner: Die wollen ins Büro, die wollen das Spielzeugimage abstreifen,
Henner: das der C64 noch hat, der ja in Spielzeugläden verkauft wird.
Henner: Und damit sich das nicht auf den Amiga überträgt, meiden sie diese Kanäle.
Henner: Es gibt Gerüchte darüber, ich konnte das nicht belegen, dass sogar die große
Henner: Kaufhauskette Sears Interesse gehabt haben soll daran, den Amiga zu verkaufen.
Henner: Die haben 1800 Kaufhäuser zu dieser Zeit.
Henner: Das wäre also ein riesiger Boost gewesen für den Vertrieb des Amigas.
Henner: Aber Commodore habe das ausgeschlagen.
Henner: Sie wollten nicht über diese Massenkaufhäuser verkauft werden,
Henner: um dieses Spielzeug-Image eben nicht auf den Amiga zu übertragen.
Henner: Aber wie gesagt, das ist unbelegt. Aber so viel kann man belegen.
Henner: Sears hat den Amiga nicht verkauft. Im Weihnachtskatalog 1985,
Henner: da findet man den C64 und auch den C128, aber den Amiga nicht.
Henner: Und auch im nächsten Jahr ist es genauso. Und bei der Konkurrenz,
Henner: es gibt ja noch ein paar andere Kaufhausketten, ist es exakt dasselbe.
Henner: Ich habe all die Weihnachtskataloge durchgestöbert. Kein einziger Amiga.
Henner: Also wo kauft man ihn überhaupt? Ja, bleiben nicht viele. Es gibt aber noch
Henner: ein Problem. Nicht nur, dass die Händler den nicht haben wollen.
Henner: Commodore hat auch riesige Lieferprobleme. Denn wir haben es ja beschrieben,
Henner: die Technik wird zu spät fertig.
Henner: Die Auslieferung verzögert sich ja auf Ende September. Die Massenproduktion,
Henner: wie gesagt, sogar bis November.
Henner: Und das ist fürs Weihnachtsgeschäft viel zu spät. Die Händler müssen ja ihre
Henner: Waren viel früher einkaufen können, um sie dann zu Weihnachten im Regal stehen zu haben.
Henner: Und das reicht nicht, wenn die erst im November geliefert werden,
Henner: die großen Stückzahlen.
Henner: Da sind ja auch die Kataloge längst gedruckt und so weiter. Also das ist zu spät.
Henner: Aber auch im folgenden Jahr ändert sich das leider kaum.
Henner: Und ein Grund für das Zögern dieser Händler, den Amiga ins Sortiment aufzunehmen,
Henner: auch als er dann lieferbar ist, ist das große erwähnte Problem,
Henner: ist die fehlende Software.
Henner: Es gibt einfach zu wenig Programme für den Amiga.
Gunnar: Die Zeitschrift Infoworld schreibt im September 1985, dass das Betriebssystem
Gunnar: des Amiga ja noch nicht fertig ist.
Gunnar: Das verzögert nicht nur die Auslieferung, sondern auch noch die Entwicklung
Gunnar: passender Programme von Drittherstellern.
Gunnar: Und diese fehlende Software wiederum hindert dann die Händler daran,
Gunnar: den Rechner ins Sortiment aufzunehmen.
Gunnar: Und zum Beispiel diese in New York gezeigte DOS-Emulation namens Transformer,
Gunnar: die basiert noch nicht auf der Hardware-Erweiterung Sidecar,
Gunnar: die erscheint erst 86 und die läuft dann so langsam, dass sie auch gar keine Abhilfe schafft.
Gunnar: Commodore präsentiert den Amiga in New York mit verschiedenen Programmen,
Gunnar: auch eine Tabellenkalkulation, sie wollen ja auch zeigen, dass sie alles haben,
Gunnar: aber davon waren noch nicht alle marktreif und kurz nach dem Marktstart verfügbar,
Gunnar: also real in den Läden, ist nur Commodores eigene Textverarbeitung,
Gunnar: Textcraft, und das von Warhol nachweisbar demonstrierte Zeichenprogramm Graphicraft.
Gunnar: Und weitere Anwendungen werden von Publisher Electronic Arts angekündigt,
Gunnar: etwa das Financial Cookbook oder die spätere Killer-Applikation Deluxe Paint.
Gunnar: Die erscheinen aber erst im Jahr darauf, also 1986.
Gunnar: Und das gilt auch für die Spiele. EA-Titel wie Arkham und Seven Cities of Gold
Gunnar: erscheinen im Laufe des Jahres 86.
Gunnar: Dazu kommt die Softwarebibliothek von Infocom, das natürlich jetzt auch nichts,
Gunnar: worauf der Markt gewartet hat.
Gunnar: Die Infocom-Spiele, die haben wir ja alle schon gespielt zu dem Zeitpunkt.
Gunnar: Und so kommen im Startjahr 1985 nur drei Amiga-Spiele raus, die wir finden konnten.
Gunnar: Und das ist ein Lernspiel und zwei Adventures. Das ist weit davon entfernt von
Gunnar: einer technischen Machtdemonstration.
Gunnar: Sogar für den Atari ST, der ja auch noch neu ist, erscheinen im gleichen Jahr
Gunnar: zehnmal so viele Spiele.
Gunnar: Darunter immerhin Ultima 2, jetzt auch kein Grafikblender und F-15 Strike Eagle.
