Stay Forever

Transkript

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Chris: Gunnar, im Jahr 2000 kommt Deus Ex raus, das Spiel, über das wir heute sprechen.

Chris: Und kurz darauf erscheint auf der US-amerikanischen Webseite Game Center ein

Chris: Test zum Spiel. Geschrieben wurde der vom Autor Tom Chick.

Chris: Und dieser Test ist ein vollumfänglicher Verriss.

Chris: Das Spiel, so argumentiert Chick, stecke voller halbgar zusammengefügter Spielmechaniken

Chris: und Verschwörungsklischees.

Chris: Es sei langwierig und verschlungen erzählt, ohne stringente Dramaturgie.

Chris: Es biete überwiegend unoriginelle, grafisch mittelmäßige Schauplätze mit wenigen

Chris: Menschen, dafür umso mehr Kisten.

Chris: Sein rollenspielartiges Progressionssystem bliebe ohne Mehrwert.

Chris: Es leide unter erbärmlicher Gegner-KI und zu allem Überfluss auch noch unter

Chris: Rucklern und Performance-Einbrüchen auf zeitgenössischen PCs.

Chris: Und weißt du was? Das stimmt alles. Das würde ich alles so unterschreiben.

Chris: Und trotzdem gilt Deus Ex heute auch uns beiden als eines der wichtigen,

Chris: vielleicht nicht der besten, aber eines der wichtigen Spiele seiner Ära und

Chris: es ist bis heute ausgesprochen beliebt.

Chris: Das ist ein interessanter Widerspruch, oder? Wie kann ein Spiel,

Chris: das in einigen seiner Einzelteilen ziemlich mau ist, trotzdem die Herzen erobern?

Chris: Und ich würde sagen, das schauen wir uns heute an.

Gunnar: Ich bin gar nicht sicher, ob ich mit der Prämisse überhaupt mitgehen will.

Gunnar: Wo sind wir denn hier? Das war ja erst mal Gotteslästerung. Also wenn du dich

Gunnar: jetzt bitte freiwillig rausbegeben würdest aus deinem Zimmer,

Gunnar: damit dich die Kommissare abführen können und hinter der Scheune erschießen.

Chris: So ist das. Wir sind im Polizeistaat gelandet. Sind wir hier im Jahr 2052 oder was?

Gunnar: Ja, das könnte schon sein, dass wir uns da was borgen müssen.

Gunnar: Aber ganz im Ernst, das ist natürlich eine Einzelmeinung aus der Zeit,

Gunnar: die im Gegensatz zum Tenor der Meinungen damals steht.

Gunnar: Das kann ja noch sein. Das gibt es ja häufig, dass da ein einzelner Visionär,

Gunnar: oft ich, in der GameStar die einzig richtige Wertung auf der Welt gegeben hat.

Gunnar: Aber der Tenor heute ist, dass das ein exzellentes Spiel ist.

Gunnar: Und das ist ganz interessant. Das hat mich fast ein bisschen überrascht.

Gunnar: Dazu kommen wir noch, aber schon mal Foreshadowing. Ich bin ein ganz großer

Gunnar: Fan von System Shock 2 und die von mir grob gegengescannte,

Gunnar: nicht wissenschaftlich ausgewertete Reddit-Gesamtmeinung ist 3 zu 1,

Gunnar: dass Deus Ex das bessere Spiel ist.

Chris: Interessant, ne?

Gunnar: Ja, find ich auch. Also, ich wollte da halt nur mal die Fallhöhe noch ein bisschen erhöhen.

Gunnar: Und dann haben wir noch so Leute wie unseren früheren Kollegen,

Gunnar: den Fabian Siegesmund. Der hat in einem Rückblicks-Video vor ein paar Jahren das hier dazu gesagt.

Fabian Siegismund: Also das war eigentlich für mich das ideale Spiel, weil's irgendwie Action war

Fabian Siegismund: und Shooter und Agentenkram.

Fabian Siegismund: Und dann haben wir noch dieser Cyborg gedöhnt und noch eine geile Story.

Fabian Siegismund: Das war wirklich ganz fantastisch.

Chris: Ja, da ist die Latte ja noch mal höher gelegt. Dass das ein beliebtes Spiel

Chris: ist, erkennt man auch daran, dass das der Wunsch unserer Zuhörenden war.

Chris: Denn diese Folge ist ja eine Remake-Folge. Wir beide haben schon mal über Deus

Chris: Ex gesprochen, Gunnar, für 13 Jahre in der zweiten Stay Forever-Folge und haben

Chris: dem Spiel sage und schreibe 43 Minuten gewidmet. Das waren echt noch andere Zeiten damals.

Gunnar: Ah, du stellst das nicht richtig dar. Die Folge hieß Iron Storm und wir haben

Gunnar: große Teile der Folge nicht über Deus Ex geredet.

Chris: Das ist wahr.

Gunnar: Also noch viel weniger als 43 Minuten.

Chris: Also das Bedürfnis nach einem Remake war groß. Auch wie gesagt bei unseren Zuhörenden,

Chris: wir haben drei Spiele zur Abstimmung gestellt, was wir remaken sollen.

Chris: Da waren andere große Klassiker dabei wie Vampire Bloodlines und Thief,

Chris: aber Deus Ex hat deutlich gewonnen.

Chris: Und also widmen wir uns heute dem Iron Storm Spielen.

Gunnar: Aber wenn wir hier schon so mit Kritikermeinungen durch die Gegend werfen,

Gunnar: dann fragen wir doch mal den deutschen Großkritiker Christian Schmitt.

Gunnar: Den stellvertretenden Chefredakteur der GameStar in der Ausgabe 7 2011,

Gunnar: der gesagt hat, das sei ein Shooter mit Intelligenz und Gewissen.

Gunnar: In der typischen distanzierten GameStar-Manier. Ich habe auch echt nicht festgelegt

Gunnar: auf irgendwas Besonderes.

Chris: Da müsstest du mal reingucken in das, was ich damals geschrieben habe,

Chris: um überhaupt nachvollziehen zu können, was ich mit Intelligenz und Gewissen gemeint habe.

Chris: Das erschließt sich mir nämlich nicht sofort, jetzt aus der klügeren Perspektive von heute.

Gunnar: Ich weiß auch nicht. Ich nehme an, es soll ein Lob sein.

Chris: Ja, ja, bestimmt.

Gunnar: Ja, ja, ja.

Chris: Nun, also was haben wir denn da vor uns mit Deus Ex? Wir haben ein Spiel aus

Chris: dem Jahr 2000, genauer gesagt aus dem Juni 2000.

Chris: Und das Jahr 2000 ist ja überhaupt eines der Besten der Spielegeschichte.

Chris: Da sind erschienen Baldur's Gate 2, Diablo 2, Die Sims, Age of Empires 2.

Chris: Und es war aber vor allen Dingen auch ein echt gutes Jahr für 3D-Action-Spiele.

Chris: Thief 2, No One Lives Forever, Hitman, Rainbow Six,

Chris: Elite Force, Soldier of Fortune und da passt Deus Ex wunderbar rein,

Chris: weil das fällt in eine Zeit großer Fortschritte in diesem 3D-Actionspiel-Sektor

Chris: und vor allem auch großer Gameplay-Experimente in diesem Bereich.

Chris: Also wie gesagt, ein Rainbow Six, ein Hitman, das sind ja ganz unterschiedlich

Chris: ausgeprägte Spiele, die neue Dinge ausprobieren und bei Deus Ex ist es ganz ähnlich.

Gunnar: Ja, das Spiel gilt ja deswegen richtungweisend bis heute, weil es ein prototypischer

Gunnar: Vertreter eines selten eingesetzten Genres ist, nämlich der Immersive Sim,

Gunnar: der immersiven Simulation und überhaupt das erste Spiel, das jemals so genannt wird.

Gunnar: Auch erst danach, also nicht währenddessen, sondern erst danach vom Designer

Gunnar: selber, von dem von uns allen immer sehr geliebten Warren Spector.

Gunnar: Der hat das so gesagt, dass es eine Immersive Sim sei und damit ein eigenes

Gunnar: Subgenre zwischen Shooter und Rollenspiel vielleicht, wenn man das so sagen kann.

Gunnar: Im Rückgriff auf sein eigenes Großwerk System Shock, auf das sich alles immer

Gunnar: so ein bisschen zurückbezieht.

Chris: Sein eigenes. Ich meine, das stammt von Looking Glass und er war da als Producer dran beteiligt.

Gunnar: Ja, das reicht.

Chris: Aber ja, ich würde sagen, die Blaupause ist eigentlich eher ein System Shock

Chris: oder vielleicht sogar noch ein Ultima Underworld vorher.

Chris: Wir haben das damals in der GameStar, als es diesen Begriff der Immersive Sim

Chris: noch nicht gab, immer Rollenspiel-Shooter genannt. Diese Art von Spiel.

Chris: In Abgrenzung vom Action-Rollenspiel, weil Action-Rollenspiel war ja bei uns

Chris: reserviert für die Diablo-artigen.

Gunnar: Ja, ich finde es eigentlich in der Rückschau ein bisschen sehr spießig,

Gunnar: wie wir das bei GameStar gemacht haben mit den Genre-Bezeichnungen.

Gunnar: Aber eigentlich hat es auch so eine Einfachheit und man ist nicht jeden Marketing-Namen mitgegangen.

Gunnar: Immersive Sim, ja, ja, ja, Jungens. Ehrlich, es ist ein Rollenspiel-Shooter.

Chris: Ja, das gilt für dieses Spiel vielleicht, aber nicht unbedingt für alle Immersive Sims.

Chris: Naja, ist ja auch wurscht, in dieser Genre-Diskussion steigen wir jetzt nicht ein.

Chris: Es sieht aus wie ein Shooter, es wird aus der Ego-Perspektive gespielt in der

Chris: Unreal Engine, die damals State of the Art war.

Chris: Es kommt aus den USA, genauer gesagt entwickelt bei Ironstorm Austin,

Chris: also bei der Zweigstelle in Austin.

Chris: Ironstorm, die Mutterfirma, saß in Dallas und gepublished wurde das Ganze von Eidos.

Chris: Und wir sind in Deus Ex in der düsteren Zukunft.

Chris: Es ist das Jahr 2052, also aus der Perspektive des Erscheinungsjahres von Deus

Chris: Ex rund 50 Jahre in der Zukunft. und die Welt ist in keinem guten Zustand, Gunnar.

Gunnar: Nee, in keinem guten Zustand. Ein mysteriöser Krankheitserreger namens Covid,

Gunnar: namens grauer Tod, breitet sich weltweit aus und erreicht epidemische Ausmaße.

Gunnar: Der ist richtig tödlich. Und die einzige Möglichkeit, den unter Kontrolle zu

Gunnar: halten, diesen grauen Tod, ist das Medikament Ambrosia.

Gunnar: Davon gibt es aber nicht so viel. Und daher muss man die Vorräte gut verteilen,

Gunnar: Zum Beispiel an kriegswichtige Gruppen oder an reiche Leute und so.

Gunnar: Terrorgruppen nutzen die Verzweiflung der Bevölkerung aus und die Regierungen

Gunnar: der Welt. Was sollen sie machen? Sie haben keine andere Möglichkeit.

Gunnar: Sie brauchen Militär, um sich dagegen zu wehren und gründen die Antiterror-Koalition

Gunnar: der Vereinten Nationen.

Gunnar: Die UNATCO, eine paramilitärische oder militärische Weltkrise.

Gunnar: Polizei. Und wir spielen hier

Gunnar: in diesem Spiel einen neuen Rekruten dieser Truppe, nämlich J.C. Denton.

Gunnar: Der gehört zu ihrer Elite-Abteilung, ist nicht also ein einfacher Soldat und der fängt da jetzt an.

Gunnar: Der Anfang des Spiels beginnt auch so, dass man da erstmal eingeführt wird in

Gunnar: den Job und die E-Mail-Adresse wird eingerichtet und es wird einem gezeigt, wo das Fax steht und so.

Chris: Ja, passt. Außer dass halt da noch gerade dieser Terror-Angriff auf die Freiheitsstatue

Chris: stattfindet, wo man mal eben aufräumen soll, zu Spielbeginn.

Chris: Das kennen wir auch deswegen, weil Chase Denton eine besondere Art von Geheimagent ist.

Chris: Die UNEDCO hat in dieser nahen Zukunft bereits seit einiger Zeit experimentiert

Chris: mit Augmentierungen, also erstmal mechanischen Augmentierungen.

Chris: Da sind Agenten im Einsatz, die haben bionische Arme und Augenimplantate und solche Dinge.

Chris: Alles noch recht klanky und sehr offensichtlich, wenn da so ein augmentierter

Chris: Agent dahergestapft kommt.

Chris: Aber jetzt gibt es eine neue Generation Nano-augmentierte Agenten,

Chris: die auch das alles können, die also besondere Fähigkeiten haben,

Chris: übermenschliche Stärke und so weiter.

Chris: Aber man sieht es ihnen nicht mehr unbedingt an, bis auf die Kleinigkeit,

Chris: dass sie strahlend blaue Augen haben.

Chris: Deswegen trägt JC und sein älterer Bruder Paul, die beiden sind die einzigen

Chris: Agenten, die diese Nano-Augmentierung schon haben, also die ersten in ihrer Art.

Chris: Deswegen tragen die beiden auch immer eine Sonnenbrille, auch in der Nacht.

Gunnar: Das ist ganz hübsch, weil das Spiel aus diesem kleinen Fakt auch ein bisschen

Gunnar: Storytelling-Kapital schlägt, weil das sind nämlich die New Kids on the Block,

Gunnar: die Neuen, der heiße Scheiß und die alten Leute, die, damit sie einen starken

Gunnar: Arm haben, sich vorher erst den Arm abschneiden mussten und dann einen aus Metall

Gunnar: drangedengelt bekamen,

Gunnar: die finden das schon doof, dass das jetzt ohne Entstellungen vor sich geht.

Gunnar: Und die haben Angst, dass diese neuen Leute, diese Nano-Leute,

Gunnar: die alten, augmentierten Cyborgs obsolet machen.

Gunnar: Das ist jetzt kein Hauptthema, aber das kommt am Rande vor.

Chris: Ja, ganz am Rande, ja.

Gunnar: Das ist ganz hübsch. Aber dann beginnt das Spiel tatsächlich da,

Gunnar: wo du gesagt hast, es gibt nämlich eine Terrororganisation, die NSF und die

Gunnar: hat eine Lieferung von Ambrosia gekapert.

Gunnar: Das ist nicht so gut gelitten bei der Regierung und dann wird J.C.

Gunnar: Denton und sein Bruder, die werden entsandt, um das zurückzuholen.

Chris: Genau, wir sind am Anfang in den USA. Die UNEDCO hat ihr Hauptquartier in New

Chris: York City und da ist also auch dieser erste Einsatz, wo die Freiheitsstatue

Chris: von den NSF-Terroristen gekapert wurde.

Chris: Aber dieses Spiel ist zur einen Hälfte so eine Art Shadowrun-artige Zukunftsdystopie

Chris: mit großen Konzernen, mit zwielichtigen Strippenziehern im Hintergrund,

Chris: mit augmentierten Menschen.

Chris: Es hat jetzt nicht diese ganzen bizarren und absurden Twists wie ein Shadowrun,

Chris: aber es hat diesen leichten cyberpunkigen Einschlag. Und auf der anderen Seite

Chris: ist es aber schon auch irgendwie James-Bond-artige Geheimagentenerzählung.

Chris: Denn wir sind ja hier schon ein spezielles Mitglied einer Geheimorganisation,

Chris: die das internationale Verbrechen bekämpft.

Chris: Und dementsprechend geht die Reise auch durchaus um die Welt.

Chris: Wir sind zwar jetzt am Anfang längerer Zeit in den USA und werden da auch immer wieder zurückkehren.

Chris: Aber die beiden anderen großen Schauplätze, die Jay-Z im Laufe seines Abenteuers

Chris: besuchen wird, sind Hongkong in China und Paris in Europa. Und daneben gibt

Chris: es noch eine Reihe kleinerer Abschnitte.

Chris: Denen allen ist eines gemeinsam, das gesamte Spiel spielt von vorne bis hinten

Chris: bei Nacht und es sind überwiegend urbane Schauplätze,

Chris: also Innenstädte oder größere Industrie- und Militäranlagen,

Chris: mal eine Luftwaffenbasis, mal eine Schiffswerft.

Chris: Und da sind auch sehr coole Sachen dabei, wie so ein belebter innenstädtischer

Chris: Markt in Hongkong oder ein riesiges Containerschiff oder ein verlassenes Herrenhaus in Frankreich.

Chris: Aber grundsätzlich ist das schon ein geerdetes, urbanes und wie gesagt recht düsteres Szenario.

Gunnar: Ja, das wird angereichert durch das nicht vollkommen Cyberpunk-immanente,

Gunnar: aber Cyberpunk-nahe Ding mit den Verschwörungstheorien.

Gunnar: Weil hier kommen die Illuminaten vor, Majestic 12, die Tempelritter,

Gunnar: die kommen auch wirklich vor.

Gunnar: Die werden nicht nur so als Boomer im Hintergrund hingestellt,

Gunnar: sondern man trifft auch Leute von denen.

Gunnar: Das hat in einem der Tests, ich glaube, in einer der Previews,

Gunnar: ich glaube, von GameStar, zu so einem ganz rührenden Kasten geführt,

Gunnar: wo Verschwörungstheorien vorgestellt wurden, mit der Unschuld,

Gunnar: des Jahres 2000. Ich meine, heutzutage ist das Thema Verschwörungstheorien ja

Gunnar: mal ein ganz anderes. Wir nehmen die Folge hier im Jahr 2024 auf.

Gunnar: Und damals hat man da noch es für eine typische Verschwörungstheorie gehalten,

Gunnar: zu sagen, naja, also, dass es Bielefeld nicht gibt, ist ja auch eine.

Gunnar: Ist alles ganz harmlos noch. Und hier wird das in der Spielwelt aber ernst genommen.

Gunnar: Das Spiel macht da keine Aussage über unsere Welt, aber in der Spielwelt gibt

Gunnar: es diese ganzen Sachen. Und das Spiel arbeitet auch damit.

Chris: Genau, es ist diese uralte Erzählung von der Weltverschwörung,

Chris: also von mächtigen Strippenziehern im Hintergrund, denen nichts weniger gelegen ist,

Chris: als das gesamte Schicksal der Welt zu lenken und zwar zu ihren Zwecken und nicht

Chris: unbedingt zum Wohle der Menschheit und auf welche Art und Weise die das machen

Chris: und wie das Spiel dann da die verschiedenen Fassadstücke zusammenbaut,

Chris: das besprechen wir noch.

Chris: An der Stelle nochmal ein paar Grundlagen dazu, was ist das jetzt eigentlich für ein Spiel?

Chris: Also das charakteristischste Merkmal von Deus Ex sicher auch,

Chris: das was am faszinierendsten an dem ganzen Spiel ist, ist seine hybride Natur,

Chris: dass hier also verschiedenste Dinge zusammengefügt werden zu einem Ganzen,

Chris: das man so in dieser Form vorher selten, vielleicht sogar noch nie gesehen hat.

Chris: Da gehören zum einen erzählerische Dinge dazu,

Chris: wie, also wir gehen natürlich auf Einsätze und das sind dann Gefahrenzonen,

Chris: wo Feinde unterwegs sind und wo wir uns irgendwie durchschlagen müssen,

Chris: aber das wird immer mal wieder unterbrochen durch Ruhephasen,

Chris: wo rein erzählende Spielabschnitte kommen,

Chris: wie zum Beispiel das UNEDCO Hauptquartier.

Chris: Dass man einfach nur erkundet, wo man mit Menschen spricht, wo man sich an seinen

Chris: Schreibtisch setzt und so weiter und wo Erzählung vorangetrieben wird.

Chris: Und das kommt immer mal wieder. Der Markt in Hongkong, der Nachtclub in Paris,

Chris: das sind Szenen, in denen keine Gefahr herrscht, sodass also so ein interessanter

Chris: Rhythmus entsteht aus Anspannung und Einsatz und dann aber auch wieder den ruhigeren Erzählpassagen.

Chris: Die eigentliche hybride Natur des Spiels liegt aber in der Spielmechanik.

Chris: Das haben wir vorhin schon angerissen bei dieser kurzen Diskussion um das Genre.

Chris: Wie ordnet man das eigentlich ein?

Chris: Rollenspiel-Shooter. Da stecken ja schon mal mindestens zwei Sachen.

Chris: Ist es jetzt ein Rollenspiel oder ist es ein Shooter? Was ist es denn?

Gunnar: Wenn ich mich festlegen müsste mit der Waffe am Kopf, würde ich sagen,

Gunnar: es ist ein Shooter mit Rollenspielelementen.

Chris: Ich würde sagen, es ist ein Rollenspiel mit Shooter-Elementen. So, fight.

Gunnar: Das sind beides sehr unterschiedliche Positionen. Es gibt, finde ich, Argumente für beides.

Gunnar: Aber es ist in jedem Fall ein Hybrid, weil je nachdem, wie man spielt und was

Gunnar: passiert an bestimmten Stellen, wirken die einen oder anderen Mechaniken eher.

Gunnar: Man kann es ein bisschen mehr wie ein Shooter spielen und man kann es ein bisschen

Gunnar: mehr wie ein Rollenspiel spielen. Man kann die Rollenspielelemente in seiner

Gunnar: Spielerfahrung betonen.

Gunnar: Ich habe hier stehen auf dem Zettel, es ist eine flexible Kombination aus Action und Rollenspiel.

Gunnar: Bin nicht sicher, ob ich das flexible vollhalten würde, aber eine Kombination

Gunnar: daraus ist es und das hat ja auch einen Zweck.

Gunnar: Das hat den Zweck, dem Spieler Entscheidungsfreiheit einzuräumen,

Gunnar: wie er Aufgaben lösen will. Das ist ja in Rollenspielen gar nicht untypisch.

Gunnar: Ganz oft kann man in Rollenspielen Sachen auf unterschiedliche Art lösen,

Gunnar: durch Zaubern, durch das Schwert, durch den Diebes-Skill oder sowas.

Gunnar: Und so ist es ja auch. Mit bestimmten Skill-Elementen kann man Aufgaben lösen

Gunnar: und man kann aber auch noch schießen.

Gunnar: Wohingegen der Shooter natürlich immer der berühmte Hammer ist,

Gunnar: der nach einem Nagel sucht.

Chris: Das Augenfälligste ist natürlich die Shooter-artige Perspektive,

Chris: weil wir hier in der Ego-Perspektive durch die Welt gehen und eine Waffe vor uns halten.

Gunnar: Die Steuerung auch.

Chris: Ja, und die Steuerung, genau. Das sieht schon alles sehr aus wie ein Shooter

Chris: und das sieht nicht unbedingt auf den ersten Blick wie ein Rollenspiel aus.

Chris: Es hat, anders als das System Shock 2, das wir vorhin schon referenziert haben,

Chris: das ja im Jahr vorher rausgekommen ist, 1999, anders als das hat Deus Ex keine

Chris: Charakterwerte. So ein klassisches Character Sheet gibt es da nicht.

Chris: J.C. Denton, unser Protagonist, hat eine Lebensenergie und eine Art Mana-Energie,

Chris: das nennt sich hier bioelektrische Energie, aber das war es auch schon.

Chris: Also das sind die Stats, die er ins Feld führt. Was er allerdings hat, sind Zaubersprüche.

Chris: Das nennt sich hier Augmentierungen. Das muss natürlich in diese cyberpunkige

Chris: Welt passen, aber die funktionieren de facto wie Zaubersprüche.

Chris: Wenn man die einschaltet, verbrauchen sie die bioelektrische Energie und zwar fortlaufend.

Chris: Also was man von Anfang an hat, ist einen Scheinwerfer und den kann man ein-

Chris: und ausknipsen wie eine Taschenlampe.

Chris: Das entspricht dem Lichtzauber sozusagen. Und da lernt Jay-Z dann im Laufe des

Chris: Spiels verschiedene neue und wie in einem typischen Rollenspiel kann man auch

Chris: selbst Entscheidungen darüber treffen, welche das sein sollen.

Chris: Und die andere Sache, die er hat, sind Talente.

Chris: Wie in einem Rollenspiel, das sind natürlich welche, die hier ins Szenario passen,

Chris: also so Dinge wie Hacking oder der Umgang mit verschiedenen Waffentypen oder

Chris: das Knacken von Schlössern.

Chris: Da investiert man Punkte rein, um die sukzessive zu verbessern im Laufe des Spiels.

Chris: Das sind die klassischen, zumindest systemischen Anleihen beim Rollenspiel.

Gunnar: Es beginnt auch mit einer Charaktererschaffung und das nennt das ja auch so.

Gunnar: Obwohl diese Charaktererschaffung nicht das Auswürfeln von Werten wie in einem

Gunnar: Rollenspiel involviert und auch nicht so lange dauert.

