Gespräche über alte Spiele
Henner: Hallo, liebe Hörerinnen und Hörer, und moin, Christian.
Chris: Hallo, Henner.
Henner: Christian, ich bin ja wie du in den 1980er-Jahren aufgewachsen und kam dabei
Henner: auch in Berührung mit ersten Computer- und Videospielen.
Chris: Sehr gut.
Henner: Mein erstes eigenes Spiel war aber nicht irgendein weltbekannter Name wie Super Mario Bros.
Henner: Oder King's Quest oder Dig Dug, sondern Volleyball.
Chris: Volleyball, okay. Und auf welcher Plattform hast du das gespielt?
Henner: Volleyball. Plattform und Spiel.
Chris: Was? Wie? Das ist die Antwort. Volleyball auf der Plattform Volleyball. Genau.
Henner: Plattform und Spiel waren eine Einheit. Die waren ein Gerät,
Henner: auf dem man nichts anderes spielen konnte als Volleyball.
Henner: Das wurde einzig und allein für Volleyball gebaut.
Henner: Wie so ein Arcade-Automat, aber viel kleiner und für zu Hause,
Henner: sogar für unterwegs. Denn dieses Volleyball war ein LCD-Handheld.
Henner: Und ich habe zwar nicht das geringste Interesse an diesem Sport oder an irgendeinem
Henner: anderen Sport, aber ich habe es trotzdem stundenlang gespielt.
Henner: Warum, das können wir vielleicht heute noch ergründen, worin liegt die Faszination in dieser Art Geräte?
Henner: Denn über diese Gerätegattung, über die LCD-Handhelds, vor allem über die von
Henner: Nintendo, wollen wir heute mal sprechen.
Henner: Hattest du denn damals auch Berührung mit solchen Geräten?
Chris: Ich hatte sowas natürlich auch. Ich erinnere mich, dass in den 80er Jahren diese
Chris: Dinger in den Kaufhäusern hinter Glas lagen.
Chris: Also wenn du in die Computerabteilung gegangen bist, dann standen da Vitrinen
Chris: und diese LCD-Geräte, die konnte man nicht einfach so in die Hand nehmen,
Chris: die waren weggeschlossen und wenn man eins kaufen wollte, musste man jemanden holen.
Chris: Und ich besaß eines, von dem ich mich leider nicht mehr erinnere,
Chris: was genau der Spielablauf war.
Chris: Ich kann aber mit Sicherheit sagen, dass es kein Game & Watch war,
Chris: kein Original von Nintendo, sondern es war irgend so ein schäbiger Drittanbieter.
Henner: Ja, genau wie bei mir. Es war trotzdem nett.
Henner: Ich habe mir das Original, was ich damals besessen habe, auch nochmal besorgt
Henner: in der Vorbereitung auf diese Folge.
Henner: Ich habe jetzt keine Stunden mehr damit verbracht, muss ich sagen.
Chris: Oh, war die Faszination weg.
Henner: Ja, so ein bisschen.
Chris: Ich habe mir in Vorbereitung auf unser Gespräch wieder eines zugelegt,
Chris: allerdings nicht das Ding von damals.
Chris: Ich wusste ja nicht mehr, was das war, sondern ein Game & Watch,
Chris: von dem ich dann später auch erzählen werde und war fasziniert davon,
Chris: wie gut das heute noch funktioniert.
Chris: Also ich habe mehr Zeit damit verbracht, als ich das selbst vorher gesehen hätte.
Henner: Oho, ein Stay Forever spielt kündigt sich an.
Chris: Ja, ganz genau. Ich weiß noch nicht, was Gunnar da dazu beitragen soll.
Henner: Aber bis wir zu diesen Geräten kommen, müssen wir noch, wie immer,
Henner: ein bisschen weiter zurückreisen in die Vorgeschichte, in die Frühgeschichte
Henner: der Firma Nintendo, die dahinter steckt.
Henner: Sehr weit in der Vergangenheit diesmal. Ich habe mal nachgesehen,
Henner: wir sind noch nie so weit zurückgereist in einer Folge.
Henner: In der Episode zu den 3D-Brillen, über die wir mal gesprochen haben, da waren wir im 19.
Henner: Jahrhundert bei Charles Whetstone und der Stereoskopie. Aber wir waren noch nie im 17.
Henner: Jahrhundert. Und da müssen wir tatsächlich hin, auch wenn es da Nintendo noch
Henner: nicht gab. Und auch die Game & Watch natürlich noch nicht gab.
Chris: Wir machen die ganz lange Herleitung. Um das vorweg zu schicken,
Chris: es ist das erste Mal hier bei Stay Forever Technik, jetzt in der 16.
Chris: Folge, dass wir über die Firma Nintendo sprechen und ein Gerät von Nintendo.
Chris: Und das ist auch der Grund, warum wir jetzt diese weite Ausholbewegung machen
Chris: und hier wirklich nochmal bei Adam und Eva anfangen und die ganze Geschichte von Nintendo erzählen.
Chris: Wenn wir dann später in weiteren Technik-Episoden mal wieder zu Nintendo zurückkehren
Chris: werden, und das kann man, glaube ich, getrost sagen, dass es da noch viele Anlässe
Chris: dafür geben wird, dann werden wir das nicht nochmal so ausführlich machen.
Chris: Also, schnallt euch an, beziehungsweise wenn ihr der Meinung seid,
Chris: das kenne ich alles schon, ich kenne mich mit Nintendo aus, dieser Podcast hat
Chris: Kapitelmarken und da könnt ihr dann getrost voranspringen zu dem Punkt,
Chris: die Entwicklung von Game & Watch, da geht es dann konkret um die Entstehungsgeschichte des Geräts.
Chris: Aber jetzt fangen wir erstmal an, nicht bei Nintendo, sondern in Japan.
Henner: Ja, es geht um einen wesentlichen Abschnitt japanischer Geschichte und der beginnt in den 1630er Jahren.
Henner: Und da herrscht ein Shogunat, die Tokugawa-Dynastie, und die riegelt das Land ab.
Henner: Das ist die sogenannte Abschließung Japans, so heißt das in der Geschichtsforschung.
Henner: Und während dieser Abschließung, in dieser Phase, ist für alle Japaner die Aus-
Henner: und Einreise und auch die Einreise für Ausländer vollständig verboten.
Henner: Mit drakonischen Strafen, die da angedroht werden. Es gibt einige wenige Ausnahmen.
Henner: Es gibt einen beschränkten Austausch etwa mit China, aber sonst fast keinen
Henner: Kontakt zu anderen Staaten.
Henner: Warum macht das Schogonath das? Nun, die fürchten um ihre Kultur, um das Land.
Henner: Die sehen den wachsenden Einfluss der westlichen Nationen, der ins Land strömt,
Henner: insbesondere aus Spanien und Portugal.
Henner: Und das gefällt ihnen nicht, insbesondere die steigende Anzahl von Konvertiten,
Henner: die zum Katholizismus konvertieren, sehen sie als große Bedrohung für ihre eigene
Henner: Kultur und deswegen diese Isolation des Landes.
Henner: Diese Isolation dauert dann auch weit über zwei Jahrhunderte an,
Henner: deswegen machen wir jetzt einen ziemlich großen Zeitsprung.
Chris: Zum Glück.
Henner: Zum Glück, ja. Wir gehen jetzt nicht jedes einzelne Jahr durch bis in die Gegenwart.
Henner: Nein, wir springen ins Jahr 1867, denn da endet diese Zeit der Isolation schon
Henner: oder beginnt zumindest diese Zeit der Isolation zu enden, denn dann endet auch
Henner: die Macht des Shogunats.
Henner: Und Japan wird fortan nicht mehr von diesem Kriegsadel beherrscht,
Henner: sondern vom Kaiser, vom Tenno, den es zuvor auch gab, der nur keine Macht hatte.
Henner: Aber jetzt bekommt er wieder Macht, jetzt führen sie also wieder eine Monarchie
Henner: ein und nebenbei auch noch ein Parlament mit einer modernen Verfassung.
Henner: Und damit kommt Japan bald in der Neuzeit an. Ja und mit dieser Wiedereinführung
Henner: der Monarchie einher gehen auch einige Reformen des Landes und eine Öffnung
Henner: des Landes. Das heißt, diese Abschließung ist vorbei.
Henner: Der Kaiser beschließt dann in Japan die Industrialisierung nachzuholen,
Henner: die sich mittlerweile im Westen vollzogen hat.
Henner: Die Regierung baut dafür landesweit Eisenbahnen, die etabliert ein Bildungssystem
Henner: nach dem westlichen Vorbild und sie stellen mehrere tausend Spezialisten aus
Henner: dem Ausland ein, vorzugsweise aus Europa und den USA,
Henner: um diese Modernisierung des Landes voranzutreiben, um alles aufzuholen,
Henner: was sie verpasst haben in der Zeit der Isolation, wirtschaftlich,
Henner: wissenschaftlich, technologisch und kulturell.
Henner: Und ja, keine Sorge, all das, was wir gerade erzählt haben, hat was mit Nintendo zu tun.
Chris: Ja, denn wenn wir an Nintendo denken, denken wir ja ans Spielen und wir müssen
Chris: jetzt zum Spielen kommen. Im Zuge dieser Abschließung von Japan im 17.
Chris: Jahrhundert, da hat das Chogonat nicht nur die Kontakte ins Ausland verboten,
Chris: sondern auch ausländische Kulturgüter.
Chris: Und dieses Verbot, das betraf auch das Kartenspiel, das Kartenspiel westlicher Prägung.
Chris: Das haben im 16. Jahrhundert die Portugiesen ins Land gebracht,
Chris: gemeinsam mit Schusswaffen, Tabak und dem Christentum. Und mit diesem Verbot
Chris: der Spielkarten ging auch ein vollständiges Glücksspielverbot dann einher in Japan.
Chris: Aber Menschen wollen spielen. Sie wollen auch Glücksspielen.
Chris: Das gilt in Japan genauso wie überall sonst auf der Welt.
Chris: Und deswegen versuchen sie das zu umgehen, indem sie eigene Spielkarten im Land
Chris: entwickeln. und deren wahrer Zweck soll verschleiert werden.
Chris: Deswegen werden diese Karten anders gestaltet. Da sind keine Zahlenwerte drauf,
Chris: da gibt es keine eindeutigen symbolischen Markierungen.
Chris: Da sind unscheinbare Bilder drauf, also sowas wie Blumen, Naturmotive, solche Dinge.
Chris: Und die lassen sich dann also als harmlose Sammelkarten ausgeben.
Chris: Und die haben auch einen Namen, diese Art von Karten. Das sind Hanafuda-Karten.
Chris: Das konsolidiert sich schneller als ein Set von 48 Karten.
Chris: Damit lassen sich vielerlei Spiele dann spielen, Quartettartige Sammelspielchen
Chris: oder auch komplexere Spiele von der Dimension eines Bridge.
Chris: Aber vor allen Dingen werden diese Karten dann in Japan bald für illegales Glücksspiel eingesetzt.
Chris: Und so werden sie dann im Jahr 1816 auch noch verboten, also die Hanafuda-Karten.
Chris: Das könnte jetzt eigentlich schon das Ende dieser Geschichte sein,
Chris: aber 50 Jahre später öffnet sich das Land wieder für die westlichen Einflüsse
Chris: und Hanafuda kehrt daraufhin auch wieder zurück. Diese Karten werden wieder legal.
Henner: Ja, aber auch nur die Karten, das Glücksspiel, was man damit ja meistens betrieben
Henner: hat, das blieb weitgehend verboten.
Henner: Diese Regelung des Glücksspielverbotes in Japan, die war nicht so ganz einheitlich,
Henner: aber ab 1907 wurde sie es dann.
Henner: Da wurde landesweit mit wenigen Ausnahmen wie Pachinko das Glücksspiel verboten
Henner: und so wurden die Hanafuda-Karten wie früher schon mal wieder im Verborgenen
Henner: für verbotenes Glücksspiel eingesetzt.
Henner: Aber behalten wir das mal im Hinterkopf für später, Christian.
Henner: Das ist ganz interessant, eine Parallele.
Henner: Hanafuda ist also, wie wir es gerade beschrieben haben, ein elegant gestaltetes
Henner: Spiel im kompakten Kartenformat, das aber seine wahre Natur als Spiel verschleiert
Henner: und einen ernsthaften, harmlosen Verwendungszweck vortäuscht.
Henner: Hanafuda ist genau das, was später Game & Watch sein wird.
Chris: Das ist eine sehr clevere Parallele, sehr schön.
Henner: Ja, aber wie kommen wir zu Game & Watch? Jetzt müssen wir erst mal Nintendo gründen.
Chris: Genau, dazu müssen wir jetzt zu Nintendo kommen. Und da sind wir bei einem Mann
Chris: namens Fusajiro Yamauchi.
Chris: Der stammt aus Kyoto und hat den Kalkhandel seines Stiefvaters übernommen.
Chris: Aber vor allen Dingen ist er ein geschickter Handwerker und ein passionierter Hanafuda-Spieler.
Chris: Also sofern man es nicht fürs Glücksspiel verwendet, darf man nach 1885 die
Chris: Karten ja wieder besitzen und damit spielen.
Chris: Und das löst einen Hanafuda-Boom in Japan aus. Und von dem möchte dieser Yamauchi profitieren.
Chris: Er entwickelt dann ein eigenes Verfahren, um hochwertige Spielkarten aus traditionellem
Chris: Material zu fertigen, aus der Rinde des Maulbeerbaumes.
Chris: Und im September 1889, die neue Landesverfassung wurde just verkündet,
Chris: da gründet er dann neben diesem Kalkhandel ein weiteres Unternehmen,
Chris: um seine Hanafuda-Karten zu verkaufen.
Chris: Der Name dieses Unternehmens setzt sich zusammen aus drei japanischen Schriftzeichen,
Chris: den Kanji, und zwar NIN, TEN und DO.
Chris: Jetzt könnte man denken, na gut, das wird ja sicher auch eine klare Bedeutung
Chris: haben, aber das ist gar nicht so.
Chris: Was genau dieser Name eigentlich bedeutet, das ist umstritten bis unklar.
Chris: Die gängigste Interpretation übersetzt NIN so in etwa mit Verantwortung oder
Chris: auch Anvertrauen, TEN mit einem spirituellen Himmel oder
Chris: Do mit Tempel. Aber dieses angehängte Do, das ist meistens nicht mehr als schmückendes
Chris: Beiwerk, mit dem sich viele Firmennamen zieren.
Chris: Nintendo heißt demnach so viel wie lege das Glück in die Hände des Himmels und
Chris: dann halt noch irgendwas mit einem Tempel.
Chris: Aber wie gesagt, diese Deutung ist umstritten, es sind auch andere denkbar und
Chris: der Urenkel vom Gründer Yamauchi, nämlich Hiroshi Yamauchi,
Chris: der das Unternehmen Nintendo ab 1949 führt, der gibt später zu dass er die genaue
Chris: Bedeutung des Namens Nintendo auch nicht kennt.
Henner: Aber die Interpretation, die du gerade genannt hast, das ist auch die offizielle
Henner: heute, aber sie ist umstritten.
Henner: Yamauchi ist sehr geschickt und seine hochwertigen Spielkarten,
Henner: die werden bald sehr populär in der Region Kyoto.
Henner: Ich weiß nicht, wie es mit seinem
Henner: Kalkhandel läuft, aber sein Spielkartengeschäft, das läuft sehr gut.
Henner: Aber richtig erfolgreich werden seine Karten erst, als sie natürlich wieder
Henner: fürs Glücksspiel eingesetzt werden. Also für das illegale Glücksspiel.
Henner: Und betrieben wird das natürlich nicht im Offenen, in Turnieren oder so,
Henner: sondern im Verborgenen, unter anderem durch die Yakuza, also die japanischen Verbrechersyndikate.
Henner: Und diese semi-professionellen Yakuza-Spieler, die beginnen jede einzelne Partie
Henner: mit einem komplett frischen Kartensatz, direkt aus der Verpackung.
Henner: Nichts Gebrauchtes und das erhöht natürlich den Verbrauch.
Chris: Nichts, was potenziell gezinkt sein könnte.
Henner: Richtig, das ist sicherlich auch ein Faktor, nicht dass da jemand schummelt.
Henner: Und so erhöht sich natürlich der Bedarf ganz erheblich und damit auch der Absatz von Nintendo.
Henner: Nintendo stellt daraufhin weitere Arbeiter ein und beginnt dann mit der Massenfertigung
Henner: dieser Hanafuda Spielkarten. Dabei bleibt es aber nicht. Im frühen 20.
Henner: Jahrhundert, also wahrscheinlich im Jahr 1907, obwohl Nintendo selbst sagt 1902,
Henner: das ist wie viele frühe Jahreszahlen nicht ganz eindeutig geklärt,
Henner: erweitert dann Yamauchi auch das Sortiment um weitere Kartenvarianten.
Henner: Nintendo wird so zum allerersten japanischen Kartenhersteller,
Henner: der westliche Spielkarten herstellt.
Henner: Das ist ja jetzt nach der Öffnung des Landes wieder erlaubt.
Henner: Also auch diese bösen Bube-Dabe-König-Spielkarten aus dem Westen dürfen wieder
Henner: produziert und verkauft werden. Und das macht er dann auch.
Henner: Auch das mit großem Erfolg. Und so braucht Nintendo bald ein größeres Vertriebsnetz.
Henner: Die haben eigene Geschäfte tatsächlich.
Henner: Reine Nintendo-Geschäfte. Für Fabian heute sicher eine traumhafte Vorstellung.
Henner: Das gab es damals tatsächlich schon.
Henner: Aber die reichen nicht mehr aus und so handelt Yamauchi eine Kooperation aus
Henner: mit einem großen Konzern, nämlich mit dem einzigen Tabakkonzern des Landes,
Henner: der ein Monopolist ist und fortan werden seine Karten auch in den Zigarrengeschäften
Henner: dieses Konzerns verkauft und so wird Nintendo zum größten Spielkartenproduzenten des ganzen Landes.
Chris: Im Jahr 1929 übergibt der Gründer Fusajiro Yamauchi das Geschäft dann an seinen
Chris: Stiefsohn Sekiryo und der übernimmt, wie es in Japan Tradition ist,
Chris: dann den Familiennamen und wird als Sekiryo Yamauchi zum zweiten Präsidenten.
Chris: Der baut die Produktion, den Vertrieb konsequent weiter aus,
Chris: bevor er das Unternehmen dann nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1949,
Chris: da ist auch gesundheitlich angeschlagen, an seinen Enkel Hiroshi Yamauchi weitergibt.
Chris: Und dieser dritte Präsident, das ist derjenige, unter dem Nintendo dann endlich
Chris: zu jenem Unternehmen wird, das wir heute kennen.
Henner: Ja, dieser Yamauchi, der bleibt eine ganze Weile an der Macht bis ins 21.
Henner: Jahrhundert hinein. Der ist damals, als er das Unternehmen übernimmt, aber erst 21 Jahre alt.
Henner: Der verlässt dafür auch die Universität und übernimmt das Unternehmen und formt
Henner: das dann komplett um nach seinen eigenen Vorstellungen.
Henner: Also der entlässt alle Manager der alten Garde, die noch von seinem Großvater
Henner: eingesetzt wurden, egal wie kompetent die sind, egal wie sehr die sich verdient
Henner: gemacht haben, ganz egal,
Henner: der schmeißt sie alle raus, denn er duldet niemanden in seinem Unternehmen,
Henner: der für die alte Zeit steht, der in seinen Augen für die Ära seines Großvaters
Henner: steht und an dessen Loyalität erzweifelt.
Henner: Es gibt ja dieses Klischee, das man sehr häufig bei uns hört,
Henner: dass die Loyalität zum Arbeitgeber, zum Unternehmen in Japan einen viel höheren
Henner: Stellenwert hat als bei uns. Das hört man oft.
Henner: So scheint es auch tatsächlich zu sein. Aber ich wollte sicher gehen,
Henner: dass ich da nichts Falsches erzähle, nicht nur alte Klischees wiedergebe.
Henner: Deswegen habe ich mit einer Expertin gesprochen, mit der Japan-Expertin und
Henner: Übersetzerin Katrin Bonn von der japanisch-deutschen Gesellschaft in Schleswig-Holstein.
Henner: Und die hat mir das aber bestätigt, dass Loyalität zum Unternehmen zu dieser
Henner: Zeit noch einen sehr, sehr hohen Stellenwert hat.
Henner: Und es ist sehr ungewöhnlich, dass man ein Unternehmen verlässt zu Lebzeiten.
Henner: Das muss also für diese entlassenen Manager eine große Schande gewesen sein.
Henner: Nein, dem Yamauchi selbst, dem neuen Präsidenten, kann man jetzt nicht vorwerfen,
Henner: dass er illoyal wäre zu seinem eigenen Unternehmen, denn der leitet Nintendo für 53 Jahre.
Henner: Und das sollten wir nicht ganz außen vor lassen.
Henner: So viel sei gesagt, er hat auch einen diktatorischen, einen kontrollsüchtigen Führungsstil.
Henner: Das wird ja aus dieser ersten Amtshandlung recht deutlich. Den bewahrt er sich auch bis zum Schluss.
Henner: Ich denke, das ist ein wichtiger Aspekt. Wir jubeln sehr viel über die Produkte,
Henner: über die wir hier sprechen, über die Geräte, über die Innovationen,
Henner: über die schönen Spiele.
Henner: Aber man darf dabei nicht vergessen, unter welchen Bedingungen sie zum Teil entstanden sind.
Henner: Nämlich zuweilen in einem toxischen Umfeld mit autokratischen und cholerischen Vorgesetzten.
Henner: Das sehen wir bei anderen Unternehmen auch, wie bei Apple oder bei Commodore zum Beispiel.
Chris: Was macht denn Yamauchi jetzt mit diesem neuen Führungsstaat,
Chris: mit den neuen Leuten und dieser neuen Idee für die Firma? Nun,
Chris: er modernisiert erstmal.
Chris: Er bleibt natürlich bei Spielkarten, aber die werden jetzt auf modernere Art
Chris: und Weise gefertigt. Was zum Beispiel bedeutet, dass er 1953 damit beginnt,
Chris: kunststoffbeschichtete Karten zu verkaufen.
Chris: Das sind die ersten, die man in Japan damals bekommen kann.
Chris: Und das macht er hauptsächlich, damit er mit westlichen Importen konkurrieren kann.
Chris: Denn wir sind ja hier nach der Ära des Zweiten Weltkriegs, Japan hat verloren
Chris: und es gibt da dann in der Folge starke Parallelen zu Deutschland,
Chris: nämlich einen starken US-amerikanischen Einfluss, von dem das Land dann auf
Chris: längere Sicht aber durchaus profitiert und daraus ergibt sich auch eine starke
Chris: Nähe zur US-amerikanischen Wirtschaft.
Chris: Wir hatten sowas ähnliches schon bei unserer Geschichte über Sega.
Chris: Nintendo ist also eine erfolgreiche Firma in Japan und qualifiziert sich damit
Chris: für ein Geschäft, das eine neue Ära für das Unternehmen einläuten wird.
Chris: Denn im Jahr 1959, da wagt die amerikanische Walt Disney Company den Einstieg
Chris: in den japanischen Markt.
Chris: Die möchten da gerne Spielzeug und Merchandise-Artikel vertreiben mit Mickey
Chris: Mouse und Donald, also ihren schon bekannten Marken damals.
Chris: Und der Weg in diesen Markt führt für sie über Spielkarten. Denn der erste japanische
Chris: Lizenznehmer von Disney ist Nintendo.
Chris: Und das ist ein Geschenk des Himmels, in dessen Hände Nintendo sein Unternehmen
Chris: ja mit dem Namen nacheins schon gegeben hat.
Chris: Denn die Disney-Karten und dann auch passende Bücher dazu mit Spielanleitungen
Chris: erweitern Nintendos Zielgruppe auf einen Schlag um Familien und Kinder.
Chris: Das hatten sie vorher nämlich nicht. Die Hanafuda-Spielkarten sind für Erwachsene
Chris: und spezifisch für Männer gedacht gewesen. Und das ist jetzt ein Meilenstein,
Chris: denn Nintendo ist jetzt auf einmal ein Spielzeughersteller.
Chris: Die neuen Produkte werden dann auch im Fernsehen beworben, neue Vertriebskartele
Chris: werden erschlossen, nämlich Spielzeuggeschäfte in erster Linie und der Erfolg ist gewaltig.
Chris: Schon im ersten Jahr verkauft Nintendo 600.000 Kartenpäckchen mit Disney-Motiven.
Chris: Und nicht nur das, mit der exklusiven Disney-Lizenz hat Nintendo einen mächtigen
Chris: Hebel, um auch weitere Produkte in die Geschäfte zu bringen.
Chris: Bis dahin hieß das Unternehmen noch Nintendo Spielkarten.
Chris: Doch 1963, kurz davor ist die Firma auch in Japan an die Börse gegangen,
Chris: entfällt dann der zweite Teil des Namens.
Chris: Von nun an ist Nintendo wirklich nur noch Nintendo und damit ist auch namentlich
Chris: der Weg frei, noch weitere Geschäftsfelder zu erschließen.
Henner: Ja, das ist ein ganz wesentlicher Meilenstein, 1959 der Deal mit Walt Disney.
Henner: Wäre es nicht dazu gekommen, ich glaube, wir würden heute nicht über Nintendo sprechen.
Henner: Es kommen aber noch ein paar weitere wichtige Meilensteine in dieser Geschichte,
Henner: bis wir dann endlich bei Game & Watch ankommen. Jetzt sind wir erstmal in den 1960er Jahren.
Henner: So rund um das Jahr 64 erlebt Japan einen Wirtschaftsboom, unter anderem dank
Henner: der Olympischen Spiele in Tokio.
Henner: Und das ist der richtige Zeitpunkt für diese just umbenannte Firma Nintendo,
Henner: sich an neue Geschäftsmodelle heranzuwagen.
Henner: Die müssen auch gar nichts mit Spielkarten zu tun haben. Das können auch völlig
Henner: andere Geschäftsbereiche sein.
Henner: Das ist nicht unüblich, insbesondere in Japan. Da gibt es solche Firmenkonglomerate
Henner: mit ganz vielen eigenständigen Unternehmen in den verschiedensten Branchen.
Henner: Mehrfach zum Beispiel die Firma Mitsubishi, die auch noch eine Rolle spielen wird heute.
Henner: Die besteht zur Mitte des 20. Jahrhunderts aus über 200 verschiedenen Firmen
Henner: und die produzieren einfach alles vom Reiskocher bis zum Kraftwerk und kurz
Henner: vorher ja auch Kampfflugzeuge zum Beispiel.
Henner: Also das ist nicht unüblich, dass man da auch mal völlig andere,
Henner: branchenfremde Geschäftsmodelle probiert und das macht Yamauchi jetzt auch.
Henner: Seinen ersten Schritt auf dieses unbekannte Terrain wagt er schon 1960,
Henner: da gründet er ein Taxiunternehmen, unerwartet.
Chris: Das ist was ganz anderes.
Henner: Und das ist auch ein Erfolg. Aber
Henner: das wird ihm wohl lästig. So ganz genau überliefert ist der Grund nicht.
Henner: Aber er steigt nach einigen Jahren wieder aus. Er verkauft dieses Unternehmen.
Henner: Das hat wahrscheinlich was damit
Henner: zu tun, dass er ständig mit mächtigen Gewerkschaften verhandeln muss.
Henner: Und das ist ihm zu stressig. Da kann er nicht wie in seinem eigenen Unternehmen
Henner: sich als Diktator aufführen.
Henner: Das passt ihm nicht. Also verlässt er diesen Geschäftsbereich wieder. Aber er...
Henner: Er versucht dann etwas Neues. In Zusammenarbeit mit einem anderen Unternehmen
Henner: verkauft er dann Instant-Reis.
Henner: Also kleine verpackte Reisportionen, die man mit Wasser zu einer Mahlzeit anreichern kann.
Henner: Aber das ist ein Fehlschlag, dieser Ausflug auf den Lebensmittelmarkt.
Henner: Heute gibt es ja durchaus erfolgreiche Mario-Frühstücksflocken.
Henner: Damals war es ein Fehltritt.
Henner: Es gibt dann auch eine sehr oft zitierte urbane Legende, der zufolge Nintendo
Henner: zu dieser Zeit in den 1960er Jahren ein Stundenhotel eröffnet haben soll für
Henner: liebeshungrige Geschäftsleute.
Henner: Man könnte auch sagen ein Bordell. Das ist praktisch überall zu lesen,
Henner: wo es um die Geschichte Nintendos geht.
Henner: Aber es gibt einige Journalisten, die sich zum Glück das mal näher angesehen haben.
Henner: Und es gibt in den Geschäftsunterlagen Nintendos von damals keinerlei Hinweise darauf.
Henner: Also das ist ein Mythos. Das hat sich irgendein Autor Anfang der 90er Jahre
Henner: mal für ein Buch ausgedacht. Aber stimmt einfach nicht.
Henner: Was aber stimmt ist, dass diese diversen Nebengeschäfte nicht so richtig zünden.
Henner: Es gelingt Nintendo nicht, hier dauerhaft ein neues Geschäftsfeld zu beackern.
Henner: Und dann sättigt sich auch noch der Spielkartenmarkt.
Henner: Es hat dann irgendwann einfach jeder Haushalt mehrere Hanafuda oder sonstige
Henner: Spielkarten-Sets von Nintendo und der Absatz bricht ein.
Henner: Jetzt braucht Yamauchi dringend einen Erfolg.
Henner: Und seine größte Stärke, auf die er dabei bauen kann, ist ja das erweiterte
Henner: Vertriebsnetz. Das hat er ja dank dieses Walt Disney Deals.
Henner: Nintendo ist präsent in den Warenhäusern und auch in den Spielzeuggeschäften
Henner: des Landes und diese Karte will Yamauchi jetzt ausspielen, also er plant weitere
Henner: Spielzeuge zu verkaufen.
Henner: Das ist das einzige, womit er bislang langfristig nachhaltig Erfolg hatte,
Henner: Spielwaren im weitesten Sinne und das will er jetzt weiter verfolgen,
Henner: um es dann mit anderen japanischen Spielwarengrößen wie Bandai oder Tomy aufnehmen zu können.
Chris: Ja, aber die müssen ja irgendwo herkommen, diese Spielzeuge.
Chris: Und jetzt kommt eine weitere sehr wichtige Person ins Spiel,
Chris: und zwar ein junger Mann namens Gunpei Yokoi.
Chris: Der ist im Jahr 1965 bei Nintendo eingestellt worden, damals mit 24 Jahren,
Chris: und zwar als Wartungstechniker.
Chris: Der hat Elektrotechnik gelernt und der arbeitet in den Fabriken von Nintendo,
Chris: um Fließbänder am Laufen zu halten.
Chris: Aber das wird sich schon bald ändern. Denn im Jahre nach seiner Einstellung, 1966.
Chris: Da entwirft er so nebenbei und zum Spaß ein Ding, das Nintendo dann bald in
Chris: den Markt bringen wird, nämlich einen mechanischen Greifarm.
Chris: Das hat vermutlich jeder von euch schon mal gesehen. Das ist wie so eine Art
Chris: große Schere, nur dass da halt nicht zwei Klingen dran sind,
Chris: sondern vorne dran zwei Greifer.
Chris: Und dann hat es so viele kreuzweise verbundene Elemente, die jeweils an einem
Chris: Scharnier verbunden sind. und zwei Hebel am anderen Ende, wenn man da drauf
Chris: drückt, dann wird diese Hand, dieser Greifarm ausgefahren.
Chris: Dann kann man da einen Meter oder sowas damit überbrücken.
Chris: Und das bastelt der Gunpei Yokoi da so nebenbei zum Spaß zusammen.
Chris: Und dann hat aber der Präsident, Yamauchi, Wind davon bekommen.
Chris: Der sieht diese Konstruktion nämlich, als er die Hanafuda-Fabrik besucht und
Chris: fragt dann, von wem das Ganze ist.
Chris: Er kommt dann zu hören, okay, das ist dieser junge Mann namens Gunpei Yokoi
Chris: und den bittet er in sein Büro.