Gunnar: Es fehlt also im Startjahr des Amiga an Hardware und an Software.
Gunnar: Das bessert sich beides im Folgejahr, aber davon muss der Markt ja auch erfahren.
Gunnar: Das muss man dem Markt sagen, Henna. Wie sagt man das dem Markt?
Henner: Mit Werbung, ja. Oh, noch so ein trauriges Kapitel. Aber noch ganz kurz zur Software.
Henner: Das ist schon erstaunlich, dass Commodore hier so wenig Starttitel am Start hat.
Henner: Denn eigentlich müssten sie es besser wissen. Sie haben ja 1982 den C64 rausgebracht.
Henner: Und noch im gleichen Jahr, in dem der C64 erscheint, 1982, erscheinen fast 100 Spiele dafür.
Henner: Und auch viele davon von Commodore selbst verlegt. Das sind vor allem Klone
Henner: von Arcade-Spielen, sowas wie Froggy, was könnte das wohl sein?
Henner: Oder Alien Invasion, kann man sich auch vorstellen, was es ist.
Henner: Es sind jetzt also nicht die ganz großen Titel, aber immerhin, es gibt welche.
Henner: Das müssten sie doch eigentlich wissen, dass ein Computer nur mit passender
Henner: Software verkauft wird.
Henner: Insbesondere, wenn er technisch so herausragend ist. Das muss man ja mit irgendeiner
Henner: Software demonstrieren können.
Henner: Ich habe auch RJ Michael dazu befragt, warum hattet ihr so wenig Software zum Start?
Henner: Und er sagt, ja, war uns bewusst dieses Problem. Wir hätten uns auch gewünscht,
Henner: wir hätten mehr Software am Start.
Henner: Aber ihnen ging das Geld aus und ihnen ging die Zeit aus.
Henner: Sie waren halt froh, sagt er, zumindest ein paar Titel zu haben.
Henner: Und wir waren froh, dass die Maschine endlich fertig war und dass wir sie auf
Henner: den Markt bringen konnten. Aber mehr war halt nicht drin.
Henner: Und meine beste Ausrede ist, schreibt er, dass wir nur Kinder waren.
Henner: Wir hatten keine Ahnung, was wir wirklich taten. Außer Mitchie.
Henner: Mitchie ist der Hund von J. Minor, der wusste, was er tat, aber der konnte leider
Henner: auch nicht helfen bei diesem Softwareproblem. Ja, also es fehlt zunächst an
Henner: Hardware und dann auch noch an Software.
Henner: Das kann man natürlich versuchen ein bisschen auszugleichen mit einer starken
Henner: Werbekampagne. Die Werbung hilft aber nicht so richtig.
Henner: Also die Werbung hat jetzt natürlich auch eine schwierige Aufgabe zum Start
Henner: im Jahr 1985, den Menschen zu erklären, was der Amiga überhaupt ist und was
Henner: er alles kann. Denn er kann ja nun mal Dinge, die noch kein Mensch jemals gesehen hat.
Henner: Man muss den Menschen also in 30 Sekunden irgendwie klar machen,
Henner: was er kann und was das bringt.
Henner: Commodore weiß das ja auch selbst nicht mal so genau. Ich habe einen Beitrag
Henner: in der wunderbaren US-Computersendung Computer Chronicles gefunden.
Henner: Da wird der Amiga auch vorgestellt im Sommer 85.
Henner: Und da ist ein Commodore-Manager zu Gast. Und der darf die Frage beantworten,
Henner: an wen richtet sich denn der Amiga eigentlich?
Henner: Und Gunnar, du bist der Marketing-Experte. Was glaubst du, was hat der gesagt,
Henner: der Commodore-Vertreter, was hat er mit dieser Steilvorlage gemacht?
Henner: Hat er gesagt, A, der Amiga ist der Computer für jeden, für Manager,
Henner: die mit Zahlen die Welt bewegen, für Spieler, die fantastische Welten entdecken
Henner: und Künstler, die neue Welten erschaffen wollen.
Henner: Oder hat er gesagt, B, irgendwas mit Allzweckrechner, Multitasking,
Henner: bla bla, selbstentwickelter Hardware. Was hat er wohl gesagt?
Gunnar: Er hat doch hoffentlich A gesagt.
Henner: Nein, er hat B gesagt.
Gunnar: Ah, wie traurig.
Henner: Es ist traurig und so begeistert man natürlich niemanden. Aber es ist halt auch
Henner: schwierig, die Menschen zu begeistern für etwas, was sie nicht kennen und nicht
Henner: verstehen, weil es einfach etwas völlig Neues ist.
Henner: Das wird auch erschwert durch das Hersteller-Image damals.
Henner: Commodore ist nun mal bekannt als ein 8-Bit-Billigcomputer-Hersteller,
Henner: der ständig die Preise senkt, aber nicht für technische Avantgarde und nicht
Henner: für technische Revolution.
Henner: Und das muss man jetzt versuchen mit einer Werbekampagne zu ändern,
Henner: dieses Commodore-Image.
Henner: Die Ahoi, die Spielezeitschrift, die schreibt damals auch im September 85,
Henner: Commodore habe nun mal den Ruf, billige Wegwerfcomputer zu bauen.