Gunnar: Im Wesentlichen gibt man nur die Skillpunkte aus für diese von dir genannten Talente.

Gunnar: Das ist ja trotzdem ein ganz anderer Anfang und ein ganz anderes Setup als ein

Gunnar: typischer Ego-Shooter.

Gunnar: Hier kriegt man erstmal gesagt, so mal ruhig jetzt hier, bevor du hier gleich

Gunnar: losschießen kannst, mein Freund, suchst du erstmal aus, wie viele Punkte du

Gunnar: für Schwimmen ausgeben willst. Du brauchst es vielleicht noch.

Gunnar: Und dann gehen diese Skills in wenigen Stufen hoch und dann kann man die im Spiel einsetzen.

Chris: Wo es interessant wird und wo sich dann Deus Ex auch unterscheidet von typischen Rollenspielen,

Chris: ist, dass diese Systeme, also Skills und Augmentierungen, Schrägstrich Zaubersprüche

Chris: und aber, was auch klassisch Rollenspiel ist, es gibt ein Inventar und du kannst Gegenstände finden,

Chris: nicht nur Waffen und Munition, sondern allerlei nützliche Dinge,

Chris: dass sich diese Systeme teilweise so stark überlappen, dass sie redundant werden.

Chris: Also du hattest gerade schon das Beispiel Schwimmen.

Chris: Schwimmen ist ein Skill. Wenn du den erhöhst, dann bewegst du dich unter Wasser

Chris: schneller und kommst also weiter, bevor dir die Luft ausgeht.

Chris: Es gibt aber auch eine passende Augmentierung.

Chris: Aqualunge heißt die. Wenn die an ist, dann kann man den Atem länger anhalten

Chris: und kommt unter Wasser weiter.

Chris: Und es gibt auch einen Gegenstand, ein Atemgerät. Wenn du das unter Wasser anziehst,

Chris: dann versorgt es dich eine Weile mit Zauberstoff und du kommst weiter unter

Chris: Wasser. Das sind drei verschiedene Dinge, die das Gleiche tun oder das Gleiche

Chris: Ergebnis haben, die man auch kombinieren kann, um sie noch mächtiger zu machen.

Chris: De facto aber reicht jedes einzelne

Chris: von diesen Dingen aus, um jedes Wasserhindernis im Spiel zu bewältigen.

Chris: Das heißt, das Spiel gibt dir hier eine Auswahl. Es gibt dir verschiedene Werkzeuge

Chris: an die Hand, die im Endeffekt auf das Gleiche hinauslaufen.

Chris: Aber es erlaubt dir, eine Entscheidung zu treffen, was dir lieber ist.

Chris: Möchte ich auf begrenzte Gegenstände ausweichen oder möchte ich einen Skill

Chris: erlernen oder möchte ich einen Zauber wirken sozusagen?

Chris: Um unter Wasser mich zu bewegen.

Gunnar: Ja, aber das ist ja auch nichts, was wir aus Rollenspielen nicht schon kennen.

Gunnar: Da kannst du ja auch Türen einschlagen und aufzaubern und die Türschlösser knacken.

Gunnar: Das hat hier, denke ich, den Sinn, dir einen Spielstil zu ermöglichen, der dir liegt.

Gunnar: Es geht hier nicht um Effizienz, sondern es geht darum, das zu machen,

Gunnar: was deinem Charakter im Rollenspiel oder deinem Gefühl am nächsten kommt.

Chris: Das stimmt. Dann lass es mich vielleicht präzisieren, dann ist der augenfälligere

Chris: Unterschied zum klassischen Rollenspiel ist, dass du in einem Rollenspiel ja,

Chris: in der Rollenspiel-Progression durch Levelaufstiege und Erfahrungsgewinne und

Chris: sowas ein mächtigerer Charakter wirst.

Chris: Und auch in Deus Ex gibt es eine solche Progression. Aber das ist nur teilweise Machtgewinn.

Chris: Das ist vor allen Dingen eine Progression der Möglichkeiten.

Chris: In Deus Ex wirst du nie mehr Lebenspunkte haben als am Anfang des Spiels.

Chris: Und du wirst auch nie mehr bioelektrische Energie haben.

Chris: Das ist einfach unveränderbar. Das, was dazukommt, sind neue Möglichkeiten der

Chris: Interaktion mit der Spielwelt und der Erweiterung deiner Vorgehensweise.

Chris: Das finde ich ganz relevant, weil das Spiel definiert sich darüber viel stärker

Chris: als über so einen klassischen Machtgewinn.

Chris: So, jetzt hat er Stärke plus drei und hat nochmal 100 Lebenspunkte obendrauf.

Chris: Sowas gibt es in Deus Ex nicht.

Gunnar: Das ist ganz angenehm, weil das ein bisschen auf den Realismus einzahlt.

Gunnar: Diese Rollenspielsysteme, wo ein Charakter, der 85 ist, aber 500 Gesundheit

Gunnar: hat, weil er so lange aufgelevelt hat und ein Charakter, der 18 ist,

Gunnar: ist halt viel schwächer automatisch, weil er die Erfahrung nicht hat.

Gunnar: Das ist ja durch die Verseuchung des gesamten Rollenspiels mit D&D geschehen,

Gunnar: sage ich mal so kritisch, und als Konvention dann von den ganzen Computerspielen übernommen worden.

Gunnar: Es gab auch Rollenspiele, die das eher so gemacht haben wie Deus Ex.

Gunnar: Und bei Deus Ex legt es aber halt den Fokus da dann sehr auf das Mechanische, möchte ich sagen.

Gunnar: Die Augmentierung und derlei Dinge, mit denen du weiterkommst,

Gunnar: und das macht deine Progression aus.

Gunnar: Und das macht dich auch mächtig. Du bist nicht von Haus aus stärker.

Gunnar: Deine Augmentierungen werden besser.

Chris: Genau, es gibt natürlich schon Systeme, die darauf einzahlen,

Chris: dass du besser wirst, sogar ziemlich viele.

Chris: Das ist ein relativ komplexes Spielsystem und diese Systeme sind teilweise gestaffelt

Chris: oder ineinander verschachtelt.

Chris: Um mal ein Beispiel dafür zu nehmen, wir nehmen mal eine ganz einfache Waffe

Chris: wie die Schrotflinte, Gunnar. Gibt natürlich auch hier im Spiel eine Schrotflinte.

Chris: Bringst du zusammen, auf wie viele Art und Weise man mit der Schrotflinte besser werden kann?

Gunnar: Ich glaube nicht, ehrlich gesagt, aber ich kann mal anfangen und dann musst du das ergänzen.

Gunnar: Also ich kann natürlich den Rifle-Skill ausgebaut haben.

Gunnar: Dann gibt es Upgrades für die Waffen, du kannst ja ein Zielfernrohr und solche

Gunnar: Sachen an die Waffe schrauben, eine größere Munitionsladung und sowas.

Gunnar: Jedenfalls kannst du die Waffe direkt verbessern, mechanisch sozusagen.

Gunnar: Und dann kannst du natürlich Augmentierungen verbessern, die dich besser zielen

Gunnar: lassen und besser schießen lassen. So, was habe ich vergessen?

Chris: Genau, du hast drei von fünf.

Gunnar: Ah, immerhin.

Chris: Ja, das ist schon nicht schlecht. Das ist alles richtig, was du gesagt hast.

Chris: Es gibt natürlich auch schlichtweg eine bessere Schrotflinte im Spiel,

Chris: die deine erste ersetzt. Und es gibt unterschiedliche Munitionstypen.

Chris: Also du kannst die Standardmunition später durch panzerbrechende Munition ersetzen.

Chris: Und auch das macht die Schrotflinte effektiver. Also fünf verschiedene Systeme,

Chris: die auf die Wirksamkeit einer Waffe einzahlen.

Chris: Man könnte sagen, das ist flexibel. Aber um ehrlich zu sein,

Chris: da ist nichts flexibel dran, weil man will das ja alles haben.

Chris: Es ist nur kleinteilig in diesem Fall. Und der Nachteil von so granularen Systemen

Chris: ist, dass das so inkrementelle Verbesserungsschritte sind, also man jeden Einzelnen

Chris: nicht unbedingt stark wahrnimmt.

Chris: Aber das Prinzip von Deus Ex ist da schon ganz gut wiedergegeben,

Chris: finde ich, nämlich alles kann, nichts muss.

Chris: Die Kernphilosophie von Deus Ex ist, wähle deinen eigenen Weg.

Chris: Hier ist jede Menge Zeug, das miteinander interagiert, das teilweise dasselbe

Chris: macht. Aber wähle das, was dir gefällt und ignoriere halt den Rest.

Chris: Und das, finde ich, ist für 3D-Spiele ein relativ neues Paradigma in dieser Zeit.

Chris: Du hast natürlich recht, dass auch Rollenspiele unterschiedliche Vorgehensweisen

Chris: oder Entscheidungen ermöglichen.

Chris: Aber oft sind das ja, gerade auf der Charakterebene, sind das ja doch fixe Entscheidungen.

Chris: Also spiele ich einen Magier oder Krieger?

Chris: Krieger heißt, na gut, dann spiele ich halt ohne Zauber einzusetzen.

Chris: Und Magier heißt, gut, dann werde ich nie Rüstungen anziehen können für den Rest des Spiels.

Chris: Deus Ex funktioniert aber nicht so. DSX funktioniert eigentlich so,

Chris: dass dir zu jeder Zeit im Endeffekt alle Möglichkeiten offen stehen.

Chris: Ich kann das eine Level durchballern und im nächsten kann ich schleichen.

Chris: Und das dritte kann ich bis in den letzten Winkel erkunden und im vierten kann

Chris: ich straight zum Ausgang rennen.

Gunnar: Du kannst es sogar innerhalb des Levels wechseln, logischerweise.

Chris: Ja, genau.

Gunnar: Dazu kommen wir noch ein bisschen, weil das ist das, was ich glaube,

Gunnar: was man realistisch macht, wenn man nicht auf Effekt spielt.

Gunnar: Wollte aber noch hinzufügen, dass diese Systeme, die du beschreibst,

Gunnar: diese überlappenden, sich teilweise ersetzenden Spielsysteme,

Gunnar: dass das Systeme des Mangels und des Überflusses gleichzeitig sind.

Gunnar: Du hast manchmal von allem total viel, mehr als du brauchen kannst und dafür

Gunnar: hast du das andere nicht.

Gunnar: Das ist nicht immer alles gleichzeitig da. Manchmal hast du halt kein Upgrade-Kit

Gunnar: für deine Schrotflinte mehr, weil du es leichtsinnig auf eine Pistole verbraucht

Gunnar: hast, die du gar nicht mehr brauchst.

Gunnar: Oder weil du Fehlentscheidungen im Aufmarsch zu dieser Entscheidung getroffen hast.

Gunnar: Das heißt, einerseits gibt es fünf Systeme, aber dir stehen vielleicht nur drei

Gunnar: zur Verfügung jetzt gerade oder vielleicht nur zwei.

Chris: Das ist eine gute Beobachtung. Und natürlich ist es auch so,

Chris: dass wenn man das so runterbricht auf diese granularen Systeme,

Chris: dann hat der Spieler natürlich häufiger Mikroentscheidungen zu treffen.

Chris: Was für mich bedeutet, ich komme häufiger in die Situation,

Chris: wo ich eine Verbesserungsentscheidung treffe, hier mal ein Upgrade-Kit rein

Chris: und da mal ein Skill verbessern, anstatt dass ich auf den nächsten großen Level

Chris: abwarten muss in zwei Spielstunden und dann auf einmal Sick-Entscheidungen innerhalb

Chris: von fünf Minuten treffe.

Chris: Das ist schon ganz schön, dass das Spiel das so streut, dass ich immer mal wieder

Chris: was zu tun oder was zu entscheiden habe.

Gunnar: Lass uns in diese Sache mal einen Pin stecken. Und wenn du hinterher das Spiel

Gunnar: kritisieren willst, komme ich auf diesen Punkt nochmal zurück.

Gunnar: Ich finde das eine der ganz großen Stärken des Spiels.

Chris: Du ahnst schon, dass ich das Spiel kritisieren will.

Gunnar: Gerade im Vergleich zu modernen Spielen. Weil in modernen Spielen gibt es so

Gunnar: eine Unart von, am Ende eines Levels trifft du 25 Entscheidungen,

Gunnar: die alle einen Vorteil und einen Nachteil haben. Und eigentlich sind sie alle

Gunnar: bedeutungslos dadurch.

Gunnar: Und hier wird das gestreut und sehr angenehm. Und ich fand auch,

Gunnar: dass die kleinen Fortschritte durch irgendwie ich finde irgendwas und schraub

Gunnar: es irgendwo dran und so, dass sich die einigermaßen befriedigend angefühlt haben.

Chris: Ja, mal so, mal so. Es kommt ja auch häufig genug, dass man dann in Summe schon

Chris: einen Unterschied merkt.

Chris: Aber das läuft ja alles unter diesem Rubrum des Sandbox-Prinzips,

Chris: dass man vom Spiel eine ganze Fülle von Systemen und Hilfsmitteln bekommt und

Chris: dann selbst entscheiden kann, wie man damit umgeht.

Chris: Und da sind wir auch beim Nukleus von dem, wofür Deus Ex damals wie heute geschätzt

Chris: wird und warum es häufig auf ein Podest gestellt wird.

Chris: Und die Leute sagen, guckt euch mal an, was das Spiel gemacht hat.

Chris: Und es hat mir als Spieler, als Spielerin die Möglichkeit gegeben,

Chris: immer wieder neu zu entscheiden, wie ich vorgeben möchte.

Chris: Also es hat mich ermächtigt, das traut mir Freiheit zu, anstatt mich in ein

Chris: enges Korsett zu zwingen.

Chris: Und ich würde sagen, Gunnar, damit wir das mal ein bisschen deutlicher machen

Chris: und greifbar machen, was das bedeutet, nehmen wir uns mal eine Beispielmission vor.

Gunnar: Ja gut.

Chris: Okay, die Mission, die ich rausgesucht habe, ist schon ein bisschen weiter im

Chris: Spiel. Wir sind in Hongkong.

Chris: Und hier ist Chasey Denton auf der Suche nach einem Mann namens Tracer Tong.

Chris: Hongkong, soviel haben wir schon erfahren, wird gerade von einem Bandenkrieg geschüttelt.

Chris: Die Triaden des Luminous Path kämpfen gegen die Emporkömmlinge der Red Arrows.

Chris: Und im Viertel Tonnochi Road, da steht der Luxuswohnturm Queen's Tower.

Chris: Der Aufzug bringt uns ganz nach oben ins Penthouse.

Chris: Die Wände und Decken des hellen, zweistöckigen Apartments sind holzgetäfelt.

Chris: Deckenlicht öffnet den Blick in den grauen Nachthimmel, alles ist edel eingerichtet.

Chris: Die Teppiche wurden in Tibet handgefertigt, so informiert uns die Haushälterin,

Chris: während sie uns zu ihrer Chefin bringt, der ehemaligen Schauspielerin und jetzt

Chris: erfolgreichen Geschäftsfrau Maggie Chow.

Spielton: Mother Chow, Mr. J.C. Denton. In the flesh.

Spielton: As dark and serious as his brother. You know who I am. And Paul? You know my brother?

Spielton: Intimately. Call me Maggie.

Chris: Maggie erklärt uns, warum die Trinaden miteinander kämpfen.

Chris: Den Red Arrows wurde eine wertvolle Waffe gestohlen, ein Nanotech-Schwert,

Chris: und zwar vom Luminous Path, von der anderen Gruppe.

Chris: Die örtliche Polizei, so sagt Maggie Chow, hat die Beweise, handelt aber nicht.

Chris: Und wir sollen in die Polizeistation einbrechen und die Beweise finden.

Spielton: Ich versuche die Menschen über den Gefahr. Und die Luminous Path meint,

Spielton: wie ein Liar. Die Polizei hat alles die Wahrnehmung, die sie brauchen, um das zu zetteln.

Spielton: Locked in der Station, in der Wan Chai Market. Aber sie werden nicht actieren.

Spielton: Gehen und schauen. Ich weiß die Kode in ihrem Valt. 87342.

Chris: Also verlassen wir ihr Apartment wieder, gehen zurück zum Markt in die Polizeistation

Chris: und dann stellt sich heraus, Maggie Chow lügt.

Chris: Sie selbst hat das Schwert gestohlen und spielt die beiden Triadengruppen gegeneinander aus.

Chris: Also lautet jetzt unser Plan, wir kehren nochmal zurück zum Queen's Tower,

Chris: dringen in Maggie Chows Apartment ein und suchen dort nach dem Versteck des Schwertes.

Chris: Es ist also wie immer in Deus Ex tiefe Nacht und wir stehen in den engen,

Chris: fast menschenleeren Straßen von Hongkong vor dem Queen's Tower Apartment Block.

Chris: Und die Frage ist, was nun? Gunnar, wie bist du vorgegangen?

Gunnar: Ja, das ist ja jetzt nicht die allerkomplexeste Aufgabenstellung und da muss

Gunnar: man jetzt auch keine Wissenschaft draus machen, Christian. Ich war da ja schon

Gunnar: mal in diesem Apartment von der Maggie Chow vorher bei dem Gespräch.

Gunnar: Ich habe da jetzt nicht gesehen, dass da schwer bewaffnete Leute rumstehen oder

Gunnar: dass da irgendwas rumliegt.

Gunnar: Aber das Stockwerk unter ihr ist gesperrt wegen Renovierungsarbeiten und das

Gunnar: ist natürlich immer ein Hinweis in Spielen. Ich gehe also rein in die Lobby,

Gunnar: nehme den normalen Aufzug in den sechsten Stock zu der gesperrten Ebene.

Gunnar: Den Code für den Aufzug habe ich mir organisiert aus dem Bewohnerverzeichnis.

Gunnar: Das war sehr schwer zu finden. Es hängt neben dem Lift.

Gunnar: Meine Herren, da ist tatsächlich eine Baustelle, aber die Treppe in die Etage

Gunnar: drüber, wo ich eigentlich hin will, ist verschlossen durch eine Gittertür.

Gunnar: Da gibt es bestimmt elegante Methoden, die zu öffnen.

Gunnar: Ich wähle die Granate und sprenge die einfach auf.

Gunnar: Dahinter sichert eine Laserschranke das Treppenhaus, ich weiß schon,

Gunnar: wenn ich da durchlaufe, dann löst das den Alarm aus, aber ist mir doch wurscht.

Gunnar: Dann kommen die Wachen, wie die Schafe, kommen die runtergelaufen,

Gunnar: um zu gucken, was da ist und dann kann ich sie alle einzeln erschießen,

Gunnar: wenn sie die Treppe runterlaufen.

Gunnar: Das waren schon mal drei, die gehörten zur mysteriösen Organisation Majestic

Gunnar: 12, hatten schwarze Rüstungen an und zu Sturmgewehre.

Gunnar: Im siebten Stock finde ich dann noch zwei weitere, da nehme ich nochmal die Schrotflinte.

Gunnar: Und jetzt stellt sich raus, ein großer Teil von Maggie Chow Stockwerk ist als

Gunnar: eine Art geheimes Labor ausgebaut. Und in der Mitte des Raums befindet sich

Gunnar: eine verschlossene Kammer.

Gunnar: Da drin liegt unter Glas das gesuchte Schwert. Dann meldet sich per Infolink

Gunnar: so eine Art WhatsApp der Zukunft, würde ich sagen, der mysteriöse Chaser Tong,

Gunnar: den ich die ganze Zeit hier suche.

Spielton: Hallo, J.C. Dinton. Ich habe dich auf diese Faszinierende Anwendung in deinem

Spielton: Skull. Du hast gefunden, die wir brauchen.

Spielton: Die Drogon's Tooth-Sword. Sie sind in der Glas-Kase.

Spielton: Wenn du mein Freund bist, du kannst die Drogon retrehen und erwarten meine Instruktionen.

Gunnar: Okay, das ist ja eine eindeutige Anweisung. Ich muss das jetzt holen.

Gunnar: Dann muss ich jetzt noch irgendwie rankommen. Da ist ein Computer,

Gunnar: aber dafür habe ich kein Passwort.

Gunnar: Und da ist ein Ziffernfeld an dieser Aufbewahrungskammer, aber dafür habe ich keinen Code.

Gunnar: Aber ich habe Multitools im Gepäck. Das sind so elektronische kleine Hacking-Geräte.

Gunnar: Und die knacken das Ziffernfeld für mich auf. Brauche ich halt nur mehrere von.

Gunnar: Dann öffnet sich die Kammer und ich nehme das Schwert.

Gunnar: So, und dann gehe ich da raus. Dann kommt noch die Haushälterin,

Gunnar: die du vorhin schon kurz erwähnt hast. Und die hat eine Schrotflinte dabei.

Gunnar: Aber das gibt mir eine gute Gelegenheit, weil das Nanoschwert ist meine Lieblingswaffe

Gunnar: im ganzen Spiel. Das kann ich jetzt gleich mal ausprobieren.

Chris: Bist du gemein?

Gunnar: Und dann fahre ich wieder mit dem Aufzug in die Lobby, gehe raus auf die Straße.

Gunnar: Keiner hat mich gesehen. Ich bin gekommen wie ein Schatten in der Nacht.

Gunnar: Es liegen ein paar Leute rum, die an Altersschwäche gestorben sind. Fertig, Christian.

Chris: Keiner hatte ich gesehen, genau. Man hat nur das Explosion und das Geballer gehört.

Chris: Boah, Leichenpflasterten Gunners Weg. Das ist ein ganz schön krutes Vorgang

Chris: für einen Geheimagent, wenn ich das mal so sagen darf. Das geht auch viel eleganter.

Chris: Jetzt pass mal auf. Ich bin selbstverständlich nicht durch die Lobby rein in

Chris: diesen Wohntürmen, denn es gibt ja eine Hintertür an der Rückseite des Gebäudes.

Chris: Da ist so eine dunkle Nische, da ist eine versperrte Gittertür und ich habe

Chris: Niedriche dabei, da ist das ganz schnell geknackt.

Chris: Da führt der Weg dann in so einen Serviceraum, von da aus kann ich in die Aufzugsschächte klettern.

Chris: Also du bist ja unten im Aufzug gefahren, ich sitze oben drauf,

Chris: da ist auch ein Ziffernfeld eingelassen, mit dem die Wartungstechniker die Aufzüge

Chris: steuern können. und den Code dafür, 1709, den hatte ich vorher schon gefunden.

Chris: Hab das renovierte Stockwerk natürlich längst ausgekundschaftet und da hatte

Chris: einer der Handwerker einen Data Cube auf dem Tisch liegen lassen.

Chris: Da hat er für seine Kollegen den Code notiert. Und damit kann ich den Aufzug

Chris: aktivieren und fahre hoch bis aufs Dach des Hauses.

Chris: Hier befindet sich dieses große Oberlicht.

Chris: Da kann ich runtergucken ins Wohnzimmer. Maggie Chow ist nicht da.

Chris: Ich könnte jetzt da direkt das Glas einschlagen und runterspringen,

Chris: aber das würde ja Lärm machen und vielleicht auch Alarm auslösen.

Chris: Also nehme ich lieber die Tür, die hier ins Treppenhaus führt.

Chris: Die ist zwar code-gesichert, aber ich habe auch diese Multitools dabei,

Chris: die du schon erwähnt hast und knacke das leise.

Chris: Leider ist auch dahinter eine von diesen lästigen Laserschränken.

Chris: Du bist ja einfach stur durchgelaufen und ich sehe da unten im Treppenhaus auch

Chris: schon eine von diesen schwarz gekleideten Wachen stehen.

Gunnar: Ja, ja, Christian, jetzt, jetzt deine Chance. Zeig's ihm.

Chris: Ja, nein, Gunnar, auf sowas bin ich vorbereitet. Ich habe im Gepäck einen thermoptischen Tarnanzug.

Chris: Der macht mich kurzzeitig vollständig unsichtbar, da schlüpfe ich dann durch

Chris: diese Laserschranke durch, der hält zwar nicht lange,

Chris: aber ich habe schon meinen Umweltskill ausgebaut, mit dem kann ich solche Rüstungen

Chris: effektiver tragen und damit reicht die Zeit gerade, um nach unten zur Wache

Chris: zu schleichen und sie lautlos und unbemerkt mit dem Elektroschocker auszuschalten.

Chris: Jetzt muss ich noch durch den Wachraum, wo du mit der Schrotflinte aufgeräumt hast wie ein Bauer.

Chris: Was ich mache, ist da eine Tränengasgranate reinzuwerfen.

Chris: Das sorgt dann kurz für Panik, dann gibt es einen Knall und alle Wachen sind

Chris: kurzzeitig ausgeschaltet und ich kann in ihnen vorbeirennen ins Labor.

Chris: Die kommen natürlich schnell wieder zu sich und suchen dann ihre Umgebung ab.

Chris: Aber wo sie nicht suchen, ist hinter dem Computerpult im Labor,

Chris: wo ich kauere im Schatten.