Chris: Und er denkt sich schon, wunder was, oh Gott, jetzt kommt eine Standbauke vom strengen Chef.
Chris: Aber stattdessen erhält er den Auftrag aus dieser Teleskophand,
Chris: ein serientaugliches Produkt zu machen. Also ein Spielzeug.
Chris: Obwohl Gunpei Yokoi ja überhaupt kein Designer oder sowas ist,
Chris: der ist ja nur Wartungstechniker.
Chris: Aber zumindest da scheint es keine Vorbehalte zu geben vom Chef.
Chris: Der findet das interessant, was er da gemacht hat und sagt so,
Chris: jetzt wandelt es in ein Produkt um.
Chris: Und der Vorschlag von Yokoi ist, wir müssen dann ein Spiel draus machen.
Chris: Lass uns da einfach kleine farbige Bälle beilegen und dann können Kinder danach
Chris: greifen und können da so Wettbewerbe austragen.
Chris: Das ist schon sehr simpel, dieser Gedanke. Aber für Yamauchi ist es gut genug
Chris: und es ist auch gut genug für den Markt.
Chris: Denn diese Teleskop-Hand wird dann 1967 von Nintendo auf den Markt gebracht
Chris: unter dem Namen Ultra Hand und sogar in Werbespots beworben und es wird ein Knaller.
Chris: Da verkauft Nintendo weit über eine Million Stück davon, nicht nur in Japan,
Chris: es wird sogar ins Ausland exportiert und das ist der Durchbruch für Nintendo
Chris: als eigener Spielzeughersteller.
Chris: Bisher war es ja mit Disney im Endeffekt nur so ein Markenvertrieb,
Chris: aber jetzt haben sie was eigenes im Markt. Aber dieses Lizenzgeschäft,
Chris: das gibt Nintendo da nicht auf.
Chris: 1967 gibt es auch eine Kooperation mit dem US-Hersteller Milton Bradley, also MB.
Chris: Die haben zum Beispiel damals das populäre Partyspiel Twister im Programm und
Chris: Nintendo wird da Japan vertrieben davon.
Chris: Von Gunpei Yokoi, der also der Vater dieser Greifhand ist, der muss jetzt in
Chris: Zukunft keine Fließbänder mehr reparieren, sondern der wird befördert.
Chris: Der wird sogar zum Kopf einer eigenen Entwicklungsabteilung ernannt, vermutlich 1970.
Chris: Auch das ist nicht so ganz genau überliefert, aber man weiß,
Chris: wie das Ding heißt, nämlich Nintendo Research and Development 1.
Chris: Und deren Aufgabe ist, neue Produkte zu ersinnen.
Chris: Spielzeug in erster Linie. Ja, Yokoi erfindet, Yamauchi hebt oder senkt den Daumen dazu.
Chris: Ja, der hat jetzt keine so große Ahnung von der Technik, aber der hat ein gutes
Chris: Gespür für Kundenwünsche, der Chef von Nintendo.
Chris: Also zum Beispiel gehört er dazu, dass wenn man schon ein erfolgreiches Produkt
Chris: im Markt hat, wie diese Ultra Hand, dann lass uns da Dinge drumherum bauen.
Chris: Da wird also eine ganze Serie von Ultra-Produkten draus.
Chris: 1968 zum Beispiel die Ultra Machine.
Chris: Damit kann man einen Ball durchs Zimmer schießen. Dann gibt es ein Periskop,
Chris: das heißt Ultrascope. Das ist kein so großer Erfolg.
Chris: 1969 bringt Nintendo einen Love-Tester heraus.
Chris: Das ist ein kleines Gerät mit zwei Drähten, also mit Kabeln dran und die jeweils
Chris: in so einer kleinen Metallkugel oder Metallschale münden. Und in der Mitte ist
Chris: so eine Anzeige wie bei einem Messgerät, wo man so einen Ausschlag messen kann.
Chris: Und der Gedanke ist, dass zwei
Chris: Menschen eben jeweils eine von diesen Metallkugeln in die Hand nehmen.
Chris: Und das Gerät misst dann angeblich die Liebe zwischen den beiden.
Chris: Eigentlich ist es bloß der elektrische Widerstand der Hand. Aber das ist auch
Chris: deswegen relevant, weil das das erste Produkt in Nintendos Line-Up ist,
Chris: das ein elektronisches Gerät ist.
Henner: Ja, also ein weiterer Meilenstein. Jetzt hast du gleich schon mehrere abgefrühstückt.
Henner: Denn die Ultra Hand von 67 als erster großer Massenerfolg Nintendos auch im Ausland.
Henner: Und die Entfesselung des Talents von Yokoi.
Henner: Das ist natürlich ein weiterer großer Meilenstein. Und jetzt kommt gleich schon der nächste.
Henner: Jetzt landen wir bereits in den 1970er Jahren.
Henner: Und jetzt nähern wir uns auch so langsam dem Konsolenmarkt. Denn der entsteht ja in den 1970er Jahren.
Henner: Aber bevor wir zu den Konsolen kommen, gibt es noch eine technologische Neuentwicklung
Henner: des japanischen Elektronikkonzerns Sharp, der auch noch eine Rolle spielen wird.
Henner: Dieser Konzern, der hat einen Fotowiderstand entwickelt oder auch Fotoresistor,
Henner: das ist ein ganz einfacher Lichtsensor. Und ein Vertreter dieses Unternehmens,
Henner: Sharp, der stellt diese Erfindung eines Tages Gunpei Yokoi vor.
Henner: Und der hat auch sofort die passende Idee, wie man daraus jetzt ein Spielzeug entwickeln kann.
Henner: Das tut er dann auch gleich. Im Jahr 1970 schon kommt es auf den Markt, die Beamgun SP.
Henner: Über die habe ich mit Fabian schon mal gesprochen, als wir über den Zapper von
Henner: Nintendo gesprochen haben.
Henner: Da könnt ihr euch das nochmal genauer anhören, wie das funktioniert.
Henner: Deswegen hier nur die Kurzfassung.
Henner: Das sind also Lightguns, wie man sie später auch von Videospielen kennt,
Henner: Lichtpistolen und Gewehre.
Henner: Die funktionieren damals allerdings
Henner: noch nach einem etwas anderen Prinzip als später an der Konsole.
Henner: Die schießen nämlich Lichtstrahlen aus auf physische Ziele.
Henner: Es geht hier nicht um Spiele, die man am Fernseher steuert, sondern um Spielzeuge,
Henner: die beiliegen. und diese physischen Ziele, die enthalten einen dieser neuen
Henner: Fotowiderstände. Das heißt, die erfassen die Helligkeit, das Licht,
Henner: das aus der Pistole geschossen wird.
Henner: Und dann reagieren sie darauf, mehr oder weniger spektakulär.
Henner: Da gibt es zum Beispiel ein Diorama, so ein wandmontiertes 3D-Bild mit einer
Henner: Dschungelszene und da versteckt sich eine Raubkatze aus Plastik.
Henner: Und diese Raubkatze enthält einen Lichtsensor und wenn man darauf schießt,
Henner: dann blinkt sie, glaube ich. Später gibt es dann auch etwas spektakulärere Modelle.
Henner: Da kommen Plastikfiguren etwa im Cowboy-Design hinzu oder als Löwe.
Henner: Wenn man die trifft, dann klappen die so richtig schön theatralisch zusammen.
Henner: Das klingt spaßig, muss ich sagen.
Henner: Und entsprechend erfolgreich ist das dann auch. Es gibt einige Quellen,
Henner: denen zufolge diese Beamgun-SP-Reihe, die sobald ausgebaut wird zu einer ganzen
Henner: Produktserie, über eine Million Mal verkauft werden.
Henner: Das ist so die magische Nummer bei Nintendo. Alles, was großen Erfolg hat,
Henner: wird über eine Million Mal verkauft. Die Zahl kommt auch nochmal vor.
Henner: Und der Erfolg dieser Lightguns, der qualifiziert Nintendo jetzt wiederum für
Henner: einen anderen, für einen neuen, ganz bedeutsamen Auftrag. Und das ist schon
Henner: der nächste Meilenstein. Was passiert denn da 1971?
Chris: 71 ist das Jahr, wo in den USA die erste Spielkonsole der Welt entwickelt wird,
Chris: und zwar bei der Firma Magnavox.
Chris: Im Folgejahr 72 kommt sie dann auf den Markt.
Chris: Diese Konsole, die wird noch mit Drehreglern gesteuert, aber da gibt es optional
Chris: ein weiteres Eingabegerät dafür, nämlich eine Lightgun.
Chris: Also schon auf der allerersten Konsole, Spielkonsole der Welt,
Chris: kann man mit einer Lightgun auf den Fernseher schießen.
Chris: Aber diese Lightgun, die stellt Magnavox nicht selbst her, sondern da suchen
Chris: sie sich einen erfahrenen externen Hersteller, also jemand, der schon mal sowas gemacht hat.
Chris: Spielzeug wäre mit Lichttechnik und da werden sie in Japan fündig,
Chris: bei natürlich Nintendo. Das heißt, diese Lightgun, die man fürs Odyssey kaufen
Chris: kann, stammt von Nintendo.
Chris: Das Funktionsprinzip ist da einfach nur umgedreht. Ihr wird das Licht vom Fernseher
Chris: ausgestrahlt und der Fotosensor, der es registriert, der sitzt in der Gewehrmündung.
Chris: Aber auf diese Art und Weise ist Nintendo auf einmal im Konsolengeschäft.
Chris: Und das zu einer Zeit, wo es noch überhaupt kein Konsolengeschäft gibt.
Chris: Trotzdem sind sie schon dabei. Die Magnavox Odyssey ist jetzt kein wahnsinnig großer Erfolg.
Chris: Die erste richtig erfolgreiche Heimkonsole ist ja erst Jahre später dann das Atari VCS.
Chris: Aber die Beamguns, die sind doch erfolgreich genug, sodass Nintendo bald eine
Chris: erheblich größere Version entwickelt, die dann nicht mit einer Konsole mehr
Chris: verwendet wird, sondern die so ein eigenes installiertes Gerät ist.
Chris: Das nennt sich Laser Clay Shooting System und das wird damals in Japan,
Chris: wird ziemlich viel Geld auf umgewidmeten Bowlingbahnen installiert.
Chris: Es gab da nämlich in den frühen 70er Jahren mal so einen Trend in Japan,
Chris: dass alle Welt auf einmal bowlen wollte und da sind dann auch Bowlingbahnen
Chris: wie Pilze aus dem Boden geschossen und dieser Trend, der war aber kurzlebig
Chris: und dann musste man sich überlegen, was man jetzt macht mit diesen Bowlingbahnen.
Chris: Und ein paar wurden dann eben zum Beispiel umgebaut mit anderen Entertainment-Angeboten.
Chris: Und hier schießt man also Tontauben ab, die von einem Projektor auf eine Leinwand
Chris: projiziert werden mit diesen Lichtgewehren.
Chris: Und der Hersteller davon ist, wie gesagt, Nintendo. Das ist für eine Weile ein ganz gutes Geschäft,
Chris: aber 1973 haben wir die Ölkrise, da gibt es dann eine Wirtschaftsflaute,
Chris: da haben die Menschen für so kostspielige Ausflüge kein Geld mehr und für Nintendo
Chris: bedeutet das auch, dass das Geschäft richtiggehend zusammenbricht.
Chris: Die häufen in dieser Zeit der Ölkrise einen richtigen Schuldenberg an.
Henner: Sie versuchen dann noch ein bisschen Kapital zu schlagen aus ihrer Entwicklung
Henner: und schrumpfen dieses Laser-Clay-Shooting-System zusammen, noch im Jahr 73 auf
Henner: eine viel kompaktere Variante, nämlich auf Arcade-Größe.
Henner: Der Arcade-Automatenmarkt, der entsteht ja gerade erst, das ist ja das Jahr
Henner: nach Pong und das Ergebnis ist das Mini-Laser-Clay für die Spielhalle.
Henner: Das ist erfolgreich, das lindert Nintendos Schuldenlast ein wenig,
Henner: aber noch nicht vollständig. Die werden bis in die frühen 80er Jahre hinein
Henner: noch mit Schulden zu kämpfen haben.
Henner: Aber es ist so erfolgreich, dass Nintendo bald weitere Spiele mit der gleichen Technik einführt.
Henner: Und das erste ist Wild Gunman, so eine Western-Schießerei im Jahr 74.
Henner: Da werden Filmszenen jetzt nicht mit Tontauben, sondern mit realen Schauspielern,
Henner: mit Cowboys auf eine Leinwand projiziert und die schießt man dann ab mit so einer Lightgun.
Henner: Die sind auch recht erfolgreich, diese weiteren Automaten werden auch teilweise
Henner: nach Amerika und Europa exportiert.
Henner: Der nächste Meilenstein ist erreicht auch noch im Arcade-Geschäft und dann kommen
Henner: auch bald nach diesen Leinwand-Shootern auch bald die ersten richtigen vollelektronischen
Henner: Videospielautomaten. Nintendo vergisst aber auch den Heimmarkt nicht.
Henner: Dort haben sie ja schon vor Jahren die Beamgun-SP-Reihe sehr erfolgreich etabliert.
Henner: Und 1976 bringen sie eine weitere Beamgun heraus, diesmal auf der Basis ihrer
Henner: diversen Tontaubenschießspiele, ihrer
Henner: Laser-Clay-Shooting-Systeme mit Projektionstechnik, nämlich Duck Hunt,
Henner: indem man natürlich auf Enten schießt, die auf eine Wand projiziert werden.
Henner: Das ist technisch ganz schön eindrucksvoll, denn natürlich enthalten diese Enden,
Henner: die ja reine Projektionen sind, also Lichtflecke, selbst keinerlei Sensorik.
Henner: Die steckt komplett im Projektor selbst.
Henner: Und wenn euch dieser Name Duck Hunt bekannt vorkommt, dann denkt ihr vermutlich
Henner: an das gleichnamige NES-Spiel.
Henner: Das kommt allerdings erst einige Jahre später.
Henner: Und dafür muss Nintendo erstmal selber in den Konsolenmarkt vordringen.
Henner: Denn bislang sind sie Arcade-Automatenhersteller, aber sie haben noch keine
Henner: eigenen Konsolen auf dem Markt. Und das ändert sich jetzt aber bald auch.
Chris: Aus dieser Verbandelung mit Magnavox und der Odyssey ergibt sich erstmal ein Vertriebsdeal.
Chris: 1975 erwirbt Yamauchi das Recht, die Odyssey-Sachen auch in Japan auf den Markt zu bringen.
Chris: Und nun ist Nintendo also zumindest im Heimatmarkt auch ein Konsolenanbieter,
Chris: auch wenn es keine eigene Konsole ist.
Chris: Aber damit hat Yamauchi Blut geleckt, insbesondere weil 1975 in den USA noch was anderes passiert.
Chris: In der Zwischenzeit ist ja Atari auf den Plan getreten, ist mit Pong sehr erfolgreich
Chris: gewesen. Erst in der Arcade und dann eben auch im Heimmarkt,
Chris: denn da kommt die erste Pong-Konsole von Atari in den USA auf den Markt.
Chris: Das führt zu einem riesigen Erfolg und zu einer Welle von Nachahmern von Klonen.
Chris: Also auch jeder, der irgendwie was mit Elektronik herstellt,
Chris: macht solche Pong-Geräte, hat man das Gefühl. Und ach guck, Nintendo stellt
Chris: ja auch was mit Elektronik her und deswegen machen sie auch Pong-Konsolen.
Chris: Und zwar im Juni 1977, in meinem Geburtsmonat, in meinem Geburtsjahr,
Chris: da kommt die erste Pong-Konsole von Nintendo auf den japanischen Markt,
Chris: nämlich das Color TV Game 6.
Chris: Das entsteht jetzt nicht bei Gunpei Yokoi, sondern in der Zwischenzeit hat Nintendo
Chris: schon eine zweite Entwicklungsabteilung, Nintendo R&D 2, das ist die Hardware-Abteilung
Chris: sozusagen, der Leiter ist Masayuki Uemura.
Chris: Das ist eben jener ehemalige Sharp-Ingenieur,
Chris: der damals den Fotosensor vorgestellt hat bei Gunpei Yokoi.
Chris: Hat Nintendo ihn dann gleich angehört, 1971 war das allerdings erst,
Chris: und jetzt leitet er dieses Entwicklungsteam.
Chris: Und macht also diese Heimkonsolen, die man an den Fernseher anschließt,
Chris: um da dann Pong draufzuspielen, beziehungsweise Pong-Varianten,
Chris: weil das TV Game 6, das heißt so, weil es ab Werk sechs Pong-Varianten mitbringt.
Chris: Das hat verschiedenfarbige Hintergründe und kleine Regelunterschiede und sowas.
Chris: Das können auch schon zwei Spieler zusammenspielen.
Chris: Ist ja logisch, Pong ist ja ein Zweispielerspiel, aber die Drehregler,
Chris: die man dafür braucht, die sind
Chris: an der Konsole, also am Gerät selbst angebracht, noch nicht abnehmbar.
Chris: Das ist alles ein bisschen umständlich. Also was Besonderes und super Durchdachtes
Chris: ist das noch nicht, sondern halt eher so ein schnelles MeToo-Produkt.
Chris: Aber Nintendo gelingt es in Kooperation mit Mitsubishi,
Chris: da sind sie wieder, vorher haben wir sie schon erwähnt, dieser große japanische
Chris: Konzern, ein Hardware-Design zu entwickeln, das besonders günstig ist und das
Chris: billiger zu produzieren ist als die konkurrierenden Modelle.
Chris: Das heißt, sie fahren da eine Preisbrecher-Strategie.
Chris: Ihre Pong-Konsole kommt für damals 9.800 Yen auf den Markt und das ist wesentlich
Chris: weniger als Geräte anderer Hersteller.
Chris: Und noch eine alte Kooperation lässt Nintendo bei der Gelegenheit wieder auflegen,
Chris: denn Sharp, die große japanische Elektronikfirma, die wir schon erwähnt haben,
Chris: die produziert eine eigene Variante, das TV Game 6,
Chris: das dann in einem Bündel mit Fernsehern verkauft wird, also ein OEM-Produkt sozusagen.
Chris: Nintendo ist schon früh mit diesen ganzen Sachen dabei.
Henner: Ja, aber Nintendo macht das ganz clever. Sie verkaufen nicht nur dieses eine,
Henner: dieses Low-Cost-Gerät, sondern nur eine Woche später folgt schon ein zweites
Henner: Modell, die Premium-Variante quasi, das Color-TV-Game 15.
Henner: Und das heißt nicht etwa so, weil es 15.000 Yen kostet, obwohl das tatsächlich
Henner: stimmt, sondern es heißt so, weil diesmal 15 Pong-Varianten enthalten sind.
Henner: Und die Controller sind jetzt abnehmbar.
Henner: Also in jeder Hinsicht das bessere Gerät und dafür auch 50% teurer.
Henner: Das zahlt sich aus. Also mit diesen beiden Modellen billig und die etwas teurere
Henner: Version erobert Nintendo Marktanteile und beide werden jeweils natürlich über
Henner: eine Million mal verkauft.
Chris: Ach, da ist sie wieder, die magische Zahl.
Henner: Da ist sie, die Million, genau. Und es bleibt auch nicht dabei,
Henner: 1978 kommt dann noch ein Modell, das Color TV Game Racing 112.
Henner: Das ist ein Klon des Taito Automaten Speed Race von 74, also ein Rennspiel mit
Henner: verschiedenen Spieloptionen und aus denen ergeben sich rein rechnerisch 112
Henner: verschiedene Varianten.
Henner: Es werden relativ kleine Unterschiede gewesen sein. Ich glaube nicht,
Henner: dass jemand alle 112 ausprobiert hat.
Chris: Schau sie alle an. Variante 110 wird dich überraschen.
Henner: Ja, gut. Kannst ja eines Tages dann mal mit Fabian eine Folge drüber machen.
Henner: Interessant ist dieses Racing-Spiel vor allem deswegen, weil das Gehäuse gestaltet
Henner: wurde von einem jungen Nintendo-Mitarbeiter.
Henner: Der seit 1977 erst im Unternehmen ist und der heißt Shigeru Miyamoto.
Henner: Das ist natürlich der berühmte Mario-Erfinder. Hier allerdings noch nicht.
Henner: Hier muss er eben Gehäuse gestalten und noch keine Spiele.
Henner: Aber der Miyamoto, der empfiehlt sich damit auch für eine weitere Aufgabe.
Henner: Der darf nämlich noch eine Nintendo-Konsole gestalten. Das Color TV Game Block Kutsushi von 79.
Henner: Das ist eine Breakout-Konsole. Die kann also sechs verschiedene Breakout-Varianten
Henner: spielen. Wenn auch nicht unter dem Namen Breakout, der gehört ja Atari.
Henner: Und dann kommt 1980 noch das Computer-TV-Game
Henner: und darauf kann man Otello spielen, aber sonst auch nichts.
Henner: Das basiert auf einem Arcade-Automaten auf Computer-Otello von 78.
Henner: Das war der erste Prozessor-gesteuerte Videospiel-Automat von Nintendo.
Henner: Das ist jetzt allerdings kein großer Erfolg mehr, denn wir sind im Jahr 1980
Henner: und eine Konsole, die nur Otello spielen kann und sonst nichts,
Henner: die will eigentlich da keiner mehr haben.
Henner: Solche dedizierten Konsolen, die nur für ein einziges Spiel geeignet sind,
Henner: die sind in den frühen 80er Jahren längst aus der Mode.
Henner: Du hast ja das VCS von Atari schon erwähnt, das seit 77 draußen ist und das,
Henner: das kann ja alles mögliche abspielen, da kann man ja die Spielmodule wechseln.
Henner: Deswegen wird diese ganze TV-Game-Serie dann auch bald eingestellt.
Henner: Spätestens 83 ist es damit vorbei, denn dann kommt bei Nintendo ja das Famicom
Henner: raus, das wir als NES kennen. Aber so weit sind wir noch nicht.
Henner: Bevor Nintendo dieses Famicom rausbringt, kommt dann doch noch einmal ein dediziertes Gerät raus.
Henner: Eine Konsole, die auf ein einziges Spiel beschränkt ist, aber das ist kein TV-Game
Henner: mehr, denn dieses Gerät kann man nicht mehr an den Fernseher anschließen,
Henner: man kann es mitnehmen, der Bildschirm
Henner: ist integriert, das neue Modell ist nämlich ein Handheld und jetzt,
Henner: Christian, jetzt kommen wir endlich auf die Zielgerade quasi zur Entwicklung des Game & Watch.
Chris: Jetzt haben wir die Nintendo-Grundlagen gelegt, die auch für spätere Folgen
Chris: dann relevant sind, aber jetzt sind wir spezifisch beim Game & Watch.
Chris: Wir sind ja da jetzt gerade in den Anfang der 80er Jahren.
Chris: Wir erinnern uns, Nintendo ist aus den 70ern rausgegangen mit,
Chris: sagen wir mal, durchwachsenen Stimmungen.
Chris: Da waren erfolgreiche Dinge mit dabei, aber Nintendo schiebt immer noch einen
Chris: Schuldenberg vor sich her.
Chris: Insgesamt bringen diese Konsolen und die Arcade-Automaten nicht genug ein,
Chris: um die Schulden abzubauen.
Chris: Und die neuen Spielzeuge, die sich Gunpei Yokoi nach wie vor pausenlos ausdenkt,
Chris: reüssieren auch nicht so wirklich.
Chris: Da ist zum Beispiel ein ferngesteuerter Staubsauger-Roboter dabei namens Chiri
Chris: Tori, der kommt 1979 auf den Markt, aber der rettet Nintendo auch nicht.
Chris: Es muss ein neuer Hit her und wieder ist es Gunpei Yokoi, der in die führen wird.
Chris: Wir sind jetzt in der Welt der tragbaren Videospiele, der Handhelds.
Chris: Und das ist erstmal etwas, das es zu diesem Zeitpunkt schon gibt, das muss man dazu sagen.
Chris: Also mit den Game-and-Watch-Dingern wird Nintendo in einen Markt einsteigen,
Chris: der zumindest in sehr kleinem Maße schon existiert.
Chris: Die Vorläufe von diesen Handheld-Konsolen, das sind elektromechanische Spielgeräte,
Chris: batteriebetrieben, damit man
Chris: sie in der Hand halten kann, und die gibt es schon seit den 60er Jahren.
Chris: In den 70ern erscheinen dann vollelektronische Handhelds, also sowas wie ein
Chris: Tic-Tac-Toe von Waco zum Beispiel, das gibt es seit 1972 oder 1975 dann auch
Chris: die ersten Handhelds, wo tatsächlich schon Mikroprozessoren drinstecken.
Chris: National Semiconductor zum Beispiel, die führen 1975 den Quiz Kit ein.
Chris: Das ist ein Taschenrechner, der den Spielern aber auch Matheaufgaben stellt,
Chris: der sie dann rechnen lässt und dann das Ergebnis bewertet.
Chris: Die Werbung preist dieses Gerät damals als die erste massengefertigte elektronische
Chris: Spielmaschine. Ja, darüber kann man streiten.
Chris: Es ist im Endeffekt ein besserer Taschenrechner und ja auch nur ein Lernspiel.
Chris: Spielerisch schlicht sind die Geräte alle in der Zeit 1976. Da kommt von Unisonic
Chris: ein Gerät namens Casino 7.
Chris: Das ist auch ein Taschenrechner, mit dem man aber in sehr begrenztem Maße Blackjack spielen kann.
Chris: Das könnte man bewerten als das erste elektronische Handheld für Erwachsene.
Chris: Aber das Blackjack-Spielen ist die Nebenfunktion des Geräts.
Chris: In erster Linie ist das ein Taschenrechner und es ist auch nichts,
Chris: was irgendwie größeren Einfluss oder große Reichweite gehabt hätte.
Chris: Aber es sind halt zumindest so erste Gehversuche. Das Ding, mit dem es dann
Chris: tatsächlich auch klappt mit dem Durchbruch in einen größeren Markt,
Chris: stammt von einem US-Konzern, nämlich vom Spielzeughersteller Mattel.
Chris: Der bringt 1976 sein erstes Handheld-Spielsystem raus, und zwar ein Rennspiel namens Auto Race.
Chris: Und das, Henner, wenn man das kürz und knapp beschreiben wollte,
Chris: ist eigentlich wie Donkey Bass, nur halt als Handheld.
Henner: Ja, hören wir mal kurz rein.
Henner: Ja, da braucht man schon viel Fantasie, um die Motoren aufheulen zu hören.
Henner: Es ist wirklich sehr, sehr schlicht, akustisch wie auch visuell,
Henner: denn das hat noch keinen richtigen Bildschirm, auch kein LC-Display,
Henner: sondern die ganze Action wird angezeigt durch ein paar rote LEDs.
Henner: Das heißt, das eigene Auto ist ein roter Lichtfleck und die anderen Autos,
Henner: denen man ausweichen muss, sind ebenfalls rote LED-Lämpchen und nicht mehr.
Henner: Den Rest muss man sich vorstellen.
Henner: Das heißt, diese Punkte, das könnten eigentlich auch Esel sein,
Henner: genauso gut. Und dann hätten wir Donkey Bass.
Henner: Das ist auch die Komplexität, von der wir hier reden.
Henner: Wobei es mehrere Gänge gibt. Man kann also hochschalten. Das hat man gerade
Henner: auch mit etwas Fantasie hören können, wie da der Gang gewechselt wird.
Chris: Und es gibt drei Spuren. Also Donkey Bass mit seinen zwei Spuren ist ein Rückschritt gegenüber Autorace.
Chris: Oh, Bill Gates.
Henner: Ja, dann kommt im Jahr darauf Football,
Henner: das ist nochmals erfolgreicher, natürlich vor allem auf dem US-Markt,
Henner: also wieder von Mattel und damit sind diese vollelektronischen reinen Videospiele-Handhelds,
Henner: die nicht mehr primär Taschenrechner sind,
Henner: im Markt und ja, die inspirieren dann natürlich auch mehrere Wettbewerber zu eigenen Modellen.
Henner: Alle möglichen Spielzeughersteller bringen jetzt eigene Geräte auf den Markt,
Henner: auch zum Teil Taschenrechnerhersteller. Alle wollen mitmischen.
Henner: Coleco ist dabei, Parker Brothers, MB, von dem wir schon gehört haben, Bandai und so weiter.
Henner: Einige davon, die entfernen sich auch von diesem etablierten Format.
Henner: Also von einem Handheld-Gerät, das so ein bisschen aussieht wie ein Gameboy
Henner: oder auch von einem Taschenrechner.
Henner: Denn 1977 veröffentlicht die Firma Unitrex eine Armbanduhr, die Datatime Monte Carlo.
Henner: Die nicht nur die Zeit anzeigen kann, sondern auch drei Spiele bietet auf diesem
Henner: kleinen Display. Jackpot, ein Würfelspiel und Roulette.
Henner: Da darf man sich jetzt keine vollständige Roulette-Simulation mit Casino-Flair
Henner: vorstellen. Das ist nicht viel mehr als ein einfacher Zufallszahlengenerator.
Henner: Aber trotzdem ist das ein weiterer Meilenstein, denn diese Monte Carlo ist wahrscheinlich,
Henner: das ist ein bisschen umstritten, das erste mobile Videospiel mit LCD-Technik.
Henner: Dem Liquid Crystal Display.
Henner: Was ist das denn jetzt? Christian, willst du das mal erklären?
Chris: Ja, das ist die wichtige technische Grundlage für das Game & Watch.
Chris: Wie genau das funktioniert, werden wir gleich noch detaillierter erklären,
Chris: wenn wir zum Game & Watch kommen, nur hier in aller Kürze.
Chris: LCD ist kurz für Flüssigkristallanzeigen, also eine bestimmte Form von Anzeige.
Chris: Und in dieser Ära ist das in der Regel unbeleuchtet und einfarbig.
Chris: Also wie viele Menschen, glaube ich, in den 80ern, habe auch ich als Jugendlicher
Chris: Casio-Armbanduhren getragen, also digitale Armbanduhren.
Chris: Und wenn ihr das zufällig noch vor Augen haben solltet, das ist ein Flüssigkristalldisplay,
Chris: was man da gesehen hat. Diese grauen Zahlen, die da angezeigt wurden.
Henner: Wieso 80er? Ich habe die jetzt gerade in diesem Moment an meinem Handgelenk.
Henner: Willst du damit sagen, das ist out seit den 80ern?
Chris: Sagen wir mal, es ist vielleicht wieder in Mode. Ich wollte es diplomatisch so ausdrücken.
Henner: Ah, danke.
Chris: Aber vielleicht ist das ein Beleg für einen der großen Vorteile von den LCDs.
Chris: Die brauchen nämlich sehr wenig elektrische Leistung und halten deswegen relativ
Chris: lang durch mit einer Batterie.
Chris: Weiß nicht, hast du bei deiner Uhr schon jemals die Batterie gewechselt?
Chris: Nö. Also...
Chris: Das bedeutet, die können einfach permanent die Zeit anzeigen,
Chris: ohne dass man das Display ein- oder ausschalten müsste.
Chris: Also wenn du auf deine Armbanduhr guckst, dann sind da immer die Zahlen zu sehen
Chris: und das nur mit der Energie von einer kleinen Knopfzelle.
Chris: Der zweite große Vorteil ist, dass sich diese LCD-Ziffern, die so in diesem
Chris: Fall sind, aber auch jede Art von Darstellung, Grafiken und so weiter nach belieben
Chris: und äußerst detailliert formen lassen.
Chris: Die Technik wird seit 1972 in Taschenrechnern eingesetzt und die ist so viel
Chris: energieeffizienter als LED-Modelle, dass diese Taschenrechner dann halt auch
Chris: tatsächlich im Batteriebetrieb funktionieren können.
Chris: Die meisten LED-Taschenrechner vorher haben ein Netzteil benötigt und wurden
Chris: an eine Steckdose angeschlossen.
Chris: Also sie werden zu wirklich tragbaren Geräten durch diese Display-Technologien.
Chris: Und seit 1973 findet man sie dann auch in den schon genannten Armbanduhren.