Henner: Das ist ein bisschen hart, aber so rücken sie das halt aus. Und die Redaktion
Henner: schreibt, sie hoffe, die Firma würde jetzt ihre Marketingbemühungen für den
Henner: Amiga darauf konzentrieren, diese Wahrnehmung zu ändern.
Henner: Ja und wie machen sie das? Nun, sie haben leider nicht allzu viel Geld für eine
Henner: teure Werbekampagne. Das ist ein großes Problem.
Henner: Die haben ja gerade die Firma Amiga übernommen und gleichzeitig schwinden die
Henner: Margen für den C64, weil die da ständig die Preise senken und so haben sie einfach
Henner: nicht viel Geld für eine teure Kampagne.
Henner: In dem Quartal, in dem der Amiga auf den Markt kommt, von Juli bis September
Henner: 1985, in genau dem Quartal häufen sie gerade 40 Millionen Dollar Verlust an.
Henner: Für so eine kleine Firma wie Commodore ist das existenzbedrohend und deswegen
Henner: haben sie wenig Geld für Werbung und die Kampagne bleibt entsprechend zögerlich.
Henner: Es gibt ein paar Fernsehspots, die im Herbst 1985 laufen und wir können mal
Henner: einen davon näher vorstellen, das ist der wahrscheinlich bekannteste,
Henner: der heißt Creative Edge und da sehen wir, ja was sehen wir?
Henner: Sehen wir da vielleicht einen Bildschirm mit grafischer Benutzeroberfläche,
Henner: auf dem eine Grafikanwendung läuft? Sehen wir vielleicht Andy Warhol,
Henner: der Deborah Harry zeichnet.
Henner: Irgend sowas, was einen wirklich mitreißt. Nein, wir sehen einen älteren Herrn,
Henner: der nicht Andy Warhol ist, sondern irgendein anonymer alter Mensch,
Henner: der durch so einen futuristischen, surrealen Tempel läuft, über verschiedene Treppen.
Henner: Da ist nirgendwo ein Computer zu sehen, bis am Ende er auf einen Altar trifft
Henner: in diesem Tempel und auf dem Altar steht ein leuchtender Amiga.
Henner: Den schaltet er ein, dann wird er in gleißendes Licht getaucht und in einen
Henner: Fötus verwandelt aus irgendwelchen Gründen.
Henner: Also hier wird der Amiga nicht als Produkt vorgestellt, sondern als so eine
Henner: Art mythisches Artefakt mit schöpferischer Macht, die dem Menschen einen Neuanfang
Henner: beschert. Wir hören mal kurz rein.
Einspieler: Mein, unbounded.
Einspieler: Amiga, der erste Personal Computer der dir eine Kreative Edge.
Henner: Ja, das ist sehr verkopft, sehr künstlerisch, man könnte sagen prätentiös.
Henner: Commodore wurde hier offenbar inspiriert durch den berühmten 1984 Spot von Apple,
Henner: aber der neue Spot hier von Commodore, der schafft das nicht,
Henner: den zu replizieren und dessen Wirkung.
Henner: Und er hat auch keine klare, vergleichbare Botschaft.
Henner: Es ist völlig unklar, was der Spot einem sagen will.
Henner: Irgendwie wird alles neu, aber das ist doch reichlich abstrakt.
Henner: Also ich glaube nicht, dass daraufhin jemand in den Laden gelaufen ist, um den Amiga zu kaufen.
Henner: Wäre auch schwierig geworden, den gab es ja fast nirgendwo.
Henner: Ja und dann im neuen Jahr verbessert sich ja wie gesagt die Liefersituation,
Henner: man könnte den Amiga jetzt kaufen und bald danach gibt es ja dann auch Software.
Henner: Jetzt wäre es also an der Zeit nochmal eine neue Marketingkampagne nachzuliefern,
Henner: die wirklich erklärt, was der Amiga überhaupt ist und was man damit machen kann.
Henner: Aber was folgt, es kommt nix, es kommt Stille.
Gunnar: Im Jahr 86 sind die Lieferprobleme dann zumindest gemildert,
Gunnar: aber Commodore investiert nicht mehr in Werbung.
Gunnar: Es kommt einfach nichts mehr. Sie sind auch nicht auf der CES im Januar und
Gunnar: auf der CES im Juni. Commodore hat kein Geld mehr.
Gunnar: Thomas Rattigan, der ist ab 86 kurzzeitig der CEO von Commodore,
Gunnar: der berichtet später, Commodore habe zu dieser Zeit praktisch von der Hand in den Mund gelebt.
Gunnar: Als ich da war, haben wir nicht viel Werbung gemacht, denn wir konnten es uns
Gunnar: nicht leisten. Die Rettung verheißen zwei neue Amiga-Modelle,
Gunnar: nämlich ein günstigeres und ein erweiterbarer High-End-PC.
Gunnar: Die sollen schon im September 1986 erscheinen und jeweils dieses Zielgruppenproblem
Gunnar: so ein bisschen lösen, indem sie sich klarer positionieren können.
Gunnar: Und dann soll das auch wieder zielgerichtete Werbung ermöglichen.
Gunnar: Die Geräte erscheinen als Amiga 500 und 2000, aber Monate später als geplant, im Frühjahr 1987.
Gunnar: In der Zeit laufen ja die technischen Veränderungen schnell,
Gunnar: insbesondere bei aufrüstbaren Geräten wie dem PC.