Chris: Und nach kurzer Zeit kehren sie dann auf ihren Posten im Aufenthaltsraum zurück.

Chris: Jetzt gehe ich zu dem Computer. Mein Hacking-Skill ist hoch genug,

Chris: dass ich mich da problemlos einhacken kann.

Chris: Ich habe das Passwort zwar auch nicht, aber wurscht, so komme ich trotzdem rein

Chris: und kann über den Computer einfach diese Schutzkammer des Schwertes öffnen. Das nehme ich an mich.

Chris: Und auf dem Rückweg muss ich gar nicht durch den Aufenthaltsraum der Wachen

Chris: nochmal durch, denn das Labor hat auch eine direkte Tür ins Treppenhaus.

Chris: Die war von außen codegesichert, aber von innen gibt es einfach einen Knopf.

Chris: Damit kann man die öffnen.

Chris: Und auf dem Weg zurück, wieder aufs Dach, muss ich natürlich nochmal durch diese Laserschranke.

Chris: Diesmal hilft es nichts, mein Anzug ist verbraucht, der Alarm wird also ausgelöst.

Chris: Aber bevor die Wachen aufs Dach rennen können, bin ich lex weg.

Chris: Dank der Geschwindigkeitsaugmentierung springe ich einfach vom Dach.

Chris: Da sind mehrere Vorsprünge, von denen springe ich von einem zum anderen runter

Chris: in Richtung Straße und lande schließlich federleicht unten auf dem Boden und

Chris: habe meinen Auftrag erfüllt.

Gunnar: Boah, Christian, wie so ein Einbrecher. Ja, als würdest du was Illegales tun.

Chris: Cool, ne? Also besser geht's ja kaum.

Fabian: Jetzt mal ehrlich, Leute, ihr seid ganz schöne Trampel. Hier ist Fabian und

Fabian: ich sag euch mal, wie echte Geheimagenten das lösen.

Fabian: Ich habe nämlich schon den ersten Besuch bei Miss Chao dafür genutzt,

Fabian: mich mal ein bisschen in ihrem Apartment umzusehen.

Fabian: Und bei der Gelegenheit unauffällig einen Blick auf den Data Cube geworfen,

Fabian: der im Obergeschoss auf dem Konferenztisch liegt.

Fabian: Da weist Maggie Chao nämlich einen Kollegen an, ihr altes Passwort Typhoon in ein neues zu ändern.

Gunnar: Ja, lustig, Fabian, das habe ich schon auch gesehen. Aber das neue Passwort liegt da ja nicht.

Fabian: Naja, dann hättest du dir mal anschauen sollen, welche beiden Bücher auf dem

Fabian: Konferenztisch liegen.

Fabian: Eines heißt nämlich Typhoon, das andere Insurgent.

Fabian: Jetzt darfst du dreimal raten, wie das neue Passwort lautet.

Fabian: Und da ist noch ein interessanter Data Cube im Konferenzraum.

Fabian: Jemand namens Louis spürt Maggie Chow, dass er nie wieder ihren Geburtstag vergessen

Fabian: wird. Er habe sich den 18. Juli im Kalender markiert.

Fabian: Und ist euch beim Betreten des Penthouses im Empfangsraum was aufgefallen?

Chris: Ja, da steht ein großer Flügel, da kann man drauf rumklimpern.

Fabian: Alter, wie seid ihr denn durch die Agentenschule gekommen? Da hängt in einer

Fabian: Nische eine einzelne Papierlaterne von der Decke.

Fabian: Ein ziemlich auffälliger Fremdkörper.

Fabian: So, und mit diesem ganzen Wissen bewaffnet, habe ich dann Folgendes gemacht.

Fabian: Als es Zeit war, bei Maggie Chow nach der Waffe zu suchen, bin ich mit dem ganz

Fabian: normalen Aufzug in ihr Penthouse gefahren.

Fabian: Ihre Haushälterin war im Obergeschoss beschäftigt, also bin ich leise zur Laterne

Fabian: in der Nische und habe an ihr gezogen.

Fabian: Sieh da, eine Geheimtür öffnet sich in den Labortrakt.

Fabian: Der kurze Gang führt geradewegs zu einer Tür mit Codeschloss.

Fabian: Wie war nochmal Maggie Chows Geburtstag? 18. Juli.

Fabian: In amerikanischer Datumsschreibweise 718.

Fabian: Und zack, die Tür zum Labor mit dem gesuchten Schwert ist offen.

Fabian: Ich laufe leise zum Computer und benutze Maggie Chows Passwort in Surgent,

Fabian: um mich einzuloggen und die Kammer des Schwerts zu öffnen.

Fabian: Das nehme ich an mich und gehe auf gleichem Weg wieder raus und runter auf die Straße.

Fabian: Gestoppte Zeit 109 Sekunden. Ausgelöste Alarme 0. Misstrauische Wachen keine.

Fabian: So, und jetzt wieder zurück zu euch. Viel Spaß noch, ihr Dilettanten.

Chris: Ja, da hat er es uns wieder gezeigt, der Fabian. Vielen Dank.

Chris: Okay, das Prinzip ist verstanden.

Chris: Die gleiche Mission, der gleiche Schauplatz, auf drei unterschiedliche Arten und Weisen gelöst.

Chris: Je nachdem, wie clever man vorher war, wie gut man aufgepasst hat oder welche

Chris: Ausrüstung man dabei hat oder auch einfach, worauf man Lust hat.

Gunnar: Man sieht hier, dass der Weg nicht so stark durch Fähigkeiten vorbestimmt ist,

Gunnar: wie man das denken könnte in so einem Spiel.

Gunnar: Klar, ein paar Sachen, die du gemacht hast, gingen nur, weil du bestimmte Sachen

Gunnar: dabei hattest, die ich nicht dabei hatte.

Gunnar: Aber ein Großteil deiner eleganteren Lösung, wenn man das so sagen kann,

Gunnar: ist durch besseres Aufpassen und das Herausfinden von Codewörtern entstanden.

Gunnar: Und bei Fabian ist das nochmal extremer. Der hat keine übermenschlichen Kräfte,

Gunnar: der hat nicht einen super Skill, den wir nicht haben so richtig,

Gunnar: sondern der geht halt anders vor.

Gunnar: Weil er halt vorsichtiger ist. Ich bin ja auch nicht so geduldig, bekanntlich.

Chris: Genau. Das Spiel ist so gestaltet, dass es in seine Levels, in seinen Herausforderungen,

Chris: unterschiedliche Vorgehensweisen sozusagen einpackt.

Chris: Wir haben ja allein gesehen, dass es verschiedenste Wege gibt,

Chris: um in die Wohnung selbst reinzukommen. Über den Aufzug, über das Dach,

Chris: über das Stockwerk darunter.

Chris: Und das muss natürlich im Level-Design berücksichtigt werden.

Chris: Und dazu kommen dann aber auch noch die ganzen spielmechanischen Varianzen.

Chris: Diese Laserbarrieren zum Beispiel, wo du durchgelaufen bist und ich mit dem

Chris: Tarnanzug durch, das sind nur zwei Möglichkeiten, wie man die überwinden kann.

Chris: Es gibt manche davon, die kann man überspringen, indem man zum Beispiel einen

Chris: Kistenstapel baut und dann den hochklettert und drüber hopft.

Chris: Es gibt manche, die kann man auch einfach blockieren, indem man da ein Hindernis

Chris: reinschiebt, eine Kiste zum Beispiel.

Chris: Man kann eine EMP-Granate werfen, dann werden die kurzzeitig deaktiviert.

Chris: Oder man kann die Laserbarriere mit einer richtigen Granate auch schlichtweg

Chris: wegsprengen. Manchmal haben diese Laserbarrieren auch einen Sicherungskasten in der Nähe.

Chris: Wenn man den hackt, werden sie deaktiviert. Oder fast immer gibt es einen Weg, sie zu umlaufen.

Chris: Also allein das ist jetzt mehr als ein halbes Dutzend verschiedene Möglichkeiten,

Chris: mit einem einzigen Hindernis umzugehen.

Gunnar: Und es ist eben nicht so, wie im Rollenspiel, wie du gesagt hast,

Gunnar: dass das nur der Zauberer kann oder nur der Dieb oder nur der Magier.

Gunnar: Diese Wege stehen schon den meisten Charakteren offen, die an dieser Stelle

Gunnar: ankommen, egal wie sie vorher gespielt haben.

Gunnar: Und das ist, finde ich, eins der starken Elemente, weil das findet man ja auch

Gunnar: manchmal so überrascht raus.

Gunnar: Ich gehe halt irgendwie rein, sehe keinen Weg, schieße und denke dann hinterher,

Gunnar: ach nee, hier ist ja noch ein anderer Weg, das hättest du so machen können.

Gunnar: Das sind so starke Momente eigentlich. Und dann geht man vielleicht nochmal

Gunnar: zurück und probiert das nochmal auf eine andere Art, wo man dann überrascht

Gunnar: ist von dieser Vielfalt, die das Spiel anbietet.

Gunnar: Und das ist, finde ich, auch der beste Weg, das zu erleben, zumindest die ersten

Gunnar: Male, dass man sich nicht so viele Gedanken macht und dann einfach mal guckt, was man so findet.

Gunnar: Und wenn man anfängt, danach zu suchen, dann werden ein paar Dinge sehr offensichtlich, finde ich.

Gunnar: Es gibt fast immer einen Weg durch die Lüftungsschächte zum Beispiel.

Gunnar: Und das ist schon auch ganz schön, aber das ist oft der einfache Weg, finde ich.

Chris: Ja, und es gibt natürlich auch Gegner. Also wir hatten jetzt hier in diesem

Chris: Beispiel, da waren es halt einige von den Wachen.

Chris: Es gibt später im Spiel auch mechanische Gegner. Es gibt einige Roboter,

Chris: die patrouillieren, die natürlich besonders feuerstark sind, dafür nicht so schnell.

Chris: Es gibt einige Kreaturen, sage ich mal, gentechnisch veränderte,

Chris: experimentelle Wesen, auf die wir treffen, nicht allzu häufig.

Chris: Meistens sind es schon die ganz normalen menschlichen Gegner in verschiedenen

Chris: Ausfertigungen und mit verschiedenen Waffen.

Chris: Das reicht von Pistolen bis hin zu Flammenwerfern oder sogar Raketenwerfern.

Chris: Und mit denen kann man natürlich shootertypisch umgehen.

Chris: Kannst da einfach reingehen, so wie du das in deinem Beispiel gemacht hast,

Chris: und die halt einfach abballern.

Chris: Der J.C. Denton ist jetzt aber nicht der typische Shooter-Held,

Chris: der einiges wegstecken kann.

Chris: Der hat einen begrenzten Vorrat von Lebensenergie und der kann sich zusätzlich

Chris: schützen, indem er Rüstungen anzieht oder auch Schutzaugmentierungen aktiviert.

Chris: Aber das ist immer nur temporär.

Chris: Also man ist vergleichsweise verwundbar und muss dann doch ordentlich Heil-Items

Chris: schlucken, wenn man mal erwischt wurde.

Chris: Das ist jetzt auch nicht groß anders als in anderen Shootern.

Chris: Grundsätzlich kannst du also Gegner umnieten,

Chris: du kannst sie heimlich ausschalten wie im Thief, du kannst dich von hinten anschleichen,

Chris: du kannst sie mit dem Elektroschocker betäuben oder mit Betäubungspfeilen aus

Chris: einer Mini-Armbrust schlafen legen oder du kannst sie auch einfach so umgehen,

Chris: dass sie dich gar nicht bemerken.

Gunnar: Das ist generell, anders als ein Shooter, ein Hindernisspiel.

Gunnar: Also das baut diese Welt auf und in dieser Welt sind immens viele Hindernisse.

Chris: Ja, stimmt.

Gunnar: Und dann lässt es dich diese Hindernisse überwinden. Das klingt jetzt so einfach,

Gunnar: weil natürlich geht es in vielen Spielen um das Überwinden von Hindernissen.

Gunnar: Aber hier ist es das ganz große Motto. Das ist alles so ein Parcours von Hindernissen.

Gunnar: Und dann gibt es einfach verschiedene Wege gegen die Hindernisse.

Gunnar: Die Wachen und die Gegner sind auch nur Hindernisse.

Gunnar: Da gibt es halt den offenen Kampf oder den heimlichen Kampf und so weiter.

Gunnar: Die verschlossenen Türen, Hindernisse, Codewörter, Schlüssel,

Gunnar: Computersachen, alles mögliche.

Gunnar: Du kannst die umgehen, kannst Schlüssel erbeuten, kannst Codes finden und so weiter.

Gunnar: Dann gibt es elektronische Sicherheitssysteme, wir sind ja in der Zukunft,

Gunnar: Kameras, solche Dinge, diese Laserschranke, die du schon gesagt hast,

Gunnar: da kannst du dann auch wieder mit speziellen Skills und speziellen elektronischen

Gunnar: Dietrichen dieses Hindernis umgehen.

Gunnar: Ah, noch eine Kleinigkeit, die ich loben wollte unbedingt, ist,

Gunnar: dass man beim Schlösserknacken in der normalen Spielwelt bleibt.

Gunnar: Da wird die Zeit nicht angehalten. Wenn man gerade beschossen wird,

Gunnar: dann wird man weiter beschossen.

Gunnar: Und wenn man irgendwie im Sichtfeld von Feinden ist, dann sehen die einen halt.

Gunnar: Heutzutage ist es ja oft so, zum Beispiel dann in den Bioshock-Spielen,

Gunnar: dass beim Schlösserknacken so

Gunnar: ein Minispiel entsteht und dann ist man plötzlich raus aus der Spielwelt.

Gunnar: Egal was war, alles ist angehalten, eingefroren und man ist plötzlich in einem

Gunnar: Minispiel des Schlösserknackens und erst dann geht es weiter.

Gunnar: Und eigentlich finde ich das schön, dass das Deus Ex damit so ein bisschen realistischer macht.

Chris: Das ist vermutlich auch der größte Unterschied zum Shooter, dass die Spielerfahrung

Chris: sich dadurch unterscheidet, dass man halt nicht einfach nur von Gegner zu Gegner

Chris: rennt, sondern eigentlich einen sehr starken Anlass hat, die Levels gründlich zu erkunden.

Chris: Auch weil Erkundung belohnt wird. Wenn du geheime Passagen findest oder besondere

Chris: Räume, gibt es immer einen Skill-Punkte-Bonus.

Chris: Und das kann man ja wieder dann investieren in die Verbesserung seiner Skills.

Chris: Natürlich auch, weil du Gegenstände findest und so weiter.

Chris: Aber auch, weil das ja trotz allem ein erzählendes Spiel immer noch ist.

Chris: Also ganz ähnlich wie in den System Shock-Spielen auch, sind ja in jeder Mission

Chris: auch immer Informationshappen versteckt.

Chris: Sei es, dass du dich in den Computer einloggst, sei es, dass mal irgendwo ein

Chris: Data Cube rumliegt oder ein Zeitungsartikel.

Chris: Und das erzählt dir nebenbei ein bisschen was über die Spielwelt,

Chris: aber natürlich treibt es auch die Handlung nicht direkt voran,

Chris: aber es trägt dazu bei, dass sich dieses Puzzle zusammensetzt.

Chris: Denn damit können wir auf die Handlung kommen. Wir haben ja schon grob umrissen,

Chris: wie diese Welt gebaut ist, dass Tracy Denton da als UNEDCO-Agent angeheuert ist, frisch im Dienst.

Chris: Bisschen Beef hat mit den anderen augmentierten Kollegen, weil er ja diese neuartige

Chris: Technologie hat, das hattest du schon erzählt.

Chris: Und das beginnt damit, dass man am Anfang in der gesprengten Freiheitsstatue unterwegs ist.

Chris: Die NSF hat die schon vor einer Weile gesprengt und dann besetzt.

Chris: Und da ist auch ein anderer Agent der UNEDCO gefangen, Gunther Herman.

Chris: Den befreit man dann, nimmt den Kommandanten der NSF-Agenten fest,

Chris: läuft alles ganz gut unter der Anleitung von unserem Bruder Paul.

Chris: Der ist schon zwei Jahre länger bei der UNEDCO, der weiß schon, wie der Hase läuft.

Chris: Diese Ambrosia-Lieferung, die geklaut wurde, die ist aber nicht in der Freiheitsstatue.

Chris: Also die müssen wir jetzt noch wieder beschaffen in New York City.

Chris: Dann kommt jetzt also am Anfang des Spiels ein längerer, mehrteiliger Einsatz.

Chris: Wir sind sozusagen der Sidekick, der für Paul Unterstützung schafft, das Team B.

Chris: Paul soll die Hauptmission leiten und diesen Ambrosia-Container,

Chris: den Gestohlenen, wiederbesorgen.

Chris: Und wir unterstützen ihn mit Missionen links und rechts.

Chris: Und nachdem wir unseren Teil dieser Missionskette erfüllt haben,

Chris: kommen wir wieder ins UNED-Hauptquartier zurück. Und die Stimmung dort hat sich geändert.

Chris: Und das ist jetzt eine gute Gelegenheit, um mal zu beschreiben,

Chris: wie das Spiel Spannung aufbaut, wie dieses Grundgeheimnis gestaltet wird.

Gunnar: Nach unserem Einsatz kehren wir per Heli zurück ins UNED-Kohop-Quartier auf Liberty Island.

Gunnar: Als wir vor dem Gebäude landen, laufen gerade zwei Männer in schwarzen Anzügen

Gunnar: aus dem Eingang. Das Spiel nennt sie Bodyguards.

Gunnar: Sie sprechen Jaycee an mit metallischer Stimme.

Gunnar: Er solle bitte die Gefangenen in Level 3 in Ruhe lassen.

Gunnar: Von was für Gefangenen reden die denn? Vor der Mission war niemand im Zellentrakt.

Gunnar: Und die UNESCO-Soldaten, die am Eingang Wache stehen, die wundern sich auch,

Gunnar: wer diese Leute nun sind.

Chris: Drinnen im Hauptquartier laufen wir dann zu Joseph Manderley, das ist unser Chef.

Chris: Und in dessen Vorzimmer wartet bereits ungeduldig unsere Agentenkollegin Anna Navarra.

Chris: Mendeleys Sekretärin sagt aber, er sei gerade im Gespräch. Und dieses Gespräch,

Chris: das kann man durch die Glastür zu seinem Büro sehen und belauschen.

Chris: Da steht ein Mann mit blauen Linien im Gesicht und weist Mendeley Anne,

Chris: dass er einen Agenten feuern soll. Ein Agent, der versagt habe.

Spielton: Just fire the arrogant son of a bitch. I wasn't exaggerating. He's our best agent.

Spielton: We don't need him. He knows nothing.

Chris: Menderley versucht da so halbherzig zu widersprechen, aber schließlich knickt

Chris: er ein. Also offensichtlich kann ihm dieser andere Mann Anweisungen geben.

Chris: Und als dieser Mensch mit den blauen Linien im Gesicht dann aus dem Büro rausgeht,

Chris: da können wir ihn ansprechen und uns vorstellen und fragen, wer er denn ist.

Chris: Und dann sagt dieser Mann kühl, dafür sei jetzt noch nicht die Zeit,

Chris: er solle die Nase mal schön aufschrauben. Asphalt behalten.

Chris: Er werde jetzt mal runter auf Level 3 gehen, um die Gefangene zu verhören.

Gunnar: Jetzt dürfen wir zu Mendeley rein und der offenbart uns, dass die Mission gescheitert ist.

Gunnar: Unser Bruder Paul ausgerechnet hat versagt und sich nicht vom Dienst zurückgemeldet.

Gunnar: Mendeley muss ihn entlassen.

Gunnar: Das sind überraschende und schockierende Neuigkeiten.

Chris: Hintertas.

Gunnar: Als wir in unser eigenes Büro zurückkehren, finden wir auf unserem Computer eine Mail von Paul.

Gunnar: Der sagt, er habe jetzt nicht viel Zeit und könne über das Netz nicht sprechen,

Gunnar: aber es sei nicht so, wie es scheint. Er habe seine Gründe und wir sollen ihm bitte vertrauen.

Gunnar: Er gibt uns das Passwort zu Manderleys Computer und sagt, wir sollen dessen

Gunnar: Mails lesen, falls wir die Gelegenheit dazu bekommen.

Gunnar: Und er schreibt, wir sollen Agentin Navarre nicht trauen.

Chris: Hm, seltsam. Nun können wir mal runtergucken in den Zellentrakt auf Ebene.

Chris: 3, was mit diesen komischen Gefangenen los ist.

Chris: Da stehen ein paar Wachsoldaten, die sind nicht begeistert, dass wir hier sind.

Chris: Die ermahnen uns, dass wir doch schleunigst wieder gehen sollen.

Chris: Aber wir können trotzdem in den Zellentrakt gehen und sehen da diesen Mann in

Chris: blau in einer Zelle, wie der gerade einen gefangenen NSF-Soldaten verhört.

Chris: Und dieser Soldat, der nennt den Mann in blau Walton Simons.

Chris: Wer auch immer das sein mag. Und Simons, der Ist ja nicht zimperlich,

Chris: der bedroht die Familie des Terroristen, aber dieser Terrorist lässt sich nicht einschüchtern.

Spielton: You Walton Simons, you think I could be bribed?

Spielton: Margaret Forsythe, under NSF Protection in Queens Your son Richard,

Spielton: attending Bronx Science You see, I have a few relevant facts myself Care to make a trade?

Spielton: You wouldn't dare I'll give you two seconds to decide.

Gunnar: Zurück im Büro warten wir, bis die Anna Navarre ihr Zimmer verlässt und dann

Gunnar: hacken wir uns in ihren Computer.

Gunnar: Sie hat darauf eine E-Mail von ihrem Agenten-Kollegen Gunther Herrmann.

Gunnar: Der schreibt über uns, und zwar ganz ominös.

Gunnar: Ich frage mich, ob er ahnt, was hier auf dem Spiel steht.

Gunnar: Und eine Mail von Manderley, in der er ihr Informationen über den nächsten Einsatz

Gunnar: gibt, die er uns verschwiegen hat. Warum?

Gunnar: Manderley verlässt sein Büro leider nie. An dieser Stelle fehlt uns also die

Gunnar: Gelegenheit, jetzt auch noch seinen Computer zu durchsuchen.

Gunnar: Bleibt nur zunächst Mission aufzubrechen.

Chris: Tja, und wenn wir von dieser nächsten Mission dann zurückkehren,

Chris: dann wird der ominöse Walton Simons mit seinen Männern im schwarzen Anzug verschwunden

Chris: sein und die Zellen unten im Trakt auf Level 3 werden wieder leer sein und wir

Chris: erfahren dann von den Wachen,

Chris: dass die Gefangenen erst gefoltert und dann hingerichtet wurden.

Chris: Und spätestens dann beschleicht uns und Jaycee Denton der Verdacht,

Chris: dass hier irgendwas nicht ganz koscher ist.

Gunnar: Ich möchte sagen, das ist ein amerikanisches Spiel und deswegen habe ich Gunther

Gunnar: Herrmann und Anna Navarra nie getraut, weil die haben einen ausländischen Dialekt.

Chris: Ja, der Herrmann ist am schlimmsten, der ist ja ein Deutscher.

Chris: Kannst du gar nicht trauen.

Gunnar: Nee, kann man nicht trauen.

Chris: Aber das, was wir beschrieben haben gerade, war eben eine von diesen reinen

Chris: Erzählpassagen und das macht ja jetzt mehrere große Fragen auf.

Chris: Was ist denn mit Paul los mit unserem großen Bruder?

Chris: Wer ist dieser Walton Simons und warum kann er unserem Chef,

Chris: dem UNATCO-Chef, Anweisungen geben? Und was verbergen Mendeley und Anna Navarro für uns?

Chris: Und das Ganze ist ein ganz spannender Ausgangspunkt, um diese Mysterien weiterzuentwickeln.

Chris: Das klärt sich dann relativ schnell, aber ist natürlich nur der Ausgangspunkt

Chris: für tiefere Verschwörungen, die dann da aufgemacht werden.

Gunnar: Das führt dann tatsächlich zu einem Seitenwechsel der beiden Denton-Brüder.

Gunnar: Vor allen Dingen Paul ist nämlich nicht da verschollen oder gefangen genommen

Gunnar: oder hat versagt, sondern der ist übergelaufen zur NSF,

Gunnar: weil er glaubt, die UNEDCO werde von Verschwörungstheorie dunklen Interessengruppen

Gunnar: benutzt, um die Versorgung mit Ambrosia zu kontrollieren und das Ambrosia der

Gunnar: Öffentlichkeit vorzuenthalten.

Gunnar: Und dafür muss man jetzt echt nicht in Harvard studiert haben, um das zu wissen.

Gunnar: Das hätte eigentlich auch JC schon checken können. Da machen die ja keinen großen

Gunnar: Hehl draus, wem sie das Ambrosia geben.

Gunnar: Naja, jedenfalls kriegt dann JC das raus und dann wird jetzt die UNEDCO zum

Gunnar: Feind, weil die UNEDCO dann Paul töten will und JC ihn retten will und so weiter.