Chris: Aber was es vor 1977, also vor dieser Monte-Carlo-Uhr, noch nicht gab,
Chris: sind LCD-basierte Videospiele.
Chris: Sondern, wir haben es schon gesagt, meistens sind das welche,
Chris: die auf LEDs setzen, wie eben das Auto-Race von Mattel.
Chris: Oder auf eine andere Anzeigeform namens VFDs, also Vakuum-Fluoreszenz-Anzeigen.
Chris: Das ist zum Beispiel in der Casino 7 drin.
Chris: Kurz gesagt ist das ein Material, das leuchtet, wenn es durch Elektronen beschossen
Chris: wird und damit leuchten dann auch die Ziffern.
Chris: Das ist zum Beispiel das, was man häufig in Displays von Hi-Fi-Anlagen oder
Chris: Mikrowellenherden findet, teilweise bis heute.
Chris: Damit ist die LCD-Technologie, also mit dem Monte Carlo, auch quasi im Spielemarkt angekommen.
Chris: Aber das ist jetzt ein Pioniergerät, aber nichts, was große Verbreitung hätte.
Chris: Da muss wieder was anderes her, was den Durchbruch in ein größeres Marktsegment
Chris: schafft. Und das kommt in diesem Fall von der Firma MB.
Henner: Genau, denn MB bringt im November 1979, was übrigens mein Geburtsmonat ist,
Henner: ein weiteres wegweisendes Gerät.
Chris: Das ist diese Ära, egal wann du geboren wurdest, Ende der 70er,
Chris: in welchem Monat, es ist immer irgendein wegweisendes Gerät im Spielebereich erschienen.
Henner: Das ist wahr. Und eben auch wegweisende Persönlichkeiten natürlich.
Henner: Ja, die bringen in diesem November 79 ein LCD-basiertes Gerät auf den Markt, den Microvision.
Henner: Ganz erstaunliches Gerät. Das ist, wir haben es ja gerade gehört,
Henner: nicht die erste LCD-basierte Spielkonsole, aber es ist der erste Handheld mit
Henner: austauschbaren Modulen.
Henner: Zehn Jahre vor dem Game Boy. Das heißt, da kann man genau wie beim Atari VCS
Henner: unterschiedliche Spiele reinstecken. Das ist allerdings ein bisschen mehr als
Henner: beim Atari VCS, was man da austauscht.
Henner: Das ist nicht nur so ein Modul mit einem ROM-Chip und ein bisschen Programm-Code,
Henner: sondern in diesen einzelnen Modulen stecken auch eigene Prozessoren und auch
Henner: die Steuertasten, zumindest die physisch ausgeführten Tasten,
Henner: die dann auf eine Tastenmembran gelegt werden.
Henner: Und was die Konsole selbst enthält, ist also eigentlich nur diese Tastenmembran
Henner: und auch das Display, das pixelbasiert ist, damit es alle möglichen Spiele anzeigen kann.
Henner: Aber es ist ein bisschen reduziert, noch reduzierter als der Game Boy,
Henner: denn dieses Display kann nur 16 mal 16 Pixel anzeigen.
Henner: Das reicht für ein paar ganz einfache Spiele. Da liegt zum Beispiel eine Breakout-Variante
Henner: bei, in die wir auch mal reinhören können.
Henner: Ja, es wird heute noch mehr Piepstöne zu hören geben und es werden insgesamt
Henner: aber nur zwölf verschiedene von diesen sehr simplen Spielen veröffentlicht.
Henner: Der Microvision Handheld, von dem ihr wahrscheinlich noch nie gehört habt,
Henner: ist kein allzu großer Erfolg, also längst nicht so groß wie zehn Jahre später der Game Boy.
Henner: Aber er hat gewaltigen Einfluss nicht nur auf eben jenen Game Boy,
Henner: sondern auch noch auf das Gerät, über das wir gleich sprechen, nämlich...
Henner: Auf den Game & Watch. Das heißt, wir verlassen jetzt die 70er Jahre endlich.
Henner: Und zu diesem Zeitpunkt ist der Markt also voller verschiedenster Videospiel-Handhelds,
Henner: egal welche Technik sie jetzt einsetzen.
Henner: Man muss allerdings dazu sagen, dass diese Geräte, diese Handhelds nicht immer
Henner: zu den Videospielen gezählt werden.
Henner: Das hängt von der Definition des Begriffes Videospiel ab.
Henner: Ich fand einige Artikel in der Popular Electronics und die schreiben in ihren
Henner: Ausgaben im Jahr 78 konsequent von Non-Video-Games.
Henner: In der Abgrenzung zu den klassischen Videogames, eben weil sie kein Videosignal
Henner: an einen externen Bildschirm ausgeben, sondern halt nur ein paar LEDs oder ein
Henner: paar VFDs blinken lassen oder eben später LCDs.
Henner: Naja, darüber kann man streiten. Ich denke, wir sprechen heute trotzdem im Kontext
Henner: von Game & Watch von Videospielen.
Henner: Und von diesen tragbaren Videospielen sind im Jahr 1980 in den USA über 300
Henner: verschiedene Modelle schon erhältlich.
Henner: Nintendo kommt also ziemlich spät zu dieser Party, aber sie werden diesen Markt trotzdem aufrollen.
Chris: Genau, wir sind im Jahr vorher, im März 1979, da kehrt Gunpei Yokoi gerade von
Chris: einer Geschäftsreise zurück.
Chris: Den Heimweg von Tokio nach Kyoto, den bestreitet er mit dem Hochgeschwindigkeitszug, dem Shinkansen.
Chris: Und da blickt er sich im Abteil um, ist müde von seinem Einsatz und da fällt
Chris: ihm ein anderer Fahrgast auf, offensichtlich ein Geschäftsmann,
Chris: der auf einem kleinen Taschenrechner herumtippt.
Chris: Aber der scheint da gar nichts auszurechnen, sondern der schlägt sich mit diesem
Chris: elektronischen Gerät einfach nur die Zeit tot.
Chris: Und das bringt Gunpei Yokoi auf eine Idee. Es gibt offenbar einen Markt für
Chris: Elektrospielzeug in Hemdtaschengröße.
Chris: Warum Hemdtaschengröße?
Chris: Naja, damit man es, wenn man ein Geschäftsmann ist und ein Hemd mit Tasche hat,
Chris: darin verschwinden lassen kann, ohne dass es groß auffällt.
Chris: Also ein Gerät, das dezent und zurückhaltend ist und sich an Erwachsene richtet,
Chris: die unterwegs sich die Zeit vertreiben wollen.
Chris: Ein Handheld also für Erwachsene. Das ist eine neue Idee.
Chris: All diese 300 Handhelds allein in den USA, die du schon beschrieben hast,
Chris: das ist Spielzeug. Das ist für Kinder gedacht.
Chris: Und in dieser Idee von Gunpei Yokoi, da steckt durchaus Potenzial,
Chris: zumal elektronische Innovation in Japan generell akzeptierter ist als anderswo.
Chris: Du hattest ja schon vorhin die Katrin Bonn erwähnt, die Japan-Expertin,
Chris: und die hat ja auch gesagt, dass die Technikaffinität in Japan auch bei älteren
Chris: Menschen wesentlich ausgeprägter ist als zum Beispiel in Deutschland.
Chris: Also, dass sich da auch Erwachsene viel stärker für technische Neuerungen interessieren
Chris: und dem nicht grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen.
Chris: Ja, und dieser Moment im Shinkansen, der wird gerne als die Geburtsstunde des
Chris: Game & Watch dargestellt, aber das ist ja erstmal eine sehr lose Idee.
Chris: Es ist nicht so, als ob Jokroy schon ein fertiges Gerät im Kopf hätte.
Chris: Er berichtet zwar später dann, dass er schon immer mal was habe machen wollen,
Chris: schon zu diesem Zeitpunkt auf der Basis von Taschenrechner-Technik,
Chris: also günstiger miniaturisierter Technik und dass er, seit er den Automaten Space
Chris: Invaders von 1978 gespielt hat, in dem ja ein Mikroprozessor steckt,
Chris: dass er seitdem auch von Mikroprozessoren fasziniert gewesen sein soll.
Chris: Also es sind lauter so Elemente, die sich dann im Game & Watch zusammenfinden
Chris: werden, die da irgendwie im Kopf von Gunpei Yokoi schon separat herumschweben,
Chris: aber die müssen ja erstmal zusammenfinden.
Chris: Und über die technische Basis und das Display oder gar was man darauf überhaupt
Chris: spielen soll, da macht sich Gunpei Yokoi in diesem Moment noch keine Gedanken.
Chris: Um genau zu sein, sagte er dann später mal, er hielt es in diesem Moment zwar
Chris: für eine interessante, aber keine besonders großartige Idee.
Chris: Also er habe sie einfach im Hinterkopf behalten, um da später mal genauer drüber nachzudenken.
Henner: Genau, also in seinem Kopf entsteht hier noch nicht das Game & Watch,
Henner: sondern erstmal nur die ganz vage Idee, man müsste irgendein elektronisches
Henner: Spielzeug im Taschenrechnerformat, also im Hemdtaschenformat für Erwachsene verkaufen.
Henner: Das ist eigentlich alles, was hier in seinem Kopf rumspukt. Aber wir erwähnten
Henner: es ja vorhin schon, da gibt es diese interessante Parallele zur Entstehung von Nintendo.
Henner: Denn ein kompaktes Spiel für Erwachsene, das seinen wahren Zweck verschleiert,
Henner: das ist genau das Gleiche, was Hanafuda damals war, das dann ja fürs Glücksspiel eingesetzt wurde.
Chris: Das ist aber eine zufällige Parallelität. Das ist nicht so, als ob das von Nintendo
Chris: von Yamauchi geplant gewesen wäre.
Henner: Ganz und gar nicht, nein. Seinem Chef Yamauchi erzählt der Yokoi auch erst mal
Henner: noch nichts davon, Bis er etwas später zufällig mit seinem Chef im Auto sitzt.
Henner: Er muss da den eigentlichen Fahrer von Yamauchi vertreten, der krank geworden ist.
Henner: Und um das peinliche Schweigen zu überbrücken, erzählt er seinem Chef dann mal
Henner: von ein paar Ideen, die so in seinem Kopf rumspuken für neue Produkte.
Henner: Und eine dieser Ideen, die er da präsentiert, ist eben diese vage Idee eines
Henner: elektronischen Spielzeugs für Erwachsene, die damit unterwegs spielen können sollen.
Henner: Yamauchi, so erzählt Yokoe das später, hat nichts weiter dazu gesagt.
Henner: Er hat einfach geschwiegen, aber diese Fahrt, auf der sich die beiden gerade
Henner: befinden, die führt rein zufällig zu einem Meeting zwischen Yamauchi und dem CEO von Sharp.
Henner: Sharp ist dieser große Elektronikhersteller und zu dieser Zeit auch einer der
Henner: weltgrößten Taschenrechnerhersteller.
Henner: Und Yamauchi, der stellt tatsächlich bei seinem Treffen mit Sharp diese vage
Henner: Idee vor, die er gerade im Auto von seinem Entwicklungsleiter gehört hat.
Henner: Ich weiß nicht genau, was er da vorstellt, denn die Idee ist ja noch nicht sehr
Henner: weit gediehen. Das können eigentlich nur wenige Worte gewesen sein.
Henner: Wir könnten doch mal irgendwas Elektronisches für Erwachsene machen.
Henner: Also viel mehr kann das eigentlich nicht gewesen sein. Aber trotzdem,
Henner: kurz darauf, darf Yokoi dann seinem Chef die Idee nochmal genauer präsentieren.
Henner: Und er hält dann grünes Licht für die Entwicklung eines solchen elektronischen
Henner: Spielzeugs für die Hemdtasche eines Erwachsenen, eines diskreten Videospiels.
Henner: Dabei ist dieses Projekt und diese Idee innerhalb von Nintendo umstritten.
Henner: Es ist nicht genauer belegt, wer, aber es gibt wohl viele Entscheidungsträger,
Henner: unter anderem im Vertrieb oder im Marketing, die nicht an den Erfolg solch eines
Henner: erwachsenen Spielzeugs glauben.
Henner: Die wollen wohl lieber bei ihrem angestammten Zielpublikum bleiben,
Henner: lieber was an Kinder verkaufen und nicht an Erwachsene.
Henner: Und außerdem gilt ja bei Spielzeugen damals, ich glaube auch wie heute,
Henner: der Grundsatz, größer ist besser.
Henner: Also es ist für den Vertrieb immer leichter, ein großes Spielzeug zu verkaufen,
Henner: auch wenn es nur aus Plastik besteht, als ein kleines und noch dazu ziemlich teures.
Henner: Deswegen ist das recht umstritten, aber der Präsident hat entschieden,
Henner: der hat seinen Segen gegeben und deswegen kann jetzt auch die Entwicklung beginnen.
Henner: Aber es gibt ja bislang noch überhaupt kein richtiges Konzept, nur diese vage Idee.
Henner: Und jetzt liegt es an Yokoi und seinem Team, aus dieser Idee ein richtiges Produkt zu machen.
Chris: Ja, insofern ist das vielleicht weniger grünes Licht, das sie da vom Nintendo-Chef
Chris: bekommen, als vielmehr...
Chris: Druck, jetzt mal was Vorzeigbares überhaupt erst zu entwickeln.
Chris: Das könnte auch sein, ja.
Chris: Aber wie du schon sagtest, Gunpei Yokoi ist ja nicht allein.
Chris: Der hat ja sein ganzes Team bei R&D 1 und die machen sich jetzt also gemeinsam
Chris: Gedanken, was das dann sein könnte.
Chris: Die Entwicklung der Hardware des Game & Watch liegt auch gar nicht bei Gunpei
Chris: Yokoi selbst, sondern bei seinem Mitarbeiter Saturo Okada, der ist Elektronikspezialist.
Chris: Und von dem stammt auch die Idee, LCD-Technik zu verwenden.
Chris: Und zwar in erster Linie deswegen, weil, das hat Saturo Okada später mal in
Chris: einem Interview erzählt, er ein anderes Gerät in die Hand bekam,
Chris: das diese Technik benutzt hat, und zwar das MB-Microvision.
Chris: Das hatte er nämlich sehr gemocht, er hat da viel diesen Breakout-Klon draufgespielt
Chris: und das ist also die Basis, um dann zu denken,
Chris: okay, wie können wir das in die Richtung weiterentwickeln, in die wir wollen,
Chris: nämlich kleiner und für Erwachsene.
Chris: Das Nintendo-Team beginnt dann erst mal, das mehr oder weniger nachzubauen,
Chris: also ein ähnliches Handheld zu machen, das auch austauschbare Spielmodule hat,
Chris: aber halt viel kleiner als der Microvision, der ja schon ein vergleichsweise großes Gerät ist.
Chris: Und dabei stellen sie aber relativ schnell fest, dass das nicht
Chris: die ideale Lösung ist. Denn ein Problem des Microvision ist ja,
Chris: dass es so eine wahnsinnig geringe Bildschirmauflösung hat.
Chris: 16 mal 16 Pixel. Du hast es vorher schon gesagt.
Chris: Also das überhaupt Grafiken nennen zu wollen, was da drauf läuft, ist schon sehr gewagt.
Chris: Abstrakte Blöcke. Das gefällt den Nintendo-Technikern bei R&D 1 aber nicht.
Chris: Eine runde Form zum Beispiel ist völlig unmöglich auf dem Microvision.
Chris: Die Pixel sind da viel zu groß.
Chris: Und nach einigen Wochen, wo sie damit rumbasteln, Dann verabschieden sie sich
Chris: also wieder von dieser Art von Darstellung.
Chris: Sie bleiben bei der LCD-Technik, aber sie wollen jetzt kein Raster-Display damit machen.
Chris: LCD-Technik muss es allein deswegen schon sein, weil Gunpei Yokoi als Vorgabe
Chris: macht, dass eine einzige Knopfzelle, die man in das Gerät reintun soll,
Chris: für eine mehrstündige Zugfahrt reichen muss.
Chris: Und das geht grundsätzlich nur mit LCD-Technologie zu dieser Zeit.
Chris: Und auch die austauschbaren Module fliegen dann schnell wieder raus.
Henner: Ja, müssen sie, denn wenn man austauschbare Module haben will,
Henner: dann muss man ja auch variable Grafiken darstellen können, je nachdem,
Henner: was das Modul gerade verlangt, ob man da Bälle braucht oder Gegner oder Autos.
Henner: Das geht nur mit einem Pixel-Raster, aber das Pixel-Raster ist gestorben und
Henner: damit sind auch die Module weg.
Henner: Das heißt, Okada stellt das später so dar in einem Interview,
Henner: also sagten wir uns, warum nicht nur ein Spiel pro Gerät, wie später bei meinem
Henner: Volleyball, aber wenigstens mit guter Grafik.
Henner: Und da lag die Idee nahe, einen Taschenrechner-Bildschirm zu verwenden.
Henner: Und was er damit meint, ist ein Bildschirm mit vordefinierten Grafiken,
Henner: also mit ganz fein gezeichneten und deswegen auch perfekt lesbaren LCD-Bildelementen,
Henner: wie die 7-Segment-Anzeige von so einem Taschenrechner, aus denen die Zahlen zusammengesetzt sind,
Henner: aber in diesem Fall für Grafiken.
Henner: Denn, du hast es ja vorhin schon beschrieben, ein Vorteil dieser LCD-Technik
Henner: ist, dass man für jedes einzelne Bildelement, das angezeigt werden soll,
Henner: eine komplett beliebige Form festlegen kann.
Henner: Das kann rund sein oder eckig oder sehr fein ausgestaltet.
Henner: Aber jedes einzelne Bildelement kann nur an einer festgelegten,
Henner: fixen Position ein- oder ausgeblendet werden.
Henner: Es kann sich nichts über den Bildschirm bewegen, wie das bei einem Pixel-Element
Henner: möglich ist oder wie es in einem klassischen 2D-Videospiel ist,
Henner: wo sich Sprites über den Bildschirm bewegen.
Henner: Das geht hier nicht. Also jedes einzelne Bildelement hat eine feste Position.
Henner: Und ja, damit ist jedes einzelne Gerät auch auf ein Spiel festgelegt.
Henner: Aber das reicht ja, wenn dieses Spiel Spaß macht und ansprechend aussieht.
Henner: Aber wie macht man das jetzt, wenn sich jetzt doch was über den Bildschirm bewegen
Henner: soll, zum Beispiel ein Ball und darauf läuft es dann ja auch hinaus,
Henner: dass da Bälle über den Bildschirm fliegen sollen.
Henner: Wie macht man das, wenn man keine Pixel zur Verfügung hat und auch keine Sprites
Henner: hin und her bewegen kann?
Henner: Der bewegt sich nicht wirklich, dieser Ball, sondern seine Bewegung wird nur
Henner: angedeutet, indem jede einzelne Position auf seiner Flugbahn,
Henner: die der Ball zurücklegt, in ganz schneller Folge, naja, mal mehr oder weniger
Henner: schnell, ein- und ausgeblendet wird.
Henner: Also der Ball auf Position 1 und dann auf Position 2 und dann Position 3.
Henner: Er macht also kleine Sprünge und so entsteht die Illusion einer einigermaßen flüssigen Bewegung.
Henner: Das hat allerdings auch zur Folge, dass der Ball andere Bildelemente nicht überlappen kann.
Henner: Einzelne Bildelemente, Spieler und Gegner oder Schläger und Ball,
Henner: können sich nicht wirklich berühren.
Henner: Sie können sich niemals überlappen, sie können nicht an der gleichen Position zu sehen sein.
Henner: Die sind immer nebeneinander sichtbar.
Henner: Also es sind einige Nachteile, die diese Darstellungsform mit sich bringt,
Henner: aber zumindest ist der Ball klar als Ball erkennbar, anders als bei diesem Microvision Display.
Henner: Mit seinen groben Pixeln. Immerhin kann man jetzt runde Dinge oder auch andere
Henner: fein gezeichnete Grafiken darstellen.
Henner: Also wir hören schon, das ist sehr schlichte Technologie, die hier zum Einsatz kommt.
Henner: Und dafür reicht die günstige Taschenrechnertechnik, die im Laufe der 70er Jahre
Henner: immer weiter perfektioniert und miniaturisiert wurde und immer billiger wurde.
Henner: Während der Entwicklung der Game & Watch-Reihe passiert auch etwas.
Henner: Yokoi legt jetzt seine Designprinzipien fest, die er beibehalten wird für die
Henner: folgenden Jahre seines Schaffens, auch später noch beim Game Boy.
Henner: Und diese Design-Philosophie von Yokoi, die wird oft zitiert als Lateral Thinking
Henner: of Withered Technology.
Henner: Das kann man grob übersetzen mit unkonventioneller Einsatz bewährter Technologie.
Henner: Das heißt, er scheut technische Innovation,
Henner: teure Technologie, die immer ein gewisses Risiko mit sich bringt,
Henner: Und bevorzugt einfache, billige Technologie, bewährte Komponenten,
Henner: die in Massen günstig herzustellen sind, die dann aber kreativ genutzt werden.
Henner: Das ist ein Designprinzip, das er wie gesagt später beim Gameboy wieder anwendet
Henner: und schließlich dann bei seinem allerletzten Werk beim Bandai Wonderswan auch wieder.
Henner: Darüber habe ich mit Fabian ja auch schon mal gesprochen.
Chris: Also während Gunpei Yokoi das Projekt leitet und Satoru Okada sich um die Technik
Chris: kümmert und die ersten Prototypen, stoßen dann bald drei weitere Entwickler dazu.
Chris: Da haben wir Takehiro Itsushi, der schon an den Color-TV-Konsolen mitgearbeitet hat.
Chris: Der verantwortet mechanische Aspekte, wie zum Beispiel das Gehäuse,
Chris: aber auch die Programmierung der Spiele.
Chris: Und das macht er gemeinsam mit einem Kollegen namens Masao Yamamoto.
Chris: Der wiederum hat schon in der Arcade-Abteilung von Nintendo Erfahrung gesammelt.
Chris: Und dann kommt noch ein Grafiker dazu, Makoto Kano,
Chris: der wird dann die Gestaltung der Spielfiguren von Gunpei Yokoi übernehmen,
Chris: denn für mindestens mal das erste Gerät, man weiß nicht ganz genau wie lange,
Chris: das könnte auch noch das zweite betreffen, kommen die Designs von dem,
Chris: was da auf dem LCD-Bildschirm zu sehen ist, noch vom Chef selbst, von Gunpei Yokoi,
Chris: aber das wird dann spätestens mit dem dritten, vierten Gerät an Makoto Kano übertragen.
Chris: Und der hat einen eigenen Stil, der macht comic-hafte, sehr ausdrucksstarke
Chris: Figuren und dadurch bekommen die Game & Watch-Spiele dann auch sehr schnell
Chris: einen erkennbaren und verwechselbaren Stil.
Henner: Diese drei Herren, die du gerade vorgestellt hast, Yamamoto,
Henner: Kano und Itsushi, die haben vor einigen Jahren bei Nintendo selbst ein langes
Henner: Interview gegeben über den Entstehungsprozess von Game & Watch.
Henner: Das ist ganz faszinierend zu lesen, gibt es auch in der deutschen Übersetzung
Henner: und viele unserer Informationen stammen aus diesem Gespräch und weitere Interviews
Henner: mit einigen dieser Herren finden sich in dem sehr empfehlenswerten Buch L'Histoire
Henner: de Nintendo Folge 2 aus dem französischen Verlag Pix'n'Love.
Henner: Auch das kann ich empfehlen für jene, die Französisch können,
Henner: denn die englische Version ist vergriffen, aber das waren sehr wertvolle Quellen.
Henner: Ich konnte mit den drei Herren leider nicht selbst sprechen,
Henner: auch wenn ich es versucht habe.
Chris: Ja, wir sind ja da, wie gesagt, noch in der Entwicklung des Geräts für das,
Chris: was das Game & Watch dann werden wird. Jetzt fehlt uns noch die äußere Gestaltung.
Chris: Wir haben ja schon gehört, das soll ein Gerät für Erwachsene sein.
Chris: Das Team untersucht auch diverse existierende Handhelds, gibt ja nun schon genügend
Chris: auf dem Markt und stellt fest, nicht überraschend, die richten sich alle an
Chris: Kinder und sehen auch entsprechend aus, also gerne bunt und groß und freundlich.
Chris: Und sie kommen zu dem Schluss, so sagt Okada, dass Erwachsene sich niemals dabei
Chris: erwischen lassen würden, mit so etwas zu spielen.
Chris: Dem möchte Nintendo entgegenwirken. Ihr Gerät soll edler aussehen,
Chris: seriöser aussehen, also mehr wie ein Taschenrechner und weniger wie ein Kinderspielzeug.
Chris: Und natürlich soll es kompakt genug sein, dass man es in die Hemdtasche stecken
Chris: und darin verschwinden lassen kann.
Chris: Aber soll es jetzt ein Gerät sein, das hochkant gespielt wird,
Chris: so wie zum Beispiel die frühen Mattel-Geräte und auch der Microvision?
Chris: Oder soll man es quer halten?
Chris: Die Entscheidung trifft wiederum Gunpei Yokoi und auch da kommt er von der geplanten
Chris: Zielgruppe, nämlich Menschen, die das im Sitzen spielen.
Chris: Also was ihm am präsentesten ist, ist der Geschäftsmann im Shinkansen und die
Chris: auch möglichst wenig Aufmerksamkeit darauf lenken wollen, dass sie hier gerade spielen.
Chris: Spielen und daraus ergibt sich dann ein Gerät, das in beiden Händen gehalten
Chris: werden kann, auch um es darin ein bisschen verschwinden lassen zu können und
Chris: das man notfalls auch unter dem Tisch halten kann.
Chris: So bekommt es also eine horizontale Ausrichtung mit jeweils einer Daumentaste
Chris: auf der linken und der rechten Seite, also beidhändig zu bedienen.
Henner: Das Gerät, was hier entsteht, das ist natürlich das Game & Watch,
Henner: aber das heißt noch gar nicht so...
Henner: Im Entstehungsprozess trägt das Gerät noch den Codenamen Microgame,
Henner: weil es ein kleines Spielzeug ist. Aber was ist denn aus der Watch geworden?
Henner: Die gibt es anfangs noch gar nicht, denn so eine Zeitanzeige,
Henner: dafür steht ja der Namensbestandteil Watch, die ist zunächst mal überhaupt nicht
Henner: vorgesehen im Konzept. Das soll ein reines Spielzeug sein.
Henner: Die dritte Funktionstaste, die dann beim finalen Gerät und bei allen Game &
Henner: Watch Geräten die Zeitanzeige aktiviert, Da gibt es ja so eine kleine Time-Taste,
Henner: mit der man das Spielen abschalten und die Uhr einschalten kann.
Henner: Die ist schon enthalten in den ersten Entwürfen, aber die aktiviert hier noch
Henner: nicht die Zeit, sondern einen dritten Spielmodus.
Henner: Später gibt es dann nur noch zwei Spielmodi, A und B, aber in diesem ersten
Henner: Entwurf auch noch einen Spielmodus C.
Henner: Aber die Spielmechanik von diesem allerersten Modell Ball, das beschreiben wir
Henner: gleich noch näher, die ist nicht sonderlich komplex.
Henner: Und auf Basis dieser sehr simplen Spielmechanik sich drei verschiedene Spielvarianten
Henner: auszudenken, das überfordert selbst einen so kreativen Kopf wie den Yokoi.
Henner: Und so denken sich dann Yokoi und Okada gemeinsam eine neue Funktion für diese
Henner: dritte Taste aus, die eingeplant ist, eine Zeitanzeige.
Henner: Das heißt, aus dem Game wird ein Game & Watch. Außerdem sind zu der Zeit LCD-basierte
Henner: Digitaluhren wie meine schon sehr populär.
Henner: Und so eine Uhrenfunktion, das wäre doch ein sehr vernünftiger Mehrwert für
Henner: dieses Produkt, denn man will damit ja auch keine Kinder ansprechen,
Henner: sondern seriöse, vernünftig denkende Erwachsene.
Henner: Und die überzeugt man natürlich, wenn so etwas noch einen echten Nutzwert hat,
Henner: neben der reinen Spielerei.
Chris: Aus heutiger Perspektive, also wenn wir über das Game & Watch heute hören und
Chris: denken, ja, das hat auch noch eine Zeitanzeige, dann kommt einem das vielleicht
Chris: als ziemlich alberne Sache vor und etwas, was keinen so richtig großen Mehrwert zu haben scheint.
Chris: Wir leben ja aber auch in einer Ära, wo man einfach nur das Handy aus der Hosentasche
Chris: zieht und hat die Zeitanzeige.
Chris: Und Moment mal, da haben wir ja auch schon die Parallelität.
Chris: Was, wenn man einfach nur ein Gerät aus der Tasche ziehen könnte und hätte die Zeitanzeige?
Chris: Und das ist für das Jahr 1980 tatsächlich ein bedeutender Mehrwert.
Chris: Klar, die Menschen haben in der Regel Armbanduhren, aber trotzdem,
Chris: das ist natürlich schon sehr praktisch, die Zeit immer parat zu haben.
Henner: Ja, also die beiden sind von ihrer Idee sehr überzeugt und sie wird sich ja
Henner: am Ende auch durchsetzen, aber da müssen sie erstmal am Präsidenten vorbei und
Henner: Yamauchi, der ist überhaupt nicht begeistert davon.
Henner: Wir haben es ja schon gehört, der ist ein Kontrollfreak, der will in jede kleine
Henner: Entscheidung eingebunden sein und auch ihm müssen sie diese Idee,
Henner: eine Uhr einzubinden, vorstellen und der ist eben nicht begeistert.
Henner: Ganz im Gegenteil, der wird dem Vernehmen nach richtig wütend. Warum?
Henner: Weil er weiß, dass eine Uhr oder eine Uhrenfunktion den Preis erhöhen würde.
Henner: Denn damals gibt es in Japan eine Sondersteuer für Luxusgüter.
Henner: Die müssen alle Hersteller für ihre Produkte entrichten und zwar drei Prozent des Verkaufspreises.
Henner: Und diese Steuer, die wird auch fällig für Uhren.
Henner: Und das Gerät wird ohnehin schon ziemlich teuer werden. Dazu kommen wir gleich,
Henner: gemessen an anderen Spielzeugen und weitere Kosten in Form dieser Steuer,
Henner: die sind deswegen indiskutabel.
Henner: Und Yamauchi verbietet also eine Uhr einzubauen und fordert die beiden Ingenieure
Henner: auf, sie sollen sich doch bitte ausschließlich auf den Spieleaspekt konzentrieren.
Henner: Aber Okada ist echt mutig offensichtlich und lässt nicht locker.
Henner: Er ist von seiner Uhrenidee überzeugt und sucht einen Ausweg.
Henner: Und so wendet er sich an die Steuerbehörde und versucht dort den Betrag zu senken,
Henner: den sie also zahlen müssen für diese Uhr, die enthalten sein soll.
Henner: Und ja, dann sagt er später in einem Interview, ich erklärte Ihnen,
Henner: dass unsere integrierte Uhr nur eine Option in einem Spielzeug sei,
Henner: aber dass der Gegenstand als solcher ein Spielzeug bleibe.
Henner: Und daher sei der Uhrenanteil in Wirklichkeit nur 100 Yen von den 6000 Yen des gesamten Pakets wert.
Henner: Das wäre also völlig logisch, wenn man diese Steuer nur auf die 100 Yen zahlen
Henner: müsste, also auf den Uhrenpart und nicht auf die 6000 Yen des ganzen Produkts.
Chris: Ja, clever.
Henner: Ja, sehr clever und tatsächlich überzeugt das auch die Steuerbehörde.
Henner: Und ja, mit dieser Neuigkeit geht er dann zu seinem Präsidenten und Yamauchi
Henner: ist dann auch besänftigt und stimmt zu.
Henner: Das Game & Watch darf eine Watch enthalten, also eine Uhrenfunktion.
Henner: Und von Yamauchi stammt dann auch der finale Produktname, denn von ihm kommt der Name Game & Watch.