Gunnar: Zu der Zeit hat der PC schon wieder ganz schön nachgelegt. Ja,
Gunnar: da ist jetzt plötzlich VGA-Grafik möglich und FM-Klangsynthese.
Gunnar: Also Commodore verschenkt wertvolle Jahre. Das beklagt auch der Miner später.
Gunnar: Der hat nämlich gesagt, ich kann euch nicht sagen, wie wütend es mich macht,
Gunnar: wie der Amiga behandelt wurde. Die Werbung, die sie machten,
Gunnar: war absolut grauenvoll.
Gunnar: Und dann gab es ein ganzes Jahr lang gar keine Werbung. Sie verloren Händler
Gunnar: und vor allem verloren sie die öffentliche Aufmerksamkeit.
Gunnar: Die New York Times konstatiert im Dezember 85, der Commodore sei für das Weihnachtsgeschäft
Gunnar: zu spät gekommen. Und auch noch mit zu wenig Software.
Gunnar: Commodore wollte bis Jahresende noch 60.000 Geräte ausliefern.
Gunnar: Keine sehr große Zahl in diesem Markt übrigens.
Gunnar: Doch das werde schwierig und es sei unklar, ob es am fehlenden Angebot liegt
Gunnar: oder doch an mangelnder Nachfrage.
Gunnar: Und dann auch 86 wird kein Erfolgsjahr. Um es höflich auszudrücken,
Gunnar: schreibt die Compute im August über den Amiga-Ansatz.
Gunnar: Er ist verwelkt. Das ist das Gemeinste, was ich je gelesen habe über einen Computer.
Henner: Ja.
Gunnar: Das ist echt so fies, ja. Und der Atari ST hingegen, der stehe in voller Blüte.
Gunnar: Nach einem Jahr, Amiga sind etwa nur 100.000 bis 150.000 Stück verkauft.
Gunnar: In der gleichen Zeit braucht der C64 für 150.000 Stück drei Wochen.
Gunnar: Es werden Stimmen lauter, die von Commodore eine Abkehr vom Büromarkt verlangen.
Gunnar: Das funktioniert ja eh nicht.
Gunnar: Und eine Rückbesinnung auf den Heimcomputermarkt. Zum Beispiel schreibt die
Gunnar: Compute, die Lethargie in der Marktpositionierung, die Commodore seit der Einführung
Gunnar: des Amigas heimgesucht hat, ist eine der schockierendsten Kehrtwänden in der
Gunnar: modernen Geschichte dieser Branche.
Gunnar: Wow, toll. Der Marketingdirektor von EA, Bing Gordon, zeigt sich enttäuscht
Gunnar: und der sagt, der Amiga hat sich nicht so entwickelt, wie wir hofften.
Gunnar: EA habe eigentlich einen 600-Dollar-Heimcomputer
Gunnar: erwartet und keinen 1800-Dollar-Teuren-Büro-Rechner.
Gunnar: Entsprechend schlecht verkaufen sich die Amiga-Spiele von EA.
Gunnar: Mit den besten Games kommen sie nur auf 25.000 Stück.
Gunnar: Nun, Commodore zieht die Konsequenzen.
Gunnar: 1986 halbiert das Unternehmen seine Belegschaft. Total krass.
Gunnar: Mehrere alte und erfolglose Modelle werden eingestellt. Der VC20 geht über den Jordan.
Gunnar: Der Plus4, der C16, das C900-Projekt wird eingestellt. und auch das Amiga-Team muss federn lassen.
Gunnar: Ein Großteil der Belegschaft muss bis zum Jahresende 86 gehen.
Gunnar: 1987 schließen sie dann den Standort in Kalifornien, in Los Gatos.
Gunnar: Die verbliebenen Amiga-Entwickler müssen dann an die Ostküste,
Gunnar: da ist die Commodore-Zentrale in Pennsylvania.
Gunnar: Jay Miner macht das nicht mit, diesen Move, der wird wieder externer Berater.
Gunnar: Es hilft nichts, der Amiga braucht dringend einen Neustart.
Henner: Ja, denn so geht es nicht weiter. Revolution hin oder her, er findet keinen Markt.
Henner: Denn der Amiga sitzt quasi zwischen den Stühlen.
Henner: Er ist einerseits keine richtige Spieleplattform, weil er dafür einfach zu teuer
Henner: ist. Er funktioniert nicht als Heimcomputer.
Henner: Und andererseits als Bürorechner, wo er preislich eher hingehört,
Henner: wird er nicht ernst genommen, weil er nicht IBM-kompatibel ist,
Henner: zumindest nicht vollständig, weil es für ihn zu wenig Bürosoftware gibt.
Henner: Ja, du hast es schon angesprochen, die Lösung liegt ja eigentlich auf der Hand.
Henner: Man muss diversifizieren, man muss verschiedene Modelle für verschiedene Zielgruppen entwickeln.
Henner: Und das ist ja auch schon länger geplant, schon 1986.
Henner: Es verzögert sich dann nur leider ein wenig und damit ist dieses Jahr 86 ja
Henner: auch weitgehend verloren für den Amiga.
Henner: Aber im Jahr 86 beginnt also die Entwicklung von zwei neuen Amiga-Modellen.
Henner: Ein günstiger Heimcomputer soll her auf Basis der gleichen Technik,
Henner: aber in einem kompakteren Gehäuse.