Chris: Das ist ungefähr das erste Drittel des Spiels. Also da haben wir jetzt noch

Chris: nicht so wahnsinnig viel gespoilert.

Gunnar: Nee, genau. Wir hören jetzt auch auf mit dem Spoilern und erzählen jetzt die

Gunnar: Handlung da nicht weiter durch.

Gunnar: Aber hier ist der erste große Twist, wo man sich dann gegen seine eigenen Leute stellt.

Gunnar: Oder die, die man für seine eigenen Leute gehalten hat. Ich habe Gunther nie

Gunnar: für einen von uns gehalten.

Chris: Das Spiel erzählt diese Handlung in Zwischensequenzen, in Spielgrafik und Gesprächen

Chris: und sowas und es erzählt es auch nebenbei eben in so kleinen Einsprengseln,

Chris: in Texten, E-Mails und so weiter, die man finden kann.

Chris: Es hat aber auch noch eine weitere Form der naja, eine Form der Erzählweise

Chris: ist zu viel gesagt, aber eine Art der Darreichung von Informationen,

Chris: die ich persönlich super finde und die ich dem Spiel sehr hoch anrechne.

Chris: Denn wir hatten ja vorhin schon beschrieben, dass das ein relativ flexibles

Chris: Spiel ist, was das eigene Vorgehen angeht und dass man durchaus Entscheidungen

Chris: treffen kann, was man tut oder auch nicht und das Spiel reagiert darauf.

Chris: Also zum Beispiel, wenn wir ganz am Anfang mit Anna Navarra in New York City

Chris: im Battery Park unterwegs sind, da bekommen wir die Aufgabe von ihr,

Chris: in der nahen U-Bahn-Station Geiseln zu befreien. Die NSF hatte einige Geiseln.

Chris: Und das kann man aber vorher schon erledigt haben. Da kann man vorher schon

Chris: hingegangen sein und das gemacht haben. Und für diesen Fall sagt sie dann im

Chris: Gespräch, oh, ich höre, die U-Bahn ist schon erledigt. Gute Arbeit.

Chris: Ich wollte Ihnen für diesen Auftrag ein paar EMP-Granaten für die Sprengfallen dort geben.

Chris: Aber die kriegen Sie halt jetzt einfach so. Also das Spiel erkennt diesen Fall und geht darauf ein.

Chris: Und das ist nur ein sehr offensichtliches Beispiel.

Chris: Es gibt einige Gespräche, die in größeren Teilen variieren, je nachdem, was man gemacht hat.

Chris: Wir haben ja vorhin diese Beispielmission geschildert, wo wir bei Maggie Chow

Chris: sind. Und das erste Gespräch mit Maggie Chow, wenn man sie das erste Mal besucht,

Chris: kann sich an vier Punkten verändern, in Abhängigkeit davon, was Jay-Z vorher

Chris: getan hat oder was er schon weiß.

Chris: Je nachdem, ob er alleine hierher gegangen ist oder vorher einen Hinweis auf

Chris: Maggie Chow bekommen hat, je nachdem, ob er von dem verschwundenen Schwert schon

Chris: gehört hat oder noch nicht.

Chris: Und vor allen Dingen, je nachdem, ob sein Bruder Paul zu diesem Zeitpunkt noch

Chris: lebt oder gestorben ist, weil das ist auch etwas, was passieren kann in Abhängigkeit

Chris: von unserer Entscheidung.

Chris: Das verändert dann das gesamte Ende des Gesprächs. Wenn er schon tot ist,

Chris: dann tröstet Jay-Cee sie und sie trauert dann über den Verlust.

Chris: Das Gespräch an sich läuft immer aufs Gleiche hinaus, aber die bisherigen Erlebnisse

Chris: und Entscheidungen fließen ein und verändern leicht den Verlauf des Gesprächs und das finde ich toll.

Gunnar: Es sind schon magische Momente. Es ist jetzt nicht, dass Deus Ex das erfunden

Gunnar: hat, aber dass es sich Sachen merkt, von denen ich zumindest geglaubt habe,

Gunnar: dass es nichts, was ein Spiel sich merkt und dass es die dann doch weiß,

Gunnar: wie zum Beispiel das berühmte Damenklo, das immer zitiert wird,

Gunnar: wenn man halt auf die Damentrette geht und dann wird man da gesehen und dann

Gunnar: wird man hinterher darauf angesprochen, dass man da bitte draußen bleiben soll.

Gunnar: Da fühlt man sich halt so ertappt. Das ist schon ein sehr mächtiger Moment des Spiels.

Gunnar: Oder die Tatsache, dass die Navarre, die ist so trigger-happy,

Gunnar: die will immer alle töten, die will immer schießen und so.

Gunnar: Da haben wir uns ganz gut verstanden, sie und ich. Dann wurde ich auch öfter

Gunnar: von ihr gelobt, weil ich auch nicht so viel Gefangene gemacht habe.

Gunnar: Und andere Leute haben mich dann deswegen kritisiert. Das heißt,

Gunnar: man hat schon das Gefühl, das Spiel guckt dir schon über die Schulter und merkt

Gunnar: sich schon das, was du da machst. Und all deine Handlungen haben irgendwie Auswirkungen,

Gunnar: auch wenn es kleine Auswirkungen sind.

Chris: Ja, aber es gibt ja auch die Großen. Also das Spiel traut sich ja so Game of

Chris: Thrones-artige Konsequenzen zu, indem es sich nicht scheut, auch Hauptfiguren

Chris: sterben zu lassen. Also ich hatte schon von Paul gesprochen.

Chris: Später im Spiel wirst du mit Anna Navarro und Günther Herrmann konfrontiert

Chris: als Bossgegner sozusagen und das kann dann entweder in Kämpfe münden oder du

Chris: kannst vorher ihre Killphrases, ihre Tötungsphrasen herausgefunden haben.

Chris: Dann sagst du zu Gunther einfach La Putten Machine und dann stirbt er vor deinen

Chris: Augen und der ganze Bosskampf entfällt.

Chris: Das sind schon gravierende Änderungen und vieles davon kann man halt auch einfach finden oder nicht.

Chris: Das kann man auch einfach übersehen und auch das ist glaube ich einer der starken

Chris: Teile eines der Glanzlichter von Deus Ex.

Chris: Dass es so einen Reichtum an Entdeckungsmöglichkeiten gibt, wenn man sich die

Chris: Zeit nimmt, die Levels gut zu erkunden und dass daran teilweise Konsequenzen geknögt werden.

Chris: Ich würde nochmal gerne ein Beispiel bringen, nämlich in Paris,

Chris: da kommt man in das Haus von Morgan Everett.

Chris: Das ist der aktuelle Anführer der Illuminaten, also einer der uralten Geheimgesellschaften.

Chris: Da sind wir jetzt schon weit im Spiel.

Chris: Das ist auch wieder einer von diesen friedlichen Orten, wo nicht gekämpft wird.

Chris: Und die Aufgabe ist eigentlich nur, gehe rein in das Haus, finde Morgan Everett

Chris: und sprich mit ihm, gehe dann zum Dach, wo der Helikopter wartet und fliege

Chris: ab. Und man kann hier aber große Sachen übersehen.

Chris: Der Everett hat in einem versiegelten Bunkerraum eine Prototyp-KI namens Morpheus,

Chris: mit der man ein ganz interessantes Gespräch über das Bedürfnis der Menschen

Chris: nach Unterordnung führen kann.

Chris: Das ist zumindest die Meinung der KI und dass das Konzept eines Gottes nur diesem

Chris: Wunsch nach einer ordnenden, unterteilenden Macht entspringt.

Chris: Das ist eine Sache. Der Everett hat in einem anderen Geheimraum,

Chris: den uralten Anführer der Illuminaten, Lucius de Beers, den er in so einer kryogenischen

Chris: Kapsel am Leben hält und bei Bewusstsein hält.

Chris: Der de Beers wartet, dass eine bessere Technologie erfunden wird,

Chris: dass er wieder gesund wird und dann wieder das Zepter in die Hand nehmen kann

Chris: und wieder der Anführer der Illuminaten werden.

Chris: Und dann kann man Everett darüber fragen, hey, du hast da diesen alten Typen bei dir im Geheimraum.

Chris: Der Everett sagt dann, ja, naja, die Technik gibt es schon lang.

Chris: Aber natürlich werde ich den nicht wiederherstellen. Sonst will er ja nur die

Chris: Illuminaten führen. Ich will den einfach nur als Ratgeber haben.

Chris: Und dann kannst du zu Lucius zurückgehen und dem das sagen. Und dann regt er

Chris: sich furchtbar auf. Aber was soll er machen?

Chris: Da ist eine lebende Leiche in so einem Container. Und dann sagt er ja,

Chris: hier, zieh die Stöpsel raus.

Chris: Unter diesen Bedingungen will ich nicht leben. Und dann kannst du dich entscheiden,

Chris: ob du das machen möchtest oder nicht. Das sind so Sachen, die haben keine langfristige Konsequenz.

Chris: Aber es gibt noch eine dritte Geschichte. Auf dem Dach, wo man in den Heli steigt

Chris: und abfliegt, da steht in der Ecke ein Mechaniker und der verhält sich ein bisschen seltsam,

Chris: der spricht ein bisschen komisch und hinter ein paar Fässern liegt eine Leiche

Chris: von einem anderen Mechaniker.

Chris: Und der Pilot, der Jog, drängt auf Abflug. Und jetzt muss man hier auf die Idee

Chris: kommen, noch mal zum Morgen Everett zurückzugehen und ihm das zu berichten,

Chris: was man da auf dem Dach gesehen hat.

Chris: Und dann folgert der Everett, dieser Mechaniker, das muss ein Spion sein.

Chris: Schalte den mal bitte aus. Und in diesem Fall stellt sich dann raus,

Chris: dass an Bord des Helikopters eine Bombe ist, die dieser Mechaniker da eingebaut hat.

Chris: Die wird dann entschärft. Wenn man das nicht macht, wenn man das übersieht,

Chris: so wie mir das beim ersten Spielen passiert ist,

Chris: dann geht das levelweise weiter bis zum Ende des Spiels und in der letzten Mission

Chris: explodiert diese Bombe und tötet unseren Piloten, mit dem wir das ganze Spiel verbracht haben.

Chris: Also eine späte, dramatische Konsequenz von einer kleinen Sache,

Chris: die man vorher übersehen kann.

Gunnar: Das ist der Hammer, finde ich. Also das ist mal was, wo das Spiel einen langen

Gunnar: Atem hat und sich das lange aufspart.

Gunnar: Diese Bestrafung, die du dir da verdient hast durch das Übersehen,

Gunnar: das ist ganz schön super.

Gunnar: Weil das aber so Sandboxig ist, bemerken das ja viele Spieler nicht.

Gunnar: Es ist ja eigentlich geiler, das nicht zu sehen und dann hinterher diese Konsequenz

Gunnar: zu spüren und dann diesen Moment von Connection zu haben mit dem Spiel,

Gunnar: wo du denkst so, boah ey, da hat es aber aufgepasst, bin ich doof.

Gunnar: Das ist ja viel schöner eigentlich, als das bemerkt zu haben und dann die Konsequenzen

Gunnar: nie zu sehen. Aber man sieht halt auch viel nicht.

Gunnar: Man lässt viel liegen an Vereinfachungen, an Konsequenzen, an Dialogen und auch

Gunnar: viel an Wissen über die Welt, wenn man zu schnell durchgeht.

Gunnar: Das ist schon ein Spiel, das diese Erforschung nicht nur mit Erfahrungspunkten

Gunnar: belohnt, sondern auch mit Gefühl und Stimmung und Immersion.

Chris: Zu der fesselnden Stimmung des Spiels mit seiner ewigen Nacht und so trägt übrigens

Chris: auch der ausgezeichnete Soundtrack viel bei.

Chris: Den wollen wir natürlich auch kurz würdigen.

Chris: Und normalerweise würde man hier jetzt das bekannte Titelthema von Alexander Brandon einspielen.

Chris: Aber ehrlich gesagt mag ich das gar nicht so sehr. Da gibt es viel bessere Stücke im Spiel.

Chris: Zum Beispiel den Song New York City Streets.

Chris: Der, große Überraschung, läuft, während man im nächtlichen New York City unterwegs

Chris: ist. Auch dieses Lied stammt von Alexander Brandon und das klingt so.

Chris: Gut, sehr schön. Aber du warst gerade bei dem Thema, dass es in Deus Ex viel

Chris: zu entdecken und dementsprechend auch viel zu übersehen gibt.

Chris: Und es gilt ja auch als ein Spiel, das man durchaus mehrmals durchspielen kann,

Chris: weil man solche Dinge dann vielleicht entdeckt beim zweiten Mal,

Chris: aber natürlich auch, weil man ja einfach eine andere Spielweise ausprobieren kann.

Gunnar: Ja, und das ist wahr. Das wird oft gesagt von Spielen und ich finde, oft stimmt es nicht.

Gunnar: Aber ich finde, hier ist das schon so, gerade durch die anderen Reaktionen.

Gunnar: Gerade, dass dann Anana war, mir was anderes sagt, nach der Mission,

Gunnar: die ich niemanden umgebracht habe, ist echt, finde ich, stark.

Gunnar: Kann man schon dafür das Spiel nochmal spielen?

Chris: Ja, zumal es am Ende ja auch drei verschiedene Endsequenzen gibt.

Chris: Also du hast am Ende nochmal eine Entscheidung und das Spiel kann auf drei unterschiedliche

Chris: Arten enden. Dafür musst du jetzt nicht das ganze Spiel nochmal spielen.

Gunnar: Nee, das nicht. Wobei die Entscheidungen sich ein bisschen ergeben aus dem,

Gunnar: wie du gespielt hast und was du im Spiel präferiert hast und erfahren hast.

Gunnar: Das führt dann jeweils zu einer einigermaßen logischen Entscheidung in eine

Gunnar: oder andere Richtung. Kannst dich aber auch anders entscheiden.

Chris: Also das hängt nicht von deiner Spieleweise ab, aber du kannst es logisch zu

Chris: einem bestimmten Ende führen. Die Entscheidung triffst du aber ganz am Ende trotzdem.

Chris: Ja, das ist Deus Excona. Das sind ja nun schon viele Gründe,

Chris: warum das ein Klassiker ist. Jetzt haben wir aber noch nicht so richtig darüber

Chris: gesprochen, warum der Tom Chick das am Anfang so kritisiert hat,

Chris: das Spiel, und was vielleicht nicht so gelungen ist.

Chris: Ich würde aber fast sagen, wir sprechen vorher erstmal drüber,

Chris: wie das Spiel eigentlich entstanden ist.

Gunnar: Ja, gerne. Die Entstehungsgeschichte. Wir gehen zurück ins Jahr 1994.

Gunnar: Warren Spector hat gerade mit Looking Glass die Projekte Ultima Underworld 1 und 2 abgeschlossen.

Gunnar: Der war schon seit 1989 bei Origin Systems in Austin in Texas als Producer.

Gunnar: Der hat Spieleteams betreut und darunter waren halt auch externe Teams wie eben

Gunnar: Looking Glass. Die saßen ja in Cambridge an der Ostküste.

Gunnar: Und aus der Erfahrung mit Ultimate Underworld leitet er eine Spielidee ab,

Gunnar: zu der er ein kurzes Konzept schreibt und das dann bei Origin pitcht.

Gunnar: Das heißt Troubleshooter.

Gunnar: Und zwar ist das ein Ego-Perspektiv-Spiel wie Underworld, aber in einem Echtwelt-Szenario,

Gunnar: inspiriert vom Hollywood-Kino sowas wie Stirb langsam oder Last Action Hero.

Gunnar: Und man soll da einen Ex-Cop spielen, der heikle Einsätze, Geiselnamen und sowas löst.

Gunnar: Das Ganze als Action-Simulation, aber mit Freiheit bei der Vorgehensweise.

Gunnar: Origin lehnt das ab, das kommt nicht zustande, aber Spectre,

Gunnar: der wirft seinen Notizzettel da nicht weg, der merkt sich das.

Chris: Jetzt vergehen zwei Jahre, dann verlässt Warren Spector Origin,

Chris: denn Looking Glass hat in der Zwischenzeit eine kleine Zweigstelle in Austin

Chris: aufgemacht und holt ihn im April 1996 als Studioleiter.

Chris: Also der muss innerhalb von Austin nur von Origin-Gebäude in das Looking Glass Büro ziehen.

Chris: Und dort beginnt Spector mit der Entwicklung eines eigenen Spiels.

Chris: Der Arbeitstitel lautet Junction Point. Das ist eigentlich als Online-Rollenspiel geplant.

Chris: Bei Origin war man zu der Zeit im Ultima Online-Fieber, das ist da in der Entwicklung.

Chris: Aber das Junction Point wird dann doch relativ schnell ein Singleplayer-Spiel.

Chris: Diesmal ist es ein Science-Fiction-Szenario, soll ein 3D-Spiel werden,

Chris: die Spieler bekommen missionsbasierte Aufgaben und müssen dann ihre Umgebung

Chris: einsetzen, um diese Aufgaben zu lösen.

Chris: Jetzt kommt dieses Junction Point aber nicht so wahnsinnig weit,

Chris: denn leider hat Looking Glass in der Zwischenzeit einige Flops produziert.

Chris: Terranova und British Open Championship haben sich nicht gut verkauft.

Chris: Looking Glass ist fast ruiniert finanziell und rettet sich auch dadurch, dass sie am 1.

Chris: Juli 1997 ihre Zweigstelle in Austin schließen.

Chris: Und Spector und sein kleines Team, das ist nur eine Handvoll Leute,

Chris: sind dann arbeitslos. Und was dann passiert, das hat Warren Spector oft beschrieben,

Chris: unter anderem im Jahr 2021 im Gespräch mit Ars Technica. Das hören wir mal kurz an.

Warren Spector: John Romero called me up and said make the game of your dreams,

Warren Spector: no creative interference from anybody, biggest budget you've ever had,

Warren Spector: and the biggest marketing budget you've ever had.

Warren Spector: And I thought about it for about three and a half seconds and then said, I'm in.

Warren Spector: Who? Who says no to that opportunity?

Gunnar: Das ist natürlich ein hammermäßiges Angebot. Mach das Spiel deiner Träume,

Gunnar: du hast alle Freiheit, alles Geld.

Gunnar: Warren Spector hat nicht lange nachgedacht und sofort gesagt, das macht er.

Gunnar: Denn jetzt kommen wir in die Phase Iron Storm.

Gunnar: John Romero hat Ende 96 in Dallas in Texas das Studio Iron Storm mitgegründet

Gunnar: und hat dafür unter anderem von Eidos 22 Millionen Dollar bekommen.

Gunnar: Das ist so ein All-Star-Studio, der heiße Scheiß. Das Angebot von Romero kommt

Gunnar: dann nicht aus heiterem Himmel.

Gunnar: Der Spectre sucht nach dem Ende von Looking Glass Austin nach einem neuen Job

Gunnar: und er hat diese Handvoll Leute aus seinem kleinen Studio, die unbezahlt mit

Gunnar: ihm zusammensuchen in der Hoffnung, dass er sie irgendwo hin mitnehmen kann.

Gunnar: Die sind nicht in alle Winde verflogen, sondern bleiben bei ihm.

Gunnar: Und da kommt dieses Angebot von Iron Storm halt super.

Gunnar: Die kleine Mannschaft kann also in Austin bleiben, kann der Nucleus werden für

Gunnar: ein neues Team und so wird das dann auch.

Gunnar: Und das heißt ab September 1996 Iron Storm Austin.

Chris: Warren Spector und seine kleine Gefolgschaft, also da reden wir von vier oder

Chris: fünf Leuten, die nutzen diese zwei Monate zwischen dem Ende von Looking Glass

Chris: Austin und dem Neustart als Iron Storm Austin, um schon mal ein paar Ideen zu sammeln.

Chris: Was für ein Spiel würden sie denn gerne miteinander machen wollen,

Chris: wenn ihnen jemand Geld gibt?

Chris: Und der maßgebliche Entscheider dabei ist natürlich Warren Spector.

Chris: Der trägt ja aus diesem alten Troubleshooter-Konzept noch diesen Gedanken von

Chris: einem Echtwelt-Szenario mit sich rum. Und während seiner Zeit bei Looking Glass

Chris: Austin hat er aber auch gesehen, woran Looking Glass drüben in Cambridge gerade arbeitet zu der Zeit.

Chris: Nämlich ein Spiel, das zunächst Dark Camelot heißt und dann zu Thief wird.

Chris: Und dabei kommt es zu einem Ereignis, das Spectre später immer wieder als den

Chris: wichtigsten Aha-Moment für Deus Ex beschrieben hat.

Warren Spector: Für mich zu sneak.

Warren Spector: Ich war immer wieder zu verlieren. Und ich fragte die Team, einfach so,

Warren Spector: dass ich mich nicht so schwer war, dass ich mich nicht mehr über die Regarde kämpfe.

Warren Spector: Und sie sagten, dass sie nicht.

Warren Spector: Weil wir die Spieler-Charakter stark genug zu kämpfen, niemand würde es nicht mehr zu verlieren.

Warren Spector: Und die Idee der Spiel war, dass sie nicht mehr zu verlieren.

Warren Spector: Und sie waren wahrscheinlich für Thief. Das war wahrscheinlich die richtige Entscheidung.

Warren Spector: Aber ich habe eine Vowel, dass ich eine Spiel zu machen, die Sie nicht mehr

Warren Spector: zu verlieren oder zu verlieren, wie Sie es wählen.

Chris: Also er beschreibt, dass er da Schwierigkeiten hatte, eine Passage durchzuschleichen

Chris: und gesagt hätte, macht mich doch stark genug, dass ich kämpfen kann.

Chris: Und dann hätten die Looking Glass Leute gesagt, nein, das machen wir nicht,

Chris: weil sonst würden die Leute nicht mehr schleichen und wir machen ein Schleichspiel.

Chris: Und da ging bei ihm eine Glühbirne auf und er dachte sich, ich möchte auch ein

Chris: solches Spiel machen, aber dann eins, wo man selber entscheiden kann,

Chris: ob man schleichen oder kämpfen möchte.

Chris: Das trifft auf eine Zeit, wo im Juli 1997 auch GoldenEye 007 auf den Markt kommt fürs N64.

Chris: Und das bestätigt Warren Spector in der Annahme, dass Action in so einem Echtwelt-Szenario

Chris: funktionieren kann. Das ist ja ein James-Bond-Spiel.

Chris: Und aus all diesem leitet er jetzt eine neue Grundidee her.

Chris: Nämlich er möchte ein Spiel machen mit einem Geheimagenten, der gleichermaßen

Chris: gut darin ist, seine Ziele zu erreichen durch Kampf, durch Heimlichkeit oder durch Charme.

Chris: Und übersetzt in Spielmechanik heißt das, er möchte gerne eine Mischung machen

Chris: aus Shooter, Schleichspiel und Rollenspiel.

Chris: Ein dreifacher Genre-Hybride. Und das kriegt jetzt auch einen Arbeitstitel.

Chris: Aus dem alten Troubleshooter wird jetzt nur noch Shooter.

Gunnar: Das ist mal der blödste Arbeitstitel für ein Hybrid-Spiel.

Chris: Ja, wirklich.

Gunnar: Naja, das ist ein riskantes Konzept. Also es gab damals schon Spiele,

Gunnar: die man als Beleg ranziehen kann, dass man sowas vielleicht machen kann.

Gunnar: Du hattest schon GoldenEye genannt, als Beweis für die Anziehungskraft von Echtwelt.

Gunnar: Schauplätzen in 3D-Spielen, vielleicht sogar Duke 3D, hat das ja auch stark gemacht.

Gunnar: Zu der Zeit ist Fallout 1997 erschienen, frisch im Markt.

Gunnar: Zwar jetzt ein reines Rollenspiel, aber mit einer Vielzahl an Lösungswegen und

Gunnar: spielerischer Freiheit.

Gunnar: Das Thief kommt erst 1998, aber Spectre weiß halt schon, das macht ja auch sein

Gunnar: Freund Doug Church, den er noch von Ultima Underworld kennt,

Gunnar: er weiß schon, dass Schleichen funktioniert da.

Gunnar: Und das Spiel, das seinem Vorbild am nächsten kommt, das ist System Shock.

Gunnar: Das ist ja auch eine Mischung aus Shooter und Rollenspiel von 1994 und dafür

Gunnar: war Spectre ja bei Origin auch selber der Producer und hat das also betreut.

Gunnar: Aber System Shock ist kein Steichspiel und es hat nicht diese rollenspieltypischen

Gunnar: Dialoge und die Interaktion mit NPCs, wo man dann durch Gespräche auch Aufgaben

Gunnar: lösen kann, wie das in Rollenspielen üblich ist.

Gunnar: Naja, und das Riskante an diesem Konzept des Spiels Shooter ist,

Gunnar: dass man es nicht auf dem Genre festnageln kann.