Henner: Das heißt also, Okada hat gegenüber der Steuerbehörde in Japan argumentiert,
Henner: dass das Gerät ja eigentlich nur ein Spielzeug Und die Uhrenfunktion sei nur
Henner: ein Nachgedanke. Aber es gibt auch ein US-Patent, das im Juni 1980 angemeldet wird.
Henner: Und in der Patentbeschreibung, da kehrt sich die Rangfolge um,
Henner: denn da steht, das sei ein Timepiece Apparatus having a game function,
Henner: also primär eigentlich eine Uhr und nur nebenbei ein Spielgerät.
Henner: Aber das nur am Rande. Tatsächlich wird diese Uhrenfunktion,
Henner: egal ob sie jetzt im Vordergrund steht oder nicht, ein wichtiger Erfolgsfaktor.
Henner: Das hat Yokoi später mal berichtet.
Henner: Der sagte, dass selbst die billigsten LCD-basierten Digitaluhren mehrere tausend
Henner: Yen gekostet hätten damals.
Henner: Und unser Produkt, also unser Game & Watch, bot halt nicht nur eine Uhr und
Henner: später sogar eine Weckerfunktion, sondern eben auch noch ein komplettes Spiel
Henner: und all das für 5.800 Yen.
Henner: Und dieses 2-in-1-Konzept zu einem sehr günstigen Preis war ein starkes Argument
Henner: in unserer Verkaufsstrategie, sagt Yokoi.
Henner: Das funktioniert also, was ein bisschen erstaunlich ist, denn wir sehen in der
Henner: Technologiegeschichte ja recht häufig, dass versucht wird, mehrere Gerätegattungen
Henner: zu einem Gerät zu vereinen.
Henner: Beim Smartphone funktioniert das ganz gut, aber meistens scheitert das doch,
Henner: weil die Geräte dann den einzelnen Ansprüchen nicht so gut gerecht werden und
Henner: dabei dann auch noch zu teuer sind. Man denke mal an CD-i zum Beispiel.
Henner: Das wollte Multimedia-Player und Filmabspielgerät und Konsole sein.
Henner: Das klappt aber nicht. Das wollte keiner. Die Leute kaufen halt lieber das, was sie brauchen.
Henner: Entweder ein CD-Player oder ein Videorekorder oder eine richtige Konsole.
Henner: Oder die verschiedenen Versuche Konsolen und Heimcomputer zu vereinen gab es
Henner: immer wieder, insbesondere in den 80er Jahren, alle gescheitert.
Henner: Genauso hätte die Game & Watch-Geschichte hier auch zu Ende sein können.
Henner: Das Game & Watch ist als Spielzeug, wir haben es schon gehört,
Henner: eigentlich viel zu teuer und als Uhr viel zu unpraktisch, weil es kein Ersatz
Henner: ist für eine Armbanduhr. Muss ja immer aus der Tasche holen.
Henner: Und trotzdem irgendwie funktioniert es.
Chris: Ja, vielleicht gehen japanische Kinder dann später zu ihren Eltern und sagen,
Chris: so ähnlich wie wir gesagt haben, ich brauche den C64 für die Hausarbeiten,
Chris: ich möchte dieses Ding haben, damit ich immer auf die Uhr schauen kann.
Henner: Ah, damit ich nicht zu spät nach Hause komme, ja.
Chris: Ja, genau, damit ich immer pünktlich bin und sowas, das ist ja eine Tugend.
Chris: Und ja gut, dann ist da halt noch ein Spiel dabei, aber eigentlich geht es um
Chris: die Uhr, zwinker, zwinker. Vielleicht war das so.
Chris: So, was ist das jetzt aber, dieses erste Game & Watch?
Chris: Wir haben schon gesagt, das ist ein Spiel namens Ball und besser hätte man es
Chris: Jongleur nennen sollen oder sowas, denn das ist das, was hier passiert.
Chris: Also da steht ein Männchen, ein auch wirklich krude gezeichnetes Männchen in
Chris: der Mitte des Bildschirms und wirft in hohem Bogen Bälle in die Luft,
Chris: die dann über seinen Kopf fliegen von links nach rechts.
Chris: Und was man da macht, ist mit den beiden Tasten, also es gibt ja nur eine links
Chris: und eine rechts, die beiden Hände dieses Jongleurs nach links und rechts zu
Chris: bewegen, um die Bälle aufzufangen.
Chris: Also immer wenn ein Ball in Richtung Boden fällt, muss da die Hand in der richtigen
Chris: Position sein, um ihn aufzufangen und wieder hochzuschleudern.
Chris: Es gilt also zu vermeiden, dass ein Ball auf den Boden fällt,
Chris: denn wenn das geschieht, dann ist das Spiel vorbei.
Chris: In dieser ersten Variante gibt es noch gar keine Leben, das ist sehr ungnädig,
Chris: da muss man die Bälle in der Luft halten und die werden im Laufe der Zeit immer
Chris: schneller, also das wird dann immer schwieriger, sie passend aufzufangen.
Chris: Das Ganze ist ein schlichtes Highscorespiel, also es gibt kein weiteres Spielziel,
Chris: als möglichst viele Punkte zu sammeln und das sind maximal 9.999,
Chris: denn mehr gibt die Digitalanzeige nicht her.
Chris: Warum, das erklären wir gleich nochmal genauer, wenn wir zur Technik kommen.
Henner: Das klingt jetzt ganz schön unspektakulär und das ist es auch.
Henner: Also sowohl die Prämisse, die du beschrieben hast mit dem Jongleur, als auch der Name Ball.
Henner: Da fragt man sich in der Rückschau, wie soll denn das eine Chance haben gegen
Henner: richtige Videospiele auf dem Markt, gegen Space Invaders, das damals ein großer Hit ist.
Henner: Aber fairerweise muss man sagen, der Vergleich ist nicht ganz fair,
Henner: denn Ball wurde ja nicht konzipiert als klassisches Videospiel.
Henner: Das soll gar nicht gegen Space Invaders antreten.
Henner: Das ist eine eigene Kategorie. Das ist ein elektronischer Geschicklichkeitstest
Henner: als Zeitvertreib für Erwachsene.
Henner: So ein bisschen wie der Landwirtschaftssimulator heuchelt.
Henner: Und dafür braucht man keine großartige, fantastische Prämisse von der Verteidigung
Henner: gegen Aliens oder sowas und keinen reißerischen, coolen Namen.
Henner: Ist gar nicht nötig. Das muss nur ein bisschen mehr Spaß machen als ein Taschenrechner
Henner: und es muss erkennbar sein als etwas, das Spaß macht. Und diese Voraussetzung
Henner: erfüllt ja Ball, würd ich sagen.
Henner: Wenn man das Wort Ball hört, dann weiß man sofort, es geht um irgendeine Form von Spiel.
Henner: Es erfüllt die Minimalanforderung an ein Spiel, was aus Nintendos Sicht reicht
Henner: für ein Erwachsenenprodukt, das sich nicht messen muss mit bunten,
Henner: lauten Kinderspielen und effektreichen Videospielen.
Henner: Für Hanafuda reichten damals auch Blumenbilder, da waren auch keine Aliens drauf.
Chris: Ja, guter Punkt. Dieses erste Modell, Ball, das ist zumindest nach den Plänen
Chris: von Gunpo Yokoi eigentlich als so ein One-Shot geplant.
Chris: Also ein weiteres Spielzeug in einer breiten Palette von Spielzeugen,
Chris: die Nintendo da im Angebot hat.
Chris: Also er hat gar nicht vor, dass da weitere kommen, aber der Nintendo-Chef Yamauchi,
Chris: der hat andere Pläne, denn da ist ja schon einiges in Entwicklungszeit reingeflossen
Chris: in dieses System und deswegen wäre es nur folgerichtig, auf Basis von dieser
Chris: Technologie auch weitere Dinge zu erstellen, also weitere Modelle.
Chris: Deswegen ergeht dann auch der Auftrag von oben an Gunpei Yokoi,
Chris: macht er jetzt mehrere davon.
Chris: Und so folgen auf Ball dann die Spiele Flagman und Vermin. Und auch bei diesen
Chris: drei Spielen, wie wir wissen, wird es dann nicht bleiben.
Chris: So entsteht dann um Yokoi herum bald ein ganzes Team, das einen Prozess entwickelt,
Chris: um fortlaufend neue Spiele erstellen zu können.
Chris: Und dieser Prozess beginnt immer mit einer Brainstorming-Sitzung,
Chris: die sich mit einer möglichst originellen Grundidee befasst.
Chris: Da wirft Yokoi dann zum Beispiel die Idee in den Raum, hey, wir könnten doch
Chris: ein Spiel mit einem Oktopus entwickeln.
Chris: Und dann versucht das ganze Team angestrengt, um diesen Gedanken eines Oktopus
Chris: herum ein Spiel zu stricken. Soll man den Oktopus steuern oder steuert man dann
Chris: einen Fisch oder einen Taucher oder vielleicht eine Fritteuse?
Chris: Also für Yokoi und das Team ist entscheidend zum einen, dass das was Originelles
Chris: sein soll, dass sich da ein Spielwitz draus ergeben soll und dass aber die Spielenden
Chris: auch sofort erkennen, wen sie selbst steuern.
Chris: Also wer bin ich und was sind die Hindernisse, denen ich ausweichen muss?
Chris: Und in diesen Brainstorming-Sitzungen kann prinzipiell jeder Ideen reinwerfen.
Chris: Der Entscheider ist aber am Ende immer Gunpei Yokoi.
Chris: Der wählt dann also aus. Dieser finale Entwurf wird dann von dem Grafiker, von Kano, gezeichnet.
Chris: Und zu diesem Entwicklungsprozess gehört dann als nächstes, dass ein Prototyp entworfen wird.
Chris: Also in diesem Stadium sind das noch nicht die kleinen Handhelds,
Chris: sondern das ist dann auch was viel Ausladenderes.
Chris: Das sind anfangs fest verdrahtete Leiterbahnen, die dann zusammengelötet werden.
Chris: Aber das wird schrittweise dann immer professioneller und immer standardisierter.
Chris: Auf jeden Fall muss in diesem Entwicklungsprozess schon relativ früh feststehen,
Chris: welche Grafiken dann tatsächlich zu sehen sein sollen.
Chris: Denn die LCD-Bildschirme, die dann daraus entstehen sollen, die haben ja,
Chris: wie gesagt, kein Raster aus Pixeln, wie dann später beim Game Boy,
Chris: aus dem man die Grafiken zusammensetzen könnte, sondern jedes einzelne Bildelement ist fix.
Chris: Das hattest du ja schon erklärt in seiner Form, in seiner Größe, in seiner Position.
Chris: Aber es gibt noch eine andere Limitation, nämlich auch die Anzahl der Elemente,
Chris: die auf dem Bildschirm angezeigt werden kann, ist doch ziemlich limitiert.
Henner: Ja, einerseits durch die Größe dieses kleinen Displays, aber es gibt noch eine
Henner: technische Limitierung für die Zahl der Elemente.
Henner: Also für die Zahl der Positionen, die der Ball auf dem Bildschirm einnehmen
Henner: kann zum Beispiel oder die Hände des Jongleurs.
Henner: Und das hat einen einfachen technischen Grund. Also die Grundlage für diese
Henner: Game & Watch Geräte ist immer ein Prozessor von Sharp.
Henner: Da sind sie wieder, die helfen bei der Entwicklung von Game & Watch.
Henner: Und zwar ein 4-Bit-Prozessor.
Henner: Wir sind hier also noch nicht in der Ära von 8-Bit-Prozessoren wie beim Game
Henner: Boy oder beim NES, sondern ein 4-Bit-Prozessor, der ursprünglich entworfen wurde
Henner: für Taschenrechner und ähnliche Geräte.
Henner: Und das ist ein hochintegrierter Prozessor, so ähnlich wie heute ein moderner
Henner: Smartphone-Prozessor. Da stecken alle möglichen Funktionen drin.
Henner: Auch die Bildsteuerung, also die LCD-Anzeigesteuerung, steckt in diesem Prozessorchip mit drin.
Henner: Und dieser LCD-Controller, der limitiert deswegen auch, was angezeigt werden kann auf dem Display.
Henner: Und der Chip, der in dem Ball-Gerät zum Einsatz kommt von Sharp,
Henner: der kann genau 72 Segmente kontrollieren.
Henner: Also 72 Bild-Elemente ein- und ausschalten.
Henner: Wie das genau funktioniert, das erklären wir später noch.
Henner: Diese Zahl 72 liegt an der eigentlichen Bestimmung, denn ich sagte es ja schon,
Henner: der war eigentlich mal vorgesehen für Taschenrechner. und 72 Segmente,
Henner: ja, das reicht genau für 8 Ziffern.
Henner: Die einzelnen Zahlen oder die Ziffern auf einem Taschenrechner oder bei einer
Henner: Digitaluhr, die sind ja aus 7 Segmenten zusammengesetzt, also 7 kleinen Strichen,
Henner: damit kann man alle Ziffern darstellen. Für Buchstaben reicht es nicht, aber für die Zahlen.
Henner: Und mit 8 Ziffern, mit jeweils 7 Segmenten, ja, da sind schon 56 Segmente verbraucht.
Henner: Und dann gibt es noch 8 weitere, die man für Dezimalpunkte einsetzen kann,
Henner: also für das Komma und acht weitere für so was wie Minus-Symbole oder andere Zusatzzeichen.
Henner: Ja, und dann ist alles ausgeschöpft. Dann sind die 72 Elemente voll und mehr
Henner: kann dieser Prozessor einfach nicht steuern.
Henner: Und weil Sie diesen Taschenrechner-Chip jetzt für Ihr Spiel verwenden wollen,
Henner: sind Sie auch limitiert auf 72 Elemente.
Henner: Und die stehen zur Verfügung für den gesamten Bildschirm des ersten Game & Watch.
Henner: Später kommen dann neuere Modelle raus, die einen etwas leistungsfähigeren Sharp-Prozessor
Henner: einsetzen, der doppelt so viele oder noch mehr Segmente anzeigen kann.
Henner: Aber beim Ball sind es diese 72.
Henner: Und natürlich nutzt der Ball Handheld diese 72 Elemente nicht für 8 Ziffern
Henner: oder Dezimalpunkte oder sowas.
Henner: Es ist ja kein Taschenrechner, sondern vor allem für die Spielgrafik.
Henner: Ob das jetzt die Spielfigur ist oder ein Ball. In der oberen rechten Bildschirmecke,
Henner: da zeigt Ball, es ist ja auch eine Uhr, im Uhrenmodus die Zeit an.
Henner: Das heißt, dafür gehen schon einige Segmente drauf von diesen 72 und im Spielmodus
Henner: werden diese vier Ziffern einfach umfunktioniert, denn wenn man spielt,
Henner: dann sieht man nicht mehr die Uhrzeit, sondern den aktuellen Punktestand.
Henner: Und mit den jeweils sieben Segmenten dieser vier Zahlen belegt also diese Anzeige
Henner: oben rechts schon 28 von den 72 Segmenten.
Henner: Warum nur 28? Eine Uhr hat doch eigentlich vier Ziffern mit jeweils sieben Segmenten.
Henner: Das sind 28, aber normalerweise ist doch in der Uhrzeit in der Mitte noch ein
Henner: Doppelpunkt zwischen Stunden und Minuten.
Henner: Also bei meiner Uhr ist das so, aber bei Ball nicht. Der wird einfach eingespart.
Henner: Dieser Doppelpunkt ist unnötig und so hat man ein Element mehr zur Verfügung,
Henner: das man für die Spielgrafik einsetzen kann.
Henner: Also sehr effizient gedacht. Und damit bleiben also von den 72 jetzt noch 44
Henner: Segmente, die man verwenden kann für das eigentliche Spiel.
Henner: Und von diesen 44 entfallen 30 auf die Bälle mit ihren verschiedenen möglichen
Henner: Positionen, auf ihren verschiedenen Flugbahnen.
Henner: Und dann kommen noch die Arme und die Beine in den verschiedenen Positionen
Henner: hinzu und der Jongleur selbst und noch ein bisschen mehr.
Henner: Und dann sind die 72 Elemente schon ausgeschöpft und mehr geht nicht.
Henner: Eine Lebensanzeige, du hast es ja schon gesagt,
Henner: Gibt es hier nicht, weil Ball einfach nach einem einzelnen Fehler beendet ist.
Henner: Das heißt, auch eine Anzahl möglicher Leben braucht man gar nicht.
Henner: Übrigens, das Ende einer Partie Ball, das ist das unzeremoniellste Game Over,
Henner: das ich je in einem Spiel erlebt habe.
Henner: Das Spiel endet einfach. Es gibt keine Game-Over-Einblendung.
Henner: Dafür sind keine Segmente mehr übrig.
Henner: Es gibt nicht mal ein Geräusch, das mir das Versagen bestätigt.
Henner: Das Spiel friert einfach ein und das war's.
Henner: Es ist schon sehr, sehr reduziert.
Henner: Naja, du sagtest vorhin schon, mit den vier Ziffern sind maximal 9.999 Punkte darstellbar.
Henner: Mehr, also größere Zahlen kann diese Anzeige gar nicht.
Henner: Ich weiß nicht, ob jemals ein Mensch so weit gespielt hat, denn das ist doch schon recht repetitiv.
Henner: Das ist also der höchste erreichbare Punktestand in Ball.
Henner: Aber dabei bleibt es nicht. Das zweite Spiel, Flagman, das spart noch ein bisschen.
Henner: Denn die allererste Ziffer, hat man sich gedacht, die ja primär für die Uhrenanzeige
Henner: gedacht ist, ja, die muss ja eigentlich immer nur eine 1 sein maximal.
Henner: Denn für eine Zeitanzeige im 12-Stunden-Format braucht man vorne nie was anderes als eine 1.
Henner: Das heißt, man braucht hier keine 7-Segment-Ziffer, dann reicht eine 2-Segment-Ziffer.
Henner: Da hat man schon wieder 5 Segmente gespart, wunderbar. Das heißt aber auch in
Henner: diesem Spiel kann man nicht 9.999 Punkte erreichen, sondern nur 1.999,
Henner: weil die erste Ziffer eben maximal eine 1 sein kann.
Henner: Das muss man also nicht ganz so lange ertragen, das nächste Spiel.
Henner: Aber dafür bekommt Flagman dann den Doppelpunkt für die Zeitangabe zurück, immerhin.
Henner: Ja, jetzt haben wir das Spiel im Detail beschrieben, aber wie funktioniert denn das Ganze?
Henner: Jetzt müssen wir mal das Gerät und das Innenleben im Detail beschreiben.
Chris: Ja, also so ein Game & Watch, also gerade dieses erste Ball,
Chris: das ist ja ein kleiner Computer, auch wenn das ein Computer ist,
Chris: der nur ein einzelnes Programm kann.
Chris: Das ist in einem integrierten ROM-Speicher abgelegt und ganz dem Mantra von
Chris: Gunpei Yokoi folgend sind das kleine effiziente Wunderwerke.
Chris: Einfache Technik, die aber durchaus Erstaunliches leistet.
Chris: Dieses erste Modell, das Ball, das ist nicht ganz 10 cm breit.
Chris: Das ist etwas mehr als 6 cm hoch und ein bisschen über 1 cm dick.
Chris: Das Display, das da in der Mitte aufgesetzt ist, ist in etwa Briefmarken groß.
Chris: 4,2 x 2,8 cm, die Bilddiagonale also rund 5 cm.
Chris: Das ist noch kleiner als der Bildschirm auf dem Gameboy, der kommt auf 6,6 cm.
Chris: Das ist aber wie gesagt das erste Modell.
Chris: Die späteren und dann auch viel populäreren Game & Watch Geräte,
Chris: die haben entweder mehrere Bildschirme oder breitere Bildschirme.
Chris: Da kommt man dann bei den Widescreen-Modellen zum Beispiel auf eine ähnliche
Chris: Bildschirmdiagonale wie beim Game Boy.
Chris: Die Frontblende, die da so um diesen Bildschirm drumherum ist,
Chris: die besteht aus gebürstetem Metall und wirkt dadurch durchaus edel,
Chris: zumal da auch jeglicher Zierrad fehlt.
Chris: Also da ist nichts Verspieltes dran und das Gerät ist auch ziemlich leicht.
Chris: Ball zum Beispiel wiegt weniger als 50 Gramm. Auf der Vorderseite,
Chris: ich hatte es schon gesagt, da befinden sich zwei große rote Tasten links und
Chris: rechts, mit denen man das Spiel steuert.
Chris: Und dann gibt es noch drei kleine Tasten, mit denen man Game A oder Game B auswählen kann.
Chris: Also das sind zwei Schwierigkeitsgrade. B ist einfach ein bisschen schwerer,
Chris: da ändert sich aber vom Regelwerk nichts.
Henner: Ja, da gibt es drei Bälle, die gleichzeitig durch die Luft fliegen und nicht nur zwei.
Chris: Das macht es deutlich schwieriger. Die dritte kleine Taste, die noch mit drauf
Chris: ist, nennt sich Time. Und damit blendet man einfach die Zeitanzeige ein.
Chris: Da gibt es noch eine versenkte Taste, die ist mit ACL beschriftet.
Chris: Da muss man also mit einem spitzen Gegenstand reindrücken und damit lässt sich
Chris: die Zeit dann einstellen.
Chris: Spätere Modelle erweitern das dann auch. Da haben die Spiele dann in der Regel
Chris: auch mehr als nur zwei Steuerungstasten. Da kommt eine Taste für eine Weckereinstellung dazu und so was.
Chris: Was es allerdings nicht gibt, weder bei dem Ball noch bei irgendeinem anderen
Chris: Game & Watch Gerät, ist ein Ein- oder Ausschalter.
Chris: So ein Game & Watch ist immer an, ist ja auch einigermaßen logisch,
Chris: man soll es ja als Uhr verwenden können, dazu muss es immer an sein,
Chris: aber das, was wir vorhin schon sagten, diese LCD-Anzeige braucht halt einfach so wenig Strom,
Chris: dass das trotzdem eine enorm lange Batterielaufzeit hat.
Henner: Ja, ich habe ja auch ein Game & Watch hier und ich habe das nach längerer Zeit
Henner: dann mal wieder hervorgeholt, um eine Partie zu spielen.
Henner: Und das erste, was ich erlebte, war ein kleiner Schreckmoment,
Henner: weil ich dachte, ich habe es gar nicht abgeschaltet.
Henner: Jetzt ist die Batterie doch bestimmt leer.
Henner: Es dauerte zwei, drei Sekunden, bis mir klar wurde, nee, das kann man gar nicht
Henner: abschalten. Das ist einfach immer an und das ist auch richtig so.
Henner: Das hält trotzdem ein Jahr durch.
Chris: Ja, mir ging das bei dem Spiel, das ich hier habe, genauso, als ich das ausgepackt
Chris: und in Betrieb genommen habe.
Chris: Da waren noch keine Batterien drin und dann habe ich aber als erstes mal geguckt,
Chris: ja wo schalte ich das Ding eigentlich an und war dann erstaunt,
Chris: als es einfach an war, als ich die Batterien rein habe und es auch nicht mehr ausging.
Henner: Ja, ich finde Nintendo macht hier sehr vieles richtig.
Henner: Die Game & Watch Geräte, die sind sehr ansprechend. Also man nimmt sie gerne
Henner: in die Hand, wegen ihrer edlen Anmutung, wegen dieser Aluminium Oberfläche,
Henner: auch weil die Verarbeitung ganz fantastisch ist. Es wirkt alles sehr hochwertig.
Henner: Auch im direkten Vergleich mit meinem Volleyball wirkt so ein Game & Watch einfach viel besser.
Henner: Und auch die Tatsache, dass das Gerät immer läuft, das gilt jetzt für alle diese
Henner: Geräte, nicht nur für die von Nintendo, aber das zieht mich zusätzlich an,
Henner: wie der Attract-Modus bei einem Arcade-Automaten. Das Spiel läuft die ganze
Henner: Zeit in so einer Art Demo-Schleife.
Chris: Stimmt, guter Vergleich.
Henner: Und das heißt, ich sehe auf den ersten Blick, wie das Spiel aussieht,
Henner: was es grafisch zu bieten hat, die einzelnen grafischen Elemente.
Henner: Und die sind ja auch sehr schön gezeichnet. Naja, bei Ball nicht, aber bei späteren.
Henner: Und deswegen will man das sofort selber ausprobieren. Das geht man im Game Boy
Henner: nicht. Da muss ich erst mal ein Spiel einlegen und ihn einschalten und dann
Henner: erst mal eine Weile warten, bis ich überhaupt das Spiel sehe.
Henner: Aber hier sehe ich es sofort.
Henner: Dann will man das auch in die Hand nehmen. Ganz toll.
Henner: Aber kommen wir mal vom Äußeren zum Inneren.
Henner: Ein paar technische Daten sind dann auch fällig. Wir haben es ja schon beschrieben,
Henner: dass da immer eine CPU von Sharp drinsteckt, ein 4-Bit-Prozessor aus einer Serie, die SM500 heißt.
Henner: Ich konnte nicht so genau ermitteln, welcher Chip exakt jetzt im allerersten im Ball drinsteckt.
Henner: Ich wollte auch so ein seltenes Ding nicht aufschneiden, um nachzusehen.
Henner: Das würde ich mich in der Sammlerszene sehr unbeliebt machen.
Henner: Aber ich habe sehr lange Prozessorkataloge von Sharp gewälzt,
Henner: viel länger als ich zugeben möchte.
Henner: Und es kann eigentlich nur der SM5A gewesen sein, denn das ist der einzige 4-Bit-Prozessor
Henner: von Sharp, der genau 72 Bildsegmente ansteuern kann.
Henner: Und der läuft mit 16 Kilohertz, wohlgemerkt nicht Megahertz oder Gigahertz,
Henner: sondern Kilohertz und ungefähr 1800 Byte ROM und da steckt dann der Spielcode
Henner: drin und dazu gibt es noch für die Ausführung 32,5 Byte RAM.
Henner: Jetzt sind wir nicht mal mehr im Kilo-Bereich, nein, 32 Byte.
Henner: Später kommt dann ein anderes Modell zum Einsatz, meistens der SM510,
Henner: zum Beispiel bei Donkey Kong und bei anderen Multiscreen-Modellen.
Henner: Der hat ein bisschen mehr ROM und doppelt so viel RAM, kann mehr LCD-Segmente
Henner: ansteuern, aber im Großen und Ganzen ist das immer noch dasselbe,
Henner: immer noch simple 4-Bit-Technik mit 16 Kilohertz.
Henner: Da gibt es aber noch etwas, dieser Prozessor, der kann auch einen winzigen Lautsprecher,
Henner: einen Piezo-Lautsprecher ansteuern,
Henner: wie man ihn auch aus Armbanduhren und Taschenrechnern und so kennt.
Henner: Der kann ganz einfache, einstimmige Piepstöne ausgeben. All das ist sehr, sehr sparsam.
Henner: Das haben wir schon ein paar Mal erwähnt, aber das ist ein wesentliches Merkmal.
Henner: All das läuft mit zwei Knopfzellenbatterien und die Leistungsaufnahme dieser
Henner: ganzen Elektronik, ich konnte es kaum glauben, aber ich habe es mehrfach geprüft,
Henner: die liegt unter einem Milliwatt. Das ist unvorstellbar.
Henner: Vergleich das mal mit dem Smartphone. Ja und damit hält das Gerät,
Henner: ich habe es nicht nachgemessen, aber laut Anleitung hält das Gerät im Uhrenmodus
Henner: bis zu zwölf Monate durch und selbst wenn man spielt, dann sinkt diese Zeit
Henner: nicht im relevanten Maße.
Henner: Also man kann damit gut und gerne ein Jahr durchhalten mit so einem Gerät.
Chris: Das ist schon enorm. Jetzt fehlt aber natürlich noch das Augenfälligste,
Chris: nämlich das LC-Display.
Chris: Und da gucken wir uns jetzt mal an, wie das genau funktioniert.
Chris: Wir hatten es vorhin schon im Vorbeigehen erwähnt, so ein LC-Display,
Chris: wie es in der Game & Watch zum Einsatz kommt, ist unbeleuchtet.
Chris: Das wird nicht von hinten beleuchtet, sondern das Licht muss aus der Umgebung von oben reinfallen.
Chris: Und da fällt es dann durch mehrere einzelne Schichten und ganz unten trifft
Chris: es auf eine spiegelnde Folie, die das Licht reflektiert.
Chris: Und das ist sozusagen das Leuchten des Displays.
Chris: Aber die Magie passiert auf dem Weg des Lichts von oben durch diese Schichten
Chris: nach unten und wieder zurück. Denn Licht breitet sich ja wellenförmig aus,
Chris: schwingt in diesen Wellen auf allen Ebenen auf und ab und links und rechts und so weiter.
Chris: Und so konfuses Licht ist schwer zu zähmen.
Chris: Aber diese Zähmung ist wichtig für eine gesteuerte Darstellung auf einem Display.
Chris: Und dazu liegt auf diesem ganzen Schichtenstabel weit oben eine Polarisationsfilterfolie,
Chris: die nur Lichtwellen passieren lässt, die in einer bestimmten Art polarisiert
Chris: sind, also auf einer bestimmten Ebene schwingen.
Chris: Sagen wir zum Beispiel mal vertikal und alles andere wird ausgefiltert.
Chris: Das ist ein bisschen wie der Schlitz in einem Münzautomaten,
Chris: wo man eine Münze nur auf genau eine Art und Weise einwerfen kann.
Chris: Wenn da Klein-Christian kommt und versucht, die quer reinzustecken,
Chris: dann hat er einfach Pech gehabt. Dann gibt es keinen Kaugummi. Nein.
Chris: Etwas weiter unten in diesem Folienstapel des Displays sitzt noch ein zweiter
Chris: Filter, der ist um 90 Grad gedreht, so als ob der Münzschlitz um 90 Grad gedreht
Chris: wäre und lässt also dann in diesem Fall nur horizontal schwingende Wellen durch.
Chris: Aber alle Wellen, die da drauf treffen, schwingen ja vertikal.
Chris: Das heißt, die werden einfach alle von dieser zweiten Polarisationsfolie ausgefiltert
Chris: und damit ist das Bild vollständig dunkel.
Chris: Das hilft uns jetzt noch nicht so wahnsinnig viel, denn wir wollen ja schon,
Chris: dass das Licht bis ganz nach unten kommt, auf die Reflektionsschicht und wieder zurück.
Chris: Aber die Bildsegmente, die wir dann später sehen werden, also zum Beispiel der
Chris: Ball oder der Jongleur, die sollen dunkel sein.
Chris: Die werden abgedunkelt und deswegen fehlt uns jetzt also noch etwas,
Chris: was zwischen diesen beiden Polarisationsfilterfolien liegt. Und das ist eine
Chris: Schicht, die dieser ganzen Technik den Namen gibt, nämlich die Flüssigkristallschicht.
Henner: Diese Flüssigkristallschicht wird eingefasst durch eine doppelte Glasscheibe
Henner: und durch diese beiden Scheiben festgehalten wird in einer hauchdünnen Schicht
Henner: eine transparente Flüssigkeit.
Henner: Nicht über das ganze Display verteilt, sondern nur dort, wo ein Bildsegment
Henner: zu sehen ist, also wo Snoopy stehen soll oder ein Ball durch die Luft fliegt.
Henner: An all diesen Positionen gibt es genau in der Form der jeweiligen Grafik solch eine kleine Pfütze.
Henner: Und in dieser Flüssigkeit schwimmen kleine Kristalle in einer hauchdünnen Schicht,
Henner: nur wenige Moleküle breit.
Henner: Und diese Kristalle, die entscheiden über Hell und Schwarz.
Henner: Dunkel. Je nachdem, wie sie ausgerichtet sind, filtern sie das Licht auf unterschiedliche
Henner: Weise und lassen es entweder durch oder nicht.
Henner: Normalerweise sind die Kristalle so angeordnet, dass sie die Lichtwellen um 90 Grad drehen.
Henner: Aus den vertikalen Wellen, die von oben kommen, werden horizontale.
Henner: Die Kristalle vermitteln also zwischen den beiden Polfiltern,
Henner: zwischen dem oberen und dem unteren.