Henner: Und gleichzeitig wird ein professionelles Arbeitsgerät entwickelt,
Henner: das größer und erweiterbar sein soll und damit etwas näher dran am PC.
Henner: Allerdings hat man sich jetzt vom Plan verabschiedet, den IBM PCs in den Büros Konkurrenz zu machen.
Henner: Also in klassischen PC-Aufgaben wie in der Buchhaltung zum Beispiel,
Henner: da wird er vermutlich eher nicht eingesetzt, hat Rattigan, also der damalige
Henner: CEO von Commodore mal in einem Interview gesagt.
Henner: Aber er erwarte, der neue große Amiga würde eher in Bereiche gehen,
Henner: in denen es ein hohes Maß an Kreativität gibt, also in die Grafikbearbeitung.
Henner: Und da hat er natürlich völlig recht, da gehört der Amiga auch hin.
Henner: Also Commodore scheint so langsam mal das Wesen des Amigas zu begreifen.
Henner: Fangen wir mal an mit dem vielleicht interessanteren Modell,
Henner: mit dem die meisten wohl Erfahrung gemacht haben, die den Amiga kennen aus eigener
Henner: Erfahrung. das ist der kleinere, der Heimcomputer, der Amiga 500.
Henner: So einer wird ja schon länger verlangt, nicht nur von der Presse,
Henner: die du gerade zitiert hast, oder von Electronic Arts, die sich den wünschen
Henner: als günstige Spieleplattformen,
Henner: Sondern auch innerhalb Commodores gibt es viele, die von Anfang an gesagt haben,
Henner: wir hätten einen günstigen Heimcomputer bauen sollen und keine überteuerte Büromaschine.
Henner: Und jetzt werden diese Stimmen erhört und das Ergebnis ist der Amiga 500.
Henner: Aber wer darf den entwickeln?
Henner: Nicht das originale Amiga-Team in Kalifornien. Das ist ja auch 1986 schon stark ausgedünnt.
Henner: Viele davon sind schon umgezogen oder haben das Projekt ganz verlassen.
Henner: Sondern die Entwicklung des
Henner: Amiga 500 obliegt der Commodore-Zentrale in Westchester in Pennsylvania.
Henner: Die Projektleitung für den Amiga 500 erhält ein Ingenieur namens Jeff Porter
Henner: und die Chefingenieure heißen Robbins und Welland.
Henner: Die haben zuvor an dem C900-Projekt gearbeitet, also dieser eingestellten Commodore Unix Workstation.
Henner: Und jetzt dürfen sie einen günstigen Heimcomputer auf Amiga-Basis entwickeln.
Henner: Zuallererst ändern sie dafür mal den Formfaktor. Der 500er soll wieder ein Tastaturcomputer
Henner: werden, so wie der C64, also alles in einem.
Henner: Genau wie der größere Bruder auch, der C128.
Henner: Und auch von dem erbt der 500er die Gestaltung. Der sieht also sehr ähnlich aus wie der C128.
Henner: Das senkt natürlich auch die Kosten, dass man jetzt ein kompakteres Gehäuse hat.
Henner: Und der Vertrieb hat auch größere Erfahrung damit, diese Art von Computern zu
Henner: verkaufen. Das machen sie ja schon seit vielen Jahren erfolgreich mit dem C64 und mit dem VC20.
Henner: Und auch der Atari ST, der große Konkurrent, hat diesen Formfaktor.
Henner: Das Diskettenlaufwerk soll aber weiterhin integriert bleiben.
Henner: Das Netzteil hingegen muss raus, das wird ausgelagert aus Platzgründen.
Henner: Aber etwas wird dafür wiederum integriert, nämlich, wie von Anfang an eigentlich
Henner: ja geplant, der ROM-Chip mit dem Kickstart.
Henner: Ja, das Kickstart ist jetzt fertig genug, dass man es auch in einen Chip brennen
Henner: kann und das heißt, man braucht jetzt für das Kickstart keine Diskette mehr einzulegen.
Henner: Gönnen wir uns mal kurz eine Pause von der technischen Beschreibung.
Henner: Hier sind 10 Sekunden Nostalgie mit Amiga 500 Geräuschen. Bitteschön.
Henner: Ah, da werden doch bestimmt Erinnerungen wach, nicht wahr? Ja.
Gunnar: Ja, schön.
Henner: Ja, ich finde auch, dieses Tastaturgeräusch ist sehr charakteristisch.
Henner: Mein Atari ST klang ganz anders.
Henner: Ansonsten sind die technischen Änderungen gegenüber dem Ur-Amiga,
Henner: also dem 1000er, sehr überschaubar. Der Chipsatz ist weitgehend noch derselbe.
Henner: Es gibt eine kleine Änderung, da kommen wir gleich dazu.
Henner: Ansonsten gibt es nur kleine Änderungen bei der seriellen und der parallelen Schnittstelle.
Henner: Aber ansonsten sind die Anschlüsse weiterhin dieselben. Also sehr großzügig.
Henner: Nur der Tastaturanschluss, der ist jetzt natürlich redundant, der verschwindet.
Henner: Und der Erweiterungsport, der jetzt Zorro 1 genannt wird, der ändert seine Orientierung,
Henner: der steht quasi auf dem Kopf.
Henner: Das erschwert die Kompatibilität mit ein bisschen existierendem Zubehör,
Henner: ist aber ansonsten nicht weiter schlimm.