Gunnar: Das Thief kann man sagen, okay, Schneidspiel, Ultima, ja gut,

Gunnar: Fantasy-Rollenspiel, aber was ist denn Shooter?

Gunnar: Dadurch kriegt Spectre dann natürlich in unserer einfachen Welt Fragen wie diese,

Gunnar: die er ebenfalls in dem Interview mit Ars Technica beschrieben hat.

Warren Spector: Das ist eine Silly Frage, aber ich sagte, ich weiß nicht, 30%?

Warren Spector: Und andere werden es so spielen wie ein Shooter. Und ich sagte,

Warren Spector: wenn nur 30% der Spieler zu spüren, warum du ein Dime und eine Zeit auf Stealth hast?

Warren Spector: Und ich sagte, das ist die ganze Zeit der Spiel, und ich werde nicht ändern.

Chris: Also er wurde da gefragt, wie viele Leute glaubst du denn, dass sie schleichen

Chris: werden in deinem Spiel? Und er sagt, nur ja ein Drittel.

Chris: Und dann wurde er gefragt, wenn nur ein Drittel schleicht, warum machst du dann

Chris: einen Schleichpart rein?

Chris: Und seine Antwort sei dann gewesen, ja, aber das ist ja der Sinn des Ganzen.

Chris: Ich möchte ja, dass die Leute diese Wahl haben. Intern begreifen Spectre und

Chris: sein Team bei Einstom Austin dieses Shooter-Konzept, beziehungsweise Deus Ex,

Chris: wie es dann ab Mitte 1998 heißt,

Chris: eigentlich immer als Rollenspiel.

Chris: Aber wir wollen auch mal festhalten an der Stelle, das ist diese Art von Pitch,

Chris: die Entscheidungsträger bei Publishern normalerweise an der Stelle sterben lassen.

Chris: Verstehen das Genre nicht, wie du willst hier viel Energie in Spielinhalte stecken,

Chris: die dann nur ein Drittel der Leute spielen? Nee, sorry, das finanzieren wir nicht.

Chris: Dass Spectre damit durchkommt bei Iron Storm, das ist nur möglich,

Chris: weil er schon ein erfahrener Producer mit gutem Ruf ist und vor allem einem

Chris: sehr guten Track Record.

Chris: Und dass er halt gerade in eine Firma kommt, die in Geld schwimmt.

Chris: Und die so einen Rockstar und Revolut zu Anspruch hat.

Chris: Da ist halt ein bisschen Fügung mit dabei. Die richtige Person,

Chris: gerade in der richtigen Firma. Und er bekommt von John Romero carte blanche

Chris: für das, was er da machen möchte.

Chris: Wie riskant das Projekt ist, das zeigt sich dann auch, denn das ist ja drei

Chris: Jahre lang in der Entwicklung.

Chris: Und in diesen drei Jahren wird es sowohl bei Iron Storm als auch bei dem Geldgeber

Chris: Eidos mehrmals infrage gestellt.

Chris: Und es überlebt in jedem dieser Fälle immer durch den Einfluss von John Romero,

Chris: der das dann immer abwehrt.

Chris: Warren Spector hat 2017 ein Postmortem auf der Game Developer Conference gemacht zu Deus Ex.

Chris: Da hastet er ziemlich durch seinen Vortrag, erwähnt nur ein paar der Beteiligten

Chris: mit Namen. Aber er nimmt sich die Zeit, um eine Sache klarzustellen.

Warren Spector: John Romero ist einer der größten Leute in der Game-Business.

Warren Spector: Er hat mich auf jeden Prozess gemacht.

Warren Spector: Er liebt mehr als die Leute in dieser Raum. Ich möchte nicht jemanden denken,

Warren Spector: dass ich auf John Romero schütze.

Gunnar: Und zwar sagt er nämlich, dass John Romero der Größte ist und dass er all seine

Gunnar: Versprechen gehalten hat.

Gunnar: Aber Warren Spector hilft auch noch was anderes. Er ist erfahren genug,

Gunnar: um zu wissen, wenn man ein Spiel macht, das neu ist und die Genres brechen soll,

Gunnar: dann braucht man eine möglichst klare Vision.

Gunnar: Und alle, die daran arbeiten, die müssen verstehen, das hier,

Gunnar: das ist es, was wir erreichen wollen. Das muss jeder genau wissen.

Gunnar: Und Spectre hat die zwei Monate zwischen Looking Glass Austin und der Neugründung

Gunnar: von Iron Storm Austin dafür genutzt, um seine bisherigen Erfahrungen mit dem

Gunnar: Spieldesign in eine Handvoll Regeln zu gießen.

Gunnar: Regeln des Rollenspiels, Rules of Roleplay. Und die sind ehrlich gesagt jetzt

Gunnar: nichts Besonderes, vielleicht sogar ein bisschen banal.

Gunnar: Da geht es um so Dinge wie klare Zielvorgaben, ständige Belohnungen,

Gunnar: ein langsam ansteigender Schwierigkeitsgrad.

Gunnar: Das klingt jetzt nicht so wild, aber wir wissen ja, wie viele Spiele gegen sowas

Gunnar: verstoßen haben damals und auch heute noch manchmal verstoßen.

Gunnar: Aber diese Rules of Roleplay, die bilden die Basis für die Designrichtlinien,

Gunnar: die dann für die Entwicklung von Deus Ex maßgeblich werden.

Gunnar: Und insofern ist es schon ein moderner Ansatz, sein Genre so zu definieren.

Gunnar: Denn 1998, im ersten Entwicklungsjahr, leitet einer der Designer im Team,

Gunnar: Harvey Smith, daraus fünf Regeln für Deus Ex ab. Und zwar erstens,

Gunnar: alle Probleme haben mehrere Lösungen.

Gunnar: Zweitens, der Spielablauf basiert auf unterschiedlichen, verschiedenen Mechaniken,

Gunnar: statt nur auf einer, also nicht nur auf Waffeneinsatz.

Gunnar: Die Kämpfe belohnen taktisches Vorgehen und Nachdenken.

Gunnar: Das Level-Design zeigt das Ziel und enthält mehrere Wege dorthin.

Gunnar: Und die allgemeine Grundstimmung ist Angst, Paranoia und Spannung. Sehr schön.

Chris: Es fällt ein bisschen raus, dieser fünfte Punkt.

Chris: Dann kommt der Januar 1999 und Warren Spector formuliert für die Webseite Gamma

Chris: Sutra in einem langen Artikel nochmal fünf Rollenspielgebote.

Chris: Nämlich erstens, Spieler sollen die Freiheit haben, selbst zu entscheiden,

Chris: wie sie ein Problem lösen.

Chris: Zweitens, Spieler brauchen immer klare Ziele.

Chris: Drittens, der Grad der Interaktivität der Spielwelt muss hoch sein.

Chris: Viertens, der zentrale Spielcharakter soll durch die Entscheidungen der Spielenden

Chris: wachsen und sich verändern und so zu ihrem Charakter werden.

Chris: Und fünftens, es muss im Spiel um mehr gehen als nur ums Töten, Sammeln und Aufleveln.

Chris: Ein gutes Spiel, schreibt Spectre, regt zum Nachdenken an.

Chris: Und dieser letzte Punkt ist ihm mit am wichtigsten. Das hat er später in der

Chris: Rückschau immer wieder betont.

Warren Spector: Ich bin ein großer Beliefer in der Origin-Idea, dass es mehr als nur um die

Warren Spector: Spiele zu töten und zu töten.

Warren Spector: Ich denke, dass es die Spiele zu stellen, um Fragen zu stellen und die Spieler

Warren Spector: zu stellen, durch ihre Spielzeuge zu stellen.

Chris: Wir erzählen das jetzt deswegen so ausführlich, weil dieses schrittweise Vorgehen

Chris: zeigt, Spectre und sein Team, vor allem der schon genannte Harry Smith,

Chris: die machen sich fortlaufend Gedanken um die Art Spiel, die sie machen wollen.

Chris: Sie leiten daraus immer klarere Designrichtlinien ab.

Chris: Die arbeiten sie aus, die nageln sie fest. Das ist also ein ziemlich verkopfter,

Chris: ein designgetriebener Prozess, anders als zum Beispiel bei Spielentwicklungen,

Chris: die durch die Technik oder durch eine zentrale Spielmechanik definiert werden.

Gunnar: Dieses Festnageln der Designprinzipien tut, wir sind jetzt hier Anfang 1999, aber auch langsam Not.

Gunnar: Das Spiel soll ja schon im September 1999 fertig sein, also zwei Jahre nach Projektstart.

Gunnar: In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass Spectre ein richtiges Problem

Gunnar: hat und zwar ein hausgemachtes Teamproblem und das steht seinem Wunsch nach

Gunnar: einer klaren Vision deutlich entgegen.

Gunnar: In dem kleinen Team, das Spectre von Looking Glass Austin mitnimmt,

Gunnar: arbeitet ein Designer namens Dave Beyer.

Gunnar: Und der ist beim ersten Konzept noch dabei, verschwindet dann aber aus unklaren Gründen aus dem Team.

Gunnar: Also braucht Spectre jetzt jemanden, der das Design des Spiels leitet.

Gunnar: Und wie es der Zufall so will, er findet gleich zwei geeignete Kandidaten dafür.

Gunnar: Nämlich zum einen Robert Bob White. Das ist ein alter Kumpel von Richard Garriott.

Gunnar: Die kommen beide aus NASA-Familien. Die wachsen gemeinsam auf.

Gunnar: Die sind in den 70ern in der gleichen Dungeons & Dragons-Runde.

Gunnar: Ey, Dungeons & Dragons, immer überall. Während Richard ins Spielemachen abbiegt,

Gunnar: wird Bob Astrophysiker, wie sich das gehört für eine NASA-Familie.

Gunnar: Und 1994 holt Richard seinen Freund dann aber doch noch zu Origin als Designer

Gunnar: und Programmierer für Ultima 9.

Gunnar: Und daran arbeitet White dann längere Zeit, bis Origin auf Geheiß der Mutterfirma

Gunnar: EA im Jahr 1996 das gesamte Ultima 9-Team dann auf Ultima Online setzt,

Gunnar: um diesen Hit, der es ja werden soll, so schnell wie möglich fertig zu kriegen.

Gunnar: Als White und seine Leute dann 97 zu Ultima 9 zurückkehren, hat Origin in der

Gunnar: Zwischenzeit Abdel Castillo eingestellt von Westwood und den als Leiter auf das Projekt gesetzt.

Gunnar: Und dann kracht es zwischen White und Castillo in kürzester Zeit und Castillo,

Gunnar: man kann das kaum anders sagen, ekelt White daraufhin raus.

Gunnar: Spectre aber, der schätzt den Bob White noch aus seinen Origin-Tagen, und der kennt den auch.

Gunnar: Und der White hätte noch einen Vorteil, wenn man sich für den entscheidet.

Gunnar: Der bringt gleich zwei seiner Ultima-9-Designer mit.

Gunnar: Marshall Andrews und Dan Rubenfield.

Chris: Das klingt ja nach einer wunderbaren Option, aber jetzt gibt es noch einen zweiten

Chris: Kandidaten für die Designleitungsrolle und der heißt Harvey Smith.

Chris: Smith könnte eigentlich kaum gegensätzlicher zu Bob White sein.

Chris: Während White im Speckgürtel von Austin als Teil der oberen Mittelschicht aufgewachsen

Chris: ist und an der Uni studiert hat, kommt Smith aus einer zerrütteten Arbeiterfamilie

Chris: in der ziemlich trostlosen texanischen Hafenstadt Freeport.

Chris: Die Mutter ist 15, als sie Harvey bekommt und als Harvey sechs Jahre alt ist,

Chris: stirbt seine Mutter dann an einer Überdosis.

Chris: Der Vater, ein Schweißer, tyrannisiert die Familie mit Gewaltausbrüchen.

Chris: Harvey flieht in fiktionale Welten, in Comics, Bücher, Filme und vor allem Spiele,

Chris: natürlich auch Dungeons & Dragons.

Chris: Ein Computer hat er nicht zu Hause. Und es gibt da eine Passage in einem Gespräch

Chris: zwischen Harvey Smith und Warren Spector aus dem Jahr 2011,

Chris: wo Smith schildert, wie eng diese Art des Aufwachsens, das er erlebt hat,

Chris: das eigene Denken macht.

Chris: Wir spielen das mal ein, weil ich das ganz eindrücklich finde.

Harvey Smith: Some people will have parents that talk to them about like, well,

Harvey Smith: you know, so-and-so was a famous playwright and his wife was a musician and

Harvey Smith: together they did blah, blah, blah.

Harvey Smith: And if that's part of the fabric of your life as you're growing up,

Harvey Smith: there are these conceptual leaps that you take where you realize that people

Harvey Smith: make living expressing themselves as a musician or, you know, whatever.

Harvey Smith: And if you're from a different environment where no one ever talks about that

Harvey Smith: sort of thing, they're talking about pipe fitters and boiler makers.

Harvey Smith: Und meine Umwelt war violent und racist und verabschied.

Harvey Smith: And I never realized that someone wrote comics for a living.

Harvey Smith: Und ein Tag, jemand sagte sie zu den Art Institute, weil sie sie zu sein,

Harvey Smith: war ein Comic-Buch-Writer.

Harvey Smith: Und es war so...

Harvey Smith: Ich war einfach so ein Lichtstrahl, wo ich dachte, Gott, du könntest in eine

Harvey Smith: Stadt gehen, wo sie eine dieser Unternehmen haben, und du könntest eigentlich

Harvey Smith: auf Comic books arbeiten. Das war mindblower.

Harvey Smith: Ich kann gar nicht in Worte sagen, wie dieser Leap nicht passiert und dann es passiert.

Harvey Smith: Und das gleiche Leap dann mit Videogames.

Chris: Also er beschreibt hier im Wesentlichen, dass in seinem gesamten Umfeld unvorstellbar

Chris: war und nie darüber gesprochen wird, dass Menschen etwas Kreatives machen,

Chris: um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Chris: Das waren nur Kesselflicker und Schweißer und sonst irgendwas.

Chris: Und was für ein Quantensprung das für ihn war, als sich auf einmal in seinem

Chris: Kopf die Tür geöffnet hat, zu verstehen, es gibt ja Menschen,

Chris: die machen Comics, die ich so gerne lese und verdienen damit ihren Lebensunterhalt.

Chris: Es gibt ja Menschen, die leben davon, Spiele zu machen.

Chris: Also für ihn muss das ein ganz eindrücklicher Moment gewesen sein.

Chris: Das ist aber erstmal nicht sein beruflicher Weg, sondern er geht jetzt erstmal zum Militär.

Chris: Zur US-Luftwaffe. Sechs Jahre lang arbeitet er da als Techniker und ist unter

Chris: anderem auch drei Jahre lang in Deutschland stationiert.

Gunnar: Danach zieht er nach Austin in Texas, weil dort einige seiner alten Freunde

Gunnar: aus Freeport wohnen, unter anderem Steve Powers.

Gunnar: Steve Powers arbeitet als Grafiker bei Origin Systems und der sagt dann zu Smith,

Gunnar: komm, hier zu arbeiten, das wäre doch was für dich.

Gunnar: Und Smith hängt dann sechs Monate lang mit den Origin-Leuten ab,

Gunnar: spielt Softball mit ihnen, geht abends zu den Rollenspielrunden in den Büros.

Gunnar: Der Powers nimmt ihn sogar mal zum Falschumspringen mit. Das hat Richard Garriott

Gunnar: für die Origin-Belegschaft spendiert.

Gunnar: Und schließlich schafft er den Einstieg in die Firma als Tester in der QA-Abteilung,

Gunnar: in der Quality Assurance.

Gunnar: Und gleich sein zweites Projekt dort ist System Shock, in das er sich schockverliebt.

Gunnar: Man kann es nicht anders sagen.

Gunnar: Das ist genau seins. Und seine Arbeit für das Spiel ist so gut,

Gunnar: dass er Warren Spector auffällt.

Gunnar: Und der holt ihn dann als Junior in sein Producer-Team.

Gunnar: Smith leitet dann die Produktion des Shooters Cybermage. Er bekommt ein eigenes

Gunnar: Projekt namens Technosaur.

Gunnar: Das ist ein Echtzeitstrategiespiel mit Panzern und Mechs und Dinos.

Gunnar: Das wird 1996 eingestellt und dann holt ihn der Looking-Glass-Mitgründer Ned

Gunnar: Lerner nach Kalifornien, damit er da als Chefdesigner, schon richtig aufgestiegen

Gunnar: jetzt, den frühen Online-Shooter Fireteam gestaltet.

Gunnar: Anfang 98 ist Fireteam abgeschlossen und Smith bewirbt sich dann bei Spectre für dessen neues Spiel.

Gunnar: Spectre kennt den Harvey Smith, der schätzt den noch aus Origin-Tagen.

Gunnar: Und Smiths alter Kumpel, Steve Powers, ist bereits in Spectres Team.

Gunnar: Der war Teil dieser kleinen Mannschaft, die von Looking Glass Austin rübergewechselt ist.

Chris: Also, unterm Strich zwei starke Kandidaten. Beide mit Erfahrung.

Chris: Beide kennt und schätzt Warren Spector noch aus Origin-Tagen.

Chris: Beide hätten auch Spezies dabei.

Chris: Was macht man jetzt da? Und Spector trifft dann eine Entscheidung,

Chris: die er später oft als Fehler bezeichnet hat.

Chris: Er stellt sie beide ein. Und zwar in der gleichen Rolle.

Chris: Die werden beide Lead-Designer. Und seine Lösung ist, er splittet jetzt das

Chris: Design einfach auf. Bob White soll mit seinen beiden Leuten ein eigenes Design-Team

Chris: bilden und Harvey Smith kriegt den Steve Powers unterstellt und die sind dann

Chris: ebenfalls ein eigenes Team.

Chris: Aber beide Teams arbeiten logischerweise am gleichen Spiel, an Deus Ex.

Chris: Und Spectre denkt sich, naja, Konkurrenz belebt das Geschäft und dann entstehen

Chris: so kreative Reibungen und das macht ja so ein Produkt am Ende besser.

Chris: Und außerdem findet Spectre, dass sich die Expertise von den beiden auch ganz gut erkennt.

Chris: Der Bob White, der ist fest verwurzelt im Rollenspiel-Design, der alte Ultima-Mann.

Chris: Harry Smith dagegen, der liebt die Looking-Glass-Simulationen und hat ja gerade

Chris: erst an einem Shooter gearbeitet. Also a match made in heaven sozusagen.

Chris: Dass das vielleicht doch nicht die ganz gute Idee sein könnte,

Chris: das zeigt sich aber schon in dem Moment, wo die Teams benannt werden.

Chris: Denn keiner von den beiden will das Design-Team 2 sein. Und so heißen Bob White,

Chris: Marshall Andrews und dann Rubenfield dann Design Team 1 und Harvey Smith und

Chris: Steve Powers sind Design Team A.

Chris: 1998 bekommt Smith dann noch einen Mann dazu, den Quereinsteiger Monte Martinez

Chris: und jetzt sind die beiden Teams auch gleich stark besetzt.

Gunnar: Sechs Leute, zwei Dreierteams, warum braucht ein Spiel wie Deus Ex sechs Designer?

Gunnar: Es sind ja sogar sieben, wenn man Warren Spector mit einrechnet.

Gunnar: Der ist ja nach wie vor der, wie wir in der Branche sagen, Vision Keeper für

Gunnar: das Spiel und fällt im Zweifel alle Entscheidungen.

Gunnar: Also man braucht diese Designer, weil Designer in diesem Fall in erster Linie

Gunnar: bedeutet Level Designer.

Gunnar: White, Smith und die anderen, die definieren nicht nur die Spielregeln und die

Gunnar: schreiben nicht nur Texte, sondern die bauen auch alle Schauplätze des Spiels

Gunnar: von Hand im Unreal Editor.

Gunnar: Und die Probleme dieses geteilten Teams, wer hätte es gedacht,

Gunnar: zeigen sich dann auch schnell.

Gunnar: Damit sie parallel arbeiten können, werden die Kapitel des Spiels einfach verteilt.

Gunnar: Hälfte auf Smith, Hälfte auf White. Die White-Leute arbeiten zum Beispiel alle

Gunnar: Levels und alle Inhalte aus, die in New York City spielen. Smith macht Paris und Hongkong.

Gunnar: Das bedeutet jetzt aber auch, dass die beiden Teams für ihre Bereiche dann jeweils

Gunnar: individuelle Designentscheidungen treffen.

Gunnar: Und der Chefprogrammierer Chris Norton, der dazwischen steht sozusagen,

Gunnar: der beobachtet dann halt, dass jedes der beiden Teams eigene Ideen entwickelt,

Gunnar: wie das Gameplay in ihren Teilen des Spiels jeweils funktionieren soll.

Gunnar: Und dann kommen die natürlich, Smith und White, jeweils mit unterschiedlichen

Gunnar: Anforderungen an die Programmierung zu ihm.

Gunnar: Und das konterkariert der volle Kanne Specters Idee einer klaren Vision,

Gunnar: auf die sich alle geeinigt haben.

Gunnar: In einem Interview wird der Bob White dann später festhalten,

Gunnar: es habe in der Anfangszeit eine Menge Konflikte gegeben und es sei sehr schwierig

Gunnar: gewesen, eine gemeinsame Idee für das Spiel zu finden.

Gunnar: Der White zum Beispiel legt als Wissenschaftler Wert auf Realismus.

Gunnar: Und der Smith, der pusht in Richtung fantastischere Elemente,

Gunnar: was zum Beispiel am Ende dazu führt, dass so genmodifizierte Kreaturen und Aliens im Spiel auftauchen.

Gunnar: Schließlich, dann vermutlich im Jahr 1998, der genaue Zeitpunkt ist nicht so

Gunnar: ganz klar, wird das Problem so überdeutlich, dass Spectre handeln muss.

Gunnar: Und in der Zwischenzeit hat sich aber Harvey Smith mit seinem Engagement und

Gunnar: seinen cleveren Ideen so klar hervorgetan, dass Spectre ihn zum alleinigen Design-Lied

Gunnar: macht. Und das hat seinen Preis.

Gunnar: Laut Spectre steigen dann mehrere Leute aus dem Team aus.

Gunnar: Dazu gehört unter anderem der Designer Dan Rubenfield.

Chris: Ja, also das ist schon eine gravierende Veränderung, aber es ist auch nicht

Chris: die einzige Änderung, durch die das Spiel geht.

Chris: Das erste Design-Dokument für das Spiel, das ja wie gesagt, am Anfang noch den Namen Shooter trägt.

Chris: Das entsteht im Herbst 1997 und da sind einige Dinge doch noch ganz anders geplant.

Chris: Dieses Dokument kann man heute auch noch sehen, sogar in mehreren Versionen, die im Netz kursieren.

Chris: Da wird zum Beispiel klar, dass von Anfang an feststeht, dass das Spiel sich

Chris: um Verspörungstheorien drehen soll.

Chris: Damals bewegt ja der globale Anstieg von Terrorismus die Nachrichten,

Chris: Akte X läuft im Fernsehen.

Chris: Im September 97 kommt Man in Black in die Kinos mit Will Smith.

Chris: Also dieses Thema liegt im Zeitgeist und über Wochen wälzen Specter und sein

Chris: Anfangsteam einschlägige Bücher.

Chris: In ihrem Büro steht dann bald ein ganzes Regalbrett voll mit Verschwörungsliteratur.

Chris: Und das Designdokument aus dieser Zeit bekommt dann auch eine schöne Unterzeile,

Chris: nämlich Rollenspielen in einer Welt der Geheimnisse, Lügen und Verschwörungen.

Chris: Aber anfangs ist der Gedanke noch, dass das in der Gegenwart spielen soll.

Chris: Wir erinnern uns, Spectre kommt ja von diesem James-Bond-artigen Szenario.

Chris: Das ändert sich dann aber schnell, weil dem Team klar wird, dass das zu limitierend wäre.

Chris: Also wird das Setting ins Jahr 2052 verlegt und der Protagonist wird jetzt ein

Chris: nano-augmentierter Agent.

Chris: Da kann man viel mehr zum Beispiel mit den Fähigkeiten arbeiten,

Chris: als das in der Gegenwart der Fall wäre.

Chris: Wobei, ich sage Protagonist, aber ursprünglich ist auch noch geplant,

Chris: dass das Geschlecht wählbar sein soll.

Chris: Die Entscheidungsfreiheit ist ja eine große Maxime für das Spiel,

Chris: wir erinnern uns, aber das ist zum Beispiel eine der Sachen,

Chris: die dann einfach pragmatisch weggestrichen werden.

Chris: Auch von der Seuche ist am Anfang noch gar nicht die Rede, sondern hier geht

Chris: die Bedrohung von einer Droge aus namens Ambrosia.

Chris: Vor allem aber ist das Spiel, das Spectre und Co.

Chris: Da am Anfang planen, wesentlich umfangreicher als das, was am Ende herauskommt.