Henner: Und deswegen kann das Licht jetzt durch den unteren Polfilter hindurch durchscheinen,
Henner: wird dann ganz unten von der Reflexionsschicht zurückgeworfen nach oben und
Henner: wandert den gleichen Weg wieder zurück zum Spielerauge.
Henner: Die Pfütze ist also an dieser Stelle durchsichtig. Das Licht kommt ja durch,
Henner: deswegen bleibt diese Stelle auf dem Display so hell wie der Hintergrund.
Henner: Das ist der Normalzustand, auch wenn das Gerät nicht läuft, wenn es keine Batterie hat.
Henner: Dann ist das ganze Bild hell und wir sehen keinerlei LC-Anzeige.
Henner: Aber richten sich diese Kristalle anders aus, dann drehen sie die Wellen nicht mehr.
Henner: Es passt damit nicht mehr durch den unteren Polfilter, es wird blockiert und
Henner: das Bildelement an dieser Stelle erscheint dunkel.
Henner: Aber wie sorgt man jetzt dafür, dass die Kristalle ihre Ausrichtung ändern?
Henner: Die Kristalle ändern ihre Orientierung, wenn eine elektrische Spannung anliegt.
Henner: Und die wird vom LCD-Controller bereitgestellt über unsichtbare Leiterbahnen,
Henner: also hauchdünne Drähte, wenn der Prozessor es befiehlt.
Henner: Das heißt, wenn das Gerät läuft und der Chip vorgibt, Snoopy soll an der obersten
Henner: Position erscheinen, dann legt er an der Snoopy-Flüssigkeit Spannung an.
Henner: Die Kristalle in diesem Segment drehen sich um, die Lichtwellen werden nicht
Henner: mehr umgelenkt, das Licht wird blockiert, Snoopy wird schwarz und ist damit sichtbar.
Henner: Und so steuert das Gerät alle Elemente auf dem Display, egal ob Grafik oder Zahl.
Henner: Das ist das LCD-Prinzip, aber das ist noch nicht alles, was wir zu sehen bekommen.
Henner: Ab der zweiten Generation der Game & Watch Spieler, so ab 1981.
Henner: Wird das Spielfeld außerdem noch durch weitere Folien gestaltet und geschmückt,
Henner: nämlich transparente Folien mit aufgedruckten Motiven.
Henner: Die sind bunt, anders als die schwarzen LC-Elemente, aber die sind nicht steuerbar.
Henner: Die sind ja nur aufgemalt, man kann sie nicht ausblenden, die sind also immer
Henner: zu sehen, auch dann, wenn das Gerät keinen Strom hat.
Henner: Das ist mal eher dekorativ, in Octopus zum Beispiel sehen wir blaue Wellen auf
Henner: dem Wasser und grüne Pflanzen am Meeresgrund.
Henner: Das könnte man auch ohne spielen, aber so sieht es natürlich schöner aus.
Henner: Aber in anderen Fällen sind diese Bilder elementarer Bestandteil der Spielwelt,
Henner: etwa die Stahlträger und die Leitern in Donkey Kong, über die wir nach oben laufen.
Chris: Ja, und wie sieht das jetzt in der Praxis dann aus, so ein Spiel?
Chris: Ich würde da gerne mal ein Beispiel bringen, was auf Basis von dieser Technologie
Chris: so ein Game & Watch-Spiel ausmacht.
Chris: Ich habe nämlich hier ein Gerät da, mein Anschauungsexemplar.
Chris: Das nennt sich Snoopy Tennis.
Chris: Das kommt aus dem April 1982.
Chris: Da sind die Game & Watch-Geräte bereits seit zwei Jahren auf dem Markt,
Chris: schon sehr populär und haben hier schon die Kategorie der Widescreen-Spiele erreicht.
Chris: Wir erzählen später nochmal, was genau die unterschiedlichen Modellvarianten
Chris: bedeuten. Meinen Snoopy-Tennis, das kam mit Verpackung und Anleitung.
Chris: Und aus dieser Anleitung möchte ich mal schnell die vollständige Beschreibung
Chris: des Spiels vorlesen. Die ist ursprünglich in recht holprigem Englisch verfasst.
Chris: Ich habe mal versucht, das in holpriges Deutsch zu übersetzen.
Chris: Da steht nämlich, Charlie Brown und Snoopy spielen Tennis.
Chris: Snoopy muss auf den Baum klettern, um Charlies Aufschläge zu erwischen.
Chris: Lucy mischt sich ein, fängt Snoopys Ball ab und schlägt ihn zurück.
Chris: Wenn Snoopy den Ball verpasst, fliegt er weiter, gefolgt vom Geräusch zerbrechender Flaschen.
Chris: Einblendung Crash erscheint. Snoopy täuscht Unschuld vor, geht schlafen.
Chris: Charlie wirft frustriert Schläger auf den Boden.
Chris: Mit dieser blumig schönen Beschreibung ist das Spiel beschrieben.
Chris: Wobei man dazu sagen muss, die Anleitung, die wirklich winzig ist und klein
Chris: gedruckt ist, ist trotzdem schön.
Chris: Da sind noch die Details beschrieben, wie das Spiel genau funktioniert und so.
Chris: Da weiß man echt alles, was man da braucht. Wenn ich drauf gucke auf meinen Snoopy-Tennis,
Chris: Da sind dann so diese bunten Folien drauf, die du gerade erklärt hast.
Chris: Da ist so ein grünes Gras unten als Spielfeld.
Chris: Rechts steht ein Baum, daneben eine Hundehütte von Snoopy, oben ein schwarzes Vogelnest.
Chris: Und links steht Charlie Brown als LCD-Figur und macht die Aufschläge mit einem Tennisschläger.
Chris: Und rechts befindet sich Snoopy und der kann in drei Höhenstufen auf den Baum hochklettern.
Chris: Also am Boden stehen, auf einem mittleren Ast oder auf einem hohen Ast.
Chris: Links gibt es noch einen Balken über Charlie Brown und da kann ab und zu Lucy
Chris: auftauchen. Dieses Gerät hat drei Tasten, um Snoopy zu steuern,
Chris: nämlich hoch, runter und schlagen.
Chris: Und das, was hier passiert, ist, dass Charlie Brown immer einen Aufschlag macht,
Chris: einen Ball dann in Richtung Snoopy fliegt, entweder mittel, niedrig oder hoch
Chris: und Snoopy muss schnell auf die richtige Höhenstufe und im richtigen Moment den zurückschlagen.
Chris: Wobei das, was hier passiert, eigentlich gar kein Tennis ist.
Chris: Denn Snoopy schlägt die Bälle nicht etwa zu Charlie Brown zurück,
Chris: sondern einfach aus dem Bild heraus.
Chris: Also er wehrt sie sozusagen ab. Außer wenn, wie gesagt, ab und zu Lucy auftaucht.
Chris: Denn die schlägt die Bälle dann wieder zu Snoopy zurück. Dann entstehen so richtige Ballwechsel.
Chris: Aber Lucys Returns sind schneller als die von Charlie Brown.
Chris: Also sie knallt die Bälle ordentlich in Richtung Snoopy. Und wenn man es schafft,
Chris: die dann auch noch abzuwehren, dann gibt es mehr Punkte. Das beginnt anfangs
Chris: mit einem Ball, aber da fliegen dann immer mehr gleichzeitig hin und her,
Chris: also bis zu vier Stück und das wird mit der Zeit auch noch immer schneller.
Chris: Für jeden erfolgreichen Zurückschlag bekommt Snoopy Punkte und dann gibt es
Chris: auch noch ein paar Stufen, wo man dann Leben wieder zurückbekommt.
Chris: Das ist schon ein Spiel, wo man Leben verliert. Drei Stück hat man insgesamt,
Chris: wenn der Ball mal ins Aus geht.
Chris: Was ist also hier die Anforderung bei diesem Spiel?
Chris: Also Snoopys Schlag hat drei Animationsphasen, also wie er mit dem Schläger ausholt.
Chris: Und bis die ausgeführt ist, das dauert so eine halbe Sekunde.
Chris: Das braucht ein bisschen Timing-Genauigkeit, weil wenn du das im falschen Moment
Chris: machst, dann kannst du nicht sofort den nächsten Schlag ansetzen.
Chris: Das ist schon ganz clever, weil man kann nicht einfach nur Button-Mashing betreiben,
Chris: man muss schon richtig schlagen.
Chris: Und abschätzen, wann wird welcher Ball, der da gerade durch die Luft zaust,
Chris: auf welcher Position sein. auf der hohen, mittleren oder niedrigen,
Chris: sich schnell dorthin bewegen, was durch die Steuerung richtig snappy ist, richtig präzise geht.
Chris: Die Tasten fühlen sich gut an. Das lässt sich echt schön kontrollieren.
Chris: Und das wird dann also mit zunehmender Geschwindigkeit immer mehr ein Reaktionsspiel.
Chris: Das ist es aber am Anfang gar nicht. Das ist in seinem Kern eigentlich eher ein Abschätzspiel.
Chris: Man muss abschätzen können, wann ist welcher Ball, die an unterschiedlichen
Chris: Geschwindigkeiten fliegen, an welcher Position und in welcher Reihenfolge muss
Chris: ich die jetzt also abarbeiten, sozusagen zurückschlagen.
Chris: Und es ist grundsätzlich auch ein Konzentrationsspiel, denn gerade am Anfang
Chris: ist das Spiel nicht sonderlich herausfordernd.
Chris: Man muss mal richtig bei der Stange bleiben, damit man da nicht aus Versehen
Chris: einen Ball durchlässt. So eine Partie ist ja auch nicht pausierbar.
Chris: Da gibt es keinen Knopf dafür am Game & Watch. Und die kann sich eine ganze Weile ziehen.
Chris: Also wenn man die Tausende hochspielen möchte, dann ist man da problemlos eine
Chris: halbe Stunde oder länger mit einer Partie beschäftigt. Nach hinten raus wird
Chris: es natürlich alles immer schneller, also auch die Punkte, die man bekommt,
Chris: weil das Spiel ja grundsätzlich schneller wird.
Chris: Und das funktioniert in seiner einfachen Art und Weise mit diesen paar Segmenten, die die Bälle anzeigen.
Chris: Also das ist immer so ein Ball, der von Charlie Brown zu Snoopy geschlagen wird.
Chris: Der hat vier Animationsphasen, während er da über den Bildschirm fliegt.
Chris: Aber das funktioniert echt gut. Das ist ein griffiges, schnell erlerntes Spiel,
Chris: das dadurch, dass es immer schneller wird und da viel auf dem Bildschirm los
Chris: ist, durchaus auch seine Herausforderungen hat.
Chris: Und dieses spezielle Modell, das hat auch Dinge, die generell die Game & Watch
Chris: Serie auszeichnen, finde ich, nämlich das hat einfach so schöne Details. heiß.
Chris: Zum Beispiel diese Sprites, in Anführungszeichen, die man da sieht,
Chris: Charlie Brown oder Snoopy, obwohl die relativ klein sind, sind die richtig schön und fein gezeichnet.
Chris: Also das ist eine Auflösung, wenn man das als Pixelgrafik-Auflösung bezeichnen
Chris: würde, wäre das wesentlich höher
Chris: aufgelöst als das, was ein Gameboy zum Beispiel dann Jahre später kann.
Chris: Und dann sind in dieser Grafik auch noch so hübsche kleine Momente,
Chris: wie das, wenn Charlie Brown einen Aufschlag macht, dann wird so ein kleines
Chris: Pow eingeblendet, so ein cartoonartiges. ist.
Chris: Und an Lucys Schlägerhaltung kann man sehen, in welche Höhe sie schlagen wird,
Chris: je nachdem, wie sie den hält.
Chris: Dann gibt es natürlich den vorhin beschriebenen Crash, wenn ein Ball an Snoopy
Chris: vorbeifliegt und eben diese kleine Animation, dass Charlie Brown dann wirklich
Chris: frustriert in der Bildmitte den Schläger wegschmeißt.
Chris: Und auf dem Baum ist eben dieses kleine Vogelnest und darin hockt Woodstock,
Chris: der Vogel aus den Peanuts.
Chris: Aber der ist nur dann zu sehen, wenn man den Alarm eingestellt hat.
Chris: Also das ist das visuelle Merkmal. Der Alarm ist an, wenn wenn Woodstock zu
Chris: sehen ist und er ist aus, wenn er nicht zu sehen ist.
Chris: Wie hübsch das in die Metapher integriert ist. Man hat das Gefühl,
Chris: da ist viel Liebe reingeflossen in dieses Spiel und das merkt man ihm an.
Henner: So ist das sehr anschaulich beschrieben und das sieht aber auch wirklich schön aus, das Spiel.
Henner: Und das ist ein wichtiger Punkt, das ist mit anderen Plattformen dieser Zeit
Henner: ja kaum darstellbar, dieser Detailgrad.
Henner: Also ein Gameboy kann das nicht so detailliert wiedergeben, auch ein Atari VCS
Henner: zu der Zeit kann das nicht so wiedergeben, wie das hier geschieht mit viel einfacherer Technik.
Henner: Die Figuren sind sehr detailliert und sehr fein gezeichnet und dazu kommen noch
Henner: diese schönen farbigen Hintergründe, auch wenn die statisch sind.
Henner: Aber das sieht einfach auf den ersten Blick toll aus und auf den ersten Blick
Henner: erkennbar als das, was es sein soll, nämlich als die Peanuts-Figuren.
Henner: Das ist bei einem VCS-Spiel nicht selbstverständlich, dass man auf den ersten
Henner: Blick erkennt, was da überhaupt zu sehen ist.
Chris: Ja, und für ein Spiel ja nicht unwesentlich. Das macht halt auch Spaß und das
Chris: macht vor allem auch deswegen Spaß, weil es präzise kontrollierbar ist.
Chris: Also man hat nicht das Gefühl, dass das irgendwie schwammig läuft oder dass
Chris: man die Kontrolle verliert, sondern das reagiert genauso, wie man sich das vorstellt.
Henner: Was allerdings nicht so eindrucksvoll ist, ist der Sound. Wir haben ja versprochen,
Henner: dass wir das eine oder andere Mal simple Piepstöne zu hören bekommen.
Henner: Und das passiert jetzt auch wieder, denn wir hören mal kurz in dieses Snoopy-Tennis rein.
Henner: Ja, das ist auch schon alles, denn Snoopy-Tennis hat keine Melodie.
Henner: Es gibt keine Startmelodie oder Ähnliches.
Henner: Und das gilt für die allermeisten frühen Game-and-Watch-Modelle.
Henner: Später kommen welche dazu.
Henner: Aber dieses hier kann es noch nicht. Ich weiß gar nicht, wie der Wecker klingt.
Henner: Vielleicht spielt der eine Melodie ab?
Chris: Oh, das habe ich nicht ausprobiert. Das kann ich dir gar nicht sagen.
Henner: Ja.
Chris: Würde mich sehr wundern, um ehrlich zu sein.
Henner: Ja, Sound ist aber nochmal ein wichtiges Thema, denn für die allermeisten Game
Henner: & Watch Modelle, zumindest die früheren und ich nehme an auch für Snoopy Tennis
Henner: gilt, die Lautstärke, die ist fix, die ist nicht einstellbar.
Henner: Ja. Und mehr noch, der Ton lässt sich nicht nur nicht einstellen,
Henner: sondern er lässt sich auch nicht deaktivieren.
Henner: Es gibt keine Stummschaltungsfunktion. Und das ist nun wirklich überraschend
Henner: bei einem Gerät, das ja eigentlich für Diskretion entwickelt ist.
Henner: Für den Einsatz in der Öffentlichkeit, im Ruheabteil des Shinkansen.
Henner: Und das ist ein bisschen seltsam. Also da sitzt der Geschäftsmann und holt ganz
Henner: verschämt dieses winzige Gerät
Henner: aus seiner Tasche und hält das so unter dem Tisch, damit es niemand sieht.
Henner: Und dann fängt das aber furchtbar laut an zu piepsen. Das ist nicht zu Ende gedacht irgendwie.
Henner: Es gibt auch eine Aussage aus dem Entwicklerteam dazu.
Henner: Dazu ein Herr namens Tanaka, der hat auch an den Game & Watch Geräten gearbeitet
Henner: und der wurde darauf mal angesprochen in einem Interview und der hat zugegeben,
Henner: dass das ein seltsamer Widerspruch ist, dass da der Sound nicht so ganz zum
Henner: Einsatzzweck des Gerätes passt.
Henner: Er sagte aber, ja, die Spielmechanik sei entscheidend gewesen,
Henner: wichtiger als der Spielkomfort oder die Diskretion.
Henner: Und die Spielmechanik von den Game & Watch Spielen, insbesondere von sowas wie
Henner: Ball, beruht auf Rhythmus.
Henner: Und um ein Gefühl für diesen Rhythmus, für den Ablauf zu bekommen,
Henner: braucht man die Piepstöne. Wenn die Piepstöne in schnellerer Folge ertönen,
Henner: dann erkennt man sehr deutlich, dass das Spiel schneller geworden ist.
Henner: Und das ist halt unverzichtbar, um Ball mit Erfolg spielen zu können.
Henner: Und deswegen hat man sich dafür entschieden, den Sound einfach immer aktiv zu lassen.
Henner: Später allerdings, bei einigen späteren Modellen, gibt es gnädigerweise die
Henner: Möglichkeit, dass man den Spiele-Sound deaktivieren kann.
Chris: So, jetzt haben wir die Technik von so einem Game & Watch beschrieben und auch
Chris: schon ein Beispiel gehört.
Chris: Jetzt kommen wir zu dem Game & Watch auf dem Markt.
Chris: Denn im Frühjahr 1980 erscheint dann das Ball, also das erste Game & Watch Gerät in Japan.
Chris: Und die Reaktionen darauf sind positiv, aber nicht überall, wie wir gleich noch merken werden.
Chris: Also im April 1980, da kommt Ball heraus. raus.
Chris: Danach folgen dann für eine Weile neue Modelle etwa im Zwei-Monats-Rhythmus.
Chris: Das nächste kommt dann also im Juni 1980 raus.
Chris: Und ursprünglich wollte Yamauchi, also der Nintendo-Chef, einen Preis von 5.000 Yen haben.
Chris: Am Ende werden es dann 5.800, also immerhin unter 6.000.
Chris: Das entspricht nach heutiger Rechnung ungefähr 55 Euro.
Chris: Für ein Spielzeug ist das ein ganz schön happiger Preis. Aber es ist ja kein Spielzeug.
Chris: Es ist eine edle Digitaluhr mit Zweitfunktion. Man kann damit halt auch noch spielen.
Chris: So oder so, für Schulkinder wäre der Preis auf jeden Fall zu hoch.
Chris: Aber wie gesagt, die sind ja nicht die anvisierte Zielgruppe.
Chris: Nintendo schaltet damals auch Fernsehspots in Japan und dort zu sehen sind Jugendliche
Chris: und junge Erwachsene, aber keine Kinder.
Chris: Aber die Melodie aus diesem Fernsehspot ist super eingängig.
Chris: Das hören wir uns mal schnell an.
Chris: Na, wenn man das nicht mittrillern will, da geht doch jetzt jeder mit einem
Chris: Liedchen auf den Lippen aus dieser Folge raus.
Chris: Nun, die Flyer und die Anzeigen, die es dazu gibt, die zeigen auch gar nicht
Chris: so viel von dem Spiel, sondern die erklären in erster Linie technische Details
Chris: und heben auch besonders die Uhrenfunktion hervor.
Chris: Also das ist schon das, wo Nintendo zumindest anfangs das Verkaufsversprechen,
Chris: das Mehrwertversprechen das Gerät sieht.
Henner: Ball ist von Anfang an ein moderater Erfolg und deswegen schließt Nintendo dann
Henner: auch bald Vertriebsvereinbarungen mit Unternehmen im Ausland,
Henner: in Amerika und in Europa, wo Ball und die folgenden Geräte dann auch vertrieben werden.
Henner: In den USA macht Nintendo das seltsamerweise nicht selbst, obwohl es dort seit
Henner: dem Jahr 1980 eine eigene Dependance gibt.
Henner: Nintendo of America, aber die vertreiben die Game & Watch Geräte nicht,
Henner: die kümmern sich erstmal nur um den Arcade Markt und deswegen werden die Geräte
Henner: dort von einer Firma namens Mego verkauft und später noch von einer anderen.
Henner: Das ist etwas undurchsichtig.
Henner: Das führt aber dazu, dass die Geräte auch nicht Game & Watch heißen,
Henner: sondern diese Firma Mego, die verkauft die unter dem Namen Time Out.
Henner: Und auch die einzelnen Spielmodelle werden umbenannt. Ball heißt in den USA
Henner: Toss Up. Und dasselbe gilt auch für Deutschland.
Henner: Auch hier heißen die Geräte nicht Nintendo Game & Watch, sondern die werden
Henner: verkauft von einer Firma namens Bienengräber.
Henner: Das ist ein Spielzeugvertrieb aus Hamburg, der unter anderem auch die Micromachines
Henner: im Sortiment hat und die Monchichi-Puppen, falls die noch jemand kennt.
Henner: Da steht also nicht Nintendo drauf, sondern Bienengräber und auch nicht Game
Henner: & Watch, sondern hierzulande heißen die Geräte Trickotronik.
Henner: Und aus Ball wird hier Jolly Jongleur, was ja auch viel passender ist.
Chris: Eigentlich schon, ja.
Henner: Das Gerät kostet hierzulande anfangs 89 D-Mark, das entspricht etwa 115 Euro.
Henner: Das ist nicht nur für ein Spielzeug viel Geld. Naja, aber so kommt es hierzulande
Henner: auf den Markt, bevor dann auch so wie in den USA nach einigen Jahren Nintendo
Henner: selbst den Vertrieb übernimmt.
Chris: Wie kommt das Ganze bei der Presse an? Also eine Spielepresse per se gibt es ja damals kaum.
Chris: Die ist ja in den frühen 80ern auch erst im Entstehen.
Chris: Im September 1982, da gibt es in Frankreich zumindest schon die Zeitschrift TILT.
Chris: Die testen da gleich mehrere Geräte, also in dem Fall gleich sechs Game & Watch
Chris: Geräte und vergleichen sie mit der Konkurrenz von Bandai oder Epoch.
Chris: Und da schneiden Nintendos Geräte im Schnitt besser ab.
Chris: In Deutschland gibt es 1983 die Telematch, in der Ausgabe 2.83 werden da dann
Chris: ebenfalls Nintendos Vorzüge gegenüber der LCD-Konkurrenz hervorgehoben.
Chris: Zitat, die Handhabung ist zumeist besser, die Bewegungen auf dem Bildschirm
Chris: sind fließender, die Handlungen origineller.
Chris: Kurz, es bringt in den meisten Fällen auf längere Sicht den meisten Spaß,
Chris: mit diesen Spielen zu spielen. Das ist doch schon mal eine positive Einschätzung.
Chris: Gibt es aber auch andere Perspektiven darauf?
Chris: Denn das große deutsche Wochenmagazin Der Spiegel.
Chris: Die berichten schon im November 1981 über diese Handheld-Konsolen,
Chris: also nicht spezifisch über Game & Watch, sondern über die ganze Gerätekategorie
Chris: und dieser Bericht trägt den Titel Teufel in der Tasche.
Chris: Oh, oh, da spart einem schon nichts Gutes, wenn man das liest.
Chris: Da sind also die, Zitat, neuartigen Elektronikspiele, Zitat Ende,
Chris: unter die Lupe genommen und der Spiegel schreibt damals ziemlich suffisante Artikel.
Chris: Da finden sich dann gerne mal auch zugespitzte Formulierungen und in diesem
Chris: Fall wird durchaus die technische Finesse der Geräte erkannt.
Chris: Also da steht zum Beispiel der Satz, die Nintendo-Ingenieure nutzen die elektronischen
Chris: Möglichkeiten voll aus,
Chris: statt schlicht geometrischer Konfigurationen wie bisher bei elektronischem Tennis
Chris: oder Bowling üblich, zaubern sie quicklebendig wirkende Bildfolgen auf die Sichtscheibe.
Chris: Und das ist ja auch richtig beschrieben.
Chris: Das sieht einfach wesentlich besser aus als bei rasterbasierten Geräten.
Chris: Aber, der Spiegel ist trotzdem nicht zufrieden, diese Bildgewalt diene,
Chris: Zitat, makabren Szenen gleichsam ultra kurzen Zeichentrickfilmen, Zitat Ende,
Chris: wie zum Beispiel in Nintendos Game & Watch Titel Parachute, wo ins Meer stürzende Fallschirmspringer,
Chris: Zitat, nach einem letzten jämmerlichen Fiepen, Zitat Ende, von Haien gefressen werden.
Chris: Also im Laufe des Artikels wird schon ziemlich klar, das gefällt den Spiegelautoren gar nicht.
Chris: Vor allen Dingen der Hintergedanke, der hier Firmen wie Nintendo unterstellt
Chris: wird, nämlich dass die handlichen Geräte stets zu jeder Zeit bei sich getragen
Chris: sein können, damit man sie immer rausziehen und fummeln kann.
Chris: Und da fällt dann auch in dem Artikel der Satz, Zitat, fast scheint es ein Fall
Chris: für Völkerpsychologie zu sein.
Chris: Die Japaner ohnehin verschrien als roboterhafte Techniker bringen noch mehr
Chris: Hektik, Stress und Aggression ins Kinderzimmer.
Henner: Eieiei, unverholener Rassismus.
Chris: Also es ist schon mal mindestens Stereotyp, wenn nicht latent rassistisch hier
Chris: diese Beschreibung. Aber gut, wir sind da noch in anderen Zeiten.
Chris: Aber vor allen Dingen ist das natürlich schon auch ein kulturpessimistisches Unken.
Chris: Man könnte mit dem modernen Blick fast sagen, naja, irgendwie ist ja schon was
Chris: dran, dass das Smartphone dann später in diese Rolle schlüpft.
Chris: Das Gerät ist, das in jeder Sekunde schnell zur Hand ist und potenziell Ablenkung stiftet.
Chris: Das ist ja durchaus etwas, was unsere moderne Kultur sehr beschäftigt,
Chris: der Umgang mit Smartphones, zu Recht, aber hier scheint es doch ein bisschen
Chris: zu weit geschossen in diesem Artikel.
Chris: Aber gut, es ist halt mal wieder eine neue Medienform, das Video- und Computerspiel
Chris: ja sowieso noch zu dieser Zeit und dann auch noch in einer neuen Darreichungsform
Chris: und da schaut man dann im Establishment gerne mit ein bisschen Skepsis darauf.
Henner: Ja, es erinnert mich stark an die spätere Killerspiel-Debatte. Es geht hier schon los.
Chris: Ja, also ich meine, das, was auf diesen Game & Watch-Geräten passiert,
Chris: auch wenn da nominell Fallschirmspringer von Haien gefressen werden,
Chris: das ist in der inszenatorischen und zeichnerischen Qualität eines Looney-Toon-Cartoons, eines Tom & Jerry.
Chris: Aber die sind ja auch im Feuilleton damals nicht gut gelitten, diese ganzen Sachen.
Henner: In der Tat. Naja, bei Nintendo selbst in Japan macht man sich darüber nicht
Henner: allzu viele Gedanken. Die sind auf jeden Fall zufrieden mit dem frühen Erfolg.
Henner: Der Yamauchi, der sagt 83 in einem Interview, dass schon vor der Veröffentlichung
Henner: von Game & Watch die Rückmeldungen ganz hervorragend gewesen seien und das sei
Henner: ein instantaner Erfolg.
Henner: Tatsächlich gibt es widersprüchliche Angaben darüber, ob denn das allererste
Henner: Modell und jenes, das direkt darauf folgte, wirklich schon ein großer Erfolg waren.
Henner: Mehreren Quellen zufolge verläuft der Verkauf des allerersten Titels,
Henner: Ball, eher zögerlich, was auch daran liegen mag, dass das Spiel recht schwach ist.
Henner: Und den meisten Schätzungen zufolge wird das Gerät nicht die magische Millionen
Henner: Mal verkauft, sondern weniger als 250.000 Mal.
Henner: Und das gleiche gilt für das zweite Spiel, Flagman. Und erst mit dem dritten
Henner: Teil stellt sich dem Vernehmen nach wahrer Erfolg ein, denn das wird jetzt eine
Henner: Million Mal verkauft und da
Henner: ist sie, die magische Zahl, wieder erreicht wie eins bei der Ultra Hand.
Henner: Vermin heißt dieser dritte Teil, das ist so ein Whack-a-Mole,
Henner: bei dem man auftauchende Maulwürfe wieder zurück in die Erde boxen muss.
Henner: Es gibt andere Quellen, die sagen, erst das vierte Spiel in dieser Serie, das heißt Fire,
Henner: sei der erste wahre Hit gewesen, aber sei es drum, nach ein paar Monaten jedenfalls
Henner: stellt sich echter Erfolg ein und deswegen dann ja auch der Export ins Ausland.
Henner: Diese erste Generation aus dem Jahr 1980, die ist bekannt inoffiziell als Silber-Reihe,
Henner: weil die alle diese metallische Aluminium-Front haben,
Henner: die silbrig ein bisschen glänzt und egal wie sich das jetzt auf die einzelnen
Henner: Modelle verteilt, Der Erfolg dieser ganzen Silver-Serie der ersten Generation,
Henner: den kann man nun wirklich nicht mehr leugnen, denn das Entwicklerteam,
Henner: das plant angeblich, sagen einige Quellen, mit rund 100.000 Exemplaren,
Henner: aber tatsächlich wird diese Silver-Generation 1,5 Millionen Mal allein in Japan
Henner: verkauft und weltweit sogar 3,8 Millionen Mal.
Henner: Das ist nicht nur eine ungeahnte Zahl für Nintendo, sondern wenn man die einfach
Henner: mal zusammenrechnet, diese fünf ersten Game & Watch-Geräte, die 1980 erscheinen,
Henner: dann sind das die meistverkauften Konsolen der Welt.
Henner: Denn das Atari VCS, das ist ja die führende Videospieleplattform zu dieser Zeit,
Henner: kommt 1980 auf zwei Millionen.
Henner: Ist natürlich nicht ganz fair, der Vergleich, weil beim VCS kommen ja noch ein
Henner: paar Spiele dazu. Aber wenn man nur die Hardware betrachtet,
Henner: dann ist das schon eine Macht, die da über die Welt hereinbricht.
Chris: Nintendo kribbelt dann natürlich schnell die Produktion hoch.
Chris: Für das Weihnachtsgeschäft 1980 müssen dann sogar die Entwickler persönlich
Chris: ran, um in den Geschäften beim Einwickeln in Geschenkpapier zu helfen.
Chris: Masao Yamamoto, der einer der ersten beiden Spieldesigner war,
Chris: den haben wir vorhin kurz erwähnt, der hat dann später gesagt, ich wollte das nicht.
Chris: Der Leiter des Spielzeugmarktes meinte, ich wäre auch nicht gut darin.
Chris: Aber das hilft nichts, wir müssen da einfach ran. Und der Hype aus dem Jahr
Chris: 1980 ebbt dann auch so schnell nicht ab.
Chris: 1981 verdoppelt sich die Zahl der weltweit verkauften Geräte dann auf 7,5 Millionen.
Chris: Da ist dann auch schon Deutschland gut dabei. Hierzulande werden da schon 400.000
Chris: Stück abgesetzt und 1982 werden dann mehr als 10 Millionen verkauft.
Chris: Das ist dann der Höhepunkt, danach geht es wieder runter. Also das ist der erste
Chris: globale Erfolg in der Geschichte Nintendos.
Chris: Und das hat einen großen Anteil daran, den in den 70er Jahren angehäuften Schuldenberg,
Chris: den wir vorher ja noch mit uns geschleppt haben, ziemlich schnell abzutragen.
Chris: Wobei man da auch den Arcaded Donkey Kong nicht vergessen darf.
Chris: Der stammt ja von 1981. Das ist auch so ein Welterfolg.
Chris: Der spielt da natürlich auch eine große Rolle dabei.
Chris: Aber zwischen den beiden gesundet Nintendo nicht nur, sondern geht da gestärkt heraus.
Chris: Sein Erfolg hat das Game & Watch übrigens gar nicht der einst erwählten Zielgruppe zu verdanken.