Henner: Nach wie vor ist der TV-Modulator nicht integriert, den muss man also nach wie
Henner: vor hinzukaufen, wenn er nicht beiliegt.
Henner: Das gilt auf dem US-Markt, wo viele den Fernseher an den Antennenausgang anschließen
Henner: als Manko. In Europa weniger.
Henner: Da schließt man Fernseher sowieso üblicherweise an den SCART-Anschluss an.
Henner: Und das ist mit einem Adapter leicht möglich. Da braucht man keinen Modulator.
Henner: Die wichtigste Änderung, ich habe es gerade schon angedeutet,
Henner: betrifft den Chipsatz und den Arbeitsspeicher.
Henner: Denn der wird jetzt verdoppelt, so wie J. Miner das von Anfang an haben wollte.
Henner: 512 Kilobyte, die gibt es jetzt für den Amiga 500 und der DMA-Controller im
Henner: Agnus-Chip wird dafür aktualisiert.
Henner: Der kann jetzt sogar bis zu ein Megabyte-Chip-Ram adressieren.
Henner: Dadurch bekommt Agnus dann auch einen neuen Namen und wird jetzt bekannt als
Henner: Fat Agnus, also die adipöse Agnus.
Henner: Es kommen auch recht schnell entsprechende Speichererweiterungen raus von verschiedenen
Henner: Herstellern, die das Chip-Ram auf ein Megabyte vergrößern.
Henner: Wer den Amiga aber primär zum Spielen einsetzt, braucht das nicht unbedingt.
Henner: Ja, und für alle anderen, die professionell damit arbeiten wollen,
Henner: die kriegen ja noch eine Alternative.
Henner: Das große Schwestermodell für Grafikdesigner und Mod-Musiker der Amiga 2000.
Gunnar: Dessen Geschichte ist nicht so tight zu erzählen wie die, die du eben vom 500er
Gunnar: erzählt hast. Die ist etwas verworrener.
Gunnar: Zeitweise wird dieses High-End-Modell oder überhaupt erst mal ein High-End-Modell
Gunnar: auf der Amiga-Basis in drei verschiedenen Commodore-Abteilungen entwickelt.
Gunnar: Im kalifornischen Los Gatos, in Westchester und in Braunschweig.
Gunnar: Das verbliebene Amiga-Team in Los Gatos rund um J-Minor entwirft 1986 einen
Gunnar: fortschrittlichen Prototyp namens Ranger.
Gunnar: Diese Version hätte womöglich einen schnelleren Prozessor bekommen,
Gunnar: zum Beispiel den 68.020 und einen weiterentwickelten Chipsatz für höhere Auflösungen.
Gunnar: Viele der darum kursierenden Spezifikationen sind allerdings reine Spekulationen.
Gunnar: Dave Haney stellt später klar, der Ranger wurde von einer Legende zum Mythos
Gunnar: und erhielt neue Fähigkeiten bei jeder neuen Erzählung, so wie alle guten Mythos.
Gunnar: Also so weit ist das auch alles gar nicht gegangen. Die Commodore-Führung entscheidet
Gunnar: sich gegen das Los Gatos-Design und für ein weniger ambitioniertes,
Gunnar: das bei der Commodore-Tochter in Deutschland entsteht.
Gunnar: In Deutschland wurde zuvor die Sidecar-Erweiterung entwickelt und Commodore's
Gunnar: IBM-PC-Klone, die gibt es ja auch, die Modelle PC10 bis PC70.
Gunnar: Und der als Amiga 2000a bekannte Rechner behält den Aufbau des Vormodells mit
Gunnar: der abgesetzten Tastatur, aber ohne die Keyboard-Garage kann man also nicht mehr drunterschieben.
Gunnar: Das klobigere Gehäuse erinnert an die Prototypen von dem eingestellten C900.
Gunnar: Neben dem 3,5 Zoll Diskettenlaufwerk des Vorgängers lässt sich jetzt auch noch
Gunnar: ein zweites einbauen und es wird noch ein 5,25 Zoll Schacht ergänzt.
Gunnar: Der Grund für das größere Gehäuse ist die wesentliche Neuerung des 2000A.
Gunnar: Es gibt neun Steckplätze für Erweiterungskarten, fünf im proprietären Zorro
Gunnar: 2 Format und vier für das vom PC stammende ISA Format.
Gunnar: Diese vier lassen sich nur im PC-Betrieb mit entsprechender X86-Erweiterung
Gunnar: nutzen und nicht mehr mit dem extern angedockten Sidecar,
Gunnar: sondern mit einer überlangen Steckkarte, die sowohl einen Zorro-Steckplatz und
Gunnar: auch einen Isar-Steckplatz belegt, was hier den Beinamen Brückenkarte einbringt. Sehr schön.
Gunnar: Dafür veröffentlicht Commodore auch PC-Karten, die über den alten 8088 hinausgehen.
Gunnar: In den 90ern erscheinen sogar drei 386-basierte Modelle.
Gunnar: Der Arbeitsspeicher wächst da dann auf einen Megabyte, davon 512 Kilobyte Chip-Ram.
Gunnar: Und der Arbeitsspeicher lässt sich anders als im Amiga 500 nicht mehr vergrößern,
Gunnar: da Arknus hier unverändert bleibt.