Chris: Und nun ist Deus Ex ja schon ein großes Spiel.

Chris: Aber man hätte unter anderem auch noch nach London reisen sollen,

Chris: nach Russland, nach Florida, ins Weiße Haus, nach Washington.

Chris: In Texas hätte man Zeuge sein sollen, wie eine Armee der russo-mexikanischen

Chris: Allianz das zerbombte Austin angreift. und am Ende wäre man noch ins All geflogen,

Chris: hätte zwei Raumstationen besucht und dann den Showdown auf einer Mondbasis erlebt.

Chris: Und zwischen diesen ganzen Schauplätzen wäre man auf einer 2D-Weltkarte frei

Chris: hin und her gereist, wie in einem Rollenspielen.

Chris: Hätte sagen können, ja, jetzt gehe ich mal nach Russland, jetzt gehe ich wieder

Chris: nach New York City und so.

Gunnar: Minimal zu viel vielleicht. Ich meine, dieses ursprüngliche Design-Dokument umfasst 22 Missionen.

Gunnar: Im fertigen Spiel sind es am Ende 13.

Gunnar: Und ehrlich, das genug. Zum einen sind diese 22 Missionen völlig überambitioniert,

Gunnar: auch überambitioniert gedacht in ihrer Ausgestaltung, insbesondere dieser Angriff auf Orsten.

Gunnar: Den Harvey Smith und Steve Powers Spectre dann beim Mittagessen ausreden.

Gunnar: Und das Team kommt schnell an die Grenzen ihrer Technik.

Gunnar: Spectre ist klar, dass er mit seinem kleinen Team keine eigene 3D-Engine entwickeln

Gunnar: kann, sondern er muss eine einkaufen.

Gunnar: Und Iron Storm, die Mutterfirma drüben in Dallas, hat sich für die IT-Tech-Engine

Gunnar: entschieden, nicht zuletzt dank Romeros alter Connections zu IT-Software.

Gunnar: Aber Ende 97 ist Tim Sweeney von Epic Games bei Iron Storm zu Besuch,

Gunnar: um seine Unreal-Engine zu demonstrieren. Die arbeiten nämlich an einem Spiel namens Unreal.

Gunnar: Das ist noch nicht fertig. Das wird erst 1998 erscheinen, aber die Engine,

Gunnar: die sie dafür gebaut haben, die sorgt bereits für Aufsehen.

Gunnar: Und Sweeney unterschreibt schon mal Lizenzdeals, um die zu verkaufen.

Gunnar: Spectre schickt dann seine beiden Programmierer, den Chris Norton und Albert

Gunnar: Yeruso, zu diesem Termin und die kommen beeindruckt zurück.

Gunnar: Norton reist daraufhin eine Woche zu Epic, um die Engine dann vor Ort auf Herz und Nieren zu prüfen.

Gunnar: Als er zurückkehrt, sagt er, jawohl, das machen wir, Daumen hoch und Unreal

Gunnar: wird die Basis-Engine für Deus Ex.

Gunnar: Mit ausschlaggebend für die Entscheidung ist das schon damals zum Paket,

Gunnar: der Unreal-Ad gehört, der 3D-Editor, der es den fünf Designern erlaubt,

Gunnar: relativ bequem eigene Levels zu entwerfen.

Gunnar: Allerdings müssen die 3DS-X-Programmierer um Chris Norton im Laufe der Entwicklung

Gunnar: viele Features einbauen, die die Shooter-Engine von Haus aus nicht mitbringt.

Gunnar: Ich meine, das ist halt eine Shooter-Engine.

Gunnar: Es gibt kein Inventar, kein Dialogsystem, keine Cutscenes und so,

Gunnar: das müssen sie alles nachbauen.

Chris: Aber dann stellen sich zwei Dinge heraus, nämlich erstens eine so dynamische

Chris: Simulation der Spielwelt, wie sich Spectre und Co.

Chris: Das vorstellen, also eine richtige Sandbox, in der die Spieler eigene Lösungen

Chris: finden, ist in Unreal nicht umsetzbar, allein schon, weil es zum Beispiel einer

Chris: ordentlichen Physik-Engine mangelt.

Chris: Anders als bei Trespasser zum Beispiel, diesem Jurassic Park Dinosaurier-Abenteuerspiel,

Chris: das zeitgleich zu Deus Ex bei DreamWorks entsteht, dann deutlich vorher rauskommt

Chris: 1998 und das hat ja den gleichen Gedanken.

Chris: Das ist eine 3D-Sandbox aus der Ego-Perspektive, aber mit dieser starken Physik-Engine,

Chris: woran das Spiel dann letztendlich scheitert.

Chris: Das ist noch zu unausgegoren, das ist noch zu viel spielerische Freiheit, zu wenig Führung.

Chris: Es ist vielleicht ein Glück für War Inspector und Deus Ex, dass die Unreal Engine das nicht kann.

Chris: Denn das zwingt sie jetzt dazu, den Gedanken von der völlig freien Sandbox einzuhägen

Chris: und stattdessen nach Level-Design-Lösungen zu suchen.

Chris: Das bedeutet, dass die Designer ihre Levels jetzt so gestalten müssen,

Chris: dass es einen Kampfweg gibt, einen Schleichweg, einen Gesprächsweg zur Lösung.

Chris: Also das muss jetzt alles tatsächlich gebaut werden. Das war eigentlich nicht geplant.

Chris: Eigentlich sollte das Level-Design völlig offen sein und die Spieler sollten

Chris: selbst frei entscheiden, wie sie damit umgehen.

Chris: Der zweite Punkt ist, dass die Engine gar nicht so große und reich bevölkerte

Chris: Levels darstellen kann, wie das bei ihnen im Konzept steht. Und das Bauen dieser

Chris: Levels macht auch noch sehr viel mehr Arbeit, als sie sich das gedacht hatten.

Chris: Und in der Konsequenz muss das Team also immer mehr Abstriche machen.

Chris: Im Laufe dieser dreijährigen Entwicklungszeit werden die Schauplätze in kleinere

Chris: Abschnitte zerlegt, die Menge an Personen in den Levels wird reduziert und schließlich

Chris: werden Orte zusammengelegt und gestrichen. Und am Ende trifft es sogar das Weiße Haus.

Chris: Das ist deswegen schade, denn das war das allererste Level, das sie entwickelt haben als Prototyp.

Chris: Aber irgendwann passt das nicht mehr in die Story und dann schmeißen sie dieses

Chris: fast fertige Level schweren Herzens dann wieder raus.

Gunnar: Und noch was fliegt raus. Multiplayer. Im Designdokument von 1997,

Gunnar: von Ende 97, heißt es noch ganz deutlich, es macht keinen Sinn,

Gunnar: heutzutage ein Spiel ohne Multiplayer auszuliefern.

Gunnar: Und in einem Interview von 98 sagt Spectre dann ebenso widersprüchlich wie prophetisch,

Gunnar: es wäre reiner Wahnsinn im Jahr 1999 ein Spiel ohne Multiplayer zu veröffentlichen,

Gunnar: aber falls wir in Terminschwierigkeiten kommen, ist der Multiplayer das Erste, was wir rausschmeißen.

Gunnar: Das Erste.

Gunnar: Und so kommt es dann auch. Kein Multiplayer.

Chris: So kommt es dann auch, genau. Aber selbst dieses eingedampfte Deus Ex ist immer

Chris: noch ein riesiges Spiel.

Chris: Und zudem ist es ja auch eines, in dessen Simulationen diese ganzen verschiedenen

Chris: Systeme korrekt zusammenwirken müssen.

Chris: Und das richtig hinzukriegen, das macht dem Team viel Kopfzerbrechen.

Chris: Nun ist ja insbesondere Warren Spector super vernetzt und hat prominente Freunde.

Chris: Die alten Kumpels bei Looking Class und so. Und dann kommen auch immer mal wieder

Chris: prominente Leute aus der Branche vorbei und spielen Probe.

Chris: Gabe Newell zum Beispiel von Valve ist mal vor Ort und spielt Deus Ex.

Chris: Doug Church, Michael Blank von Looking Glass. Die haben alle eine Gemeinsamkeit,

Chris: die sind nicht begeistert von dem, was sie da spielen.

Chris: Also vor allem das Rollenspielsystem mit seinen Skills, das erscheint ihnen

Chris: ziemlich trocken und belanglos, was dazu führt, dass Harvey Smith es dann umbaut,

Chris: dass die Bioenergie als eine verbrauchbare Ressource in Deus Ex drin ist,

Chris: das ist eine nachträgliche Änderung, die aus diesen Testspielen resultiert.

Chris: Und ziemlich spät in der Entwicklung, Ende 1999, fällt dem Team auf,

Chris: dass viele der handelnden Personen, die am Anfang des Spiels eingeführt werden.

Chris: Im Laufe der Handlung einfach verschwinden.

Chris: Also der Cyborg Gantel Herrmann zum Beispiel, Simons, der FEMA-Chef,

Chris: die Kollegen Bayonetko, Alex Jacobson, Sam Carter oder auch Jaycees Bruder Paul,

Chris: die werden alle am Anfang eingeführt und dann tauchen sie irgendwie nicht mehr auf in der Handlung.

Chris: Und dann gibt es nochmal ein Krisenmeeting, dann setzt sich das Designteam zusammen

Chris: und klopft das ganze Spiel systematisch darauf ab, wo man die nochmal auftauchen lassen könnte.

Chris: Und so kommen dann zum Beispiel die ein bisschen aufgesetzt wirkenden Shoutdowns

Chris: mit Gunther und mit Walter Simons ins Spiel.

Chris: Und das erklärt dann auch, warum die aufgepropft wirken. Die wurden auch wirklich aufgepropft.

Gunnar: Und noch was passiert durch den Zeitdruck und die vielen Änderungen.

Gunnar: Spätestens ab Mitte 99 ist dieses überschaubare Team, das ja auch am Ende dann

Gunnar: nur so zwischen 20 und 30 Leuten groß ist, im Crunch-Mode, wie man das in der Branche nennt.

Gunnar: Das bedeutet massive Überstunden.

Gunnar: Harvey Smith führt damals auf seiner Webseite einen Blog. Dem gibt er 1998 und

Gunnar: 1999 relativ regelmäßig Updates zum Stand des Spiels. Mitte 99 tröpfelt das aus.

Gunnar: Da gibt es kaum noch Updates. Im Oktober 99 schreibt er dann nur noch Crunch Mode Sucks.

Gunnar: Im April 2000 lautet das Update Major Crunch.

Gunnar: Dazwischen liegen lange Monate der Stille.

Gunnar: Sein Teamkollege Steve Powers schreibt nach dem Release des Spiels im Juni 2000,

Gunnar: meine Familienmitglieder haben mich seit Weihnachten nicht mehr gesehen.

Gunnar: Ist echt, also ganz schön krass. Also das heißt, entweder ist er erst in der

Gunnar: Dunkelheit Mitternacht nach Hause gekommen oder er hat gleich im Büro geschlafen.

Gunnar: Dabei ist der Juni 2000 ja schon weit überplant.

Gunnar: Das Spiel hätte im September 1999 fertig sein sollen, damit es rechtzeitig zum

Gunnar: Weihnachtsgeschäft im Laden ist.

Gunnar: Aber Spectre kann bei Einstorm und Eiders nochmal eine Verlängerung um sechs Monate rausschlagen.

Gunnar: Und das ist ein Glück für das Team und für das Spiel. Und so wird das Deus Ex

Gunnar: dann im Frühjahr 2000 fertig und kommt im Juni 2000 in den Handel.

Chris: Ja, und die Reaktionen auf das Spiel, damit sind wir wieder am Anfang unserer

Chris: Episode, sind wohlwollend bis ekstatisch.

Chris: Also noch heute steht der Metacritic-Schnitt

Chris: der ursprünglichen PC-Version von Deus Ex bei 90 von 100.

Chris: Einige große Magazine geben damals Bestwertungen, darunter Eurogamer und GamePro USA.

Chris: In Deutschland bekommt das Spiel 91 Prozent von PC Player, 89 von PC Games, 88 von der GameStar.

Chris: Du hast damals eine Titelstory geschrieben für die GameStar in der 7.2000.

Chris: Das war der Vorabtest, also noch keine Wertungen.

Chris: Aber da nennst du das Spiel einen Herzschlagbeschleuniger. und wie im Rausch

Chris: hätten drei Redakteure Deus Ex durchgespielt.

Chris: In der Ausgabe darauf, in der 8.2000, erscheint dann der fünfseitige Nachtest.

Chris: Also es hat mich richtig verblüfft beim nochmal reingucken. Also ich wüsste

Chris: nicht, dass wir jemals einem Nachtest so viele Seiten gegeben haben.

Chris: Das ist schon ausgesprochen ungewöhnlich, wenn das vorher schon eine Titelsteuer bekommen hat.

Chris: Dieser Nachtest stammt dann von Peter und der sagt, Deus Ex sei ein echter Meilenstein. Aber er fragt,

Chris: Warum nicht bunter? Und da hatte ich so ein krasses Déjà-vu zu unserer Max Payne-Episode.

Chris: Hat er das nicht auch schon kritisiert? Oder wird er das nicht später bei Max

Chris: Payne auch noch kritisieren?

Gunnar: Ja, das ist doch die GameStar-Richtlinie, dass alles bunt sein muss.

Chris: Ja, scheinbar. Oder Peter Steinlechners Präferenz. Nun ja, Klammer zu.

Chris: Einer der Hauptkritikpunkte, wenn es denn welche gibt, zum Release von Deus

Chris: Ex sind die Technikprobleme. Das Spiel läuft unter Direct 3D und dort nicht

Chris: sonderlich gut. Das wird stellenweise zu Ruckelorgia.

Chris: Da kommt dann auch eilig ein Patch dafür, der das behebt.

Chris: Und im Dezember 2000, also etwa ein halbes Jahr nach dem Erscheinen,

Chris: reicht Iron Storm Austin etwas überraschend einen Multiplayer-Modus per Patch nach.

Chris: Danach hat keiner gefragt, aber es kam trotzdem Deathmatch und Team Deathmatch

Chris: und fünf Karten werden dann noch hinzugefügt.

Chris: Mir wäre nicht bekannt, dass das damals viel gespielt wurde.

Chris: Bei uns wurde es auf jeden Fall nicht

Chris: gespielt, aber wir halten hier pflichtschuldig fest, das gab es auch.

Gunnar: Ja, immerhin. Okay, ich habe da gar keine Erinnerungen aus der damaligen Zeit

Gunnar: dran, dass ich das jemals ausprobiert hätte.

Chris: Nee, ich auch nicht.

Gunnar: Die gute Presse überträgt sich dann in ordentliche Verkaufszahlen.

Gunnar: Die allerdings auch nicht herausragend sind.

Gunnar: Lange ist unklar, wie viele Exemplare das verkauft hat. Es gab keine offiziellen Meldungen.

Gunnar: Im Jahr 2009 kauft dann Square Enix, der japanische Publisher,

Gunnar: die englische Firma Eidos.

Gunnar: Und bei der Gelegenheit werden dann die Verkaufszahlen der wichtigsten Eidos-Markt bekannt.

Gunnar: Ganz vorne ist natürlich Tomb Raider mit über 30 Millionen, 8 Millionen für die Hitman-Serie.

Gunnar: Und Deus Ex 1 kommt auf knapp über eine Million.

Gunnar: Schon okay, aber jetzt auch nicht Killer, zumal es ja dann 2002 noch eine Playstation 2 Version gab.

Gunnar: Das Spiel lief in Europa besser als in den USA.

Gunnar: In seinem Heimatland hat es bis Ende 2001 240.000 Stück verkauft.

Gunnar: In England sind es im gleichen Zeitraum über 100.000, in Deutschland immerhin noch 70.000.

Gunnar: Die im März 2001 veröffentlichte Game of the Year Edition, die außer den bisherigen

Gunnar: Patches gar keine Neuigkeiten enthält, Die hilft sicher auch nochmal ein bisschen dabei.

Gunnar: Und die eben erwähnte Playstation-Version von 2002, die erklärt vielleicht auch

Gunnar: ein bisschen, warum es in den USA nicht so gut gelaufen ist,

Gunnar: wie es hätte laufen können.

Gunnar: Das war wahrscheinlich dann zu spät, um noch einen großen Unterschied zu machen.

Gunnar: Das war ja immerhin zwei Jahre nach der PC-Version.

Chris: Genau, und als reines PC-Spiel hat es in den USA dann wohl nicht ganz so stark eingeschlagen.

Chris: Nun, für Eidos und Iron Storm ist das die wichtigste Erkenntnis dieses Konsolenproblemen.

Chris: Also Deus Ex darf nach Meinung der beiden Firmen gerne einen zweiten Teil bekommen,

Chris: aber dann bitte auch für die Konsole. In der Zwischenzeit ist aber noch was anderes passiert.

Chris: Looking Glass Studios in Cambridge sind insolvent und schließen im Mai 2000

Chris: die Türen, also einen Monat vor dem Erscheinen von Deus Ex.

Chris: Eidos kauft dann die Rechte an der Thief-Reihe und überträgt das Projekt Thief

Chris: 3, das da schon angefangen war zu dem Zeitpunkt, an Warren Spector in Austin.

Chris: Und Spectre übernimmt dann auch noch eine Handvoll von Looking-Glass Mitarbeitenden.

Chris: Und damit hat Iron Storm Austin jetzt eine größere Belegschaft und Kapazität

Chris: für zwei parallele Projekte, nämlich Thief 3 und Deus Ex 2, die jetzt beide dort entstehen.

Chris: Spectre zieht sich in der Konsequenz aus der Designrolle zurück.

Chris: Er hat ja bei Deus Ex 1 noch aktiv mitgewirkt und jetzt macht er wirklich nur Studio Management.

Chris: Er übergibt die Leitung von Deus Ex 2 voll in die Hände von Harvey Smith.

Gunnar: Ganz schön fett für so ein Studio, wenn du an Thief 3 und Deus Ex 2 gleichzeitig

Gunnar: arbeitest. Meine Herren, ey.

Gunnar: Naja, Deus Ex 2 erscheint dann nach zwei Jahren schwieriger Entwicklung am Ende

Gunnar: des Jahres 2003 unter dem Namen Deus Ex Invisible War für Konsolen und PC.

Gunnar: Das ist, anders als man oft hört, gar kein schlechtes Spiel,

Gunnar: aber für Deus Ex Fans trotzdem eine herbe Enttäuschung. Viele der Qualitäten,

Gunnar: die große Ambition des ersten Teils fehlt hier.

Gunnar: Es ist ein kleinerer Teil, es

Gunnar: ist seichter, simplifiziert. Es kann mit dem ersten Teil nicht mithalten.

Gunnar: Thief 3 braucht noch länger, kommt erst im Mai 2004 unter dem Namen Thief Deadly

Gunnar: Shadows auf den Markt. ist dann das letzte Projekt von Iron Storm Austin.

Gunnar: Nach der Fertigstellung davon geht War Inspector dann im Mai 2004 und im Februar

Gunnar: 2005 wird es offiziell geschlossen.

Gunnar: Parallel zu Invisible War ist an anderer Stelle im Eidos-Universum bei Crystal

Gunnar: Dynamics ein Multiplayer-Titel namens Deus Ex Clan Wars in Arbeit.

Gunnar: Und nach der Schließung von Iron Storm Austin benennen sie ihn um und bringen

Gunnar: ihn 2005 als Project Snowblind raus, ganz ohne Verbindung zum Deus Ex-Universum.

Chris: Das ist ganz interessant, weil sie hätten ja die Deus Ex-Marke,

Chris: das hätte ja durchaus so heißen können, aber offensichtlich ist die so verbrannt

Chris: nach Invisible War, dass sie sich nicht mehr trauen, das Spiel so zu nennen.

Gunnar: Ehrlich gesagt, das kann doch nicht schlimmer sein als der Name Project Snowblind.

Gunnar: Also ernsthaft irgendein Spiel Project zu nennen, das kann doch nicht richtig sein.

Chris: Naja, Deus Ex Clan Wars ist auch kein toller Titel, wenn wir ehrlich sind.

Chris: Aber vielleicht war das auch nur ein Arbeitstitel. Wie dem auch sei,

Chris: Project Snowblind ist also kein offizielles Deus Ex Spiel.

Chris: Das sieht jetzt für Fans von Deus Ex so aus, als ob die Marke in der Folge dann

Chris: lange Zeit verschüttet bleibt.

Chris: Aber de facto liegt sie jetzt nur drei Jahre lang unbenutzt rum.

Chris: Denn im Jahr 2007 gründet Eidos ein neues Entwicklungsstudio in Montreal.

Chris: Und das beginnt noch im gleichen Jahr mit der Neuerfindung von Deus Ex als ersten Projekt.

Chris: Also ab 2007 ist das schon wieder in Arbeit. Es dauert dann halt nur ewig.

Chris: Es dauert bis 2011, bis Deus Ex Human Revolution tatsächlich erscheint.

Chris: Das ist dann zeitlich vor dem Originalspiel angesiedelt und erweist sich als exzellentes Spiel.

Chris: Das kriegt dann 2016 nochmal einen Nachfolger, Mankind Divided.

Chris: Das wiederum bleibt dann hinter den Verkaufserwartungen der Konzernmutter Square

Chris: Enix zurück und damit ist auch der zweite Anlauf für die Serie nach zwei Teilen

Chris: schon wieder vorbei, bis heute.

Chris: Das ist der Stand zu unserer Aufnahme im Jahr 2024.

Gunnar: Genau, das war es jetzt. Es gab dann noch Gerüchte über ein weiteres Spiel,

Gunnar: aber das hat sich bis jetzt nicht materialisiert und ich glaube auch nicht, dass das noch kommt.

Chris: Was sehr schade ist. Also gerade Human Revolution hat mir ausgezeichnet gefallen

Chris: und wäre eigentlich eine wunderbare Richtung gewesen für die Serie.

Chris: Und das ist eigentlich ein ganz guter Punkt, um zurück zum ersten Deus Ex zu

Chris: kommen, das wir ja vorher ausführlich beschrieben und schon erzählt haben,

Chris: was es so vorhatte und was es gut gemacht hat.

Chris: Aber ich würde ihm gerne nochmal ein bisschen auf den Zahn fühlen unter der

Chris: Zielsetzung, die Warren Spector explizit ausgegeben hat für Deus Ex.

Chris: Und die Frage stellen, wie gut erfüllt das erste Deus Ex eigentlich dieses Hauptziel,

Chris: nämlich dem Spieler bedeutungsvolle Entscheidungen zu ermöglichen.

Chris: Warren Spector hat häufig zum Beispiel in diesem GDC Post Mortem aus dem Dezember

Chris: 2000 so Dinge gesagt wie,

Chris: Wahlmöglichkeit und Konsequenz waren die am meisten verwendeten Wörter während

Chris: unseres dreijährigen Entwicklungszeitraums.

Chris: Das gab er und gibt er bis heute als die Leitprinzipien für Deus Ex aus,

Chris: dass man da bedeutungsvolle Entscheidungen trifft.

Chris: Und ich würde das gerne in drei Elemente unterteilen, in drei Bereiche,

Chris: wo man in Deus Ex Entscheidungen trifft. Das erste ist die Entscheidung für

Chris: eine Vorgehensweise, also zum Beispiel Schleichen oder Ballern.

Chris: Und in dem Bereich, ich stelle dir erstmal die Frage, Gunnar,

Chris: würdest du sagen, dass das hier erfüllt ist, dass man in diesem Bereich bedeutungsvolle

Chris: Entscheidungen trifft?

Gunnar: Ja, selbstverständlich. Also auf jeden Fall. Ich weiß gar nicht,

Gunnar: wie man was anderes glauben sollte, weil die Entscheidungen haben ja den direkten

Gunnar: Einfluss auf das Spielerlebnis.

Gunnar: Schwierigkeitsgrad, Atmosphäre, die Art und Weise, wie die Geschichte erlebt

Gunnar: wird, all das wird hier entschieden.

Chris: Würde ich genauso sagen, das ist so. Ich möchte aber auch festhalten,

Chris: die Art und Weise, wie Deus Ex gebaut ist, die Spielmechaniken belohnen das

Chris: unbemerkte Vorgehen stärker als das Reinstürmen, auch als Kämpfer.

Chris: Und es hängt auch damit zusammen, und jetzt müssen wir es hier mal sagen,

Chris: dass Deus Ex als Shooter ziemlich mau ist.

Chris: Auch deswegen, weil die Waffen ja fast nur Hitscan-Waffen sind.

Chris: Das heißt, man wird eigentlich fast immer getroffen.

Chris: Ausweichen und so spielt keine so große Rolle. JC hält nicht viel aus,

Chris: die Lebensenergie steigt nie.

Chris: Frontal reinzugehen in den Kampf ist ziemlich gefährlich. Im Nahkampf sind die

Chris: Gegner erstaunlich agil, die weichen dann immer mal wieder aus.

Chris: Man nimmt aus der Nähe viel Schaden, vor allem aus Schrotflinten, aus Sturmgewehren.