Chris: Also den Leuten im Anzug im Shinkansen. sondern das sind vor allen Dingen Kinder,
Chris: die am Ende die Spielgeräte kaufen.
Chris: Die japanische Zeitung Yomiuri Shimbun berichtet über das Phänomen im Dezember
Chris: 1981 und zitiert bei der Gelegenheit auch einen Sprecher von Nintendo,
Chris: Zitat, Aus Preisgründen zielten wir ursprünglich auf den Markt der jungen Erwachsenen ab.
Chris: Wir haben jedoch bald festgestellt, dass das Durchschnittsalter unserer Nutzer
Chris: sehr schnell sinkt. Heute sind es vor allem Schulunternehmer.
Chris: Und das hat dann zur Folge, dass Nintendo die neuen Geräte doch wieder etwas
Chris: größer macht und auch wieder ein bisschen bunter und auch Themen ins Programm
Chris: nimmt, die bei Kindern gut ankommen, wie zum Beispiel mein Snoopy-Tennis.
Chris: Und auf dem Gerät hier bei mir, das immer noch diese Schlichtheit hat,
Chris: die ich vorher beschrieben habe, ist aber doch jetzt auf dem Gehäuse links ein
Chris: Comic-Snoopy mit aufgedruckt.
Chris: Also zumindest dieses Zugeständnis wurde da 1982 schon an die neu identifizierte Zielgruppe gemacht.
Chris: Und natürlich bleibt dieser Erfolg, den Nintendo da hat, nicht unbemerkt.
Henner: Genau, denn ab 1980 gibt es dann eine ganze Flut von Klonen,
Henner: wobei das nicht ganz fair ist, denn viele von denen sind ja schon auf dem Markt.
Henner: Nintendo hat ja diese Gerätekategorie nicht erfunden. Es gibt ja schon technisch
Henner: sehr ähnliche LCD-Spiele auf dem Markt, unter anderem von Bandai und Casio,
Henner: aber andere folgen jetzt auch auf Nintendos Erfolg, so wie Tiger Electronics.
Henner: Also einige sind schon da, andere eifern Nintendo nach.
Henner: Die Zeit ist einfach reif für diese Art von Spielsystemen, eben weil die zugrunde
Henner: liegende Technik durch die Taschenrechner etabliert und vergünstigt wurde im Laufe der 70er Jahre.
Henner: Deswegen können jetzt sehr viele Hersteller darauf zugreifen und ähnliche Geräte
Henner: bauen. Aber auch wenn es schon welche gibt auf dem Markt und Nintendo hier nicht
Henner: der Pionier ist, so gibt es doch einige Geräte, die sehr, sehr deutlich sich
Henner: an Nintendo orientieren.
Henner: Das sieht man auf den allerersten Blick, nicht nur bei der Gestaltung der Geräte,
Henner: sondern auch bei der Namensgebung sieht man klar, wo die Inspirationsquelle liegt.
Henner: Denn VTEC zum Beispiel, die verkaufen recht bald Handhelds unter dem Namen Time & Fun.
Henner: Kommt uns bekannt vor, diese Kombination.
Henner: Von Tronica kommt ein Gerät, das heißt Game Clock.
Henner: Von Morioka Tokai kommt das Game and Time und von Masudaya kommt Play and Time.
Henner: Ja, ich glaube, es ist klar, woran die sich alle orientieren und das gilt eben
Henner: nicht nur für die Namen, sondern auch für die Gestaltung.
Henner: Die haben alle eine metallische Blende oder zumindest eine metallisch wirkende Blende.
Henner: Die haben alle dieses dezente Design, alle die horizontale Ausrichtung mit einer
Henner: Taste links und einer Taste rechts. Die sind auch in den allermeisten Fällen
Henner: noch rot, genau wie bei Nintendo.
Henner: Also das sind, wenn nicht Klone, dann doch zumindest eng angelehnte Kopien.
Chris: Hommagen.
Henner: Hommagen, ja genau, so würden sie es wahrscheinlich selber sagen.
Henner: Aber zumindest entwickeln diese Konkurrenten, die ich gerade aufgezählt habe,
Henner: in der Regel ihre eigenen Spiele.
Henner: Auch wenn die Hardware und die Anmutung der Geräte und die Namensgebung genauso
Henner: ist wie bei Nintendo, so sind doch die Spielideen eigene.
Henner: Die gehen allerdings dabei meistens thematisch etwas kleinere Risiken ein,
Henner: also Nintendo, wir haben es ja beschrieben, macht sowas wie Oktopus,
Henner: sehr eigenwillige Szenarien.
Henner: Bei der Konkurrenz gibt es dann vor allem sowas wie Football und Fußball und
Henner: Tennis, Autorennen, Weltraumballereien, aber keine Kopie von Octopus.
Henner: Das führt aber auch dazu, dass nur sehr wenige von diesen anderen Anbietern
Henner: den gleichen Spielwitz erreichen wie Nintendo.
Henner: Die sind einfach weniger originell und auch spielmechanisch weniger ausgefeilt.
Henner: Und ich finde, das muss man nochmal loben, sind das nicht wunderbar verschrobene
Henner: Themen und Szenarien, die Nintendo da nutzt?
Chris: Ja, absolut.
Henner: Also Snoopy natürlich, das ist ein Lizenztitel, okay,
Henner: aber die eigenen Ideen von Nintendo wie das Oktopus, die sind so schön abseitig,
Henner: so liebenswert, wie auch zum
Henner: Beispiel Turtle Bridge mit einer Brücke aus Schildkröten oder Greenhouse,
Henner: das spielt in einem Gewächshaus oder auch Rain Shower, das spielt mit Wäscheleinen.
Henner: Das ist jetzt nicht sonderlich originell, aber es ist irgendwie so erfrischend
Henner: bodenständig, so eine Alltagsbanalität, die man in diesem Medium nur ganz selten sieht,
Henner: denn da rettet man ja meistens die Welt vor Aliens oder sowas und in Rain Shower
Henner: rette ich Wäsche vor dem Regen.
Henner: Das ist so erfrischend bodenständig, ganz toll und was für ein Mut auch dazu
Henner: gehört, sich solche Themen auszudenken.
Henner: Ich meine, du warst ja Spielejournalist, was hättest du damals gesagt,
Henner: wenn dich ein Publisher zu deinen GameStar-Zeiten eingeladen hätte zu einem
Henner: Spielevorstellungsevent und dann hättest du gefragt, ja, was wird's denn,
Henner: ein Shooter- oder Fantasy-Rollenspiel und der Publisher hätte gesagt, nee.
Henner: Unser Spiel heißt Zementfabrik. Wärst du da hingegangen? Vielleicht aus Neugierde schon.
Chris: Aus Neugierde vermutlich schon, um zu gucken, was sie daraus machen.
Henner: Ja, das gibt es ja auch. Marios Zementfabrik.
Henner: Super. Ja, und Yamauchi, der erkennt das auch als eine Stärke Nintendos.
Henner: Und der fasst das Ganze in einem Interview des Jahres 82 so zusammen.
Henner: Er sagt, es gibt unzählige Unternehmen, die über mehr Geld als Nintendo verfügen.
Henner: Das war damals noch so. Die verfügen auch über weitaus größere Humanressourcen
Henner: oder elektronische Kenntnisse als wir.
Henner: Aber all diese anderen Unternehmen können uns spielerisch nicht das Wasser reichen. Und das stimmt.
Henner: Ich habe jetzt nicht alle LCD-Spiele gespielt, aber zumindest mein Volleyball
Henner: ist nicht so gut wie mein Game & Watch.
Chris: Jetzt sagtest du schon, die meisten von den Konkurrenten kopieren die Spiele
Chris: nicht, sondern nur das Design der Geräte. Aber selbstverständlich gibt es auch
Chris: Konkurrenten, die das Ganze komplett klonen.
Chris: Also da gibt es auch eine Geschichte von Gunpei Yokoi, der erzählte,
Chris: ihm sei dann mal ein Gerät aus Hongkong in die Hände gefallen,
Chris: das eine Figur zeigt, die mit Bällen jongliert.
Chris: Und in dem Fall ist das zwar ein Fußballer, aber alle anderen Details dieses
Chris: Geräts sind identisch mit dem Ball bis hin zu den Piepstönen,
Chris: die da ausgestoßen werden.
Chris: Und Yokoi sagte, er sei damals überrascht gewesen, aber nicht wütend,
Chris: denn für ihn war das eine Würdigung seiner Arbeit, die Kopie als Anerkennung.
Chris: Zitat, als ich die Kopie gefunden habe, war ich ziemlich stolz.
Chris: Dort kopiert worden zu sein bedeutete, dass mein Spielzeug das Potenzial hatte,
Chris: jedes Kind auf der Welt zu begeistern.
Chris: Und da gibt es dann also noch eine ganze Reihe von Klonen, unter anderem zum
Chris: Beispiel auch in der Sowjetunion.
Chris: Da entstehen ab 1984 dann Geräte unter dem Markennamen Elektronica,
Chris: die auch mehr oder weniger 1 zu 1 von Nintendo Game & Watch abgekupfert sind.
Henner: Die sind auch günstiger. Also falls jemand einen Game & Watch haben möchte,
Henner: aber sich die Originale, die sehr begehrt sind und sehr selten,
Henner: nicht leisten kann, die Elektroniker-Geräte gibt es bei Ebay oft günstiger.
Henner: Ich weiß nicht, ob sie exakt die gleiche Qualität erreichen,
Henner: aber die Spiele sind mehr oder weniger die gleichen.
Chris: Ja, aber wir haben es ja auch vorhin schon angekündigt, auch Nintendo bleibt
Chris: nicht stehen bei dem, was sie mit den ersten paar Spielen gemacht haben,
Chris: sondern geht dann im Laufe der Geschichte von Game & Watch durch eine ganze
Chris: Reihe von Veränderungen und Modellvarianten und die schauen wir uns jetzt nochmal
Chris: ein bisschen genauer an.
Henner: Die ganze Game & Watch Serie beginnt 1980 mit Ball und sie endet 1991,
Henner: zumindest die ursprüngliche Serie.
Henner: Zu Neuveröffentlichungen und Neuauflagen kommen wir später noch.
Henner: Und in dieser Zeit, in diesen elf Jahren erscheinen 59 LCD-Spiele unter dem Namen Game & Watch.
Henner: Wenn man mal lokalisierte Modelle wie die unbenannten, das Toss-Up oder Jolly
Henner: Jongleur, also diese Variationen nicht mitzählt oder farbliche Variationen,
Henner: die sehen aber nicht alle gleich aus,
Henner: sondern Nintendo experimentiert da durchaus auch und probiert immer mal wieder andere Formfaktoren.
Henner: Was für Spiele werden da abgebildet?
Henner: Zu den Formfaktoren, also zu der Hardware kommen wir gleich noch im Detail.
Henner: 50 von diesen 59 Spielen basieren, das sagt Yokoi zumindest selbst,
Henner: auf seinen Ideen. Und was mir aufgefallen ist bei der Betrachtung dieser Spiele,
Henner: und ich habe fast alle gespielt, die stellen fast alle einen Charakter in den Vordergrund.
Henner: Also wir kontrollieren so gut wie nie eine Maschine. Man sitzt nie in einem
Henner: Rennwagen, man steuert auch nie ein Raumschiff oder so, sondern immer einen
Henner: Menschen oder eine menschenähnliche Figur.
Henner: Ich glaube, das macht auch einen großen Teil des Charmes aus.
Henner: Natürlich sind viele von diesen Figuren beliebte Nintendo-Charaktere.
Henner: Mario, logisch. Zelda kommt später.
Henner: Donkey Kong und die ganzen Lizenzfiguren kommen auch noch hinzu.
Henner: Popeye, Mickey Mouse und Snoopy.
Henner: Was aber auch noch auffällt, es gibt nur ganz wenige Sportspiele.
Henner: Es gibt ein Snoopy-Tennis und dann gibt es noch ein Donkey Kong-Hockey und ein
Henner: Boxspiel, aber das war es auch schon und das fand ich auch besonders überraschend.
Henner: Vielleicht erinnerst du dich an unser Gespräch über das Sega Master System.
Henner: Und zu den Erkenntnissen damals gehörte ja, dass der Schlüssel für Sega,
Henner: um auf dem US-amerikanischen Markt Erfolg zu haben mit dem Master System, die Sportspiele waren.
Henner: Das war deren große Stärke. Sie hatten alle möglichen populären Sportspiele
Henner: in einer Umsetzung für den US-amerikanischen Markt. Aber Nintendo macht das überhaupt nicht.
Henner: Dem Yokoi scheinen Sportspiele völlig egal zu sein, also macht er es auch nicht.
Henner: Der macht halt lieber irgendwas mit Schildkröten oder Kraken,
Henner: aber nichts mit Football oder so.
Henner: Das ist ziemlich mutig, denn wenn man sich den US-Markt nochmal ansieht im Jahr 1980,
Henner: wir erwähnten ja schon, da gab es 300 erhältliche Modelle von diesen LCD-basierten
Henner: Spielen und 45% davon basieren auf Sportarten wie Football oder Tennis.
Henner: Aber Nintendo hält sich da einfach raus.
Henner: Ganz erstaunlich.
Chris: Auch wenn wir diese Varianz an Charakteren und an originellen Ideen haben,
Chris: sind die Spielmechaniken doch zumeist recht ähnlich.
Chris: Das orientiert sich in vielen von den Spielen an dem, was wir jetzt schon bei
Chris: Ball oder bei Snoopy-Tennis beschrieben haben.
Chris: Es geht in der Regel darum, zum richtigen Moment an der richtigen Stelle zu
Chris: sein, um irgendetwas aufzufangen, abzuwehren und so weiter.
Chris: Das ändert sich im Laufe der Zeit auch ein bisschen in den späteren Game-and-Watch-Modellen.
Chris: Da wird es dann auch einen Tick komplexer. Da gibt es dann auch mal Spiele,
Chris: die uns durch eine Art Level schicken, also inspiriert von Arcade-Spielen zum Beispiel.
Chris: Da gehören diverse Donkey Kong-Varianten dazu.
Chris: Aber kompetitive Spieler, also wo man einen Wettkampf gegen eine KI machen würde
Chris: oder gegen einen zweiten Spieler, wie das von dir schon erwähnte Boxspiel,
Chris: die sind sehr, sehr selten.
Chris: Oder auch sowas wie Puzzle, da gibt es ein Sokoban-artiges Schieberätsel namens
Chris: Bombsweeper oder das Flagman, das eines der ersten Spiele war,
Chris: das ist so ein Gedächtnistest, aber das sind die absoluten Ausnahmen.
Chris: In den meisten Fällen sind das schon diese Reaktionsgeschicklichkeitsspiele.
Henner: Ich denke, man muss diese Spiele so nennen, es sind eindimensionale Spiele.
Henner: Damit meine ich jetzt nicht die visuelle Darstellung, das ist natürlich eine
Henner: 2D-Darstellung, logisch, aber die Dimension des Gameplays ist eindimensional.
Henner: Es spielt sich alles auf einer Ebene ab, auf einer Achse.
Henner: Links und rechts in den meisten Fällen oder bei Snoopy auf und ab.
Henner: Das gilt natürlich auch für andere Arcade-Spiele dieser Zeit,
Henner: sowas wie Breakout oder Space Invaders, da bewege ich mich auch nur von links nach rechts.
Henner: Aber bei den Spielen wirke ich zumindest noch aktiv in die zweite Dimension
Henner: hinein. Ich schieße oder ich bewege einen Ball in die Vertikale,
Henner: dessen Flugbahn ich beeinflusse.
Henner: Aber bei einem Ball oder Snoopy agiere ich nur auf einer Achse und reagiere
Henner: ohne eigene Wirkmächtigkeit darauf, was da zu mir geflogen kommt.
Henner: Es ist sogar reduzierter als Pong, wenn auch mit einer interessanteren Metapher.
Chris: Ja, aber das muss gar nicht unbedingt eine schlechte Sache sein.
Chris: Das macht es halt auch sehr zugänglich, leicht zu begreifen.
Chris: Und die Herausforderung liegt dann in fast allen Fällen immer in einer zunehmenden
Chris: Geschwindigkeit der Ausführung. Das verlangt einem also immer mehr motorisches Geschick ab.
Chris: Nun sagten wir ja aber schon, dass sich die Formfaktoren auch verändern.
Chris: Also insgesamt gibt es elf offizielle Produktserien von Game & Watch mit teilweise
Chris: unterschiedlichen Formfaktoren zwischen eben den Jahren 1980 und 1991.
Chris: Und du hast jetzt diese elf Serien grob eingeteilt in drei Gruppen,
Chris: nämlich einmal die klassischen Handhelds mit diesem einzelnen Monochrombildschirm,
Chris: dann gibt es eine Kategorie von Multiscreen-Geräten mit zwei Bildschirmen,
Chris: die zum Aufklappen sind und dann gibt es auch noch Modelle mit Farbdisplay.
Chris: Und ich würde sagen, wir machen das jetzt so, Henner, dass wir die mal durchgehen,
Chris: diese drei Gruppen und die Serien und du beschreibst immer kurz,
Chris: was die Serie ausmacht Und ich nenne dann ein, zwei Beispiele für Spiele in dieser Zeit.
Henner: Sehr gern. Wir fangen mal mit der vielleicht wichtigsten oder bekanntesten Gruppe an.
Henner: Das sind die ganz klassischen Handhelds, wie du es schon beschrieben hast,
Henner: mit einem einzelnen Bildschirm, der auch rein monochrome Darstellung hat, also einfarbig.
Henner: Abgesehen von einigen Farbfolien, die da noch da drin stecken mögen.
Henner: Zu dieser großen Gruppe der klassischen LC Handhelds gehören sechs Serien. und,
Henner: Und das ist das Gro, also die allermeisten Game & Watch Geräte gehören in diese
Henner: Kategorie und sie bilden auch den Anfang natürlich mit Ball und auch ihr Ende,
Henner: also das allerletzte Game & Watch, das jemals erscheint, gehört auch in diese Kategorie.
Henner: Die allererste Serie ist die Silver-Serie, die mit Ball beginnt und die umfasst
Henner: fünf Spiele, die alle im Jahr 1980 erscheinen.
Henner: Die haben noch ein relativ kleines Display und diese silberne Frontblende,
Henner: daher haben sie ja auch ihren Namen, obwohl das ein inoffizieller Name ist.
Henner: Die werden da einfach halber so genannt.
Henner: Silver steht aber nicht auf der Verpackung oder so. Also die sind sehr schlicht
Henner: noch, weil sie sich fast ausschließlich auf die LC-Elemente grafisch beschränken.
Henner: Da gibt es also kaum farbige Folien oder sowas.
Henner: Beschreib doch mal, was für Spiele es in dieser Serie gibt.
Chris: Da möchte ich eines herausgreifen, das du vorhin im Vorbeigehen erwähnt hast, nämlich Fire.
Chris: Und das fällt auch noch besonders unter das Rubrum der originellen Ideen.
Chris: In Fire fallen nämlich Babys aus einem brennenden Hochhaus auf der linken Seite des Spiels.
Chris: Und man steuert zwei Männer mit einem Sprungtuch und muss die Babys davon abprallen
Chris: lassen, bis sie am rechten Ende des Bildschirms in einem Krankenwagen landen.
Chris: Das ist eine so hinreißend bizarre Idee, das Ganze.
Chris: Das ist aber ein Spiel, das ich hervorragend kenne. Nicht als Game & Watch Titel,
Chris: sondern ich habe das in meiner Jugend in den 80ern auf dem PC rauf und runter gespielt.
Chris: Da gab es nämlich ein Spiel für DOS namens Bouncing Babies in CGA-Grafik.
Chris: Vielleicht kennt der eine oder andere das noch.
Chris: Das ist ein DOS-Klon letztendlich von diesem Spiel Fire.
Chris: Aber ein ganz wunderbares Handheld. Also für mich steht das noch exemplarischer
Chris: als ein Ball oder auch dieses Oktopus-Spiel, zu dem wir gleich noch kommen,
Chris: für die Kreativität der fantastischen Metaphern auf den Game & Watch-Geräten.
Chris: Aber spielerisch ist es natürlich trotzdem sehr, sehr simpel.
Henner: Ja, Nintendo ist auch begeistert davon, denn das Fire wird ja später nochmal
Henner: neu aufgelegt. Das ist auch etwas, was sich wiederholt.
Henner: Also einige Spiele sehen wir hier mehrfach in verschiedenen Formfaktoren.
Henner: Die zweite Serie ist dann die, die 1981 erscheint.
Henner: Die Gold-Serie, die heißt jetzt auch ganz offiziell so und der wesentliche visuelle
Henner: Unterschied ist die Frontblende, die jetzt halt leicht gülden,
Henner: schimmert und nicht mehr silbern. werden.
Henner: Die Uhr, das ist die zweite große Änderung, die enthält jetzt auch die Alarmfunktion.
Henner: Man kann sich also auch vom Game & Watch wecken lassen.
Henner: Ansonsten hat sich überhaupt nichts geändert, nur visuell noch ein kleines bisschen
Henner: was, denn die Spielfelder sind
Henner: jetzt meistens ein bisschen aufgewertet und geschmückt mit bunten Folien.
Henner: Dadurch sehen die Spiele alle etwas schöner aus, auch weil jetzt fast alle Spiele
Henner: von Kano gezeichnet sind und nicht mehr von Yokoi selbst.
Chris: Die drei Spiele in dieser Gold-Serie, das sind Manhole, Helmet und Lion.
Chris: In Helmet zum Beispiel, da rennt ein Bauarbeiter über einen Innenhof,
Chris: während von oben in fünf Reihen Werkzeuge runterregnen, Eimer, Hämmer und sowas.
Chris: Und man muss da die Lücken abpassen und darf nicht getroffen werden.
Chris: Oder Lion, da sind zwei oder im höheren Schwierigkeitsgrad drei Löwen in einem
Chris: Käfig in der Bildmitte, die da herumlaufen und die versuchen nach links und rechts auszubrechen.
Chris: Und man steuert zwei Wärter, jeweils mit einem Stuhl bewaffnet,
Chris: die versuchen, die Löwen wieder zurückzutreiben in den Käfig.
Henner: Ach, ist das nicht schön? Es gibt viel zu wenig Löwen-Wärter-Spiele heutzutage.
Henner: Die dritte Serie heißt Widescreen. Der Name ist Programm, denn Yamauchi hat
Henner: damals befohlen, dass Yokois Team bitte den Bildschirm etwas vergrößern möge.
Henner: Das ist auch dringend nötig, um 70 Prozent.
Henner: Der Bildschirm wird also vor allem breiter.
Henner: Das wirkt sich kaum auf den Kaufpreis aus. Der steigt nur um 200 Yen auf dann 6.000.
Henner: Und das ist auch schon die einzige wesentliche Änderung. Die Frontblende bleibt goldfarben.
Henner: Der Formfaktor bleibt ansonsten auch derselbe.
Henner: Was sich jetzt ändert, ist allerdings die Zielgruppe. Man sieht jetzt recht
Henner: deutlich, dass nicht mehr Erwachsene im Vordergrund stehen, sondern eher Kinder.
Henner: Das sieht man an den Spielen, die in dieser Reihe erscheinen.
Chris: Ja, das Snoopy-Tennis, das hatte ich ja schon beschrieben. Das Mickey-Maus-Spiel
Chris: ist eher eins der enttäuschenderen, würde ich sagen.
Chris: Da steht Mickey Mouse in der Bildmitte und von links und rechts lassen Hühnereier
Chris: ins Bild fallen und Mickey muss die dann mit einem Korb auffangen,
Chris: bevor die am Boden zerbrechen.
Chris: Also das ist weder als Metapher sonderlich toll, passt auch nicht so super zu
Chris: Mickey Mouse, noch ist das spielerisch so anspruchsvoll.
Chris: Aber in dieser Widescreen-Reihe da gehört jetzt auch das Oktopus und falls ihr
Chris: alle euch schon den Kopf zermatert habt, was ist es denn jetzt eigentlich,
Chris: was Nintendo gemacht hat mit diesem Riesenkraken?
Chris: Nun, es ist ein Spiel, wo man als Taucher von einem Boot nach unten ins Wasser
Chris: nach rechts laufen muss zu einer Schatztruhe, um dort einen Schatz zu bergen und wieder zurück.
Chris: Und oben im Bild ist ein riesiger Oktopus, der seine Tentakel nach unten ausstreckt.
Chris: Und das ist das gleiche Spielprinzip im Endeffekt wie bei Helmet.
Chris: Also man muss auch wieder die Lücken abpassen von den Takeln,
Chris: die von oben nach dem Taucher greifen.
Chris: Das ist etwas, was wir häufiger merken. Die Spielmechaniken sind halt doch so,
Chris: du hast es schon gesagt, so eindimensional, dass die Varianz recht bescheiden
Chris: ausfällt und sich ähnliche Prinzipien einfach mit einer neuen,
Chris: durchaus interessanten Metapher zu wiederholen beginnen.
Henner: Diese Widescreen-Serie ist vielleicht das, was die meisten Menschen vor Augen
Henner: haben, wenn sie an Game & Watch denken.
Henner: Die ist sehr präsent, die läuft auch ein Jahr lang bis zum Jahr 82,
Henner: da erscheinen zehn Spiele und es geht dann genauso weiter gleich mit der New
Henner: Widescreen-Serie, die Ende 82 beginnt.
Henner: Das ist die langlebigste Serie, denn die endet 1991 erst.
Henner: Das heißt, mit dieser Serie endet auch die ganze Game & Watch Ära.
Henner: Also das allerletzte Modell, das jemals erscheint unter dem Namen Game & Watch,
Henner: zumindest aus der klassischen Ära.
Henner: Das ist ein solches New Widescreen Modell, auch wenn danach noch weitere Formfaktoren
Henner: kommen, die Nintendo ausprobiert.
Henner: Aber das hier ist die wahrscheinlich populärste und wichtigste Serie.
Henner: Das ist einfach nur ein kleines Update für die Widescreen-Geräte.
Henner: Die sind jetzt ein bisschen bunter. Die Frontblende hat jetzt unterschiedliche
Henner: Farben. Die ist jetzt nicht mehr immer nur silbern oder golden,
Henner: sondern hat auch mal eine Farbe dazu bekommen.
Henner: Und der Preis sinkt ein bisschen auf 4.800 Yen, auch weil der alte höhere Preispunkt
Henner: besetzt wird durch die neuen Multiscreen-Modelle, zu denen wir gleich kommen.
Chris: Die Spiele, die jetzt darauf erscheinen, die sind teilweise von der Arcade inspiriert.
Chris: Da taucht zum Beispiel Donkey Kong Junior auf, 1983.
Chris: Das gab es ja auch als Automat in der Arcade. Und das ist da ziemlich stark angelehnt.
Chris: Da gibt es also zwei Spielebenen und Donkey Kong Junior startet unten links
Chris: und muss dann erst nach rechts, dann auf die höhere Ebene und dann nach links
Chris: oben, um Donkey Kong aus einem Käfig zu befreien.
Chris: Und dabei überspringt er Fallen und weicht Vögeln aus. Und in diese langlaufende
Chris: Reihe gehört dann auch das Super Mario Bros. Spiel rein.
Chris: Das kommt erst 1988, aber da sprechen wir gleich nochmal etwas genauer drüber.
Henner: Dann gibt es noch eine Randnotiz. Im Jahr 1984 erscheint die Serie Micro Versus
Henner: System, die nur aus drei Spielen besteht und nur für wenige Monate am Markt bleibt.
Henner: Die Grundidee ist hier ein Multiplayer-Fokus.
Henner: Diese Dinger haben immer noch einen einzelnen Bildschirm, aber einen sehr breiten.
Henner: Der ist 9,4 Zentimeter breit. Das ist fast so breit wie ein kompletter ursprünglicher
Henner: Silver Handheld wie der Ball.
Henner: Der ist so breit, weil sich darauf zwei Spieler, einer links,
Henner: einer rechts, duellieren sollen.
Henner: Wie machen sie das? Dafür kriegt jeder ein eigenes kleines Gamepad.
Henner: Natürlich nicht kabellos, sondern fest mit dem Gerät verbunden über ein Kabel.
Henner: Und jedes dieser kleinen Mini-Gamepads enthält auch ein Steuerkreuz,
Henner: also ein D-Pad und eine Feuertaste. Eine coole Idee, aber soweit ich weiß kein großer Erfolg.
Chris: Da gibt es dann zum Beispiel das schon erwähnte Boxspiel drauf und das sieht
Chris: aus und funktioniert wie ein Prügelspiel,
Chris: also zwei Boxer mit Lebensenergieanzeigen, mehreren Lebenspunkten und da bestimmt
Chris: dann jeder der beiden Spieler immer, ob er einen hohen, tiefen oder mittleren
Chris: Schlag machen möchte und kann sie auch zurücklehnen, um auszuweichen und muss
Chris: halt den Gegenspieler da die Lebensenergie rausprügeln.
Henner: Das passt nicht mehr so zur ursprünglichen Idee von Diskretion in der Öffentlichkeit,
Henner: wenn sich da zwei Leute prügeln und gegenseitig anschreien, glaube ich.
Chris: Ja, ich glaube, da sind wir schon fest in der Kinderzielgruppe.
Henner: Absolut. Nintendo versucht trotzdem nochmal zurückzukehren zur ursprünglichen
Henner: Zielgruppe mit einem besonders luxuriösen und auch etwas teureren Modell,
Henner: denn 1986 erscheinen dann die Crystal Screen Modelle.
Henner: Das sind eigentlich Widescreen-Modelle, sehen sehr ähnlich aus,
Henner: haben den gleichen Formfaktor, aber das Display ist hier transparent.
Henner: Man kann durchgucken. Dadurch wirkt das alles sehr edel natürlich.
Henner: Das ist ja auch eine innovative Idee.
Henner: Leider ist das technisch ziemlich anfällig. Die Spiele in dieser Crystal-Screen-Reihe,
Henner: da erscheinen nur drei, alle im Jahr 1986, die sind allerdings technisch ziemlich
Henner: ambitioniert und auf eines davon, auf Super Mario Bros.
Henner: Kommen wir gleich nochmal zu sprechen. Wir haben Super Mario Bros.
Henner: Gerade eben schon mal erwähnt, nämlich deshalb, weil das 1988 wieder veröffentlicht
Henner: wurde als reguläres New Widescreen Modell mit ein paar Verbesserungen und daran
Henner: erkennt man auch, dass diese Crystal Screen Reihe nicht so sonderlich erfolgreich war.
Henner: Das hat Nintendo sehr schnell wieder eingestellt und ist dann zurückgekehrt
Henner: zu dem klassischen New White Screen.
Henner: Es erscheint in dieser Crystal Screen Reihe noch ein viertes Modell,
Henner: das aber meistens nicht dazu gezählt wird.
Henner: Aber wenn man es dazu zählt, kommt man auf insgesamt also 60 Game & Watch Modelle
Henner: von Nintendo, denn das ist einfach eine...
Henner: Etwas anders gestaltete Version von diesem Super Mario Bros.
Henner: Spiel mit einem gelben Gehäuse. Aber dieses Modell wird nur an Gewinner eines
Henner: Wettbewerbs ausgegeben und nie regulär im Handel verkauft.
Henner: Deswegen kann man es eigentlich nicht wirklich mitzählen. Aber wenn man Sammler
Henner: ist, dann will man natürlich auch so ein gelbes Crystal Screen Modell haben.
Henner: Das waren also die klassischen, die Einzelbildschirmgeräte mit monochromer Darstellung.
Henner: Und damit kommen wir jetzt zu der zweiten großen Gruppe.
Henner: Den Multiscreens. Diese Multiscreen-Modelle, die gehen zurück auf eine Idee Yamauchis.
Henner: Der weist Yokoi irgendwann an, mal ein Gerät zu entwickeln, auf dem der Spieler
Henner: zwei Spiele gleichzeitig spielen soll. Völlig verrückte Idee.
Henner: Yokoi macht sich dann gleich an die Entwicklung und probiert verschiedene Dinge aus.
Henner: Zunächst probiert er einfach den Bildschirm zu vergrößern, damit Platz ist für
Henner: zwei Spiele gleichzeitig.
Henner: Aber er entscheidet sich dann schließlich für einen anderen Aufbau.