Gunnar: Aber bei diesem Modell wird es nicht lang bleiben.
Henner: Ganz recht, es gibt noch einen zweiten Amiga 2000. Deswegen ist diese Geschichte
Henner: auch so ein bisschen verworren.
Henner: Aber wie cool ist das, dass man
Henner: jetzt eine Karte einsetzen kann und so den Amiga in einem PC verwandelt.
Henner: Das sind ja dann praktisch zwei verschiedene Computerwelten in einem Gehäuse,
Henner: die man auch mit einer Maus und einer Tastatur steuern kann.
Henner: PC-Software kann man dann in einem Fenster auf der Workbench laufen lassen und
Henner: so. Also es ist schon alles ziemlich cool, läuft nur leider ein bisschen langsam.
Henner: Ja, der zweite Amiga 2000, der kommt wieder aus den USA.
Henner: Dieser deutsche Amiga 2000a, wie er ja auch genannt wird, der ist zwar einigermaßen
Henner: erfolgreich, zumindest in Europa, aber der ist in der Produktion ziemlich teuer.
Henner: Vor allem, weil das ein sehr konventionelles Design ist.
Henner: Also im Grunde hat das deutsche Team den Amiga 1000 genommen,
Henner: in ein größeres Gehäuse gesteckt, die Platine vergrößert.
Henner: Also viel hinzugepackt, aber nichts optimiert.
Henner: Also es gibt keine Kostenoptimierungen und Vereinfachungen, wie es sie beim Amiga 500 gab.
Henner: Und dadurch ist er in der Produktion sehr aufwendig. Und jetzt macht sich in
Henner: den USA wieder in der Commodore-Zentrale in Westchester in Pennsylvania ein
Henner: drittes Team an die Arbeit, solch einen Amiga 2000 zu entwickeln.
Henner: Die nehmen also den 2000A aus
Henner: Deutschland und vereinen den jetzt mit den Verbesserungen des Amiga 500.
Henner: Das ist eine Aufgabe, die zwei Herren obliegt, namens Terry Fisher und Dave
Henner: Haney, den wir schon ein paar Mal zitiert haben. und die setzen in diesen 2000er
Henner: Amiga jetzt den FAT-Agnus-Chip ein aus dem Amiga 500.
Henner: Dadurch ist jetzt der Arbeitsspeicher auch in voller Größe von einem Megabyte
Henner: durch den Chipsatz adressierbar.
Henner: Also es hat jetzt ein Megabyte Chip-Rahmen, anders als der 2000a.
Henner: Die CPU kann man ähnlich wie beim IBM PC durch eine schnellere ersetzen.
Henner: Gute Idee, mehr Modularität ist ein Erfolgsmodell des IBM PCs.
Henner: Und sie ergänzen einen Videoslot. Das ist ein Steckplatz für Grafikerweiterungen,
Henner: wie zum Beispiel den GenLog, den wir auch schon mal erwähnt haben.
Henner: Der lief bislang über externe Hardware, jetzt kann man ihn in Form einer Karte nachrüsten.
Henner: Der GenLog dient der Synchronisierung mit einem externen Videosignal und das
Henner: wird für den Erfolg des Amigas auch noch sehr wichtig, weil man ihn dadurch
Henner: für eine Form von Videobearbeitung einsetzen kann.
Henner: Ja und insgesamt nähert er sich in Sachen Modularität also dem IBM PC an.
Henner: Und diese Variante, die wird auch bekannt als Amiga 2000 B oder auch 2000 CR,
Henner: wobei das CR für Cost Reduced steht.
Henner: Also obwohl sich hier einiges gebessert hat, ist er in der Produktion so günstiger
Henner: als der 2000 A aus Braunschweig.
Henner: Und der wird dann auch weltweit eingeführt, also diese B-Variante erscheint
Henner: dann im Jahr 1988 und löst das A-Modell ab.
Henner: Die sind allerdings äußerlich kaum zu unterscheiden, also dieser 2000B sieht
Henner: fast genauso aus wie der 2000A und beide, muss ich sagen, sind nicht mehr so
Henner: elegant wie der Amiga 1000, aber das Gehäuse musste nun mal wachsen,
Henner: damit man da diverse Karten reinstecken kann.
Henner: Aber jetzt müssen wir nochmal einen Schritt zurück machen. Wir sind ja jetzt
Henner: schon im Jahr 1988, aber erstmal müssen ja die beiden neuen Modelle,
Henner: also der 500er und der 2000a, auf den Markt kommen.
Henner: Und das passiert im Frühjahr 1987.
Henner: Zuerst in Europa und etwas später dann auch in den USA.
Henner: Und bei dieser Gelegenheit wird jetzt auch der erste Amiga umbenannt,
Henner: ganz offiziell auch in Amiga 1000, also auch als solcher beworben,
Henner: obwohl er, wie gesagt, diesen Namen immer schon eigentlich hatte.
Henner: Und in den USA, da nehmen wir mal die Preise uns vor, da kostet der Amiga 2000,
Henner: also das erste Modell, rund 2400 Dollar.
Henner: In Deutschland kostet er 4000 Mark, das entspricht dann hierzulande ungefähr 4400 Euro.
Henner: Und der kleine, der A500, der eigentlich interessantere von den beiden,
Henner: der kostet beim Start in den USA 700 Dollar und bei uns ungefähr 1300 Mark.