Chris: Also das fühlt sich auch alles nicht besonders gut an. Es fühlt sich viel besser

Chris: an, wenn man von hinten an einen Gegner herantritt und dem dann die Ladung Schrot

Chris: reinhaut oder ihn mit dem Schwert zersäbelt, bevor er einen entdeckt hat.

Chris: Also selbst auf dieser Shooter-Ebene wird die Heimlichkeit überbetont, würde ich sagen.

Chris: Man kann schon versuchen, das wie in einen Hau-drauf-Shooter zu spielen,

Chris: aber das macht weniger Spaß. Und der Rollenspielpfad, also Dinge mit Gesprächen,

Chris: Bestechungen lösen, Codes finden und sowas, der existiert nur fragmentarisch.

Chris: Es gibt zu viele Gebiete, wo es so eine Option gar nicht gibt.

Gunnar: Ja, das stimmt. Wobei ich noch argumentieren wollen würde, dass ein Shooter

Gunnar: ja kein Hau-und-Rauf-Shooter sein muss und dass zum Shooter-Pfad auch logischerweise

Gunnar: das von hinten angreifen oder der Einsatz von Betäubungswaffen gehört.

Gunnar: Aber ja, grundsätzlich ist das überbetont heimlich vorzugehen, das stimmt.

Chris: Ja, ich finde das jetzt aber auch gar nicht so schlimm. Also es ist ja jetzt

Chris: an ein doch relativ ambitioniertes und einigermaßen experimentelles Spielvideos

Chris: X nicht unbedingt die Erwartung zu stellen, dass das sofort perfekt ausbalanciert ist.

Chris: Solange es einfach grundsätzlich funktioniert, und das ist offensichtlich so,

Chris: dass man sich grundsätzlich für verschiedene Vorgehensweisen entscheiden kann, passt das schon.

Gunnar: Ja, also A, kannst du einfach suchen und dann findest du schon einen anderen Weg.

Gunnar: Oder, was so meine Spielweise war, ist, ich habe einfach kursorisch geguckt,

Gunnar: ob es eine leichte Möglichkeit gibt, ob ich irgendwo durch kann oder so und

Gunnar: wenn nicht, habe ich halt Leute erschossen.

Gunnar: Und das war immer sozusagen die letzte Zuflucht. Das Dumme war dann halt Gewalt,

Gunnar: wenn ich halt kein Codewort gefunden habe und so.

Gunnar: Und das finde ich ist gar keine unangemessene Art, mit so einem Entscheidungsreichtum umzugehen.

Chris: Finde ich auch und das ist auch die perfekte Überleitung zu dem zweiten Punkt,

Chris: wo bedeutungsvolle Entscheidungen möglich sein sollten, nämlich bei der Entwicklung

Chris: des Spielcharakters, also bei der Charakterprogression.

Chris: Was sagst du denn dazu? Trifft man da bedeutungsvolle Entscheidungen?

Gunnar: Sagen wir so, die Wahl der Skills und der Augmentierung, die beeinflussen,

Gunnar: wie du die Levels bewältigen kannst und welche Lösungsansätze dir zur Verfügung stehen.

Gunnar: Der Hacker kann natürlich dann verschlossene Türen öffnen und Sicherheitssysteme

Gunnar: deaktivieren, kann es sich da halt viel leichter machen.

Gunnar: Ich würde schon sagen, diese Entscheidungen haben einen signifikanten Einfluss auf das Spiel und den,

Gunnar: Spielstil, den du wählen kannst, aber nicht ganz so, wie die Leute glauben,

Gunnar: dass es ist bei dem Spiel, wenn sie sich dann erinnern an die goldene Zeit und

Gunnar: sagen, boah, da konnte man voll frei auswählen.

Gunnar: Das ist schon nicht so viel. Ich hab's ja vorhin kurz gesagt,

Gunnar: als wir diese drei Level-Varianten gehört haben, viel von den Möglichkeiten

Gunnar: war abhängig vom Suchen und vom Erforschen und nicht so sehr nur von den Skills.

Chris: Ja, ich würde sagen, hier wird es jetzt schon schwieriger. Für mich ist das

Chris: Progressionssystem zugespitzt gesagt eine Mogelpackung,

Chris: weil es alles irgendwie möglich macht, aber das ist für mich so ein Kardinalsfehler

Chris: von Deus Ex, es verhindert auch nichts.

Chris: Also wenn ich mich festlege, zum Beispiel alles auf Heimlichkeit zu skillen,

Chris: ist mir der Kampfweg aber dadurch nicht verschlossen.

Chris: Das ist sicherlich Absicht, das möchte das Spiel so.

Gunnar: Das ist ja gut vielleicht.

Chris: Ja, vielleicht, aber es ist halt so großzügig in seinen Ressourcen.

Chris: Man kann Schlösser und Elektronikgeräte knacken durch die Dietricher und Multitools

Chris: und die kriegt man in solchen Mengen,

Chris: dass du selbst ohne eine Skillung darauf immer noch ziemlich viele davon aufkriegst.

Chris: Und umgekehrt kriegen Diebe zum Beispiel auch genügend Granaten,

Chris: um im Zweifel alles wegzusprengen.

Chris: Das ist das, was du gerade gelobt hast, dass ich dann, wenn ich keine Lust mehr

Chris: habe, dann halt einfach trotzdem die Gewalt anwende. Aber ich könnte natürlich

Chris: auch zugespitzt sagen, ich kann alles auf Hackerskillen und mich trotzdem durchballern.

Chris: Und umgekehrt, ich kann alles auf Waffenskillen und mich trotzdem noch durchs Spiel schleichen.

Chris: Es gibt keinen Zwang zur Spezialisierung, was im Umkehrschluss dann bedeutet,

Chris: dass die Spezialisierung weitgehend bedeutungslos ist.

Chris: Dieses ganze Progressionssystem besteht aus meiner Perspektive aus Pseudo-Entscheidungen,

Chris: die dadurch invalidiert werden, dass es ständig Alternativen gibt.

Chris: Das ist eigentlich eine Beschäftigungsmaßnahme.

Chris: Das ist so ein technokratischer Teil des Rollenspielparts, den man auch weglassen könnte.

Chris: Und das Spiel würde nichts verlieren. Und jetzt sagst du bestimmt,

Chris: Moment mal, aber es gibt doch das Augmentierungssystem, wo man sich jeweils

Chris: entscheiden muss zwischen zwei Varianten von der Augmentierung.

Chris: Und wenn ich A nehme, kriege ich B nicht und umgekehrt. Und ja, das stimmt.

Chris: Aber auch hier gilt, das sind ja fast alles Dinge, die ich auch auf anderem

Chris: Wege durch andere Spielmechaniken erreichen kann.

Chris: Wenn ich die Aqualunge nicht nehme, dann nehme ich halt das Atemgerät zum Beispiel.

Chris: Aber vor allem ist das ein überkomplexes

Chris: System. Ich finde, das ist eigentlich viel zu wenig nützlich.

Chris: Die ganzen Augmentierungen sind, sie sind nicht unnütz, aber sie sind dafür,

Chris: dass das Spiel so ein Gewäse darum macht, um diese zehn verschiedenen Augmentierungen,

Chris: die man da mitnehmen kann, haben die in der Spielpraxis zu wenig Relevanz und

Chris: sind auch ganz schön umständlich.

Gunnar: Ja, das ist alles richtig und das kann man ja auch kritisieren unter dem Aspekt

Gunnar: des Anspruchs und der Aussagen von Spectre. Ich finde das trotzdem nicht schlecht.

Gunnar: Ich finde, das ist ein Teil des Spielspaßes, dass ich meine Sachen wechseln kann.

Gunnar: Es fühlt sich schon im Spiel dann anders an, ob du mit deiner gewählten Spezialisierung

Gunnar: durchkommst und dir dann da total schlau vorkommst oder ob du ein Hilfsmittel nehmen musst.

Gunnar: Das hat ja auch was wieder mit deinem Spielgefühl zu tun.

Chris: Ja, verstehe ich. Du bräuchtest diesen Spezialisierungsapparat aber gar nicht dafür.

Chris: Die ursprüngliche Idee für das Spiel war ja diese offene Sandbox,

Chris: also wo der Spieler sich selbst frei entscheiden kann, wie er in einer physikalisch

Chris: simulierten Umgebung vorgeht.

Chris: Dafür braucht man überhaupt kein Skillsystem. Was ja künstlich sagt,

Chris: du kannst Folgendes machen oder nicht machen oder gut oder schlecht machen.

Chris: Und wie gesagt, Deus Ex ist dazu inkonsequent. Das lässt dir halt alle Möglichkeiten

Chris: offen und das finde ich ein bisschen schade.

Chris: Dementsprechend, die Entscheidungen sind möglich, ja, Aber sie sind nicht so

Chris: bedeutungsvoll, wie sie hätten sein können.

Gunnar: Nee. Ich habe das ja vorhin schon illustriert mit dem, dass es immer dann cool

Gunnar: ist, wenn es überraschend ist. Auch gerade die ersten Entscheidungen.

Gunnar: Und dass man, wenn man anfängt, nach bestimmten Wegen zu suchen,

Gunnar: weil man dafür sein Auge bereits geschult hat, dass es dann überdeutlich wird, dass überall Wege sind.

Gunnar: Und dass es dann dadurch abgewertet wird. Aber du hattest ja noch einen dritten Punkt.

Chris: Genau, der dritte Punkt, wo bedeutungsvolle Entscheidungen möglich sein sollen

Chris: im Spiel, ist Entscheidungen, die die Handlung beeinflussen.

Chris: Also das, was man vermutlich als erstes im Kopf hat, wenn es um die Entscheidungen

Chris: geht, die Konsequenzen nach hinten raus haben. Was hältst du denn davon?

Gunnar: Das kommt darauf an, wie man das bewerten will. Also die grundlegende Handlung

Gunnar: des Spiels ist vorgegeben.

Gunnar: Da kann man nichts dran ändern. Man kann nicht in der anderen Reihenfolge durch

Gunnar: die Städte gehen oder irgendwas.

Gunnar: Man kann in der Mission Ziele unterschiedlich erfüllen und dann reagiert jemand drauf,

Gunnar: wie du das vorhin illustriert hast, als du das Beispiel mit den EMP-Granaten

Gunnar: von der Anna gesagt hast, die sie dir dann gibt und dann darauf hinweist,

Gunnar: dass die eigentlich dafür da gewesen wären, um in der U-Bahn eingesetzt zu werden.

Gunnar: Ich finde, das Spiel fühlt sich in diesen Sachen immens konsequent an,

Gunnar: weil es sich diese kleinen Sachen merkt und weil es da auch immer überraschend

Gunnar: ist, was es sich gemerkt hat.

Gunnar: Reale Auswirkungen hat das nicht viele.

Gunnar: Die Handlung ist die Handlung. Ist halt Paul tot, ja nun. Aber es fühlt sich

Gunnar: halt groß an, dass Paul tot ist.

Chris: Also damit sich das groß anfühlt, müsste man ja vorher eine intensivere Beziehung

Chris: zu ihm aufgebaut haben. Dafür gab es nicht so viele Gelegenheiten.

Chris: Aber vor allen Dingen stirbt er ja offscreen.

Chris: Also das Spiel präsentiert uns dann irgendwann seine Leiche und sagt,

Chris: auch übrigens, dein Bruder hat es nicht geschafft.

Chris: Also so groß fühlte sich das für mich nicht an.

Chris: Aber ja, ohne Zweifel gibt es diese großen Entscheidungen, die zu Veränderungen

Chris: nicht in der Konsequenz der Spielhandlung, wie du schon sagtest,

Chris: führen, aber zu halt vor allem dem Tod von Leuten, also insbesondere von Paul

Chris: und eben von Jock und so einem Piloten.

Chris: Das ist schon da, aber ich finde diesen handwerklich nicht sonderlich gut,

Chris: weil die Frage, wovon hängt es eigentlich ab?

Chris: Also was muss ich denn eigentlich für eine Entscheidung treffen,

Chris: dass diese Konsequenz entsteht?

Chris: Die ist oft echt ganz schön hakelig.

Chris: Lass uns bei Paul bleiben. Dein großer Bruder, der sterben oder leben kann.

Chris: Hast du verstanden, wovon das abhängt?

Gunnar: Ehrlich nicht.

Chris: Nee, wundert mich nicht diese Antwort. Ich nämlich auch nicht.

Chris: Ich musste das nachlesen.

Chris: Also die Situation ist schon ganz gut lesbar. Paul ist stark angeschlagen in

Chris: seinem Hotelzimmer und dann stürmen Agenten von Majestic 12 dieses Hotelzimmer.

Chris: Und Paul sagt, lass mich hier, ich halte sie auf, fliehe du aus dem Fenster

Chris: aufs Dach, da wartet Jock und fliegt ab. Und natürlich ist für den Spieler jetzt

Chris: klar, ja, ich kann jetzt entweder das tun oder ich bleibe hier und helfe Paul

Chris: dabei, diese Agenten abzuwehren.

Chris: Dann bin ich dort bei ihm im Hotelzimmer geblieben und habe die alle erschossen.

Chris: Gemeinsam haben wir sie alle umgelegt.

Chris: Und als klar ist, dass die Luft rein ist, kletter ich aus dem Fenster,

Chris: gehe hoch zum Helikopter und fliege ab.

Chris: Fliege nach Hongkong und erfahre Paul ist tot. Was war mein Fehler, Gunnar?

Chris: Der Fehler war, ich hätte zum Vordereingang des Hotels rausgehen sollen.

Chris: Wenn ich aus dem Fenster rausklettere, heißt das, Paul stirbt.

Chris: Wenn ich zur Vordertür rausgehe, heißt das, Paul überlebt.

Chris: Jetzt sag mir, wie ich das hätte erkennen sollen.

Gunnar: Nee, das ist ja falsch. Da hat das Spiel ja einfach eine Abkürzung gewählt.

Gunnar: Aber das ist einfach ein Fehler, oder?

Chris: Naja, das gibt aber noch mehrere solche. Es gibt die Szene, wo man Juan Lebedev

Chris: stellt und der versucht, uns zu überzeugen, dass wir auf seine Seite kommen

Chris: sollen. Der gilt für die UNATCO als Terrorist.

Chris: Und dann kommt Anna Navarre rein, unsere Agentenkollegin, und sagt so,

Chris: jetzt haben wir den hier gestellt. JC, jetzt erschießt den Mann.

Chris: Und Jay-Z so, hä, was? Das machen wir doch bei der UNATCO nicht.

Chris: Und Anna sagt, das ist eine Anweisung, erschieß ihn.

Chris: Und nun ist auch wieder klar, ich kann jetzt hier entweder ihren Befehl ausführen oder mich widersetzen.

Chris: In dem Fall, wenn ich mich widersetze, erschießt sie ihn. Also es läuft aufs

Chris: Gleiche hinaus. In beiden Fällen ist John Lebedev tot.

Chris: Das ändert nichts. Es gibt hier aber eine Möglichkeit, dieses Spiel zu verändern.

Chris: Und zwar, indem man Anna erschießt.

Chris: Aber dazu musst du sie unprovoziert erschießen, bevor sie ihre eigene Waffe

Chris: gezogen hat. Und das ist völlig unabsehbar.

Chris: Wie soll ich da drauf kommen?

Chris: Solche Art sind ein großer Teil der gravierenden Entscheidungen.

Chris: Wir haben vorhin das mit Jock erzählt, wo viele Missionen später der Helikopter explodiert.

Chris: Das ist eigentlich ein ganz gutes Beispiel für eine drastische Konsequenz.

Chris: Aber der Punkt, der problematisch ist, man muss den Zusammenhang begreifen.

Chris: Ich saß da davor in dem Spiel, Der Helikopter ist explodiert.

Chris: Ich so, boah, was? Jetzt ist Jock tot?

Chris: Und mir war nicht klar, was zu diesem Ergebnis geführt hat. Und das ist ein Fehler des Spiels.

Chris: Ich hätte eigentlich begreifen müssen, dass eine Entscheidung,

Chris: die ich vorher getroffen habe, dazu geführt hat.

Chris: Es war aber gar keine Entscheidung. Ich habe einfach was übersehen.

Gunnar: Ja, das hat einfach an ein paar Stellen im Spiel so Punkte gesetzt und die ändern

Gunnar: was und es hat es dir nicht gut genug telegrafiert, was das sein könnte. Das stimmt.

Chris: Es gibt noch eine andere Art von Entscheidung, da sind wir jetzt wieder bei

Chris: einer spielmechanischen Entscheidung und das ist für mich eigentlich fast das

Chris: Gravierendste, wo für mich dieses Versprechen von Entscheidung und Konsequenz

Chris: nicht erfüllt wird von Deus Ex,

Chris: denn das Spiel bietet mir ja die Spielmechanik an, dass ich Leute nicht umbringen,

Chris: sondern verschonen kann.

Chris: Ich kann sie betäuben, ich kann sie niederschlagen und so weiter, wie in Thief.

Chris: Und das hat keinerlei Mehrwert. Es gibt ein oder zweimal einen Kommentar, wo jemand was dazu sagt.

Chris: Aber das wird vom Spiel ansonsten nicht weiter beachtet.

Gunnar: Mehr Erfahrungspunkte, dachte ich.

Chris: Nö.

Gunnar: Sicher?

Chris: Nö, das hat keine Auswirkungen auf die Erfahrungspunkte. Das belohnt dich spielmechanisch nicht.

Chris: Das hat keinen Einfluss auf das Ende oder auf sonst irgendeine Belohnung.

Chris: Im Gegensatz zu Thief, wo es einen Schwierigkeitsgrad gibt, wo das Teil des

Chris: Missionsziels ist, Leute nicht zu töten.

Chris: In diesen Immersive Sims gibt es ja ganze Gruppen von Spielern,

Chris: die das gerne so spielen, dass kein Mensch zu Schaden kommt. Dazu gehöre ich auch.

Chris: Und das ist in Deus Ex möglich, aber es ist irrelevant.

Chris: Und in einem Spiel, das so stark auf Konsequenzen setzt, ist das nachgerade

Chris: unverständlich, warum das nicht beachtet wird.

Gunnar: Ja, der hätte ja nicht viel gefehlt. Der hätte ja einfach nur ein bisschen Erfahrungspunkte,

Gunnar: und mal ein Schulterklopfen gefehlt.

Gunnar: Und theoretisch ist es ja manchmal so, dass du Konflikte vermeiden kannst durch

Gunnar: das leise Töten, weil dann weniger Leute kommen und du keinen Krach machst.

Gunnar: Das trägt ja manchmal seinen Lohn in sich, aber ja, richtig,

Gunnar: also es gibt keine zusätzliche Belohnung.

Chris: Aber mir geht es auch gar nicht um eine Belohnung, sondern um die Anerkennung,

Chris: dass das Spiel, das ja sonst alles merkt, auch hierauf reagiert.

Chris: Und das tut es in den ersten Missionen noch und dann im restlichen 80 Prozent des Spiels nie wieder.

Chris: Das ist nicht übertrieben, nie wieder.

Chris: Und auch auf dieser intrinsischen spielmechanischen Ebene, die du gerade genannt

Chris: hast, da macht es ganz ungelenke Verrenkungen, In dem zum Beispiel Wachen Alarm

Chris: schlagen, wenn sie eine Leiche finden, aber nicht, wenn das ein betäubter Körper

Chris: ist. Das interessiert sie dann nicht.

Chris: Der Gestalt ist dann der spielmechanische Vorteil. Oder dass man Menschen betäuben

Chris: kann, Wachhunde aber nicht.

Chris: Die kann man nur töten. Oder dass das Spiel ist, wenn Jay-Z jemanden als Teil

Chris: eines Auftrags töten soll, auch als Kill akzeptiert, wenn man diese Person nur niederschlägt.

Chris: Oder dass mich Sam Carter im UNEDCO-Hauptquartier als grausamen Mörder runterputzt,

Chris: wenn Anna Navarra im Battery Park NSF-Leute erschießt.

Chris: Weil das Spiel ist nämlich so behandelt, als hätte ich die umgebracht.

Chris: Weißt du, Anna Navarra hat mich auch gelobt für meine Kaltblütigkeit, so wie dich.

Chris: Nur dass der Unterschied zwischen uns beiden ist, dass du die auch wirklich

Chris: erschossen hast und ich hab die nicht mal schief angeguckt. Also die Menge an

Chris: kognitiver Dissonanz, die mir hier zugemutet wird, ist atemberaubend.

Chris: Aber da komme ich gleich nochmal dazu.

Chris: Das ist ja weitgehend gar keine Absicht von dem Spiel. Das sind Risse im Putz,

Chris: die hier aufreißen, weil zu hastig und zu hoch gebaut wurde.

Chris: Aber unterm Strich würde ich sagen, Deus Ex ist eine unterhaltsame Umsetzung

Chris: von diesem Designansatz, Entscheidung und Konsequenz, aber noch keine sonderlich ausgegorene.

Chris: Das machen dann später andere Spiele, wie zum Beispiel die Witcher-Serie, sehr viel besser.

Chris: Das wird ja zu Recht dafür gefeiert. Aber natürlich beziehen die sich zu einem

Chris: Teil dann eben auch wieder auf Spiele wie Deus Expo, wo schon mal gezeigt wurde,

Chris: wie sowas aussehen könnte, auch wenn es vielleicht noch nicht perfekt umgesetzt wurde.

Gunnar: Ja, ich bin ein großer Fan der Dishonored-Spiele, die sich ja auch explizit

Gunnar: auf diese Traditionslinie beziehen.

Chris: Sind ja auch vom gleichen Mann, von Harvey Smith.

Gunnar: Und ich finde, die sind ja super. Also da wirkt eine Festlegung im Skillen viel

Gunnar: stärker und legt deinen Pfad viel stärker fest als hier bei Deus Ex.

Gunnar: Und ich fand das irgendwie ganz schön, dass ich meine Vorgehensweise immer noch

Gunnar: ändern kann nach Lust und Laune bei Deus Ex.

Gunnar: Und ich glaube, das ist auch ein Teil des Deus Ex-Gefühls. Ich finde immer,

Gunnar: dass man gerade in der Erinnerung und wir haben ja ganz am Eingang den Fabian

Gunnar: gehört, der ja nur beste Erinnerungen dran hat,

Gunnar: der hatte das natürlich davor nicht nochmal gespielt, sondern nur nochmal reingeschaut

Gunnar: und was man finde ich oft erinnert bei Spielen ist nicht das Spiel selber,

Gunnar: die Ausgefeiltheit, sondern die Ambition des Spiels und die Ambition des Spiels

Gunnar: ist natürlich schon immens und die vermittelt sich damit und das gibt eine positive Erinnerung.

Gunnar: Aber wir erinnern uns, du und ich, ich glaube, wir beide haben für die Wertung

Gunnar: von 88 Prozent gekämpft.

Gunnar: Bei der GameStar damals, das ist ja eine der niedrigeren Wertungen.

Gunnar: Drei weniger als die PC-Player.

Gunnar: Weil du und ich nicht wollten, dass es mehr Punkte kriegt als System Shock 2.

Chris: Kann gut sein, kann ich mich nicht dran erinnern, aber es klingt nachvollziehbar, ja.

Gunnar: Also ich bin ganz sicher, dass das mein Wunsch war. Und ich glaube aber,

Gunnar: deiner auch, weil du hattest ja System Shock 2 getestet.

Chris: Ja.

Gunnar: Genau. Und ich habe ja diese Vortitelgeschichte, also den Vortest zu Deus Ex

Gunnar: gemacht, also hatte unser Wort da durchaus Gewicht.

Gunnar: Und das ist ein bisschen so eine Frage der Philosophie bei solchen Sachen.

Gunnar: Ich finde, System Shock 2 ist ja auch kein perfektes Spiel, aber System Shock

Gunnar: 2 ist an vielen Stellen eine klarere und politere Erfahrung als Deus Ex.

Gunnar: Aber Deus Ex ist halt das ambitioniertere Spiel.

Gunnar: Es ist ein bisschen kruder an ein paar Stellen, aber mei, das Versprechen ist natürlich super.

Chris: Also diese ganzen Nickeligkeiten von wegen, ob das jetzt sein Grundversprechen

Chris: einlöst oder nicht, das ist ja eigentlich Kokolores.

Chris: Das nimmt ihm jetzt nichts von seiner Bedeutung.

Chris: Ich habe zwei Hauptprobleme mit Deus Ex.

Chris: Das eine ist ganz trivial, das Spiel ist zu lang. Ich hatte jetzt ziemlich genau

Chris: 40 Stunden auf der Uhr beim Nochmal-Spielen und das sind 20 zu viel, wenn du mich fragst.

Chris: So faszinierend ist die Spielmechanik jetzt dann auch nicht,

Chris: als dass es das tragen würde und da sind einige Füller-Sachen dabei.

Chris: Aber gut, das ist vielleicht auch noch Geschmackssache und hängt davon ab, wie man spielt.