Henner: Und so kommt es dann zu Game & Watch Geräten mit zwei getrennten Displays.
Henner: Erstaunlicherweise erhöht das den Preis kaum. Der liegt jetzt bei 6000 Yen,
Henner: also nur ein bisschen höher als bei den ursprünglichen Modellen.
Henner: Und auch die technischen Herausforderungen, zwei Displays anzusteuern,
Henner: Die sind recht schnell gelöst.
Henner: Das eigentliche Problem ist ein anderes.
Henner: Wie findet man ein Spiel, das diese zwei Displays sinnvoll nutzt?
Henner: Das sagt Jokoi später auch mal in einem Interview.
Henner: Und das Ergebnis dieser Überlegung ist das erste Multiscreen-Spiel Oil Panic, das 1982 erscheint.
Chris: Genau, wir sind jetzt hier in der Serie der Multiscreen-Titel,
Chris: die vertikal angeordnet sind, also übereinander.
Chris: Da muss das aufgeklappt werden, das Gerät, wie so ein Schminkspiegel.
Chris: Also das ist auch die Inspiration dafür.
Chris: Und in dem erwähnten Oil Panic fängt man als Spieler auf dem oberen Display Öltropfen.
Chris: Und wenn das Fass gefüllt ist, dann wird das auf das untere Display ausgekippt.
Chris: Und das ließe sich theoretisch auch auf einem Einzeldisplay umsetzen,
Chris: wenn man die Grafik halt ein bisschen kompakter gestalten würde.
Chris: Aber in dem Fall entsteht der Reiz daraus, dass man ja zwei Displays gleichzeitig
Chris: im Auge behalten muss und das mehr Stress erzeugt.
Chris: So erklärt das zumindest Gunpei Yokoi. Und auf Oilpanic folgen dann noch elf
Chris: weitere Spiele in dieser Serie.
Chris: Da ist dann zum Beispiel auch die Arcade-Umsetzung Donkey Kong dabei.
Chris: Die ist nicht nur überaus erfolgreich, die hat auch eine ganz besondere Innovation
Chris: an Bord, die wir gleich nochmal gesondert würdigen.
Henner: Diese Multiscreen-Serie ist die zweite wirklich wichtige und relevante,
Henner: würde ich sagen, neben den Widescreens und den New Widescreens.
Henner: In diesem vertikalen Aufbau, also ein Bildschirm oben und einer unten,
Henner: erscheinen insgesamt zwölf Spiele und die Reihe läuft auch von 82 bis 1989.
Henner: Die ist also sehr erfolgreich. Dabei wird dieser zweite Bildschirm,
Henner: ist zumindest mein Eindruck, nicht immer wirklich sinnvoll genutzt.
Henner: Ich habe Bombsweeper hier, das hast du vorhin schon mal kurz erwähnt,
Henner: das ist ja so ein Sokoban-artiges Verschieberätsel, das ist ganz toll,
Henner: aber das gesamte Gameplay konzentriert sich auf den unteren Schirm.
Henner: Der obere ist völlig irrelevant, der ist nur Show.
Henner: Da sehen wir am Anfang so eine Art Intro, wo ein paar Figuren rumlaufen und
Henner: die die Handlung einleiten.
Henner: Aber ansonsten werden da nur die Zeit angezeigt und die Punkte und die Zahl
Henner: der Leben, die ich noch hab.
Henner: Aber das hätte man auch alles unten unterbringen können.
Henner: Also nötig ist das wirklich nicht. Dabei wäre das Spiel viel besser,
Henner: wenn man es auf zwei Bildschirme verteilen würde, wie es bei Donkey Kong der
Henner: Fall ist, wenn das Spielareal viel größer wäre. So ist der obere Bildschirm
Henner: komplett verschenkt. Ich muss ja nicht mal hingucken.
Henner: Völlig irrelevant. Ich kann den oberen Bildschirm abkleben. Dann weiß ich zwar
Henner: nicht, wie viele Punkte ich habe, aber alles andere, das Wesentliche kann ich
Henner: sehen. Das ist ein bisschen schade.
Henner: Aber in anderen Spielen ist der zweite Bildschirm etwas sinnvoller eingebunden.
Henner: Das sind die Vertikalen. Es gibt aber noch eine zweite Serie in dieser Gruppe
Henner: der Multiscreen-Spiele, nämlich drei horizontale. Die erscheinen alle im Jahr 83.
Henner: Danach stellt Nintendo diese Reihe wieder ein. Das heißt, das wird wohl kein
Henner: ganz so großer Erfolg gewesen sein.
Henner: Aber hier klappt man das Gerät auch auf, aber eher wie ein Buch,
Henner: nicht nach oben wie ein Schminkspiegel, sondern zur Seite.
Henner: Und hier sind die beiden Bildschirme also nebeneinander angeordnet.
Henner: Und das erste von den Spielen, die hier erscheinen, ist auch gleich das Wichtigste,
Henner: nämlich Mario Brothers.
Henner: Nicht Super Mario Brothers, nicht das Jump'n'Run, sondern Mario Brothers.
Henner: Das kennt man vielleicht aus den Arcades, aber tatsächlich hat diese Version
Henner: hier gar nichts mit dem Arcade-Spiel zu tun, das den gleichen Namen hat.
Henner: Das ist keine Arcade-Umsetzung, nur so grob dran angelehnt.
Henner: Tatsächlich kommt dieses Spiel hier sogar zuerst. Das kommt ein bisschen vor dem Arcade-Automaten.
Henner: Und damit, wichtige Trivia für das nächste Quiz, damit ist das hier,
Henner: Game & Watch Mario Bros., das erste Spiel, in dem Luigi auftritt.
Chris: Oh, aha, sehr gut.
Henner: Und hier kommt jetzt auch die Yamauchi-Idee wieder zum Zuge.
Henner: Der wollte ja ursprünglich, dass der Spieler zwei Spiele gleichzeitig spielen soll.
Henner: Und das passiert hier, der Spieler, der einzelne Spieler, der kann sich natürlich
Henner: auch mit jemandem zusammentun, aber normalerweise der einzelne Spieler,
Henner: der steuert mit der linken Hand Luigi auf dem linken Bildschirm und mit der
Henner: rechten Hand Mario auf dem rechten Bildschirm.
Henner: Das heißt, er macht tatsächlich zwei Dinge gleichzeitig. Das ist wirklich cool.
Henner: Das macht mir wesentlich mehr Spaß als diese eindimensionalen Spiele.
Chris: Ja, hat sich aber nicht durchgesetzt, wie du gerade gesagt hast. Nee.
Chris: Vermutlich zu anspruchsvoll. Na gut, damit haben wir die Kategorie der Geräte
Chris: mit zwei Bildschirmen abgehakt.
Chris: Jetzt kommt noch die letzte Gruppe. Und das sind die Farbdisplay Game & Watch Geräte.
Chris: Wobei, das ist eigentlich ein bisschen Etikettenschwindel. Denn die Displays
Chris: sind nach wie vor monochrome LC-Displays.
Chris: Aber die werden durch ein paar Tricks mehr oder weniger bunt gemacht.
Chris: Die erste von zwei Untergruppen, die wir hier haben, sind die Supercolor-Geräte aus dem Jahr 1984.
Chris: Da erscheinen auch nur zwei davon. Die werden wie der Game Boy vertikal gehalten,
Chris: also hochkant und auch das Display ist hochkant angeordnet.
Chris: Aber das wichtigste Merkmal, das sagt ja schon der Name Supercolor,
Chris: ist das Farbdisplay. Aber das sind nur Farbfilter, die über dem Display angebracht werden.
Chris: Also ein bisschen wie farbige Klarsichtfolien auf einem Schwarz-Weiß-Bild und
Chris: dadurch wirken alle Bildelemente, die vorher eben grau-schwarz waren,
Chris: jetzt einfarbig in der Farbe der jeweiligen eingeklebten Folie.
Chris: Da gibt es eine Breakout-Variante in dieser Serie, die heißt Spitball Sparky
Chris: und da sind die Blockreihen dann unterschiedlich gefärbt.
Chris: Also die erste rot, die zweite blau, die dritte grün durch diese Farbstreifen, die integriert sind.
Chris: Und das ist im Prinzip haargenau so wie damals bei dem Original-Breakout in
Chris: der Spielhalle in den 70ern, wo ja auf dem Bildschirm auch Farbfolien draufgeklebt
Chris: wurden, um die Farbreihe einzufärben. Das ist also fast das identische Prinzip.
Henner: Ja, das ist ein bisschen Etikettenschwendel. So richtig bunt ist der Eindruck
Henner: nicht, den man von diesen beiden Super-Color-Spielen erhält.
Henner: Und das ist auch eine sehr kurzlebige Reihe. Es gibt zwei Spiele eben nur,
Henner: die 1984 erscheinen und das war's.
Henner: Ein bisschen langlebiger ist die nächste
Henner: Reihe aus dieser Kategorie der Farbdisplay-Geräte, in Anführungszeichen.
Henner: Das sind die Tabletops. Die erscheinen 1983 und die fallen ein bisschen aus
Henner: der Reihe, weil das gar keine Handhelds sind, sondern Tischgeräte.
Henner: Die entwickelt Nintendo damals als Antwort auf die Mini-Arcades.
Henner: Das sind auch solche Tischgeräte von Coleco, 1981 schon eingeführt.
Henner: Und Coleco hat da große Erfolge mit diesen Mini-Arcades, insbesondere mit einer
Henner: Umsetzung von Donkey Kong.
Henner: Und das ist doch Nintendos Spiel, so eine Frechheit.
Henner: Das will sich Nintendo hier nicht nehmen lassen, deswegen entwickeln sie also
Henner: eigene Tischgeräte. Die sind also viel größer und schwerer und brauchen auch größere Batterien.
Henner: Die haben jetzt auch keine D-Pads oder so, sondern richtige kleine Joysticks
Henner: wie so ein Arcade Automat und die sind auch deutlich teurer als die Handhelds.
Henner: Weil es keine Handhelds sind, brauchen wir auch nicht allzu detailliert darauf einzugehen.
Henner: Nur in aller Kürze, die sind halt auch in der Kategorie der Farbdisplay-Geräte,
Henner: obwohl sie keine richtigen Farb-LCDs nutzen.
Henner: Auch die verwenden einige Tricks, um diese Farbdarstellung oder diesen Farbeindruck zu erreichen.
Henner: Und das passiert genau wie bei dem Supercolor über Farbfilter.
Henner: Die sind allerdings viel kleinteiliger.
Henner: Außerdem kommt hier noch ein cleveres Beleuchtungssystem dazu.
Henner: Das Licht fällt von oben durch so eine Art Milchglasscheibe hindurch und dadurch
Henner: wirkt das Bild sehr viel heller und die Farben wirken auch sehr viel leuchtender,
Henner: zumal das ganze Spiel einen schwarzen und keinen hellen Hintergrund mehr hat.
Henner: Das ist also ein Eindruck wie bei einem Kirchenfenster. Die einzelnen Elemente
Henner: treten sehr plastisch, sehr farbenfroh und hell hervor.
Henner: Das ist ein sehr schöner, sehr überzeugender Farbeindruck. Das sind auf jeden
Henner: Fall die schönsten Spiele in der gesamten Game & Watch-Reihe,
Henner: aber es sind eben keine klassischen Handhelds.
Henner: Aber weil dieses Prinzip so überzeugend wirkt, dieser Farbeindruck so schön
Henner: ist, verwendet Nintendo den gleich noch für eine weitere Gerätereihe.
Chris: Und das sind die Panorama-Geräte, sechs Spiele, die aus den Tabletops abgeleitet sind.
Chris: Man könnte fast sagen, das sind geschrumpfte Tabletops, sodass man sie jetzt
Chris: wieder in die Hand nehmen kann.
Chris: Die muss man auch aufklappen, weil die immer noch diesen Gedanken,
Chris: diese Technologie verwenden, dass das Licht von oben einfällt,
Chris: damit das Bild plastischer und farbenfroher wirkt, wie du das beschrieben hast.
Chris: Und von diesen sechs Panorama-Geräten, die da erscheinen, sind drei auch wiederum
Chris: recycelte Spiele aus der Tabletop-Reihe. Also es ist halt wirklich eine Art von Zweitverwertung.
Chris: Hier hervorzuheben wäre das Spiel Mario's Bombs Away, denn das ist ein Spiel,
Chris: in dem Mario mal auf ganz untypische Art und Weise auftritt.
Chris: Da hat er nämlich militärische Tarnfarben an und trägt einen Helm und sprengt
Chris: feindliche Soldaten in die Luft.
Chris: So martialisch kennen wir ihn ja eigentlich nicht. Und das ist auch damals in
Chris: Deutschland der Telematch aufgefallen, also dieser Zeitschrift.
Chris: Die kritisieren nämlich in
Chris: ihrer Ausgabe 484 damals die für Nintendo ungewöhnlich brutale Handlungen.
Chris: Und sie haben das Fazit, Zitat, mit einem Spiel im eigentlichen Sinn hat Mario's
Chris: Bombs Away nichts zu tun. Autsch, Ohrfeige für das Gerät.
Henner: Ja, das ist etwas hart. Das Spiel ist gar nicht so schlecht,
Henner: aber es fällt wirklich auf. Und ich habe es mir ein bisschen näher angesehen.
Henner: Das spielt in einem Dschungelszenario. Also die Gegner, die verstecken sich
Henner: auf Bäumen und in einer Holzhütte.
Henner: Das erinnert schon ziemlich stark an den Vietnamkrieg. Und Mario ist zwar Italiener,
Henner: aber der wohnt ja in Brooklyn, ist ja nicht US-amerikanischer Staatsbürger.
Henner: Hat Mario im Vietnamkrieg gekämpft? Es sieht so aus.
Chris: Das wird es sein. Anders, denke ich, kann man das nicht interpretieren.
Henner: Jetzt sind wir alle Serien einmal durchgegangen, die klassischen,
Henner: die Multiscreen-Modelle und die mehr oder weniger farbigen.
Henner: Aber welches von all diesen Geräten, welches von diesen Spielen ist denn überhaupt das Wichtigste?
Chris: Das dürfte eindeutig ein Handheld aus dieser Multiscreen-Reihe sein,
Chris: also mit zwei Bildschirmen, und zwar Donkey Kong.
Chris: Das wird im Juni 1982 veröffentlicht und das hat aus zwei Gründen eine nähere
Chris: Betrachtung verdient. Denn zum einen ist es das erfolgreichste und auch das
Chris: einflussreichste Modell.
Chris: Das verkauft sich allein acht Millionen Mal und schlägt damit bei weitem alle
Chris: anderen Game & Watch-Spieler um Längen.
Chris: Die meisten liegen so um eine Million oder sogar darunter. Das liegt auch an
Chris: einem guten Timing bei der Veröffentlichung, weil der Donkey Kong Automat für
Chris: Nintendo ist ja ungeheuer populär in den Arcades.
Chris: Der wurde von Shigeru Miyamoto entwickelt und kam im Juli 1981 auf den Markt
Chris: und 1982 boomt er dann. Gemeinsam mit Ms.
Chris: Pac-Man dominiert er die Spielhallen in dieser Ära, aber zu dem Zeitpunkt gibt
Chris: es noch keine Heimversion.
Chris: Die erste Konsolenumsetzung kommt dann auf das ColecoVision,
Chris: die haben einen Exklusiv-Deal mit Nintendo und das folgt erst im August 1982.
Chris: Aber zwei Monate vorher ist schon die Game & Watch-Variante von Donkey Kong erschienen.
Chris: Und das macht das Handheld dann außerdem zum allerersten Auftritt von Mario
Chris: oder Jumpman auf einer Heimplattform.
Chris: Und das ist ein sehr gelungener Einstand. Die US-amerikanische Zeitschrift Fun
Chris: with Computers and Games nennt das Spiel im Dezember 82 ihrem Arcade-Vorgänger
Chris: wunderbar treu. Und das stimmt auch.
Chris: Also das sieht aus wie Donkey Kong. Das hat das gleiche Spielprinzip wie Donkey
Chris: Kong in der Spielhalle. Man muss als Mario über die rollenden Fässer hüpfen,
Chris: auf der Baustelle nach oben kommen, um Donkey Kong zu besiegen.
Chris: Das ist echt eine gute Übertragung des Prinzips des Spielautomatens.
Henner: Ja, ich bin nicht so ganz glücklich geworden damit, aber dazu komme ich gleich nochmal.
Henner: Donkey Kong ist aber wichtig über seinen Erfolg hinaus, weil es diesem Gerät
Henner: gelingt, das Videospiel an sich oder die Art, wie wir es steuern, für immer zu verändern.
Henner: Denn Donkey Kong führt das Steuerkreuz ein, das wir meistens als D-Pad bezeichnen, Directional Pad.
Henner: Und diese Erfindung, die wird nötig, weil Mario sich ja in Donkey Kong,
Henner: anders als in den meisten anderen Spielen, in vier Richtungen bewegt.
Henner: Der läuft nicht nur von links nach rechts oder auf und ab wie Snoopy,
Henner: sondern der bewegt sich ja tatsächlich auf zwei Dimensionen,
Henner: nach oben und unten, rechts und links und kann darüber hinaus auch noch springen.
Henner: Dafür braucht man mehr als eine Taste. Und am Automaten, also am Arcade-Automaten,
Henner: wo Donkey Kong ja herkommt, da wird das Ganze mit einem Joystick gesteuert.
Henner: Aber so ein Joystick, der passt nicht in dieses kleine Game & Watch-Gerät.
Henner: Denn das soll man ja immer noch zuklappen können.
Henner: Da passt so ein hervortretender Joystick nicht wirklich rein.
Henner: Der würde kaputt gehen jedes Mal.
Henner: Oder man müsste ihn ausschrauben und wieder einschrauben bei Bedarf,
Henner: wie bei dem PC-Gamepad von Gravis.
Henner: Naja, jedenfalls überlegt Yokoi, wie er das lösen kann. Wie kann er diesen kleinen
Henner: Joystick ersetzen, damit er auch in das Game & Watch passt?
Henner: Und dann experimentiert er zunächst mit vier kleinen Richtungstasten, links, rechts, auf, ab.
Henner: Aber die lassen sich nur ziemlich schwer ertasten. Und Yokoi fürchtet,
Henner: dass die Spielenden nicht nur zwischen den beiden Displays hin und her gucken
Henner: müssen, also auf und ab, sondern auch immer wieder auf die Tasten gucken,
Henner: welche sie da jetzt eigentlich mit dem Daumen gerade steuern.
Henner: Das ist also keine optimale Lösung. Und deswegen kommt er dann schließlich nach
Henner: vielen Versuchen auf die Idee des Steuerkreuzes.
Henner: Das sitzt bei seinen ersten Entwürfen noch auf der rechten Seite,
Henner: später dann auf der linken. Und auf diesem Steuerkreuz liegt Wiesbaden.
Henner: Der Daumen und der kann dann blind, ohne dass man hinsehen müsste,
Henner: ertasten, wohin er gerade steuert, also welche Richtung er gerade vorgibt.
Henner: Das liegt am Aufbau dieses Kreuzes, denn wenn man zum Beispiel nach oben drückt,
Henner: damit Mario eine Leiter hochklettert, dann hebt sich ja automatisch der untere
Henner: Teil dieses kleinen Plastikkreuzes an und der Daumen spürt also ganz genau,
Henner: in welche Richtung er gerade runter drückt.
Henner: Das ist eine total naheliegende, simple Idee aus heutiger Sicht, aber damals neu.
Chris: Ist genial.
Henner: Ja, und damit ist dieses D-Pad, wie Nintendo das selber noch gar nicht nennt, in der Welt.
Henner: Und später kommt das ja dann auch beim Famicom, also beim NES zum Einsatz,
Henner: im Game Boy und in ähnlicher Form eigentlich bei allen anderen Konsolen,
Henner: egal von welchem Hersteller.
Henner: Nintendo hat anfangs einen Patentschutz, sodass die anderen das nicht eins zu
Henner: eins nachbauen können. Die variieren dann ein bisschen bei der Form.
Henner: Aber in irgendeiner Form kommt es praktisch immer zum Einsatz. Bis heute.
Henner: Und das D-Pad ist ja sogar auf der PlayStation 5 und bei der Xbox Series immer
Henner: noch Bestandteil des Controllers.
Henner: Und ich habe den Eindruck, sogar oft ein Qualitätsmerkmal. Wenn man so einen
Henner: Controller in die Hand nimmt, dann drückt man erstmal auf dem D-Pad rum,
Henner: um zu gucken, wie präzise sich das anfühlt.
Henner: Ein bisschen erstaunlich ist, dass Nintendo selbst später darauf wieder verzichtet,
Henner: denn du hast ja schon das New Widescreen-Modell Donkey Kong Jr.
Henner: Genannt und das hat kein Deep Head, obwohl das später erscheint,
Henner: sondern das hat wieder vier Richtungstasten. Ganz seltsam.
Chris: Jede geniale neue Erfindung braucht trotzdem ein bisschen Zeit,
Chris: bis sie sich durchsetzt und allgemein etabliert ist.
Chris: Und das Donkey Kong, das ja mit diesem Deep Head kommt, ist also zweifellos
Chris: das erfolgreichste Spiel und das relevanteste in historischer Hinsicht.
Chris: Aber ist es auch das beste Spiel?
Chris: Was ist denn überhaupt das beste von diesen 59 Spielen?
Chris: Wobei wir haben ja schon gesagt, 59 sind das per se gar nicht,
Chris: weil einige mehrmals aufgelegt werden.
Chris: Aber es ist ja doch einige Dutzend. Und da gibt es jetzt keine allgemeingültige Antwort darauf.
Chris: Wenn man ins Internet guckt, in Forendiskussionen dazu, da werden dann meist
Chris: Dutzende von Titeln genannt.
Chris: Das ist auch häufig stark eingefärbt von den persönlichen Kindheitserinnerungen,
Chris: was man halt gerade so hatte. Viele schätzen da durchaus die simpleren Geschicklichkeitsprüfungen
Chris: als so eine Art Zen-artige Erfahrung.
Chris: Auch Gunpei Yokoi selbst bevorzugt, so sagte er, die spielmechanisch einfacher
Chris: gestrickten frühen Modelle, also sowas wie Ball, Manhole, Fire, Turtle Bridge.
Chris: Andere neigen zu den späteren, die komplexeren Spiele, die halt ein bisschen
Chris: mehr Abwechslung haben und weniger Linearität.
Chris: Der österreichische Game & Watch Experte David Gschmeidler, der ist Sammler
Chris: und Herausgeber des Unofficial Game & Watch Collector's Guides,
Chris: der bekennt sich zu letzterer Gruppe.
Chris: Also mit dem hast du auch kurz gesprochen und der sagte dir,
Chris: sein Lieblingsspiel ist das Super Mario Brothers, das das ambitionierteste Spiel
Chris: aus der Game & Watch Reihe war.
Henner: Ja, auf jeden Fall das Komplexeste. Es gibt mehrere, die das als ihren Lieblingstitel nennen.
Henner: Es gibt auch die Seite Den of Geek, die das auch als bestes Game & Watch-Spiel nennt.
Henner: Vor allem in der zweiten Version, denn das wurde auch neu aufgelegt.
Henner: Das Original erschien schon 86 als Crystal Screen und dann gab es eine Neuauflage
Henner: im New Widescreen-Format von 1988 mit ein paar kleinen Verbesserungen.
Henner: Und das ist so erstaunlich, weil es trotz seiner engen technischen Fesseln,
Henner: die diese Plattform ja mit sich bringt, versucht, ein richtiges,
Henner: ein echtes Mario-Jump'n'Run nachzubilden oder sich dem zumindest anzunähern.
Henner: Das simuliert also Scrolling.
Henner: Man läuft von links nach rechts, zumindest wirkt es so, durch einen Level.
Henner: Naja, was rede ich lange rumherum? Wir haben ja einen Mario-Experten hier bei Stay Forever.
Henner: Der soll das doch mal beschreiben und einschätzen. Hier ist Fabian.
Fabian: Ja, hallo Henne, hallo Chris. Auch ich als vermeintlicher Mario-Experte muss
Fabian: an der Stelle zugeben, ich habe das Game & Watch-Spiel früher nie gespielt.
Fabian: Ich habe es dann jetzt für diesen Podcast nachgeholt.
Fabian: Ich war nie so der größte Fan von Game & Watch, natürlich kenne ich die Dinger,
Fabian: in meiner Familie gab es auch Leute, die damals welche hatten.
Fabian: Die Geräte hatten teilweise zwar tolle Namen oder Lizenzen, aber die waren mir
Fabian: damals schon spielerisch zu primitiv.
Fabian: Ich kannte ja auch schon richtige Videospiele vom C64, dem NES oder dann auch dem Amiga.
Fabian: Zur Ehrenrettung des Super Mario-Spiels muss ich nun aber sagen,
Fabian: das ist schon ganz cool, wie vielfältig Nintendo das gestaltet hat,
Fabian: mit den sehr begrenzten Mitteln, die sie eben zur Verfügung hatten.
Fabian: Hier hat man nicht alles, was das Spiel bietet, in fünf Minuten gesehen,
Fabian: wie bei anderen Game & Watch-Titeln.
Fabian: Man hat versucht, wirklich unterschiedliche Welten mit eigenen Anforderungen zu bauen.
Fabian: Es gibt typisches Plattform-Springen von links nach rechts, es tauchen später
Fabian: Gegner auf, wie Kugel-Willis oder so ein schwebender Lakitu.
Fabian: Und in anderen Abschnitten sollen die Balken, die vorher Plattformen waren,
Fabian: dann Feuersäulen sein, die man eben nicht mehr berühren darf.
Fabian: Also verschiebt man beständig Marios Position.
Fabian: Und es gibt auch bekannte Items. Pilze sind für Punkte gut, Sterne machen Mario
Fabian: zeitweise unverwundbar.
Fabian: Last but not least wird sogar versucht, durch Piepsen kurze Mario-Melodien zu imitieren.
Fabian: Natürlich ist insgesamt quasi jedes richtige Mario Jump'n'Run besser.
Fabian: Aber es ist schon das Optimum dessen, was man auf dem Game & Watch damals daraus machen konnte.
Henner: Ja, vielen Dank Fabian für diese Einschätzung. Fabian hat gerade die Musik schon
Henner: erwähnt, diese klassischen Mario-Motive. Und die sind tatsächlich zu hören.
Henner: Also anders als die ganz frühen Game & Watch-Spiele wie das Brawl,
Henner: das noch überhaupt keine Musik hat, sind hier richtige kleine Melodien zu hören.
Henner: Und davon können wir uns mal zwei anhören.
Henner: Hier ist das bekannte Mario-Motiv in der Game & Watch-Variante.
Henner: Ziemlich schlicht und hier ist noch ein weiteres Beispiel, das habt ihr schon
Henner: mal gehört, nämlich ganz zu Beginn dieser Episode, das ist die bekannte Fanfare,
Henner: die erklingt, wenn man am Ende
Henner: Peach gerettet hat, die hören wir jetzt nochmal, weil die so schön ist.
Chris: Sehr überzeugend.
Henner: Finde ich auch, also wenn man bedenkt, wie simpel die Technik ist,
Henner: also man kann es wiedererkennen.
Henner: Also Super Mario auf dem Game & Watch versucht sehr viel und Und das gelingt
Henner: ihm auch sehr viel, aber es ist dabei auch sehr repetitiv.
Henner: Es hat 64 Level und die sind oft viel zu lang und die sehen ja auch alle gleich
Henner: aus, weil es logisch keine grafische Abwechslung gibt.
Henner: Die sind auch alle ziemlich farblos. Hier wird wenig mit Farbfiltern gearbeitet.
Henner: Es ist alles sehr trist. Man läuft immer über die gleichen schwarzen Balken
Henner: und einige mögen das Spiel deswegen auch überhaupt nicht.
Henner: Es gibt insgesamt nur sehr wenige Rankings von allen Game & Watch Spielen im
Henner: Netz. Aber ein solches Ranking hat die Bloggerin IndieGamerChick vorgenommen, die sehr kompetent
Henner: Und sehr kenntnisreich alle Game & Watch-Spiele einordnet. Und die mag dieses
Henner: Spiel zum Beispiel überhaupt nicht.
Henner: In ihrem Ranking landet das nur auf Platz 40.
Henner: Ihr Favorit, denn wir sind ja immer noch bei der Frage, welches ist denn eigentlich
Henner: das beste Game & Watch-Spiel?
Henner: Ihr Favorit ist Spitball Sparky, diese Breakout-Variante.
Henner: Ein anderes von diesen seltenen Rankings hat ein YouTuber vorgenommen.
Henner: Der heißt NESlover39. Und bei ihm landet Spitball Sparky nur auf Platz 35.
Henner: Bei ihm auf Platz 1 ist Climber. Das ist so ähnlich wie Super Mario, ein scrollendes Spiel.
Henner: Das wiederum mag das Gamerchick nicht. Also wir sehen schon,
Henner: es gibt überhaupt keinen Konsens.
Chris: Streit.
Henner: Genau. Die Historiker, die Spielekenner, die Fans, die streiten darum,
Henner: welches das beste Spiel ist.
Henner: Und deswegen können wir hier auch nicht das beste Spiel küren.
Henner: Aber es gibt eines, auf das sich viele vielleicht als kleinsten gemeinsamen
Henner: Nenner einigen können und das ist Donkey Kong Junior.
Henner: Andere Seite Retro Dodo heißt die, die führt das auch auf dem ersten Platz und
Henner: das kommt überall, egal wen man fragt, auch beim Gamer Chick relativ gut weg.
Henner: David Gschmeidler, der Sammler, der hat mir auch bestätigt, das hat unter Fans
Henner: einen ziemlich guten Ruf.
Henner: Egal in welcher Variante, das gibt es in insgesamt drei verschiedenen Versionen
Henner: als New Widescreen, als Tabletop und als Panorama.
Henner: Ja, und was ist unser Urteil? Was ist aus unserer Sicht das beste Spiel?
Henner: Das ist ja eigentlich das Entscheidende, nicht was die anderen sagen.
Henner: Ich habe fast alle Game & Watches einmal angespielt, die meisten natürlich in der Emulation.
Henner: Und ich muss sagen, die Donkey Kong Spiele, die funktionieren für mich nicht.
Henner: Und auch Super Mario Bros.
Henner: Ich bin kein Fan davon, denn ich messe sie halt, und das ist vielleicht auch
Henner: ein bisschen unfair, an einem richtigen Spiel, an einem richtigen Donkey Kong oder Mario.
Henner: Und da habe ich halt volle Kontrolle, zum Beispiel über das Springen,
Henner: das in all diesen Spielen eine wichtige Rolle spielt.
Henner: Aber in einem richtigen Mario, da kann ich genau bestimmen, wann ich springe,
Henner: wie hoch ich springe, wie weit, in welche Richtung.
Henner: Ich habe komplette Kontrolle und die habe ich in einem Game & Watch nicht.
Henner: Nicht, denn da drücke ich auf den Sprungknopf und dann springt Mario nach oben
Henner: für eine festgelegte Dauer, die ich nicht bestimmen kann, die ich auch nicht
Henner: kenne, weil es keine sichtbare Auf- und Abwärtsbewegung gibt.
Henner: Die Figur schwebt einfach für einen Moment in der Luft und währenddessen kann
Henner: ich sie nicht steuern und dann landet sie wieder unten.
Henner: Und ich weiß nicht, wann sie wieder unten landet. Ich weiß nicht mal,
Henner: ob ich dann vielleicht auf einem Gegner oder auf einem rollenden Fass lande.
Henner: Das ist einfach nicht berechenbar.
Henner: Ich habe keine Kontrolle. Und das ist für mich das wesentliche Problem bei all
Henner: diesen bewegungslastigen Spielen, bei Mario und auch bei den Donkey Kongs.
Henner: Das taugt für mich nicht.
Henner: Und auch diese eindimensionalen Jongleurspiele wie Brawl, das gibt mir nicht viel.
Henner: Also für mich das Beste, muss ich sagen, ist Bomb Sweeper, das Verschiebepuzzle.
Henner: Das ist halt ein Puzzlespiel, Im weitesten Sinne, wenn auch unter Zeitdruck.