Henner: Das ist schon eher ein Heimcomputerpreis. Das entspricht heute ungefähr 1400 Euro.
Henner: Ja und was sagt denn die Presse damals dazu, Gunnar?
Gunnar: Ja die Presse ist erstmal wieder hingerissen, die wankelmütige Presse.
Gunnar: Das Info-Magazin mutmaßt dann im Mai 87 der Amiga 2000 sei dank seiner offenen
Gunnar: Architektur eine Maschine, die
Gunnar: erst weit im neuen Jahrtausend obsolet sein wird, vielleicht sogar nie.
Henner: Oh.
Gunnar: Da hat sich mal jemand weit aus dem Fenster gelehnt und die Happy Computer in
Gunnar: Deutschland sagt im April 1987, der Amiga 500 habe alle Anlagen,
Gunnar: den Heimcomputermarkt zu revolutionieren.
Gunnar: In seiner Preisklasse hat er einen klaren Technologievorsprung.
Gunnar: Na, immerhin, die Presse glaubt jetzt nochmal wieder an die Wände und es muss
Gunnar: ja auch nun diesmal klappen.
Gunnar: Die Werbung positioniert den 2000er jetzt klar als Arbeitsmaschine.
Gunnar: In Deutschland verspricht die Werbung die ganze MS-DOS-Welt. Jawohl, natürlich.
Gunnar: Und beim Amiga 500 ist sich Commodore immer noch nicht sicher,
Gunnar: was er jetzt eigentlich darstellen soll.
Gunnar: Eine deutsche Broschüre beschreibt ihn holprig als Computer,
Gunnar: der alle organisatorischen und kreativen Aufgaben erledigt.
Henner: Och, Commodore.
Gunnar: Meine Fresse, wir wollen doch nur spielen. So kommt es dann auch.
Gunnar: Der Amiga 2000 wird ein respektabler Erfolg in der kreativen Branche,
Gunnar: kommt in der Videoproduktion zum Einsatz und der 500er wird ein Hit.
Gunnar: Er hat den richtigen Formfaktor und den richtigen Preis, um in den späten 80er
Gunnar: Jahren jetzt endlich den C64 als populärsten Spieleheimcomputer zu beerben und
Gunnar: damit das Potenzial seiner Grafikchips zu entfalten.
Gunnar: Und damit hat der Amiga endlich Mitverspätung zu sich gefunden.
Gunnar: Sogar J. Minor zeigt sich 1990 zufrieden und meint, der Amiga 2000,
Gunnar: das sei ziemlich genau der Computer, den ich im Sinn hatte,
Gunnar: als Amiga 1982 startete und der 500er, der sei ähnlich zu der Spielemaschine,
Gunnar: die Dave Morris haben wollte.
Gunnar: Das war ja der Chef von Amiga, der so gerne Cartoons laufen lassen wollte.
Gunnar: Dafür, dass das so klappt, dafür sorgen vor allem die Spielebündel,
Gunnar: beginnend mit dem erfolgreichen Batman-Pack, das erscheint in England 1989 im Oktober,
Gunnar: ähnliche Bündel gibt es bald auch in Deutschland, etwa das Airbus A320-Paket,
Gunnar: der Amiga ist jetzt entgegenwärtig.
Gunnar: Auf dem Spielemarkt angekommen und die Entwicklerstudios stürzen sich auf die Maschine.
Gunnar: Insgesamt erscheinen 1988 mehr als doppelt so viele Spiele für den Amiga wie
Gunnar: 1987 und ein Jahr später überholt er in dieser Disziplin auch noch den C64.
Gunnar: Entsprechend beliebt ist der Rechner unter Spielern wie uns so.
Gunnar: In wenigen Jahren verkauft Commodore Millionen Stück vom Amiga 500.
Gunnar: So kann es weitergehen. Jetzt kann der Höhenflug beginnen, Henner.
Gunnar: Kommt aber nicht, Ja.
Henner: Wir werden sehen, ob es so weitergeht oder nicht. Das erfahren wir dann im nächsten
Henner: Teil und können wir schon spoilern vielleicht, dass das der Niedergang sein
Henner: wird, denn es geht nicht so weiter.
Henner: Aber das ist doch trotzdem ein versöhnliches Ende für diesen zweiten Teil,
Henner: dass der Amiga endlich zu sich gefunden hat und endlich auch Spielemaschine
Henner: sein darf, was ihm zwischendurch immer mal wieder verwehrt wurde.
Henner: Und mittlerweile scheint sogar Commodore das begriffen zu haben,
Henner: zumindest in Europa, denn dieses Spielebündel, das Batman Pack,
Henner: das wollen wir mal nicht unterverkaufen, das ist quasi die Erfindung des Computerspielebündels,
Henner: sowas gab es vorher gar nicht und das ist ein gigantischer Erfolg,
Henner: alleine verantwortlich für viele hunderttausend verkaufte Amiga 500.
Henner: Das ist aber eben eine britische, eine europäische Erfindung.
Henner: Auf die Idee ist man in den USA nicht gekommen.
Henner: Trotzdem, er ist jetzt endlich eine Spielemaschine und beim nächsten Mal reden
Henner: wir dann auch über Spiele.
Gunnar: Ja, das machen wir. Bis dahin, Henna, vielen Dank für das Gespräch und vielen
Gunnar: Dank euch fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.
Henner: Bis dann.