Chris: Was mich viel mehr stört, ist, dass das ein spielmechanisch interessantes Spiel

Chris: ist, aber ich finde, die Erzählung ist eine intellektuelle Mogelpackung.

Chris: Wir haben ja vorher gehört, dass eines der Leitmottos von Warren Spector für

Chris: die Entwicklung war, dass Spiele mehr als nur ballern und erkunden sein sollten,

Chris: dass sie irgendwie sinnstiftend sein sollen, dass eine Erkenntnis in ihnen stecken soll.

Chris: Und in seiner Retrospektive auf der GDC hat er das auch nochmal dargelegt und

Chris: gesagt, damals hätte es drei Leitfragen gegeben, die die Erzählung von Deus Ex bestimmt habe.

Chris: Nämlich erstens, wie sähe unsere Welt aus, wenn alle Verschwörungstheorien wahr wären?

Chris: Und da muss man sagen, ist die Antwort, die Deus Ex gibt, ja schlichtweg banal.

Chris: Also offenbar ist es halt eine Dystopie. Wenn Verschwörer die Welt unterjochen

Chris: wollen, dann führt der Weg zur Kontrolle offensichtlich über Angst und Zerstörung.

Chris: Okay, da haben wir jetzt keine große Erkenntnis draus gezogen.

Chris: Die zweite Frage habe laut Specter gelautet, was heißt es, Mensch zu sein in

Chris: einer Welt, in der Augmentierungen möglich sind? Also die Transhumanismus-Frage.

Chris: Und ich bin mir sicher, Gunnar, das hat er sich nachträglich ausgedacht.

Chris: Davon steht kein Wort in den Design-Dokumenten und das Spiel behandelt das nicht.

Chris: Du hattest vorhin gesagt, es gibt diesen leicht angedeuteten Konflikt,

Chris: dass die augmentierten Leute der ersten Generation Sorgen haben,

Chris: weil sie jetzt von den augmentierten Leuten der zweiten Generation abgelöst werden könnten.

Chris: Aber das ist ja ein Streit innerhalb der Klasse der Augmentierten.

Chris: Da wird ja keinerlei Aussage darüber getroffen, was für eine größere gesellschaftliche

Chris: Frage Augmentierung versus Nicht-Augmentierung dahinter steckt.

Chris: Also das ist einfach, das ist Geschichtsklitterung.

Chris: Also davon steckt im ersten Deus Ex nichts. Das wird in Human Revolution dann

Chris: behandelt, viel, viel besser, aber nicht in diesem Spiel.

Chris: Und die dritte Leitfrage laut Warren Spector sei gewesen, und das ist glaube

Chris: ich auch die Zentrale, wie wäre die Welt besser dran?

Chris: Vereint, aber unfrei oder frei, aber anarchisch?

Chris: Also im Englischen, is it better to live free in a world of chaos or live safely

Chris: in an ordered world of someone else's design?

Chris: Das ist eine gute Frage, aber die kann man eigentlich von vornherein vom Tisch

Chris: wischen, denn das ist ja einfach ein falsches Dilemma.

Chris: Wir leben zum Glück in einem demokratischen System, das ist das beste System, das wir bisher haben.

Chris: Und das ist deswegen das beste System, weil es genau die Frage zwischen individueller

Chris: Freiheit und übergreifenden Regeln immer wieder neu verhandelt.

Chris: Das ist eine Demokratie. Also da auf einmal eine künstliche Dualität aufzumachen,

Chris: ist einfach irrelevant.

Gunnar: Ja, das ist ja theoretisch eine Wahl, die in dieser Dystopie zutrifft.

Gunnar: Und in der Dystopie, wo du dann halt schon die Unfreiheit hasst,

Gunnar: ist es jetzt sinnvoll, das sichere System zu zerschlagen und es durch nichts

Gunnar: ersetzen zu können, außer durch Chaos.

Chris: Ja, fair enough. Nehmen wir das so hin. Ich meine, Spectre sagt ja,

Chris: man kann sich in Deus Ex halt zu dieser Frage positionieren,

Chris: wenn es jetzt auf diese Wahl hinausläuft.

Chris: Wohlwollende Diktatur oder chaotische Freiheit. Die Frage ist ja wieder sehr

Chris: aktuell heutzutage in der Welt, in der wir leben.

Chris: Und das, was er da verspricht, ist Erkenntnis. Also, dass man durch diese Positionierung

Chris: eine Erkenntnis über die Welt oder sich selbst gewinne und

Chris: bleibt das Spiel schuldig. Auch die drei Enden, die es gibt, sind drei Cliffhanger.

Chris: Das sind drei unbefriedigende Enden. Das Spiel zeigt keine Konsequenzen dieser Entscheidung.

Chris: Nicht für die Welt, nicht für Denton. Du kannst dich entscheiden,

Chris: die elektronischen Systeme, die elektronische Kommunikation weltweit abzuschalten

Chris: und die Welt damit wieder in ein dunkles Zeitalter zu stürzen.

Chris: Aber was heißt das denn? Was bedeutet das denn eigentlich?

Chris: Dieser Antwort bleibt das Spiel schuldig. Das ist einfach unredlich.

Chris: Es stellt die Frage und beantwortet sie aber nicht, beziehungsweise gibt dem

Chris: Spieler auch keine eine Möglichkeit an die Hand, die für sich selbst zu beantworten.

Chris: Denn ein gutes Spiel als Kunstwerk würde ja eine Auseinandersetzung mit der

Chris: Fragestellung, mit dem Problem ermöglichen.

Chris: Es würde dir Input liefern, es würde dir Blickwinkel eröffnen.

Chris: Es würde zum Beispiel Konsequenzen aufzeigen. Und nichts davon macht die Geschichte von Deus Ex.

Chris: Und dementsprechend ist das für mich ein Taschenspielertrick.

Chris: Also ich finde die Erzählung dramaturgisch nicht sonderlich gelungen und ich

Chris: finde sie in ihrer Ambition einfach uninteressant.

Gunnar: Ja, wie oft in Spielen ist es der Mechanik untergeordnet geordnet und wir haben

Gunnar: ja auch gehört, dass unterschiedliche Leute an unterschiedlichen Teilen des

Gunnar: Spiels gearbeitet haben, sogar in Konkurrenz eine Zeit lang.

Gunnar: Also man merkt halt, das sind halt so Set Pieces. Hongkong ist halt ein Set

Gunnar: Piece, das hat seine Hongkong-Geschichte und das ist dann so reingesetzt und

Gunnar: dann wird halt ein bisschen Brücke gebaut.

Gunnar: Das ist ja nicht so schlimm, das ist ja bei fast allen Spielen so.

Gunnar: Dass so Spiele eine tiefe, durchgehende, immersive Erzählung haben,

Gunnar: ist halt auch ein bisschen schwierig mit der Mechanik und zumal in einem offenen

Gunnar: Spiel ist das schwierig.

Gunnar: Was aber wirklich, wo du wirklich recht hast, ist, dass dieses Endes einen Taschenspiel

Gunnar: erträgt. Das finde ich auch. Das hat mich schon damals enttäuscht.

Gunnar: Ich dachte schon damals so, was?

Gunnar: Darauf ist alles hingelaufen auf dieses Ende und ich weiß nicht mal,

Gunnar: was passiert. Das wäre ja jetzt sehr leicht gewesen, daraus so ein Fallout-Ende zu machen.

Gunnar: Okay, du hast dich für die KI entschieden. Folgendes passiert mit deinen Freunden

Gunnar: oder mit den Organisationen, die du kennst oder mit den Städten, die du kennst.

Gunnar: Und dann gibt es einfach noch so eine kurze Erzählung, was da passiert ist und

Gunnar: dann siehst du die Konsequenzen deiner Handlung. Das wäre schon okay gewesen.

Chris: Absolut, das wäre okay gewesen. Also das ist jetzt nicht verwerflich,

Chris: dass die Geschichte nicht so super gelungen ist, zumal bei dieser Riesenambition

Chris: und der langen Spielzeit.

Chris: Das, was mich viel mehr ärgert, wenn man das so sagen möchte,

Chris: ist diese nachjährige Verklärung, insbesondere durch Warren Spector als tiefgründiger

Chris: Spiegel der Spielerseele, wo ich Erkenntnis über mich gewinnen würde durch die

Chris: Entscheidungen, die ich treffe.

Chris: Und dann dieses Koketieren mit den religiösen Anspielungen, dass JC für Jesus

Chris: Christ steht, weil er sich am Ende zum Wohl der Menschheit opfern kann oder

Chris: selbst eine Art Gott werden durch die Dreifaltigkeit mit den beiden KIs.

Chris: Und Paul, der vom Saulus zum Paulus wird im Laufe der Handlung.

Chris: Ah, du meine Güte, das ist nicht Dieb, das ist einfach Schund.

Chris: Aber ich will Deus Exit eine Erkenntnis nicht absprechen. Ich habe tatsächlich

Chris: eine Erkenntnis gewonnen durch das Spiel.

Chris: Und das klingt jetzt vielleicht fieser, als es gemeint ist. Es ist immer noch

Chris: ein schönes Spiel. Aber ich hatte so eine Selbsterkenntnis im Moment.

Chris: Nämlich ab einem gewissen Punkt, so nach ungefähr 30 Stunden Spielzeit,

Chris: habe ich mich gefragt, was sagt das eigentlich über mich als Mensch,

Chris: wenn ich immer noch versuche, alle Gegner heimlich auszunocken,

Chris: dabei ständig erwischt werde, neu lade, Obwohl mir doch schon längst klar ist,

Chris: dass das keinerlei Unterschied machen wird.

Chris: Weil die Simulation halt zu weit nicht reicht. Im echten Leben ist das natürlich

Chris: eine gravierende Entscheidung, ob ich zum Mörder werde.

Chris: Aber hier ist es ja letztendlich irrelevant.

Chris: Und es hat echt lang gedauert, bis ich das begriffen habe.

Chris: Und mich dann fragen musste, was sagt das über dich, Christian,

Chris: dass du so lange deine Zeit verschwendet hast mit dieser Spielmechanik?

Chris: Das sagt mir, dass ich einigermaßen begriffstutzig bin und gerne ineffizient

Chris: spiele. Und ab diesem Moment habe ich dann alle mit dem Schwert niedergemetzelt.

Chris: Da geht das Spiel auch sehr viel schneller.

Chris: Macht aber jetzt auch nicht allzu viel mehr Spaß.

Gunnar: Also A, finde ich, das Schwert macht immens viel Spaß. Und B,

Gunnar: es ist ja auch eine völlig müßige Frage. Das geht doch um deine Spielerfahrung.

Gunnar: Und geht doch nicht nur um irgendwelche Effizienzen.

Gunnar: Gerade bei diesem Spiel ist es doch so, ich spiele das Spiel so,

Gunnar: wie ich das spielen will.

Chris: Deswegen meine ich das auch durchaus unerunisch. Das hat mir eine Erkenntnis

Chris: beschert über mich als Spielertyp.

Gunnar: Aber wenn du das so spielen wolltest, weil du halt gerne der Typ sein willst,

Gunnar: der kein Arschloch ist, dann brauchst

Gunnar: du echt noch so einen Heiligenschein dafür, den das Spiel dir gibt?

Chris: Ab 30 Stunden Mühsal ja, den ersten 30 nicht, aber irgendwann hätte ich ihn doch ganz gerne.

Gunnar: Ach, dass es dieses Mutter-Theresa-Hafte in den Spielen wurde dann so wie bei

Gunnar: Kotor plötzlich so weiß strahlt, wenn du kein Arschloch bist,

Gunnar: weiß ich nicht, das hätte ich jetzt nicht hier gebraucht. Ich finde,

Gunnar: das ist halt eine Entscheidung für dich. Musst du halt wollen oder nicht.

Chris: Weißt du, was ich am faszinierendsten finde an Deus Ex? Ich finde,

Chris: dass das eine ganz faszinierende Fallstudie für das ist, was man Suspension

Chris: of Disbelief nennt, also die Ungläubigkeit ausschalten, weil ich merke das an

Chris: mir auch, wenn ich Deus Ex spiele.

Chris: Ich habe eine ganz erstaunliche Bereitschaft, die ganzen kognitiven Dissonanzen

Chris: und die ganzen Fehler und Lücken des Spiels einfach auszublenden.

Chris: Und ich finde, am deutlichsten wird das bei dem Thema Nachvollziehbarkeit der Spielwelt.

Chris: Das ist ja eine voll künstliche Welt, die ist von Armut und Verbrechen geschüttelt,

Chris: aber überall stehen Vorratskisten mit Munition rum.

Chris: Es ist eine Welt völlig ohne Autoverkehr, das ist alles schon irgendwie mühsam

Chris: in der Lore erklärt, mit Sperrzonen und so weiter.

Chris: Aber es gibt halt einfach keine beweglichen Objekte in dieser Spielengine.

Chris: Aber am deutlichsten wird das beim Verhalten der NPCs und der Gegner.

Chris: Die reagieren ja zum Beispiel nicht auf Diebstahl oder Hacking.

Chris: Also Wahl und Konsequenz gilt bei Diebstahl nicht.

Chris: Wir hatten vorher in unserer Erzählung diesen Punkt, wo Paul uns die Mail geschickt

Chris: hat und gesagt hat, hacke dich in Manderlys Computer, wenn du die Gelegenheit hast.

Chris: Man hat aber nie die Gelegenheit dazu, weil Manderly nie weggeht.

Chris: Die Lösung ist, naja, wir hacken uns einfach rein, wenn er an seinem Schreibtisch

Chris: sitzt. Das stört ihn nämlich nicht.

Chris: Und die Gegner können keine Leitern klettern, die folgen dir nicht in Luftschächte.

Chris: Du kannst dich total einfach vor ihnen verstecken. Sie haben nach zehn Sekunden

Chris: vergessen, dass du da warst.

Chris: Wenn dich ein Gegner entdeckt, dann wissen alle sofort, wo du bist.

Chris: Die Gegner sehen, wenn ich einen Scheinwerfer anhabe. Die sehen nicht,

Chris: wenn ich das hellleuchtende Nanoschwert in der Hand habe.

Chris: Und so weiter und so weiter. Das ist eine gigantische Liste von ganz offensichtlichen Fehlern.

Chris: Wenn man da also genau hinguckt, wie das der Thomas Chick in seinem Review gemacht

Chris: hat, dann findet man Fehler über Fehler.

Chris: Aber das Erstaunliche ist, das ist egal. Wir sind bereit, das Deus Ex zu verzeihen,

Chris: weil darum geht es nicht.

Chris: Es geht nicht darum, ob die KI hier toll ist. Es geht um die Faszination dieser

Chris: relativen Freiheit, um die Erkundung von den spannend gebauten Levels,

Chris: es geht ums Ergründen von den

Chris: Geheimnissen, es geht um den Spaß am Ausprobieren, um die Sandbox halt.

Chris: Dann ist es eine imperfekte Sandbox, aber es ist immer noch eine, die Freude macht.

Gunnar: Sandboxen sind doch fast immer imperfekt.

Chris: Stimmt.

Gunnar: Das kommt halt mit der Ambition. Ich finde halt, ich sagte ja schon,

Gunnar: sowas wie System Shock ist das viel poliertere Spiel, ist aber halt auch viel enger.

Chris: Oh, System Shock ist nicht polierter, also gerade das zweite nicht,

Chris: das würde ich so nicht sagen.

Gunnar: Nein, nein, nein, also das hat Bugs und so, aber ich finde insgesamt ist es

Gunnar: die viel klarere und viel schlüssigere Erfahrung, auch durch den Schauplatz

Gunnar: und so, wie das gebaut ist und so.

Gunnar: Aber dadurch ist es halt auch enger dann logischerweise und hat eine andere Art von Appeal.

Gunnar: Und der Deus Ex Appeal ist ja, und deswegen habe ich ja auch am Anfang diese

Gunnar: Credit-Geschichte erklärt, das ist halt das, was die Leute erinnern.

Gunnar: Diese immense Freiheit.

Gunnar: Und das ist ja auch okay. Und die Leute spielen es dann ja auch nochmal und

Gunnar: das gefällt ihnen trotzdem. Sind ja nicht alle Leute so kritisch wie du oder ich.

Chris: Klar, natürlich. Und ich glaube, dass das Thema mit den Verschwörungstheorien

Chris: auch echt das richtige Thema zur richtigen Zeit war.

Chris: Das war schon auch ganz gut zeitgeistig. Und das erinnert man auch.

Chris: Und dadurch wird Deus Ex zu diesem, ich wollte gerade sagen zu diesem Meilenstein,

Chris: aber es fällt mir echt schwer, das zu sagen.

Chris: Ich finde, Deus Ex ist kein Meilenstein. Es war nicht das erste von diesen Spielen,

Chris: da wären wir bei System Shock, bei Ultima Underworld, bei Thief und so,

Chris: das ist nicht das, was irgendeine Formel perfektioniert hat.

Chris: Dafür ist es zu unausgegoren. Es ist auch nicht das, was die ganzen Nachfolger

Chris: hervorgebracht hätte. Es kam ja nach Deus Ex wenig Gleichartiges.

Chris: Da haben wir noch ein Vampire Bloodlines, da haben wir dann irgendwann ein Bioshock,

Chris: aber das ist viel mehr Shooter als Immersive Sin und dann geht es eigentlich

Chris: mit Human Revolution und Disornor dann wieder zurück.

Chris: Da sind wir aber schon mehr als zehn Jahre später.

Chris: Eigentlich wird der 3D-Sandbox-Staffelstab von der Hitman-Serie weitergetragen.

Chris: Das würde ich sagen, das ist eine in sich gelungene, schlüssige Sandbox.

Gunnar: Ja, dafür hast du nicht das Rollenspiel und diese Freiheit.

Chris: Die Freiheit hast du schon.

Gunnar: Das stimmt. Weiß ich gar nicht. Ich bin so ein Gegner der Hitman-Serie und möchte

Gunnar: jetzt gerne irgendwas sagen, aber mir fällt nichts ein.

Chris: Machen wir irgendwann natürlich auch eine eigene Folge dazu.

Chris: Da kannst du dein lange Litanei dann mitbringen.

Gunnar: Ja, ich habe gegen Hitman gar nichts zu sagen. Ich mag es nur nicht und ich

Gunnar: glaube, das liegt daran, dass ich das nicht kann.

Chris: Das ist ja ein guter Grund.

Gunnar: Und dass mir diese ganze Art von Spiel halt irgendwie abgeht.

Gunnar: Ich bin ja auch kein Fan von Thief. Aber Deus Ex konnte ich einigermaßen gut spielen.

Gunnar: Da musste ich halt nicht so viel schleichen. Ich konnte das Schleichen vermeiden.

Gunnar: Siehste, also wieder ein Accomplishment. Es ist schon besser als Thief,

Gunnar: weil ich nicht schleichen muss.

Chris: Das einigermaßen gut spielen führt mich noch zu einem Service-Hinweis.

Chris: Wenn man das heutzutage spielen möchte, das erste Deus Ex, bekommt man das problemlos

Chris: als Game of the Year Edition bei Steam oder bei GOG.

Chris: Aber da müsst ihr euch drauf einstellen, wenn ihr das nochmal spielt,

Chris: dass ihr da zu Community-Inhalten greifen müsst.

Chris: Denn das Originalspiel ist heutzutage zu dunkel und die Gamma-Einstellung geht

Chris: ab Werk nicht unter modernen 3D-Schnittstellen. Da braucht man also entweder

Chris: einen Custom DX10-Patch oder Fan-Patches.

Chris: Game of the Year Edition klingt ja eigentlich nach der perfekten Fassung,

Chris: aber die hatte damals wie heute den kuriosen Fehler,

Chris: dass zwar die Patches inkludiert sind, aber für das Mastering der Game of the

Chris: Year Edition damals falsche Level-Daten benutzt wurden.

Chris: Also nicht die ganz finalen Levels. Das bedeutet, dass die Originalfassung von

Chris: Deus Ex poliertere Levels hat, als die später erschienene Game of the Year Edition.

Chris: Und das hat Eidos auch nie geändert.

Chris: Da reden wir von Kleinigkeiten, aber es fällt einem doch ab und zu mal im Spielverlauf auf.

Chris: Auch da existiert ein Fanpatch, der das ändert.

Chris: Noch besser, es gibt sowohl auf Steam als auch auf GOG die kostenlose Revision-Mod,

Chris: die sehr viele Dinge ändert, aufpoliert.

Chris: Und das würde ich doch empfehlen. Das ist auch wieder eines von diesen Spielen,

Chris: vielleicht nicht ganz so dramatisch wie in Vampire Bloodlines,

Chris: aber eines von diesen Spielen, wo die Community später noch massenhaft Bugs

Chris: rausgepatcht hat. Also es gibt tolle Community-Patches.

Chris: GmDX V10 zum Beispiel enthält ungefähr 1300 Fixes und Verbesserungen am Spiel,

Chris: erhält aber die Originalspielerfahrung, also das ist kein Umbau.

Chris: Das profitiert heutzutage deutlich davon, wenn man es nicht in der Vanilla-Version

Chris: spielt, sondern sich da in die Hände der Community gibt.

Gunnar: Das kann ich nur unterstützen. Boah, ist das dunkel. Am Anfang.

Gunnar: Komm, ich erzähle dir zum Abschluss noch meinen Lieblings-Bug, den ich gefunden habe.

Chris: Ja, gerne.

Gunnar: Es ist, glaube ich, am Ende dieses U-Bahn-Levels in Hell's Kitchen.

Gunnar: Bist du gerade durch, willst rausgehen, kommt dir Paul entgegen.

Gunnar: Hält dich da auf, es gibt ein kurzes Gespräch und dann will Paul dir einen Gegenstand geben.

Gunnar: Ich glaube, irgendwie Munition oder eine Batterie oder sowas.

Gunnar: Und wenn du das Inventar voll hast oder vielleicht auch nur diese Schnellzugriffsleiste,

Gunnar: die ständig eingeblendet ist, voll hast, dann sagt der, mach mal Platz in deinem Inventar.

Gunnar: Und dann sagst du, ja, mache ich. Und dann kriegst du die Kontrolle zurück.

Gunnar: Du bist aber noch im Gespräch. Dann kannst du deinem Inventar wühlen und kannst

Gunnar: dann irgendwas hinlegen. Ich hatte noch Platz im Inventar, aber die Schnellstartleiste war voll.

Gunnar: Ja, meinetwegen. Dann werfe ich halt was aus der Schnellstartleiste raus und werfe es auf den Boden.

Gunnar: Und dann bin ich wieder bei Paul im Gespräch. Ich kann aus dem Gespräch nicht raus.

Gunnar: Und dann sagt er, ja, ich kann es dir ja nicht geben, willst du nicht mehr was

Gunnar: in deinem Inventar freimachen? Ich so, was?

Gunnar: Und dann habe ich alle meine Sachen aus dem Inventar auf den Boden geworfen.

Gunnar: Und es hat nicht gereicht. Und dann gibt es immer so einen ganz unangenehmen

Gunnar: Dialog. So, hast du den Platz schon? Und deine Figur sagt immer, not yet.

Gunnar: Aber es ist ja alles frei im Inventar. Und das war ein Plotstopper-Bug.

Gunnar: Ich bin dann nicht wieder rausgekommen.

Chris: Krass.

Gunnar: Ich musste dann mit dem Safe-Game zurückgehen.

Chris: Wie dumm. Also wie dumm vom Spiel.

Gunnar: Aber wie die da ewig stehen, die beiden Leute. Und dann immer,

Gunnar: jetzt mach mal dein Inventar frei.

Gunnar: Aber ich hab doch, guck, hier meine Tasche voll leer. Nee, das reicht nicht. Mach mal.

Chris: Das ist ein riesiger Stapel von Waffen liegt schon neben euch.

Gunnar: Ja, das war sehr schön.

Chris: Das kann durchaus passieren, dass man im Spiel auch auf solche Sachen stößt.

Gunnar: Naja, aber das war sonst nicht so schlimm. Aber du hast schon recht,

Gunnar: Revision Mod. Alles gut, Christian.

Chris: So, gut.

Gunnar: Das muss reichen.

Chris: Dann sind wir mit unserer Besprechung von Deus Ex offiziell am Ende.

Chris: Diesmal war es ein bisschen mehr als eine Dreiviertelstunde.

Chris: Wir werden noch Anekdoten und Sonstiges nachreichen. denn einer Wusstet ihr

Chris: eigentlich? Folge für Unterstützende.

Chris: Da gibt es eben noch eine Reihe von lustigen Sachen, rund um das Spiel zu erzählen.

Gunnar: Genau, und dann bedanken wir uns bei allen, die zugehört haben.

Gunnar: Ich bedanke mich bei dir, Christian, für das Gespräch und bis zum nächsten Mal.

Chris: Bis dann, tschüss.

Spielton: Boah, jetzt haben die beiden zweieinhalb Stunden über Deus Ex gesprochen. Ja.

Spielton: Wenn Deus Neuer das erfährt, die flippt aus. Ja, das gibt einen Storm der Entrüstung.