Henner: Aber dafür eignet sich diese Technik wunderbar.
Chris: Das ist natürlich Unsinn, Henner. Das beste Spiel ist Snoopy-Tennis, wie wir alle wissen.
Chris: Aber ich stimme dir grundsätzlich zu. Ich finde auch, dass der Versuch in der
Chris: späteren Ära ab dem Erfolg von den Arcade-Spielen, der Technik,
Chris: Spielprinzipien aufzuzwingen, für die sie gar nicht geeignet ist,
Chris: nämlich die Arcade-Spiele, die Jump'n'Runs und sogar das Scrolling,
Chris: das führt zu keinen guten Ergebnissen.
Chris: Also da merkt man, dass es da knirscht. Das ist immer dann am besten,
Chris: wenn die Technik für genau die Dinge genutzt wird, für die sie am besten geeignet ist.
Chris: Nämlich für eben Spiele wie die früheren, für ein Fire oder für ein Snoopy-Tennis
Chris: oder sowas. Auch wenn das relativ simple Spiele sein mögen, die funktionieren
Chris: halt in sich gut und die machen mir Freude.
Chris: Die Game & Watch-Spiele sind, wie wir schon gesagt haben, sehr erfolgreich,
Chris: insbesondere im goldenen Jahr 1982.
Chris: Aber es geht danach auch relativ schnell wieder runter.
Chris: In Japan brechen die Verkaufszahlen im Jahr 1983 dann schon regelrecht ein.
Chris: Die fallen von 5 Millionen Exemplaren dort im Heimatmarkt auf 100.000 im Jahr 1984.
Chris: Also das ist ein gravierender Absturz. Und nochmal zwei Jahre später,
Chris: 1986, verkauft Nintendo im Heimatmarkt schon überhaupt keine Game & Watch mehr,
Chris: sondern nur noch im Ausland außerhalb von Japan.
Chris: Aber auch dort gehen die Zahlen in der Ära schon deutlich zurück.
Chris: 1983 waren es noch sieben Millionen, die Nintendo weltweit abgesetzt hat außerhalb von Japan.
Chris: 1984 sind es noch zwei Millionen und nach 1990 spielt Game & Watch dann auch
Chris: international keine Rolle mehr.
Chris: Also sehr schnell aufgestiegen, aber auch sehr schnell wieder abgestürzt. Woran liegt es, Henner?
Henner: Ja, da gibt es verschiedene Gründe. Ein Grund dafür, dass die Zahlen zurückgehen,
Henner: ist einfach Marktsättigung.
Henner: Das Problem, das Nintendo schon mal hatte mit den Spielkarten,
Henner: Ende 81 besitzen japanische Schulkinder, das sagt ein Zeitungsbericht damals,
Henner: im Schnitt jeweils zwei LCD-Handhelds.
Henner: Die müssen nicht von Nintendo stammen, sie können auch von anderen Unternehmen
Henner: stammen, aber zwei haben sie jeweils im Schnitt und das reicht den meisten auch,
Henner: denn die Spiele sind ja sehr derivativ, die sind oft sehr ähnlich und die sind nun mal auch sehr teuer.
Henner: Das ist ja von Anfang an ein Problem gewesen, dass sie teurer sind als viele
Henner: andere Spielzeuge, mit denen sie aber konkurrieren müssen.
Henner: Und nur wenige Schulkinder leisten sich eben mehr als zwei davon und so ist
Henner: der Markt halt bald gesättigt.
Chris: In den USA kommt was hinzu, was hier schon wohl vertraut ist,
Chris: nämlich der Videogame Crash von 1983.
Chris: Da haben die Spielerinnen und Spieler in den USA genug von der Ramschware von
Chris: den immer gleichen und oft auch schlechten Konsolenspielen, die insbesondere
Chris: für das VCS damals erscheinen.
Chris: Und im Markt für die LCD-Spieler ist das ganz ähnlich.
Chris: Auch dort gibt es ein übergroßes Angebot bei oft mäßiger Qualität.
Chris: Die Deutsche Telematch berichtet 1984, Zitat, die Krise der Videospiele scheint
Chris: zu einer Krise elektronischer Spiele schlechthin zu werden, von der die Minis
Chris: ganz besonders betroffen sind, Zitat Ende.
Chris: Als Grund nennt das Magazin die Flut simpler Kopien und verlangt nach komplexeren
Chris: Systemen. Die gibt es dann bald auch, aber auf einer anderen Plattform.
Chris: Denn 1982 erteilt der Nintendo-Chef Yamauchi der auf Hardware spezialisierten Abteilung R&D 2,
Chris: die ja damals schon für die Color TV Games verantwortlich war,
Chris: einen neuen Auftrag, die Entwicklung einer modulbasierten Spielekonsole,
Chris: die mit der Leistung eines Arcade-Automaten nicht nur das Atari VCS,
Chris: übertreffen soll, sondern auch die ColecoVision, die erheblich fortschrittlichere US-Konsole.
Chris: Und das Ergebnis kommt dann im Juli 1983 auf den japanischen Markt, nämlich das Famicom.
Chris: Das steht kurz für Family Computer und später wird das ja auch international
Chris: als NES dann ein kolossaler Erfolg werden.
Chris: Vorher ist das aber auch in Japan schon ein kolossaler Erfolg.
Chris: Mitte 85 sind da bereits 4 Millionen Stück verkauft.
Chris: Das hat zur Folge, dass sich Nintendo dann aus dem Arcade-Markt mehr oder weniger
Chris: zurückzieht. Der letzte dedizierte Automat erscheint 1985 und.
Chris: Danach gibt es nur noch ein paar vereinzelte Automaten, die dann aber auf NES-Technik basieren.
Chris: Und auch die Game & Watch hat zu der Zeit keinen hohen Stellenwert mehr für
Chris: Nintendo als Firma, denn der Fokus liegt jetzt auf dem Goldesel Famicom bzw.
Chris: NES. Aber so ganz will Nintendo den Handheld-Markt nicht aufgeben.
Henner: Nee, ganz offensichtlich gibt es ja einen Bedarf an einem elektronischen Spielzeug
Henner: für unterwegs und diesen Markt will Nintendo weiterhin bedienen,
Henner: aber eben nicht mehr so sehr mit Game & Watch, Auch wenn es ja für ein paar
Henner: Jahre noch welche gibt. Wir sagten es ja schon bis 1991.
Henner: Vor allem aber mit einem ganz anderen Gerät. Die Entwicklung dieses Gerätes,
Henner: das ist der Game Boy, beginnt im Jahr 1987 bei R&D One, also der Abteilung von Yokoi.
Henner: Und der arbeitet erstmal an einem Nachfolger für Game & Watch, einer Art Game & Watch 2,
Henner: aber diesmal nicht mehr mit vorgegebenen LC-Grafiken, sondern genau wie beim
Henner: Microvision mit Pixel-Grafik, also mit einem Raster-Bildschirm.
Henner: Und der Codename für dieses System, der lautet deswegen auch in Abgrenzung zum
Henner: Game & Watch Dot Matrix Game, also Punkt-Raster-Spiel.
Henner: Dieser Name bleibt auch erhalten später, auch wenn das Gerät dann als Game Boy
Henner: 1989 auf den Markt kommt, denn die interne Bezeichnung, die Modellnummer,
Henner: die lautet DMG-01 und DMG heißt Dot Matrix Game.
Chris: Wieder Wissen fürs Quiz, sehr gut.
Henner: Ja, merkt ihr das? Der Game Boy, der verkörpert jetzt wieder diese Design-Philosophie
Henner: von Yokoi, die wir vorhin schon beschrieben haben, diese Withered-Technology-Philosophie,
Henner: denn der hat sehr simple Technik und holt daraus eine ganze Menge raus.
Henner: Der hat nur ein Grünstufendisplay, obwohl das schon eigentlich nicht mehr zeitgemäß ist.
Henner: Man könnte eigentlich 1989 schon ein Farbdisplay erwarten.
Henner: Der Prozessor ist auch ziemlich schwachbrüstig. Das ist also technisch simpel
Henner: wie schon Game & Watch, aber tatsächlich sollte der Game Boy nach Yokois Vorstellung
Henner: noch viel schlichter werden.
Henner: Der hat nämlich eigentlich wirklich ein Gerät im Geiste des Game & Watch entwickeln wollen.
Henner: Die Spiele sollten zwar austauschbar sein, so wie später auch beim finalen Game
Henner: Boy, aber viel simpler, viel schneller produziert, viel billiger für Gelegenheitsspieler.
Henner: Also seine Vision für den Game Boy ist eher nah dran am Microvision.
Henner: Aber sein Mitarbeiter Okada, der hat eine ganz andere Idee, der will etwas viel
Henner: ambitionierteres entwickeln, der will ein tragbares NES mit richtigen Spielen,
Henner: mit abendfüllenden Spielen in der Dimension eines Super Mario Brothers.
Henner: Und die beiden streiten sich lange, also Yokoi mit seiner Idee eines simplen
Henner: Game & Watch Nachfolgers und Okada mit seiner Idee einer tragbaren NES-Konsole
Henner: und schließlich setzt sich Okada durch
Henner: und darf dann die eigentliche Entwicklungsarbeit am Game Boy übernehmen.
Henner: Trotzdem wird Yokoi eigentlich immer als Vater des Game Boy dargestellt, aber man muss sagen...
Chris: Ja, ich dachte auch gerade, das ist ja dann ein bisschen ungerecht.
Henner: Es ist ziemlich ungerecht, die eigentliche Arbeit und auch die Vision stammt von Okada.
Henner: Der Game Boy, den behandeln wir natürlich ein anderes Mal nochmal detaillierter, aber klar,
Henner: der wird ein gigantischer Erfolg und das beginnt 1989 in Japan und setzt sich
Henner: auf anderen Märkten weltweit fort und dann ist auch klar, dass man nicht mehr
Henner: allzu viel investieren muss in diese alte Game & Watch Reihe.
Chris: Aber der Game Boy ist nicht schuld am Niedergang von Game & Watch, dafür kommt er zu spät.
Chris: Wir hatten ja vorhin schon gesagt, im Heimatmarkt Japan stellt Nintendo den
Chris: Verkauf der Game & Watch-Geräte schon 1986 ein.
Chris: Im restlichen Teil der Welt geht es noch ein paar Jahre lang weiter,
Chris: vor allem in Europa und insbesondere da in Frankreich.
Chris: Das ist sogar ein Markt, wo das nochmal ein kleines Comeback hat.
Chris: Da sinkten 1986 die Verkaufszahlen auf rund eine Million und 1988 verdoppelt
Chris: sich das Ganze dann aber wieder.
Chris: Wie lange jetzt eigentlich Game & Watches für den internationalen Vertrieb von
Chris: Nintendo noch produziert werden, weiß man gar nicht so genau.
Chris: Je nach Quelle ist das entweder 1992 oder vielleicht sogar 1994.
Chris: Aber spätestens dann wird die Produktion ganz eingestellt und auch der Vertrieb außerhalb von Japan.
Chris: Und in dieser Endphase in den späten 80ern, da sieht es dann auch lange so aus,
Chris: als ob das Multiscreen-Modell Zelda, das 1989 erschienen ist,
Chris: auch das letzte Game & Watch bleiben würde.
Chris: Aber dann bringt sich Nintendo 1991 doch nochmal dazu durch,
Chris: ein Abschiedsmodell auf den Markt zu bringen, und zwar Mario the Juggler.
Chris: Und das ist so eine Art Verbeugung vor dem Urmodell, vor Ball,
Chris: denn das ist das gleiche Spiel, eine aufgefrischte Fassung, nur halt jetzt im
Chris: Wide-Squid-Format und mit Mario als demjenigen, der hier die Bälle in der Luft hält.
Chris: Insgesamt wurden über die Lebenszeit des Game & Watch weltweit 43,4 Millionen Geräte verkauft.
Chris: Ungefähr ein Drittel davon, 12,9 Millionen in Japan selbst, der Rest im Rest der Welt.
Henner: Dieser Markt, den Nintendo damit zwar nicht begründet, aber stark befeuert hat,
Henner: der bleibt aber erhalten.
Henner: Also andere Hersteller bleiben länger als Nintendo selbst auf diesem Markt und
Henner: bieten weiter LCD-Handhelds an.
Henner: Bis ins neue Jahrtausend hinein. Die letzten, die ich finden konnte,
Henner: erschienen im Jahr 2020.
Henner: Aber natürlich spielt das längst nicht mehr die gleiche Rolle wie früher.
Henner: Die Zahl der Neuerscheinungen ist viel geringer natürlich. Und von der ursprünglichen
Henner: Idee so einer edlen, dezenten, diskreten Erwachsenenspielerei haben die sich
Henner: natürlich längst verabschiedet.
Henner: Die neueren Spiele sind sehr schrill und haben ganz verschiedene Formen.
Henner: Also es gibt eigentlich LCD-Spiele in jeder nur erdenklichen Form.
Henner: Einfach mal bei Ebay LCD-Handheld eingeben, es ist ganz erstaunlich, was man da alles findet.
Henner: Zu dieser Zeit, insbesondere im neuen Jahrtausend, da spielen die auf dem Markt
Henner: keine wesentliche Rolle mehr. Meistens dienen diese neu erscheinenden Handhelds,
Henner: die es noch gibt, eher der Promotion anderer Medien.
Henner: Also die erscheinen zu neuen Filmen, um diese Filme zu bewerben.
Henner: Oder 2006 legt Kelloggs, also der Frühstücksflocken-Konzern,
Henner: kleine LCD-Handhelds seinen Packungen bei mit dem Xbox-Logo drauf.
Henner: Das ist natürlich eine Werbeaktion mit Microsoft. Also auf diese Art bleibt
Henner: die Gerätegattung des LCD-Handhelds uns erhalten als kleine günstige Beigabe
Henner: zu anderen Produkten, als Werbeaktionen und ähnliches.
Henner: Aber kaum noch jemand gibt für so etwas wirklich Geld aus.
Henner: Von wenigen Ausnahmen abgesehen, es kommen immer mal wieder kleine Wellen von
Henner: LCD-Handhelds auf der Basis von populären Spielen.
Henner: Es gab ja einen kurzzeitigen Sudoku-Hype vor ein paar Jahren,
Henner: da kamen dann so ein paar Sudoku-LCDs raus oder ein Poker-Hype,
Henner: dann kamen Poker-LCDs, aber davon abgesehen spielt diese Gerätekategorie eigentlich keine Rolle mehr.
Chris: Nintendo kann allerdings dann doch nicht von Game & Watch lassen.
Chris: Spätestens 1994 haben sie ja die Produktion eingestellt, aber schon 1995 geht
Chris: es los, dass die Game & Watch Spiele digital recycelt oder neu aufgelegt werden.
Chris: Zunächst auf dem Game Boy.
Chris: Da erscheint eine Compilation namens Game Boy Gallery und die enthält schlichtweg
Chris: fünf Spiele aus der Game & Watch-Reihe in der originalen Anmutung sowie auch
Chris: mit einer modernisierten, hübscheren Grafik und Musik. Also das kann man wählen.
Chris: Und da folgen dann noch vier weitere Module dieser Art.
Chris: Die heißen in den meisten Märkten dann allerdings nicht mehr Game Boy Gallery,
Chris: sondern Game & Watch Gallery, was ja auch viel mehr Sinn macht, wenn man ehrlich ist.
Chris: Das letzte dieser Module kommt 2002 dann für den Game Boy Advance.
Chris: Ab 2006 gibt es dann Module für den DS mit dem Namen Game & Watch Collection.
Chris: Da sind dann jeweils drei Originalspiele drauf, die werden allerdings nur exklusiv
Chris: den Club Nintendo Mitgliedern verkauft.
Chris: Und 2009 beginnt Nintendo dann mit der Veröffentlichung einzelner Game & Watch
Chris: Spiele als Download-Titel, zunächst für den DSi und dann auch auf weiteren digitalen Vertriebswegen.
Henner: Es bleibt aber nicht dabei, dass Nintendo diese alten Spiele als Downloads verkauft,
Henner: sondern es gibt tatsächlich bald auch wieder Game & Watch inspirierte Hardware.
Henner: 1998 erscheint ganz kurios so eine Reihe von ganz kleinen LCD Handhelds im Schlüsselanhänger Format.
Henner: Die haben das Design eines Game Boys inklusive D-Pad, aber die Spiele darauf,
Henner: das sind zumindest in einigen Fällen klassische Game & Watch-Spiele.
Henner: Die heißen Nintendo Mini Classics.
Henner: Steht auch Nintendo groß drauf, wobei die Herstellung wohl bei einer anderen
Henner: Firma liegt. So ganz klar konnte ich das nicht ermitteln.
Henner: Aber es sind offiziell von Nintendo lizenzierte Produkte. Es gibt insgesamt zehn verschiedene.
Henner: Es gibt einige Spiele, die mit Nintendo eigentlich gar nichts zu tun haben.
Henner: So was wie Spider-Man oder Star Trek. Aber es gibt auch zehn Nintendo-Spiele
Henner: darauf, die auf den LCD-Handhelds basieren, also auf den Game & Watches basieren.
Henner: Zum Beispiel Donkey Kong oder Super Mario Brothers und sogar Zelda mit einem doppelten Bildschirm.
Henner: Ich habe auch das Donkey Kong Junior Modell aus dieser Nintendo Mini Classics Serie hier.
Henner: Das ist durchaus voll spielbar, obwohl alles wirklich winzig ist.
Henner: Nicht nur der Bildschirm, der ist 3,5 Zentimeter breit, da braucht man gute
Henner: Augen, sondern auch das D-Pad ist wirklich klein. Nein, aber es geht. Man kann es spielen.
Henner: Es funktioniert durchaus als Videospiel, dafür aber nur mäßig als Schlüsselanhänger,
Henner: denn dafür ist das Ding viel zu filigran.
Henner: Naja, aber es ist eine nette Spielerei.
Henner: Dabei bleibt es aber auch nicht, denn wer etwas originalgetreuere Hardware haben
Henner: will, für den hat Nintendo 2010 auch noch was.
Chris: Da erscheint nämlich eine Jubiläums-Neuauflage anlässlich des 30.
Chris: Geburtstages von Ball. Das ist dann ein Nachbau auf Basis moderner Hardware,
Chris: aber der sieht im Original wirklich bis zum Verwechseln ähnlich, bis ins Detail.
Chris: Eine wichtige Neuerung ist dabei, den kann man jetzt stumm schalten.
Chris: Ah, endlich. Hat nur 30 Jahre gedauert.
Chris: Verantwortlich für die Konstruktion von diesem Gerät ist auch einer der alten
Chris: Veteranen, nämlich Makoto Kano, der ja von Anfang an mit dabei war bei der Game & Watch-Entwicklung.
Chris: Und der hat den Prozess auch in einem Interview beschrieben.
Chris: Da sagt er, ich habe versucht, es so originalgetreu wie möglich nachzubilden,
Chris: indem ich mich an die Konsole vor 30 Jahren erinnerte, wie sie sich in den Händen
Chris: anfühlte, wie das LCD aussah und wie es sich anfühlte, wenn man die Knöpfe drückte.
Chris: Da fragt man sich doch, hat er nicht einfach eines der Originalgeräte in die Hand genommen?
Chris: Dann muss er sich doch nicht auf sein Gedächtnis verlassen. Naja.
Henner: Ja, die sind selten. Vielleicht hat er keins bekommen.
Chris: Ja, das kann sich Nintendo nicht leisten.
Henner: Nee.
Chris: Naja, dieses neue Ball, diese Jubiläumsedition, die kann man aber gar nicht
Chris: im freien Handel erwerben, sondern auch die erscheint nur für Club Nintendo
Chris: Mitglieder, auch nur für japanische Club Nintendo Mitglieder in diesem Fall.
Chris: Aber noch mal zehn Jahre später Später geht Nintendo dann noch einen Schritt
Chris: weiter, nämlich 2020, da haben wir jetzt den 40.
Chris: Geburtstag von Game & Watch. Da veröffentlicht Nintendo dann einigermaßen überraschend
Chris: einen neuen limitierten Game & Watch Handheld im klassischen Widescreen-Stil
Chris: mit einer goldenen Frontblende.
Chris: Aber auch darin steckt dann modernere Technik. Das enthält zum Beispiel keinen
Chris: LCD-Bildschirm mehr, sondern einen hintergrundbeleuchteten, pixelbasierten LC-Farbbildschirm
Chris: und auch einen integrierten Akku.
Chris: Und welches Spiel es ist, das da drauf läuft.
Henner: Ja, im Jahr 2020, da gibt es ja nicht nur ein Jubiläum bei Nintendo,
Henner: Game & Watch wird 40, aber nicht nur das, Super Mario Bros.,
Henner: der NES-Klassiker, der wird 35 Jahre alt und folgerichtig ist das enthaltene
Henner: Spiel auch eben jenes Super Mario Bros.
Henner: Vom NES, gemeinsam mit den Lost Levels, die in Japan ja als Super Mario Bros.
Henner: 2 erschienen sind. Für die Steuerung gibt es ein D-Pad, das braucht man für
Henner: Mario ja, das gab es beim originalen Widescreen-Modell eigentlich nicht.
Henner: Das ist eine recht kuriose Vermengung von einer Plattform und einem Spiel,
Henner: die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, also die historisch nicht korrekt
Henner: zusammengehören. Also ein NES-Spiel auf einem Game & Watch.
Henner: Aber nicht nur das, sie denken auch an die Game & Watch-Fans dabei,
Henner: denn enthalten ist als kleiner Bonus neben diesen beiden NES-Spielen auch ein
Henner: altes Game & Watch-Spiel.
Henner: Und nun Christian, darfst du mal raten, welches das ist? Also Game & Watch Super
Henner: Mario Bros., so heißt dieses Gerät mit vollständigem Namen aus dem Jahr 2020.
Henner: Welches originale Game & Watch Spiel ist wohl enthalten? Ist das A, Mario Bros.
Henner: Vom Multiscreen? Ist das B, Super Mario Bros.
Henner: Vom Crystal? Ist es C, Super Mario Bros. vom Widescreen? Oder ist es D, Ball?
Chris: So wie die Frage formuliert ist und so wie ich Quiz geschult bin,
Chris: würde ich sagen, das muss ja dann wohl Ball sein.
Henner: Ja, es ist Ball. Das ist eine reichlich seltsame Entscheidung.
Chris: Mein Erklärungsansatz wäre, dass wenn das zum 40. Jubiläum des Gerätes kommt,
Chris: dann muss es ja auch logischerweise ein Spiel aus dieser Ära sein.
Chris: Und da bietet sich natürlich gleich Ball an, das Erste.
Henner: Das stimmt. Es kann auch sein, dass sie einfach keine Lust hatten, das Super Mario Bros.
Henner: Neu zu programmieren. Denn das ist ja jetzt eine ganz andere Hardware-Basis
Henner: mit einem ARM-Prozessor.
Henner: Und das Brawl hatten sie nun mal schon nachgebildet auf dieser modernen Hardware.
Henner: Deswegen konnten sie das einfach verwenden.
Henner: Aber es ist sehr schade. Und wenn man sich die Rezensionen und die Nutzerstimmen
Henner: zu diesem Gerät durchliest im Netz, das ist ja noch nicht so lange her,
Henner: dass es erschienen ist, da gibt es sehr viele, die das sehr bedauern, dass Super Mario Bros.
Henner: Vom Game & Watch hier nicht enthalten ist. Naja, 2021 folgt dann noch ein weiteres
Henner: Jubiläum. Da wird nämlich Zelda 35 Jahre alt.
Henner: Link natürlich auch, nicht zu vergessen. Und dann gibt es im gleichen Stile
Henner: wie dieses Mario Game & Watch ein Zelda-Modell.
Henner: Und im Gegensatz zu dem Mario-Gerät sind hier auch alle 8-Bit-Spiele aus dem
Henner: Zelda-Universum enthalten.
Henner: Also beide NES-Spiele, Zelda 1 und 2. und auch noch das Gameboy-Spiel Link's Awakening.
Henner: Also da ist man sehr viel besser versorgt mit klassischen Zelda-Spielen als
Henner: die Mario-Fans, denen ja ziemlich viel vorenthalten wird.
Henner: Mario 2 und Mario 3 und die Gameboy-Spiele sind ja alle nicht dabei.
Henner: Wie dem auch sei, die beiden Spiele habe ich auch hier, die sind sehr schön
Henner: gemacht, wirken sehr hochwertig, genau wie Game & Watch und Mario unterwegs
Henner: zu spielen, macht immer Spaß, außerdem kann man hier speichern,
Henner: anders als bei dem Original NES Spiel.
Henner: Die beiden Geräte sind eigentlich limitiert, angeblich, ich weiß aber nicht,
Henner: in welcher Stückzahl sie erschienen sind und es ist sehr leicht,
Henner: sie gebraucht zu kaufen, wenn das jemand nachholen möchte, das ist überhaupt kein Problem.
Henner: Aber all das sind natürlich vor allem Spielereien für so Retro-Nerds wie uns.
Henner: Was bleibt denn ansonsten aus der Ära Game & Watch erhalten?
Chris: Also auch wenn es uns aus der modernen Perspektive und dem zeitlichen Abstand
Chris: erscheint, als ob das einfach eine Dinosaurier-Technologie wäre,
Chris: die ihre Zeit hatte und dann aber auch wieder verschwunden ist,
Chris: gibt es doch mehr Einfluss, den die Game & Watch-Spiele hatten auf unsere moderne
Chris: Gaming-Welt, als man so auf den ersten Blick feststellt.
Chris: Eine der offensichtlichsten, die wir ja nun schon gewürdigt haben,
Chris: ist die Einführung des D-Pads.
Chris: Das hat die Spielesteuerung außerhalb der Arcades deutlich vereinfacht und so
Chris: den Siegeszug von Heimen und Mobilkonsolen beschleunigt.
Chris: Und es ist ja dann ein Standard-Element praktisch jeden Controllers auf Jahrzehnte hinaus bis heute.
Chris: Also ein wirklicher Meilenstein der Hardware und eben auch der Spielegeschichte.
Chris: Aber abseits dieser Steuerungskonvention ist jetzt ein direkter Einfluss von
Chris: LCD-Handhelds auf den Spielemarkt weniger offensichtlich.
Chris: Nintendo hat die Gattung nicht erfunden mit dem Game & Watch,
Chris: hat sie nur stärker popularisiert. Aber es gab ja schon vorher und auch im Nachgang
Chris: jede Menge andere Anbieter und Geräte.
Chris: Auf technischer Ebene sind die Game & Watch-Geräte sogar ein Rückschritt gegenüber
Chris: sowas wie dem Microvision, das ja schon vorher modulbasiert war.
Chris: Aber was das Bedeutende bei Game & Watch ist, ist, dass Nintendo die bewährten
Chris: Technologien und Ideen auf neue und ungeahnte Weise kombiniert.
Henner: Genau, das Game & Watch ist vielleicht keine Innovation aus technischer Sicht,
Henner: aber es ist eine optimierende Integration, würde ich es mal nennen,
Henner: zu einem Gesamtkonzept, das massentauglich ist und das auch andere Hersteller
Henner: dann ja kopieren. Und das ist ein großes Verdienst.
Henner: Das sieht man ja viele Jahre später auch beim iPhone.
Henner: Apple hat ja mit dem iPhone nicht das Smartphone erfunden, das gab es schon.
Henner: Apple hat auch nicht den Touchscreen erfunden, auch nicht den kapazitiven Touchscreen,
Henner: hat die Multitouch-Technik nicht erfunden, nicht den App Store oder den mobilen Browser, gar nichts.
Henner: Aber sie haben in all diesen Dingen, die es schon gab, das Potenzial erkannt
Henner: und sie übernommen und verfeinert und perfektioniert, sagen einige,
Henner: und zu einem attraktiven Massenprodukt kombiniert.
Henner: Und genau das Gleiche gelingt damals Nintendo mit dem Game & Watch.
Henner: Nichts erfunden, aber bereits Erfundenes wunderbar kombiniert und neu zusammengestellt.
Henner: Und damit mit dieser Integrationsleistung beschleunigt Nintendo die Verbreitung
Henner: von diesen elektronischen Spielen und im Speziellen der Spiele Handhelds.
Henner: Insbesondere von denen mit LCD-Technik. Die LCD-Technik wird auch wegen dieses
Henner: Erfolges weiterentwickelt.
Henner: Es gibt Berichte darüber, dass dieser LCD-Spiele-Boom in den 80ern die LCD-Industrie
Henner: in Japan gerettet hätte und nur deswegen die LCD-Technik weiterentwickelt wurde zu der Technik,
Henner: die wir heute alle verwenden in unseren Laptops und unseren Smartphones.
Henner: Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen, aber auf jeden Fall hat die LCD-Industrie
Henner: durchaus profitiert von diesem Hype.
Chris: Für Nintendo formuliert Gunpei Yokoi ja durch das Game & Watch eine Produktphilosophie,
Chris: die dann wieder und wieder erfolgreich angewandt wird,
Chris: nämlich eine an sich etablierte, vielleicht schon leicht veraltete Technologie
Chris: zu benutzen und daraus etwas Kreatives Neues zu machen.
Chris: Das wird beim Game Boy wiederholt, das wird bei der Wii wiederholt,
Chris: in gewisser Weise wiederholt sich das bei der Switch.
Chris: Also das ist etwas, dem Nintendo über Jahrzehnte hinweg treu bleibt,
Chris: man wieder zurückfindet und auch immer wieder Erfolge damit feiert.
Chris: Eine Lektion, die bei der Game & Watch das erste Mal gelernt wurde.
Henner: Genau, und so ist vielleicht der größte Einfluss von Game & Watch jener auf Nintendo.
Henner: Game & Watch hat mit seinem Erfolg Nintendo zu dem Unternehmen gemacht, das wir heute kennen.
Henner: Nicht alleine, Donkey Kong spielt da auch noch eine wesentliche Rolle,
Henner: aber ich denke, ohne das Game & Watch hätten wir das NES nicht erlebt.
Henner: Und vielleicht wäre es Nintendo auch erheblich schlechter gegangen.
Henner: Sie hätten vielleicht es nicht geschafft, ihre Schulden zu begleichen.
Henner: Vielleicht hätten sie sich zu einem ganz anderen Unternehmen entwickelt oder
Henner: wären wieder zurückgekehrt zu Spielkarten und Taxifahrten. Wer weiß.
Henner: Ich denke, dass Game & Watch hat einen großen Anteil daran, dass Nintendo heute
Henner: dieser Videospiel-Titan ist, als den wir es kennen.
Henner: Man könnte sagen, wenn Nintendo heute einen Platz auf dem Olymp des Videospielemarktes
Henner: hat oder eher auf dem Fuji, dann bildeten die vielen kleinen Game & Watch die
Henner: Stufen, auf denen Nintendo hinaufstieg.
Chris: Oh, ein wunderbar poetisches Bild. Ein Dank an dieser Stelle auch noch an den
Chris: Himmel, dem sich Nintendo ja anvertraut hat.
Chris: Sehr schön, Henner, damit sind wir durch mit der Besprechung der Würdigung des
Chris: Game & Watch. Wobei, sind wir das wirklich?
Henner: Nee, es gibt noch sehr viel zu sagen über diese kleinen Geräte.
Henner: Da steckt eine Menge drin und ein paar Anekdoten aus der Entwicklungsgeschichte,
Henner: ein paar technische Details,
Henner: unter anderem zu den Tabletops, die müssen wir noch erzählen und das werden
Henner: wir tun in einer Bonus-Episode für unsere Unterstützerinnen und Unterstützer.
Chris: Genau, da hören wir uns dann hoffentlich wieder. Vielen Dank an euch alle,
Chris: die ihr uns zugehört habt und vielen Dank, wie immer, Henna,
Chris: für die ausführliche, gründliche Recherche und für das wunderbare Gespräch.
Henner: Ich danke dir auch und ich wünsche dir jetzt noch viel Spaß mit Snoopy Tennis.
Henner: Ich kehre dann mal zurück zu Volleyball.
Chris: Ich habe noch eine Highscore zu knacken.
Henner: Ja, ich auch.
Chris: Bis dann, mach's gut.
Henner: Bis dann, ciao, tschüss.